Anlagenbau & Prozesstechnik

Schutz vor Haftung aus Kartellrecht und Korruption

01.06.2013 -

Schutz vor Haftung aus Kartellrecht und Korruption – Compliance-Programme verringern Risiken. Kartellbehörden decken immer öfter Kartellrechtsverstöße in der chemischen Industrie auf.

Die Geldbußen für die Unternehmen erreichen oft zweistellige Millionenbeträge. Auch in Korruptionsfällen wird häufiger ermittelt. Neben den Unternehmen haften Führungskräfte persönlich, wenn sie ihre Organisations- und Aufsichtspflichten verletzt haben.

Compliance-Programme können vor Haftung schützen - bei überschaubarem Aufwand. Deutsche und europäische Kartellbehörden haben in den letzten Jahren in der chemischen Industrie zahlreiche Kartelle aufgedeckt und hohe Geldbußen verhängt.

Am bekanntesten ist wohl das Vitamin-Kartell, das die Europäische Kommission vor einigen Jahren mit einem Gesamtbetrag von 791 Mio. € ahndete. Jüngst verhängte sie gegen zwei Anbieter von Nitrilkautschuk nach eigenen Angaben Bußgelder in Höhe von 34,2 Mio. €.

Auch bei zahlreichen anderen Produkten kam es in den letzen Jahren zu empfindlichen Bußen. Neben Herstellern wurde auch gegen Verbände sowie den Chemie- und Pharmagroßhandel ermittelt.

Nicht nur die Anzahl der Ermittlungsverfahren, sondern auch die Höhe der Bußen ist in den letzen Jahren gestiegen.

Hinzu kommt das wachsende Risiko von Schadensersatzklagen durch Kunden. Der Gesetzgeber hat im deutschen Kartellrecht Regeln eingeführt, die derartige Klagen erleichtern sollen.

Ein derzeit laufendes Musterverfahren gegen Zementhersteller zeigt, dass für die Zukunft Sammelklagen ähnlich wie in den USA zu erwarten sind. Auch die durch Ermittlungen entstehenden Imageschäden fallen ins Gewicht.

Neben den Gefahren für das Unternehmen bergen Kartellrechtsverstöße und Korruption auch persönliche Risiken für Führungskräfte. Das Bundeskartellamt verhängt regelmäßig Bußgelder gegen Führungskräfte kartellbeteiligter Unternehmen.

Hinzu kommen mögliche persönliche Schadenersatzforderungen des Unternehmens oder Dritter. Führungskräften ist oft nicht bewusst, dass sich derartige Konsequenzen für sie auch dann ergeben können, wenn sie nicht selbst an kartellrechtswidrigen oder korruptiven Handlungen beteiligt und hierüber auch nicht informiert waren.

Schon das fahrlässige Unterlassen von Aufsichtsmaßnahmen zur Verhinderung solcher Rechtsverstöße kann mit Geldbußen bis zu 1 Mio. € geahndet werden (§ 130 OWiG).

Mitglieder des Vorstands oder der Geschäftsführung sind zudem gesellschaftsrechtlich verpflichtet, ihr Unternehmen so zu organisieren, dass Rechtsverstöße möglichst vermieden werden.

Die Gerichte stellen an die Maßnahmen, die Führungskräfte zur Verhinderung von Kartellrechtsverstößen und Korruption ergreifen müssen, hohe Anforderungen.

Mitarbeiter, denen aufgrund ihres Tätigkeitsbereichs (z. B. Vertrieb, Vertretung in Verbänden) solches Verhalten möglich ist, müssen über die für sie geltenden Regeln unterrichtet werden.

Eine einmalige Schulung genügt nicht, es muss grundsätzlich eine regelmäßige Information erfolgen. Des Weiteren ist eine laufende Kontrolle erforderlich. Der geforderte Umfang der Maßnahmen hängt insbesondere davon ab, ob es in der Branche oder im Unternehmen bereits zu Rechtsverstößen gekommen ist.

Da in der chemischen Industrie häufig Geldbußen verhängt wurden, sind hier die Anforderungen an Präventionsmaßnahmen entsprechend streng. Die zunehmende Verbreitung von Programmen zur Kartell- und Korruptionsprävention erzeugt zudem einen gewissen Erklärungsbedarf, wenn ein potentiell gefährdetes Unternehmen keine entsprechenden Schutzmaßnahmen getroffen hat.

Vor diesem Hintergrund führen viele Unternehmen interne Programme durch, in denen Führungskräfte und Mitarbeiter in den zu beachtenden Grundregeln geschult werden.

Thematisch umfassen diese so genannten Compliance-Programme in der Regel die Bereiche Kartell- und Korruptionsprävention, zusätzlich können weitere Bereiche behandelt werden.

Es bietet sich auch an, Mitarbeitern Grundregeln für richtiges Verhalten im Fall behördlicher Ermittlungen mit an die Hand zu geben. Unternehmen verfolgen mit Compliance-Programmen meist mehrere Ziele. Zunächst verringern Compliance-Programme das Risiko, dass es im Unternehmen zu schwerwiegenden Rechtsverstößen kommt.

Auch Verhalten, dass den irrtümlichen Eindruck der Rechtswidrigkeit erwecken und so zu Ermittlungen führen kann, wird vermieden. Zudem wird die Pflicht der Führungskräfte, zunächst sich selbst und dann ihre Mitarbeiter über die Grundregeln des Kartellrechts und der Korruptionsprävention zu informieren, erfüllt.

Schließlich macht die Durchführung eines Compliance-Programms den Willen eines Unternehmens zur Einhaltung des geltenden Rechts deutlich, was gegenüber Geschäftspartnern - die gelegentlich sogar die Abgabe von Compliance-Erklärungen fordern - und Behörden hilfreich sein kann.

 


Compliance-Programme können aus mehreren Elementen bestehen:

Schulungen: Führungskräfte und Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Funktion im Unternehmen Kartell- oder Korruptionsrisiken ausgesetzt sein können, werden im Rahmen einer z. B. zweistündigen internen Veranstaltung geschult.

Im Bereich des Kartellrechts handelt es sich typischerweise um die Mitglieder der Geschäftsführung sowie um Vertriebsmitarbeiter mit Kundenkontakt. In der Korruptionsprävention sind auch Mitarbeiter in den Bereichen Einkauf, Logistik und Supply Chain angesprochen.

Die Schulungen erläutern die für den angesprochenen Personenkreis relevanten kartell- und korruptionsrechtlichen Grundregeln, sodass die Mitarbeiter eindeutig zulässiges und eindeutig unzulässiges Verhalten selbst erkennen und in Zweifelsfällen Rücksprache halten können.

E-Learning: Alternativ oder ergänzend zu Präsenzschulungen kann eine Schulung über das Internet durch ein E-Learning-Programm erfolgen. Dies bietet sich beispielsweise an, wenn sehr viele Mitarbeiter geschult werden sollen. Häufig wird E-Learning auch nach Präsenzschulungen zur Erfolgskontrolle eingesetzt.

Auf diese Weise kann der Nachweis erbracht werden, dass den Mitarbeitern die Grundregeln bekannt sind und die Informationspflicht der Unternehmensleitung insoweit erfüllt wurde. Hierbei geht es darum, den Kenntnisstand im Unternehmen insgesamt zu dokumentieren, nicht um eine Beurteilung einzelner Mitarbeiter.

Leitlinien: Es hat sich bewährt, die Grundregeln des Kartellrechts und der Korruptionsprävention nachlesbar und prägnant zusammen zu fassen, etwa in Form von Do's und Don'ts, und durch Beispiele verständlich zu machen.

Dabei können auch unternehmensinterne Standards festgelegt werden, so für die Annahme und Gabe von Geschenken oder Einladungen sowie für korrektes Verhalten gegenüber Wettbewerbern. Einige Unternehmen fassen ihre Leitlinien für die einzelnen Rechtsbereiche in mehr oder weniger umfangreichen Compliance- Handbüchern oder Codes of Conduct zusammen.

Dies hat den Vorteil, dass Mitarbeiter die relevanten Regeln mit einem Griff zur Hand haben. Entscheidend für den Erfolg eines Compliance-Programms ist, dass es inhaltlich und vom Ablauf her auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten ist.

In der chemischen Industrie gibt es erfahrungsgemäß besondere Risikopotentiale (z. B. enge Lieferbeziehungen mit Wettbewerbern, besondere Markttransparenz bei Commodities), die berücksichtigt werden müssen.

Hinzu kommen häufig unternehmensspezifische Besonderheiten und Geschäftsprozesse. Das Unternehmen und seine Rechtsberater sollten daher vorab Inhalte und Ablauf eines Compliance- Programms abstimmen.

Standardlösungen sind in der Regel wenig geeignet, um die Ziele zu erreichen, die ein Unternehmen mit seinem Compliance-Programm verfolgt.

 


Kontakt:
Dr. Axel Kallmayer

Dr. Tilman Diekamp, MJur (Oxon)
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