Anlagenbau & Prozesstechnik

Massendurchflussregelung für Gase

Optimale Ofenatmosphäre in Wärmebehandlungsanlagen

30.05.2018 -

Reaktionsschnelle Massendurchflussregler (MFC), die speziell für die feinfühlige Dosierung großer Gasmengen ausgelegt sind, können bspw. für die Oberflächenveredelung Vorteile bringen.

Der Werkstoff Stahl zeichnet sich durch seine vielfältigen technischen Verwendungsmöglichkeiten aus. Durch Zugabe von Legierungselementen lassen sich Stähle mit unterschiedlichen Eigenschaften herstellen. In Kombination mit unterschiedlichen thermischen Behandlungen können die mechanischen Eigenschaften des Stahls optimal an die jeweiligen Bearbeitungs- und Einsatzbedingungen angepasst werden. Als Spezialist auf diesem Gebiet der Härterei- und Wärmebehandlungstechnik gilt die Carl Gommann in Remscheid. Ihre Schwerpunkte sind die Wärmebehandlungsverfahren Nitrieren und Nitrocarburieren sowie das Spannungsarmglühen und das Vergüten von Blechen. Für neue Werkstoffe und Sonderlegierungen werden zudem differenzierte Nitrierverfahren entwickelt. Die unterschiedlichen Wärmebehandlungsanlagen stammen meist vom Ofenbauer KGO , der auch für spezielle Anwendungen innovative und individuelle Lösungen anbietet.

Reproduzierbare Gaszusammensetzung garantiert Prozesssicherheit
In den Öfen, die man für die Oberflächenveredelung einsetzt, werden die Produkte erhitzt und bestimmten Atmosphären ausgesetzt, um sie zu vergüten. Die Gaszusammensetzungen sind für das Ergebnis des Prozesses der Wärmebehandlung von entscheidender Bedeutung, ebenso wie die Temperaturen. Der Ofen benötigt also eine Regelung der Gaszusammensetzung sowie eine Regelung der Temperaturen, vor allem wenn aus verfahrenstechnischen Gründen Temperaturprofile gefahren werden sollen.
Für diesen Zweck entwickelt Stange Elektronik kompakte Steuerungen, die speziell auf die Anforderungen bei Härteöfen abgestimmt sind, und die auch der Ofenbauer KGO in seinen Anlagen verwendet. Die Gasversorgung der Öfen erfolgt durch vor Ort angebrachte Gasracks. Die Gasmengen werden dann nach Vorgabe der Steuerung über Massendurchflussregler zugeführt, da nur so eine optimale Reproduzierbarkeit der Gaszusammensetzung und damit Prozesssicherheit erreicht werden kann. An diese Massendurchflussregler stellten Ofen- und Steuerungsbauer dabei eine ganze Reihe Anforderungen. So sollten sie sehr genau arbeiten, auf bewährter Technik basieren, einfach vernetzbar und robust sein und dabei auch noch kostengünstig. Im breiten Produktprogramm von Bürkert wurden sie schnell fündig. Die MFC der Typen 8742/8746, die sich auf bis zu vier Gase kalibrieren lassen, boten gleich aus mehreren Gründen gute Voraussetzung für den Einsatz an den Oberflächenveredelungsöfen.

Präzise Regelung der Gaszufuhr
Die MFC sind als kompakte Geräte aufgebaut und bestehen aus den Komponenten Durchflusssensor, Regelelektronik sowie aus einem Proportionalventil als Stellglied. Sie gewährleisten eine sehr feinfühlige und präzise Regelung unabhängig von Störgrößen wie Druckschwankungen oder temporär auftretenden Strömungswiderständen, z. B. infolge von Filterverschmutzung. Die Basis dafür liefert die thermische/kalorimetrische Messmethodik. Die physikalische Gesetzmäßigkeit, die dahintersteckt, ist bekannt: Wärme fließt immer nur in Richtung geringerer Temperatur. Besitzt also ein Sensor eine höhere Temperatur als die an ihm vorbeiströmende Gasmenge, dann gibt er Wärmeenergie an diese ab.
Bei den MFC werden spezielle Kombinationen aus Heiz- und Fühlerelement verwendet, die das durchströmende Gas erwärmen und gleichzeitig die abgeführte Wärmemenge messen. Sie ist ein Maß für den vorliegenden Massenstrom des Gases, der dann nach einem vorgegebenen Durchfluss-Sollwert geregelt wird. Der integrierte PI-Regler und das direktwirkende Proportionalventil von Bürkert als Stellglied gewährleisten dabei eine hohe Ansprechempfindlichkeit. Die speziellen, von Bürkert entwickelten, Sensor­elemente mit direktem Medienkontakt vereinen dabei schnelle Reaktionszeit mit Unempfindlichkeit gegenüber Verschmutzungen.

Gute Erfahrungen und lösungsorientierte Teamarbeit
Hinzu kamen aber noch weitere Argumente, die für den Einsatz sprachen. So ist Gommann seit vielen Jahren ein zufriedener Bürkert-Kunde, schätzt vor allem auch den guten After-Sales-Service und „wünscht“ diesen Lieferanten soweit möglich. Der Steuerungsbauer kam diesem Wunsch gern entgegen. Er hatte schon beim Erscheinen der neuen MFC-Baureihe Interesse gezeigt, da die Massendurchflussregler ebenso wie die eigenen Steuerungen auf CANopen-Basis kommunizieren. Das versprach Kosteneinsparungen und Vereinfachungen in der Gesamtanlage, da kein zusätzlicher Feldbus benutzt werden musste, wie z. B. Profibus. Der Anlagenbauer richtete sich hier sowohl nach den Wünschen des Endkunden als auch den Anforderungen des Steuerungsbauers. Somit wurde der Vorschlag von Bürkert, bei einem neuen Auftrag von Gommann an KGO, die MFCs einzusetzen, angenommen.
Entscheidend für den Projekterfolg sind aber oft nicht nur harte Spezifikationen, sondern auch die Teamfähigkeit, insbesondere wenn so viele Unternehmen beteiligt sind. Denn trotz bester Voraussetzungen galt es doch die eine oder andere Herausforderung zu meistern. So stellte sich heraus, dass die Massendurchflussregler im CANopen-Modus die Betriebsart „node guard“ nicht unterstützten, da Bürkert beim eigenen Systembus ohne Master im Modus „heartbeat“ arbeitet. Softwarespezialisten des Fluidikexperten konnten diese Funktionalität jedoch schnell ergänzen und die MFCs ließen sich an der Ofensteuerung dann problemlos in Betrieb nehmen. Ähnlich konnten in enger Zusammenarbeit der Projektpartner auch anfängliche Schwierigkeiten bei der Spannungsversorgung gelöst werden.

Eine plug-and-play-fähige Komplettlösung
Die verwendeten Massendurchflussregler werden über die Busleitung mit Spannung versorgt. Speziell bei hohen Leistungsaufnahmen der MFC (je nach Variante sind bis zu 1,2 A möglich) übersteigt ein komplettes Netzwerk jedoch die Belastbarkeit der Steckverbinder (typisch 4 A) und erfordert ausreichende Querschnitte in der Verkabelung über lange Strecken. Abhilfe schaffte u. a. eine entsprechende Zwischeneinspeisung bei der Spannungsversorgung. Schlussendlich stand basierend auf den Massendurchflussreglern für die Regelung der Ofenatmosphäre eine plug-and-play-fähige Komplettlösung zur Verfügung, die sich für eine exakte Dosierung und Protokollierung der Gasmengen einfach an die übergeordnete Steuerung anbinden ließ.