Anlagenbau & Prozesstechnik

Schaltverstärker mit Leitungsfehlertransparenz: Lückenlose Leitungsüberwachung in der Prozesstechnik

07.06.2011 -

CITplus - Eigensichere Stromkreise für die Signalanbindung in explosionsgefährdeten Bereichen sind heute Stand der Technik - ob analog oder digital. Ganz anders sieht es hingegen mit der Überwachung der Anschlussleitungen aus. Das konnte bislang für eine binäre Übertragung nur mit einigem Aufwand realisiert werden. Die von Pepperl+Fuchs entwickelten Schaltverstärker mit Leitungsfehlertransparenz reduzieren nicht nur die Verdrahtung, sie ermöglichen neben der Übertragung von Schaltsignalen auch die lückenlose Überwachung der Feld- und Steuerleitungen - auf jedem einzelnen Kanal.

Um das Risiko einer Gas- oder Staubexplosion in Prozessanlagen zu reduzieren, kommt für elektrische Komponenten die Zündschutzart Eigensicherheit zum Tragen. Diese Vorgabe begrenzt die elektrische Energie auf einen Wert, der unterhalb der Mindestzündenergie der vorhandenen explosionsfähigen Atmosphäre liegt. Dies gilt sowohl für den Normalbetrieb als auch für den Störfall und bezieht sich auf den gesamten Stromkreis. Dazu gehören also auch die Bauteile, die sich nicht im explosionsgefährdeten Bereich befinden und die den Energieeintrag reduzieren sollen. Diese Komponenten, die als Trennbarrieren zwischen Feld und SPS fungieren, sind Schaltverstärker, Speisegeräte und Messumformer.

Ein wichtiger Sicherheitsaspekt in diesem Zusammenhang ist die permanente Leitungsfehlerüberwachung der Anschlussleitungen zwischen Feld, Verstärker und Steuerung. Gerade in der Prozessautomatisierung sind Feldleitungen rauen Umweltbedingungen und mechanischen Belastungen ausgesetzt. Während diese Überwachung bei analogen Signalen aufgrund der durchgängigen 4...20-mA-Technik leicht zu realisieren ist, war dies bei binären Signalen bislang nur mit zusätzlichem Verdrahtungsaufwand möglich.

Binäre Signale erfassenund gleichzeitig überwachen

Das Namur-Signal eines binären Sensors kann neben den Pegeln 0 und 1 auch Leitungsfehler übertragen. Für Anwender, die diese Leitungsüberwachung auswerten wollen, gibt es bei bisherigen Schaltverstärkern zwei Möglichkeiten. Die erste ist, den Leitungsfehler im Feld am Signalausgang zu signalisieren, indem der Ausgangskontakt geöffnet oder der Ausgangstransistor energielos wird (Signalausgang in Abb. 1). Das gesamte System geht in den sicheren Zustand „energielos". Der Nachteil - es ist unmöglich, in der Steuerung die Schaltzustände von Fehlerzuständen zu unterscheiden, da 0-Signal und Leitungsfehler dem gleichen Signallevel zugeordnet sind.

Die zweite Möglichkeit ist die Verwendung eines weiteren Signalausgangs (Ausgang ERR in Abbildung 1). Der erste Ausgang überträgt das Schaltsignal, der zweite Ausgang das Fehlersignal. Hier können jedoch zwischen Schaltverstärker und Steuerung keine Leitungsfehler von Schaltsignalen unterschieden werden. So ist beispielsweise ein Kurzschluss zwischen Steuerung und Leitsystem weiterhin nicht von einem 1-Signal zu unterscheiden. Zudem verdoppelt sich durch den zusätzlichen Fehlermeldeausgang der Verdrahtungsaufwand und die Anzahl der Eingänge in der Steuerung.

Die praxisgerechte Lösung

Eine äußerst praktikable Lösung sind die von Pepperl+Fuchs entwickelten Schaltverstärker mit Leitungsfehlertransparenz (LFT). Sie übertragen gleichzeitig Schalt- und Fehlersignale aus dem explosionsgefährdeten Bereich mit nur einem Ausgang zur Steuerungsebene - und das eindeutig. Der elektronische Kniff dieser Entwicklung liegt in der Nachbildung eines Namur-Schaltausgangs im Trennbaustein. Dieser überträgt neben dem Signal auch die Fehlermeldungen Drahtbruch und Kurzschluss aus dem Eingangskreis - trotz Trennstufe. Sobald ein Fehler eintritt, wird der Ausgang hochohmig und kann somit von der Steuerung als Leitungsfehler erkannt und ausgewertet werden (Abb. 2). Vorrausetzung ist ein digitaler Eingang mit Leitungsfehlerüberwachung in der Steuerung, der mittlerweile von allen großen Leitsystemherstellern angeboten wird.

Der Nutzen dieses Schaltverstärkers mit Leitungsfehlertransparenz ist vielfältig: Der Anwender erhält neben den Schaltsignalen eine lückenlose Überwachung der Kabel, sowohl auf der Feld- als auch auf der Steuerleitung - und das auf jedem einzelnen Kanal. Außerdem halbieren sich die Kosten für die Verdrahtung und die digitalen Eingänge an der Steuerung.

Mit einem solchen Namur-kompatiblen Ausgang ist beispielsweise der Schaltverstärker KFD2-SOT2-Ex1.N aus dem K-System von Pepperl+Fuchs ausgestattet (Abb. 3). Dieses umfangreiche Programm eigensicherer Trennbausteine umfasst circa 150 verschiedene Modelle für die Montage auf der Normschiene (35 mm) - vom einfachen Trenner bis hin zu hochfunktionalen Bausteinen. Der Schaltverstärker wurde speziell für Namur-Sensoren (EN 60947-5-6) entwickelt und ist für eigensichere Anwendungen bis SIL2 (IEC 61508) geeignet. Die Signalisierung des Fehlers erfolgt über eine frontseitige LED gemäß Namur NE44 und einen separaten Ausgang. Auch eine Sammelmeldung über die Spannungsversorgung (Power Rail) ist möglich.

Leitungsfehlertransparenzfür das H‑System

Das H-System ist für mehrkanalige Anwendungen im explosionsgefährdeten Bereich konzipiert, bei denen eine weitere Reduzierung des Verdrahtungsaufwands gewünscht ist. Statt Hutschienenmontage stellt dieses System ein Termination Board mit frei wählbaren Klemmenausführungen oder Leitsystemsteckern als Interface zwischen Feldgeräten und Leitsystem zur Verfügung. Der neu entwickelte Verstärker HiC2831/2 (ein/zwei Kanäle) mit Leitungsfehlertransparenz und nur 12,5 mm Breite ist kompatibel zu den bereits bestehenden Schaltverstärkern. Er ist ebenfalls für Namur-Sensoren und eigensichere Anwendungen bis SIL2 ausgelegt. Für SIL3-Signalkreise gibt es mit dem Schaltverstärker HiC2851 eine ähnliche Lösung.