Anlagenbau & Prozesstechnik

Wertschöpfung durch Projektmanagement

Projekte im Spannungsfeld zwischen technischen und kaufmännischen Interessen

11.05.2010 -

Immer mehr Chemieunternehmen müssen sich aufgrund der Marktdynamik flexibler organisieren, um auf Veränderungen zu reagieren. Daher gewinnt das Projekt als Organisationsform zunehmend an Bedeutung, da es flexibel und einfach in der Steuerung ist. Für die chemische Industrie ist zu beobachten, dass Unternehmen immer mehr Projekte pro Jahr durchführen und die Größe und Geltung dieser Projekte zunimmt. Doch gleichzeitig haben viele Chemieunternehmen erhebliche Defizite im Bereich ihres Projektmanagements. Besondere Schwachstellen zeigen sich vor allem in den technischen Bereichen und der IT aber auch in der Forschung & Entwicklung. Die wesentlichen Ursachen hierfür liegen sicherlich oft in den individuellen Qualifikationsmängeln im Projektmanagement, vor allem jedoch im Spannungsfeld zwischen technischen und kaufmännischen Interessen.

Obwohl im klassischen Sinn der Betriebswirtschaftslehre alle Unternehmen nach Gewinnmaximierung streben, gibt es insbesondere in technischen Fachbereichen immer wieder Projekte, in denen die Realisierungswünsche über die Wirtschaftlichkeit gestellt werden. So wird in manchem Projekt nicht nach dem Grundsatz „Mittel zum Zweck" sondern vielmehr nach dem Prinzip „der Zweck heiligt die Mittel" gearbeitet. Die Konsequenzen aus diesem Handeln zeigen sich spätestens, wenn die Verantwortlichen erkennen müssen, dass ihre ursprünglichen Zielsetzungen und Anforderungen nicht erfüllt wurden. Schlimmstenfalls belastet dann das verbrauchte Projektbudget bereits die Profitabilität des Unternehmens.
Auch wenn die Gründe für misslungene Projekte vielfältig sind, lassen sich in der täglichen Praxis immer wieder ähnlich gelagerte Problemfelder erkennen: Ihr Ursprung liegt in einer mangelnden systematischen und transparenten Projektabwicklung. Dies beginnt mit der Formulierung des Projektziels und endet mit der Überprüfung der Zielerreichung zum Projektabschluss.
Ein wesentlicher Grund für diesen Umstand sind fehlende oder fehlerhafte Rollenzuweisungen innerhalb der Projektorganisation. Zunächst einmal muss die fachliche Verantwortung zur inhaltlichen Sinnhaftigkeit des Projekts von der Umsetzungsverantwortung durch einen internen Dienstleister im Unternehmen, wie die IT Abteilung, getrennt werden. Ein Beispiel: Bei einem Projekt zur Einführung eines Laborinformationssystems sollte die fachliche Projektverantwortung für die eindeutige Definition von Projektinhalt und -ziel beim Anforderer, der F&E Abteilung, liegen. Die Umsetzungsverantwortung sollte jedoch im Verantwortungsbereich der IT-Abteilung angesiedelt werden. Denn sie muss ein geeignetes System auswählen und implementieren, das unter Einhaltung der wirtschaftlichen und (IT-) technischen Bedingungen die fachlichen Anforderungen des Anwenders erfüllt.
Bei einer solchen Aufteilung liegt die Gesamtverantwortung für die Zieldefinition und Zielerreichung in den Händen des anfordernden Fachbereichs. Damit wird einer möglichen Exkulpation des Anforderers zum Projektende aufgrund verfehlter Zeilerreichung von Beginn an ein Riegel vorgeschoben. Die Trennung von fachlicher Projektverantwortung und Ausführungsverantwortung führt zusätzlich dazu, dass die beiden Projektparteien sich gegenseitig hinterfragen. In der Konsequenz unterstützt dieses Zusammenspiel eine klare Definition von Projektanforderungen, -umfang und -ziel. Ohne die erforderliche Eindeutigkeit dieser Projektparameter wäre eine zielgerichtete und effiziente Umsetzung der Projektanforderung nicht möglich.
Fehlen diese eindeutigen grundlegenden Projektparameter insbesondere für eine detaillierte Zielbeschreibung, so verändern sich während des Projektverlaufs die Parameter. Erfahrungsgemäß sprengen Projekte, deren Ziel sich auf diese Weise verändert, die ursprünglichen Budgetanforderungen und liefern nicht das gewünschte Ergebnis. Ein effizientes Management dieser Projekte ist nicht möglich.

Zweistufenmodell

Ein effizientes Projektmanagement hat einfache grundlegende Regeln zu erfüllen: Transparenz, Eindeutigkeit der Projektparameter, Ausweis des Projektnutzens für das Unternehmen und proaktive Durchführungsüberwachung. Diese Kriterien sind bereits in der ersten Instanz von elementarer Bedeutung, nämlich bei der Entscheidung, welche Projekte aus dem Pool der Anforderungen umgesetzt werden. Sie gelten für das gesamte Projektmanagement. Aus diesem Vorgehen ergibt sich ein Zweistufenmodell, das sich in das Projektportfolio Management und das Projektmanagement gliedert.

Projektportfolio Management

Beim Projektportfolio Management werden alle Projektanforderungen transparent aufbereitet. Dieses Vorgehen soll gewährleisten, dass der Einsatz des verfügbaren Gesamtprojektbudgets den größtmöglichen Nutzen bringt. Damit erhalten die verantwortlichen Entscheider eine zuverlässige Grundlage, die nach dem budgetierten Aufwand sowie dem Gesamtnutzen (Summe aus wirtschaftlichem und strategischem Nutzen) der einzelnen Projekte priorisiert ist. Anschließend können sie aus dieser Rangliste das Projektprogramm für die jeweiligen Planungsperioden ableiten. Das Projektprogramm wiederum ist die Grundlage aus der heraus die Eröffnung des Projektes und somit der Übergang in das Projektmanagement erfolgt.

Projekt Management

Im Projektmanagement werden die einzelnen Projekte geleitet, organisiert, gesteuert und überwacht. Insbesondere im Bereich der Projektorganisation sowie der grundlegenden Planung des Projektes liegen die Ursprünge für ein erfolgreiches Projekt. Es zeigt sich immer wieder, dass Projekte immer dann Risiken bergen, wenn sie schleichend von der Planungsphase in die Umsetzung übergehen, ohne dass entsprechende formalisierte Projektschritte zur Organisation und Verabschiedung der Planungsgrundlagen eingehalten werden.
In einem formalisierten Projektmanagement wird mit der offiziellen Projekteröffnung im Unternehmen eine entsprechende Projektorganisation installiert. Dazu gehört eine Projektleitung, ein Lenkungskreis sowie die Bereiche die die Anforderungen stellen, die das Projekt durchführen und kritische beteiligte Bereiche. Der Umfang der Projektorganisation variiert je nach Dimension des Gesamtprojektes, muss aber immer transparent und eindeutig in den Verantwortlichkeiten und Kompetenzen sein.
Bevor die eigentliche Projektplanungsphase startet, gilt es, die Grundlagen des Projektes in Form von Umfang und Zielsetzung zu überprüfen, abschließend festzulegen und entsprechend zu dokumentieren. Nachdem die Projektbeteiligten die Anforderungen bestätigt haben, erfolgt die Grobplanung des Projektes. Daraufhin werden Projektbudget, erforderliche Ressourcen sowie der Projektplan verabschiedet.
Festgelegte Meilensteine sichern den budget- und zielkonformen Verlauf des Projektes. Zu den Meilensteinen erfolgt eine Überprüfung des erreichten Projektfortschritts im Verhältnis zum Budgetverbrauch. Im Rahmen eines einfachen Soll-Ist-Vergleichs können Planabweichungen schnell und einfach erkannt werden. Treten Abweichungen vom kritischen Projektpfad auf, so kann das Projektmanagement kurzfristig eingreifen.
Für den F&E Bereich bietet es sich bei der Entwicklung von Neuprodukten an, entsprechende Cut-off-Kriterien zu definieren. Dies sind Kriterien, bei deren Über- oder Unterschreiten ein Projekt aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten unter wirtschaftlichen Aspekten eingestellt wird.
Ein proaktives Projektcontrolling während der Projektlaufzeit ist für die Beurteilung des Fortschritts eines Projektes von elementarer Bedeutung. Über die im Vorfeld definierten Meilensteine lässt sich eine transparente Statusdarstellung eines Projektes sicherstellen. Ein konsequentes und stringentes Projektcontrolling ist letzten Endes aber nur möglich, wenn der positive Nutzen des Projektmanagements von allen Beteiligten erkannt wird.

Wertschöpfung durch Projektmanagement

Die unternehmerische Entscheidung, ein Projekt zu starten, liegt in den meisten Fällen in der Beantwortung der Frage, welchen Wert die erwarteten Projektergebnisse für das Unternehmen haben. Jedoch ist der Projektverlauf oftmals Einflüssen ausgesetzt, die zu Veränderungen des Projektumfangs sowie der Anforderungen oder sogar der gesamten Zielsetzung führen können. Erst ein qualifiziertes Projektmanagement kann garantieren, dass alle nicht erforderlichen Veränderungen von Projektparametern aus dem Projekt herausgehalten werden. Die erforderlichen Änderungen dagegen nehmen die Projektmanager in die Struktur des Projekts auf und überprüfen deren Auswirkungen auf das Gesamtprojekt. Sie passen die erforderlichen Rahmenfaktoren an und verleihen dem Projekt wieder seine ursprüngliche Transparenz. So bleibt es steuerbar und kontrollierbar. Ein Projekt, bei dem Veränderungen von Anforderungen oder Zielen im Projektverlauf verschleiert werden, entzieht sich nicht nur der Steuerbarkeit in seinem Verlauf, sondern lässt auch keine reelle Überprüfung der Zielerreichung zu.

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