Anlagenbau & Prozesstechnik

Oystar Hüttlin stellt Stand der Entwicklung für Granulation und Coating vor

Geballtes Prozess-Know-how

24.11.2010 -

Granulieren und Coaten gehören mit zu den bedeutendsten Vorgängen bei der Herstellung von Solida-Pharmazeutika. Da dabei manches schief gehen kann, ist es von enormer Wichtigkeit, über das richtige Prozess-Know-how zu verfügen und es umsetzen zu können. Um die damit zusammenhängenden Fragen zu diskutieren, hat Oystar Hüttlin Know-how-Träger versammelt und Ende des zurückliegenden Jahres zu einem zweitägigen internationalen Seminar an die neue Firmenzentrale ins badische Schopfheim geladen. Die dort den 180 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 35 Ländern vorgestellten Technologien und Lösungen zeigten den Stand der Entwicklung und wiesen über den Tag hinaus. Besonderes Augenmerk lag auch auf dem Scale-up-Prozess und der Herstellung multipartikulärer Arzneistoffträgersysteme.

Um ein gutes Medikament herzustellen, ist mehr nötig als nur ein guter Wirkstoff. Vielmehr spielen Technologie, Prozesse, Trägerstoffe und Beschichtungen eine entscheidende Rolle. Wirk- und Trägerstoffe müssen nicht nur medizinische, sondern auch im wechselseitigen Zusammenspiel die pharmazeutischen Aufgaben erfüllen. Für die Herstellung des Arzneimittels sind günstige Prozesseigenschaften notwendig. Hierbei muss z. B. bei der Tablettierung das Tablettiergut starke Bindeeigenschaften besitzen, andererseits darf es beim Pressen nicht an der Maschine haften bleiben. Darüber hinaus sind gute Fließeigenschaften wichtig, um hohe Geschwindigkeiten auf der Tablettenpresse zu erzielen und so Herstellungskosten gering zu halten. Zudem muss über die Auswahl der Trägerstoffe und des Herstellungsprozesses sichergestellt werden, dass der Wirkstoff im Körper wirkt, wie er soll. Hierzu ist es notwendig, dass sich die Konzentration des Wirkstoffes am Wirkort innerhalb des therapeutischen Fensters befindet.

Mischeffizienz entscheidend

„Die Effizienz beim Mischen innerhalb der Beschichtungstrommel nimmt entscheidenden Einfluss auf die Qualität des Produktes und die Bearbeitungszeit nimmt", sagt George Smith von Oystar Manesty. Neuere Forschungsergebnisse belegen, dass die Mischeffizienz ausschlaggebend dafür ist, ob Beschichtungen gleichmäßig und innerhalb einer bestimmten Zeit aufgebracht werden können. Eine zentrale Rolle spielen hierbei - neben der Chargen- und Tablettengröße sowie der Tablettenform - auch die Trommelgeschwindigkeit sowie die Position der Sprühvorrichtungen.

PAT - Process Analytical Technology

Zunehmend wichtiger wird - nicht zuletzt wegen der Initiative der amerikanischen Federal Drug Administration (FDA) - das Thema PAT. Laut Dr. Marcus Knöll von Oystar Hüttlin hat PAT eine höhere Produktsicherheit und gleichzeitig - durch eine geringere Anzahl von Fehlchargen - eine Reduktion der Herstellungskosten zum Ziel. Durch ein Zusammenspiel von Messtechnik, Datenanalyse und Prozessdesign soll der Herstellungsprozess verstanden und gesteuert werden. Dabei ist die Tiefe des Prozessverständnisses umgekehrt proportional zum Prozessrisiko. Ein Herstellungsprozess ist dann aufgeklärt, wenn alle prozesskritischen Variablen identifiziert und beschrieben worden sind und diese Variablen vom Prozess selbst gesteuert werden. Zudem können genaue Vorhersagen über die Produktqualität getroffen werden.

Schnellere Absorption

Neues gibt es auch von der Entwicklung von Medikamenten mit länger anhaltender Wirkstoffabgabe zu berichten. „Die Verabreichung kann inzwischen von 3- bis 4-mal auf 2-mal am Tag reduziert werden", erläutert Manfred Aßmus von Evonik Industries/Röhm. Erfolg: Die Akzeptanz beim Patienten erhöht sich ebenso wie die generelle Therapiesicherheit. Dabei kommt es aber, so der Experte, darauf an, dass die Wirkstoffabgabe im Körper sicher vonstatten geht, da die einzelne Wirkstoffmenge in einer Tablette dann natürlich höher sein muss und sich die Dosis für den Patienten erhöht. In der Folge muss darauf geachtet werden, dass der Wirkstoff schneller absorbiert als von der Tablette freigesetzt wird, um eine wirksame Kontrolle der Arzneistoffmenge im Blut durch die Arzneiform zu gewährleisten und damit eine schädliche Überdosierung zu vermeiden.

Verbesserung der Bioverfügbarkeit

Hochwirksame Stoffe (APIs - Active Pharmaceutical Ingredients) sind häufig, da in der Regel schwer wasserlöslich, hinsichtlich ihrer Bioverfügbarkeit schwer zu handhaben. Andererseits entwickeln diese APIs ihre volle Wirkung erst in festen Darreichungsformen wie Tabletten, Pellets oder Granulaten. Deshalb wird es nach Ansicht von Dr. Carsten Timpe von Novartis zunehmend wichtiger für die Entwicklung von Pharmazeutika, dieses Problem einer befriedigenden Lösung zuzuführen. Technischer Wandel und der Einsatz modernster Wirbelschichtanlagen, haben diesem Forschungsfeld ein enormes Entwicklungspotential erschlossen.

Vielseitigkeit macht den Unterschied

Auf dem Gebiet von Feucht-Granulation und Partikelcoating sind für Formulierungen mit verzögerter Freisetzung sogenannte gecoatete Pellets ausgesprochen zukunftsträchtig. Sie bieten laut Dr. Florian Wildschek von der BASF eine ausgesprochen hohe Sicherheit. Hierfür können funktionelle Polymere wie das Polyvinylacetat-basierte Kollicoat SR 30 D genutzt werden. Allerdings weist Wildschek dabei auch auf ein Risiko hin: Der Polymer-Filmüberzug kann mit den APIs potenziell reagieren. Er empfiehlt deshalb, als Schutzschicht ein so genanntes Subcoating zwischen funktionellem Coating und Wirkstoffkern aufzubringen.

Parameter verändern sich

Üblicherweise werden neue Medikamente in kleinen Chargen entwickelt - nicht zuletzt weil neue Wirkstoffe auf Grund von fehlenden Prozessanlagen im Produktionsmaßstab noch sehr teuer sind und daher nur in geringen Mengen zur Verfügung stehen oder aber die Versuchsreihen während der Entwicklung mit größeren Mengen zu aufwändig sind. Daher werden unter anderem auch in der galenischen Entwicklung Anlagen und Geräte in kleinem Maßstab eingesetzt. Verläuft die Entwicklung positiv werden größere Mengen benötigt und es gilt, die entwickelten Produkte und Prozesse auf größere Maßstäbe zu skalieren. Man spricht hier vom Scale-up. „Im Entwicklungs- und Herstellprozess von festen Darreichungsformen werden beispielsweise Wirbelschichtanlagen genutzt", so Dr. Markus Knöll, „da sie ideale Voraussetzungen bieten, um pharmazeutische Ausprägungen wie Pellets, Granulate oder Tabletten herzustellen.

Applikationssicher und akzeptiert

Fortschritte gibt es auch bei der (Weiter)Entwicklung von neuen Hilfsstoffen und Coatingsystemen für Wirbelschichtprozesse und die High-Shear-Granulation - etwa Starch 1500, StarCap 1500, Acryl-EZE oder Nutrateric. MUPS ist die Abkürzung für Multi Unit Particulate System und bezeichnet das Verpressen von multipartikulären Wirkstoffsystemen zu einer monolithischen Einheit. Laut Jörg Crönlein von Colorcon „ist das ausgesprochen wünschenswert, da sich sowohl die Applikationssicherheit als auch die Patientenakzeptanz erhöht".

Herstellung von Nanopartikeln

Ein noch ziemlich neues Forschungsfeld ist das der Herstellung von Nanopartikeln. Micro-Sphere ist ein Unternehmen, das Auftragsentwicklungen für flüssige und trockene mikroverkapselte Formulierungen pharmazeutischer Wirkstoffe übernimmt. Laut Dr. Michele Müller ist es in der Mehzahl der Fälle notwendig, dass die Formulierung zunächst im flüssigen Zustand hergestellt wird. Welche Lipidformulierung dabei zum Einsatz kommt, so Müller, hängt davon ab, welchen Charakter das Endprodukt haben soll, also wie die APIs wirken sollen, wie hoch die Dosierung sein soll, welche Form die Darreichung haben soll usw.

Kurzprofil Oystar Hüttlin

Oystar Hüttlin ist ein weltweit agierender Hersteller von Labor-, Produktions-, Peripherie- und Granulationsgeräten für die Pharmaindustrie. Am Firmensitz in Schopfheim, Baden, arbeiten derzeit 63 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Oystar - The Process and Packaging Group ist einer der weltweit größten Anbieter von Prozess- und Verpackungsmaschinen und Packaging-Dienstleistungen. Die Holding mit Sitz in Stutensee bei Karlsruhe repräsentiert derzeit 17 Unternehmen und mehrere Vertriebs- und Servicegesellschaften. Die OYSTAR-Gruppe beschäftigt weltweit rund 2.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz in einer Größenordnung von 450 Mio. E.