Anlagenbau & Prozesstechnik

Drahtlose Feldkommunikation mit HART

16.03.2013 -

Drahtlose Feldkommunikation mit HART – Wireless-HART-Spezifikationen vorgestellt / Erste Geräte Anfang 2008 erwartet.

Wireless-HART steht für die jetzt fast abgeschlossene Erweiterung der HART-Standards, die es erlauben wird, drahtlos mit der bestehenden HART-Infrastruktur zu kommunizieren. Dieses Funknetzwerk auf Feldgeräte-Ebene wird sich nahtlos in bestehende HART-Netzwerke integrieren lassen.

Der erste Entwurf der Wireless- HART-Spezifikationen wurde auf der Interkama im April vorgestellt. Zudem präsentierten auf dem Messestand der HART Communication Foundation (HCF) bereits eine Reihe führender Feldgerätehersteller existierende und prototypische Wireless-HART-Lösungen.

Ende Juni werden die neuen Spezifikationen auf der HCF-Mitgliederversammlung in Boston, USA, nochmals behandelt, so dass die Wireless-HART-Spezifikation im Spätsommer 2007 freigegeben werden soll. Erste Produkte werden Anfang 2008 erwartet.

Wireless-HART ist der erste offene und interoperable Standard für eine drahtlose Feldkommunikation in der Verfahrensindustrie. Dieser Standard wurde entwickelt um den „harten" Anforderungen der Verfahrenstechnik an Zuverlässigkeit, Robustheit und Sicherheit von drahtloser Kommunikation in Prozessanlagen gerecht zu werden.

Die Wireless- HART-Kommunikation ergänzt die verdrahtete HART-Installationen mit einem neuen drahtlosen Zugang zur Diagnose, Status, Fernparametrierung und Intelligenz der bereits im Feld installierten Feldgeräte.

Die Wireless-HARTKommunikation bedient sich der gleichen HART Applikations- Layer wie HART. Damit wird die Rückwärtskompatibilität und eine nahtlose Integration in die bestehenden und zukünftigen HART-fähigen Kontroll- und PC-basierende Asset Management-Systeme sichergestellt.

 


Funktionsweise eines Netzwerks von Wireless-HART-Geräten

Verfahrenstechnische Anlagen bilden eine anspruchsvolle Umgebung für Funksignale. Sie müssen besonders zuverlässig in dem industriellen Umfeld einer Anlage arbeiten.

Des Weiteren gibt es Datensicherheitsaspekte, die zu lösen sind, um den intelligenten Datenfluss aus den Feldgeräten so zuverlässig und sicher zu gestalten als käme er von der gewohnten drahtgebundenen Übertragung.

Dafür wurde der neue Wireless-Standard entwickelt, der die Bedürfnisse von Prozessanlagen abdeckt und sich nahtlos in existierende HART-Netzwerke integrieren lässt. Das Hauptmerkmal von Wireless-HART kann als selbst organisierendes vermaschtes Netzwerk beschrieben werden.

Weil die drahtlosen Feldgeräte frei im Feld verteilt sind, müssen sie Strategien entwickeln, um die Kommunikation aufrecht zu erhalten, auch wenn einzelne Signalübertragungsrichtungen gestört sind. Jedes Feldgerät baut mehrere Signalrouten auf, um die Prozess- und Geräteinformationen zu der verdrahteten Anlagen-Infrastruktur zu senden.

So sind die drahtlosen Feldgeräte in der Lage, Verbindungen von Gerät zu Gerät aufzubauen, um größere Distanzen zu überbrücken oder gestörte Wege zu umgehen. Eine plötzlich unterbrochene Funkstrecke würde sich dann über neue Wege und Richtungen selbständig neu aufbauen.

Die Information würde ungehindert weiter fließen. Das macht das Netzwerk sehr zuverlässig.

 


Szenario 1: Anwendungen in bestehenden Netzwerken mit HART-Geräten

Diese Betrachtung geht von der Tatsache aus, dass in der „drahtgebundenen Welt" bei der Mehrzahl der 20 Mio. HART-Geräte, die weltweit installiert sind, deren Fähigkeiten nicht erschöpfend genutzt werden. Alle diese Geräte haben vorausschauende Intelligenz mit Diagnosefähigkeit eingebaut. Nur benutzt sie niemand, weil die HART-Informationen oft nicht online an das System gelangen.

Mit der Wireless-HART-Technologie könnte jetzt diese Datenquelle im Feld wirtschaftlicher denn je genutzt werden (Abb.1). Wie ist das möglich?

Das Feldgerät würde wie bisher seine Energieversorgung aus der bestehenden Verdrahtung erhalten und seinen Messwert wie gehabt an das System übertragen. Die Diagnose- und Gerätedaten würden hingegen den neuen drahtlosen Kanal nutzen.

So würde die Verdrahtung weiter in die Prozessleitung einbezogen sein, während Gerätemanagement-Applikationen sich der drahtlosen Verbindung bedienen würden.

Dieses Szenario könnten Feldgeräte unterstützen, die beide Schnittstellen anbieten, 4-20mA-HART und Wireless-HART, oder bestehende Feldgeräte, die via interne/externe Adapter mit der neuen Wireless-Technik ausgestattet werden.

Weil mit der neuen Technik bei Gerätemanagement-Applikationen ein zusätzlicher Verdrahtungsaufwand z. B. für HART-Multiplexer überflüssig wird, können die Diagnoseinformationen jetzt einfacher im Feld angezapft werden, was wiederum die Prognosemöglichkeiten von PAM-Applikationen steigern wird.

 


Szenario 2: Neue, vollständig drahtlose Feldgeräte

Hierbei liegt die Herausforderung in der autonomen sowie langlebigen Versorgung von Low-Power-Feldgeräten, die mit der Wireless-HARTTechnologie ausgestattet sind. Hier hat HART den Vorteil, dass die 2-Leiter- Transmitter die wenigste Energie verbraucht.

Dazu kommt, dass die Batterie-Technologie einem rapiden Innovationswandel unterliegt. Eine Kombination von neuen Batterie-Typen mit hoher Energiedichte und andere Energie-Generatoren können Feldgeräte über einen langen Zeitraum hinweg autonom versorgen.

Es gibt in einer Anlage viele potentielle Energiequellen, so z. B. Solarenergie, Licht, Vibration, Wärme, lokales Stromnetz usw. Von Anlage zu Anlage und je nach Einsatzort des Feldgerätes in der Anlage kann man die unterschiedlichen Quellen nutzen.

Daher kann es sinnvoll sein, das Energieversorgungsmodul im Feldgerät austauschbar zu gestalten, so dass immer diejenige Energiequelle, deren Energie gerade ausreichend vorhanden ist, genutzt wird.

Autonom mit Energie versorgte Wireless- HART-Feldgeräte können ohne die üblichen Beschränkungen einer festen Verdrahtung in der Anlage installiert werden, so z. B. auch als temporäre Installation etwa zur Fehlersuche in der Prozesssteuerung.

Das reduziert die Installationskosten drastisch. Beispielsweise dann, wenn schon alle „Reserve"-Drähte in einem Kabelkanal verwendet wurden und für das neue Gerät eine teure neue Leitung installiert werden soll.

Die Flexibilität, Wireless-Feldgeräte vom Einbauort dorthin verschieben zu können, wo das Messsignal am Prozess mit der besten Qualität abgegriffen werden kann, verbessert die Überwachung der Prozessmaschinen und -apparaten (z. B. Pumpen, Motoren, Filter, Ventile) und das Detektieren von abnormalen Vibrationen oder Temperaturanstiegen.

Weitere Feldgeräte können in einfachster Weise herangezogen werden, um neue Anlagen- Optimierungsstrategien umzusetzen oder um bessere Frühwarnsysteme zu entwickeln, die ungeplante Anlagen-Shutdowns verhindern. Prozessinformationen, die bis jetzt aus physikalischen Gründen oder auf Grund zu hoher Kosten unerreichbar waren, können jetzt mit WirelessHART angezapft werden.

Sie dienen einer besseren Anlagenperformance und steigern die Anlagenverfügbarkeit.

 


Einblicke in den entstehenden Standard

WirelessHART muss in die bestehende HART-Infrastruktur passen. Die Funktion über DDL fähige Hostsysteme muss gewährleistet sein.

Es wird eine Lösung angestrebt, die zu den energiearmen - mit 20mW Leistungsaufnahme für einen verdrahteten 2-Leiter Transmitter - HART-Transmittern passt. Bei dem HART-Slave wird auf kurze Sendezeiten geachtet, da jede Drahtlosübertragung Energie benötigt, trotzdem möchte man aber genug Bandbreite und Varianz einbauen, um z. B. akzeptable Reaktionszeiten auf Parameteränderungen zu erreichen.

Das Protokoll definiert für den drahtlosen Sensor bzw. Aktor, wann kommuniziert wird und auf welchem Kanal, um Kollisionen zu vermeiden und die Leistungsaufnahme zu minimieren. So bleibt in den HART-Slaves der Aufwand für eine Wireless-HART-Implementierung in Grenzen, denn der Slave erledigt lediglich, was der Network Manager ihm befiehlt. Lediglich muss der Slave den Echtzeit-Anforderungen genügen.

Er muss beispielsweise die TDMA-Slots einhalten, damit die zeitliche Ausführung des Protokolls effizient bleibt. Vielmehr Aufwand steckt in dem Network Manager, der sich entweder im Gateway oder im Host befindet. Dieser bestimmt das „Echtzeit-Gefühl", das dem Anwender vermittelt wird.

 


Konfiguration eines Wireless-HARTSensor/Aktuator-Netzwerkes

Industrietaugliche drahtlose Netzwerke müssen konfiguriert werden. Mindestens individuelle oder kollektive Passwörter werden benötigt. Jedoch soll der Aufwand und die Komplexität in Grenzen gehalten werden, so dass die Handhabung einfach bleibt.

Die Konfiguration eines Wireless-HART-Netzwerkes sieht vor, dass Einstellungen am Network Manager vorgenommen werden. Network ID, Network Password, Security Level für den Join Process und Network oder Session Modus werden vergeben. Am Slave werden das Join Password, die Net ID und weitere Optionen wie z. B die Updaterate für die Wireless Frames eingestellt.

Die Bitrate beträgt 250kbps, der Datendurchsatz (troughput) ist vergleichbar mit der verdrahteten HART-Technologie. Das ermöglicht eine individuelle Einstellung der Updateraten in jedem Teilnehmer des vermaschten Netzwerkes, so dass nur dort Energie und Bandbreite benötigt wird, wo es gewollt ist.

 


Wie wird die Interoperabilität zwischen Herstellern garantiert?

Jeder Hersteller erhält als Mitglied der HCF die Testspezifikationen und die Tools, um die Konformitätstest selbst durchzuführen (Self Testing). Die Testergebnisse werden von der HCF begutachtet und verifiziert. Das Gerät erhält dann den Status „Zertifiziert" und kann somit als Wireless-HART-Gerät angeboten werden. Nur durch die HCF registrierte Produkte können als „WirelessHART compliant" bezeichnet werden.

 


  • Eckdaten des Wireless-HART-Protokolls
  • Frequenz 2,4 GHz , Zeitsynchronisation, Frequenzsprungverfahren, Frequenzspreizung
  • Basierend auf der IEEE 802.15.4,
  • Vermaschtes Sensor/Aktor-Netzwerk
  • Verschlüsselte Transport Daten (AES 128) mit Join Key und Session Key
  • Reichweite von Knoten zu Knoten: 20 - 150 m
  • Leistungsaufnahme Wireless Teil: 0 - 2,5 mW je nach eingestellter update Rate

 


Kontakt

Jean-Luc Griessmann
HART Communication Foundation Europe, Basel
Tel.: +41 61 333 22 75
Fax: +41 61 333 22 77
jlgriessmann@hartcomm.org