Anlagenbau & Prozesstechnik

Nachrüstung von „sicheren Abschaltungen“ in bestehende Prozesse

01.03.2018 -

Neue Ventiltypen von Bürkert für ein sicherheitsgerichtetes Abschalten erleichtern es Anwendern, den gewünschten Sicherheitsstandard auch bei Bestandsanlagen zu erreichen.

Neue Ventiltypen für ein sicherheitsgerichtetes Abschalten erleichtern es jetzt dem Anwender, den gewünschten Sicherheitsstandard auch bei Bestandsanlagen zu erreichen. Sie lassen sich einfach nachrüsten, was Montageaufwand und Kosten im Vergleich zu den bisher üblichen Lösungen mit Profisafe-Protokoll und fehlersicheren I/O-Modulen deutlich reduziert.
Danone produziert am Standort Ochsenfurt bei Würzburg hauptsächlich Joghurt und Desserts für den deutschen Markt und für den Export in die europäischen Nachbarländer. Insbesondere die Herstellung der Marken Dany und Activia steht in Ochsenfurt im Mittelpunkt. In einer vor mehreren Jahren installierten Anlage haben sich die sicherheitstechnischen Anforderungen verändert. Um den Mitarbeiterschutz bei Wartungs-, Reparatur- und Reinigungsarbeiten weiter sicherzustellen, waren Änderungen des Sicherheitskonzeptes gewünscht.
Upgrade für die Sicherheitstechnik
Zwar war der Sicherheitsstandard ohnehin schon recht hoch. Notausschalter wurden z. B. während einer Abschaltung mit Verriegelungsmechanismen vor versehentlichem Zurücksetzen gesperrt. Außerdem ließen sich bestimmte Ventile im weitverzweigten Rohrsystem zwischen den 16 Tanks und den sechs Abfülllinien von der Steuerung über Profibus abschalten. Der Anlagenbetreiber wollte die Sicherheit für die Mitarbeiter aber weiter erhöhen. Ziel war der für diese Anwendung recht hoch angesetzte Performancelevel C. Vor allem bei Reinigungsarbeiten wollten die Verantwortlichen die hohe Sicherheit gewährleistet wissen. Schließlich fließen dabei keine Milchprodukte oder Fruchtmischungen durch die Rohre, sondern es wird mit bis zu 80 °C heißen, säure- und laugenhaltigen Reinigungsmitteln gearbeitet. Wäre ein Rohrleitungsabschnitt, z. B. beim Reinigen der eingesetzten Siebe, nicht zuverlässig abgeschaltet oder würde eine elektrische oder mechanische Sicherheitsmaßnahme umgangen, könnten sich die Mitarbeiter durchaus schwer verletzen.
Die bisherige Installation bestand aus dezentralem Peripheriesystem von Siemens (ET 200S) und den darin integrierten pneumatischen Ausgangsmodulen von Bürkert, die nahe am Prozess in Edelstahl-Schaltschränken montiert sind. Bei diesen bewährten und in der Prozessindus­trie heute weitverbreiteten Ventilinseln vom Typ 8644 können elektrische und pneumatische Signale über eine Busleitung gesteuert werden. Es sollte nun zuverlässig ausgeschlossen werden, dass durch einen Steuerungsfehler über den Profibus bestimmte Ventilfunktionen ungewollt aktiviert werden, während Mitarbeiter vor Ort notwendige Arbeiten am Rohrleitungssystem durchführen.
Die praxisgerechte Alternative
Typischerweise werden solche Anforderungen über eine Profisafe-Steuerung, das Profisafe-­Protokoll und entsprechende fehlersichere IO-Module gelöst. Eine solche Umrüstung ist jedoch aufwändig. Bei der Produktionsanlage in Ochsenfurt hätte sie unerwünschte Stillstandzeiten sowie den kostspieligen Austausch zahlreicher Komponenten zur Folge gehabt. Es gab jedoch eine praxisgerechtere Alternative: Entsprechende Ventilfunktionen lassen sich auch direkt auf der bestehenden Ventilinsel – also auf den pneumatischen Modulen an der ET 200S – sicher abschalten, wenn hier Ventile mit einem zusätzlichen Anschluss für sicherheitsgerichtete Abschaltungen nachgerüstet werden.
Diese Ventile, die Bürkert speziell für solche Anwendungen entwickelt hat, können unabhängig von der regulären Schaltsignalsteuerung der Ventilinsel abgeschaltet werden. Die Integration der Pneumatikventile für sichere Abschaltung ist auf jedem Ventilplatz der Ventil­insel möglich. Die Ventile können dadurch ganz einfach nachgerüstet werden. Dabei beansprucht das Plus an Sicherheit keine größeren Schaltschränke.
Einfache Funktion mit großer Wirkung
Die Funktionsweise der Pneumatikventile mit zusätzlicher Abschaltfunktion (Typ 6524 und Typ 6525) ist einfach zu verstehen: Die Ventile bestehen aus einem Vorsteuer-Flipper-Magnetventil und einem Pneumatiksitzventil. Das Flipper-Wirksystem erlaubt das Schalten hoher Drücke bei geringer Leistungsaufnahme und mit kurzen Schaltzeiten. Die patentierte Abschaltfunktion ist über einen zweiten Anschluss realisiert. Die Ventile werden also weiterhin über den Bus angesteuert, bieten aber zusätzlich vorne einen zweiten elektrischen Anschluss, über den der Stromkreis der Magnetspule unterbrochen werden kann. Bei Auslösen einer Sicherheitskette schaltet der Öffnerkontakt eines Notausrelais die Spule des Pneumatikventils ab, unabhängig von der Ansteuerung des Ventils über die SPS. In der beschriebenen Anwendung hat sich diese clevere Nachrüstlösung mittlerweile im praktischen Einsatz bewährt. Die Sicherheit der Mitarbeiter bei Arbeiten am weitläufigen Rohrleitungsnetz konnte deutlich erhöht werden und der Betreiber ist zufrieden.
Die Ventile, mit denen sich Prozesse bis zum Performance Level C gemäß Maschinenrichtlinie sicher abschalten lassen, gibt es als 3/2, 5/2- oder 2x 3/2-Wegeventil. Anlagenbetreiber aus der Prozessindustrie können so mit einfachen Mitteln auf steigende Sicherheitsanforderungen reagieren. Darüber hinaus kann durch die Einbindung eines sogenannten Redundanzblockes sogar das Performance Level D erreicht werden. Der Redundanzblock für das sicherheitsgerichtete Abschalten ist mit Ventilen und Druckschaltern ausgestattet, die pneumatisch in Reihe hinter den Ventilen auf der Ventilinsel installiert werden. Durch die Montage in Reihe wird eine redundante Abschaltmöglichkeit gewährleistet. Zusätzlich überwachen die Druckschalter auf dem Redundanzblock vor und nach dem Abschaltventil den anstehenden Druck.