Anlagenbau & Prozesstechnik

Edelenergie mit Potenzial

Bericht vom CompAir-Druckluft-Praxisseminar in Kastellaun

03.12.2012 -

CITplus - Das Druckluftseminar Anfang Mai in Kastellaun von Compair stand unter dem Motto „Energie- und Kosteneinsparung in der Drucklufterzeugung und im Druckluftnetz".

Einsparpotentiale in der Größenordnung von 38 % bei den Druckluftkosten sind ein lohnendes Ziel für Produktionsverantwortliche. Im Detail entfallen davon 20 % auf Verteilung und Nutzung, 6% auf den Kompressor, 5 % auf die Gesamtanlage, 4 % auf Wärmerückgewinnung. Weitere 2 % bzw. 1 % Einsparpotentiale ergeben sich bei der Steuerung und der Aufbereitung der Druckluft. Typische Amortisationszeiten bei der Optimierung von Drucklufterzeugung und -verteilung liegen zwischen sechs und 24 Monaten.
„Druckluft ist eine Edelenergie mit großem Potential!". Mit dieser Aussage startete der Referent Dipl. Ing. Peter Otto, Geschäftsführer der Firma Postberg + Co. Druckluft-Controlling, das Druckluftseminar in Kastellaun. Nach seiner Aussage entfallen etwa 7 % des industriellen Energieverbrauchs in Deutschland auf die Drucklufterzeugung. Dabei ist die unsichtbare „Edelenergie" Druckluft äußerst flexibel einsetzbar, denn ihre Anwendung ist geruchsneutral, ungiftig und ungefährlich. Die kostenintensive Seite rechtfertigt den Begriff „Edelenergie" aus dem Wirkungsgrad der Drucklufterzeugung: Nur 6,9 % der eingesetzten elektrischen Energie werden in Druckluft bzw. mechanische Expansionsarbeit umgesetzt. Die größten Verluste entfallen mit 76,8 % auf Kompressions- und Leerlaufverluste. Diese Anteile gehen ebenso wie die Motorverluste (9,9 %) als Abwärme an der Druckluftstation verloren. Ein Druckluftmotor benötigt 20 Mal so viel Energie wie ein leistungsgleicher Elektromotor. „Für mich ist Druckluft die teuerste Energie, die Sie im Unternehmen haben." sagte der Referent und bezifferte das Rationalisierungspotential allein in Deutschland mit einer Größenordnung von 400 Mio. €. Das größte Einsparpotential im Umgang mit dieser Edelenergie erschließt sich durch die Beseitigung von Leckagen im Druckluftnetz.

Drucklufterzeugung
Ölfreie zweistufige Schraubenkompressoren bieten eine effiziente Drucklufterzeugung, geringere Leerlaufverluste als öleingespritzte Kompressoren und eine optimale Nutzung der Abwärme/Trocknung. Demgegenüber überzeugen ölfreie zweistufige Kolbenkompressoren durch einen 5 - 10 % höheren Wirkungsgrad und geringere Wartungskosten. Nachteilig sind in ihrem Fall die teuren Keramikschrauben. Da ölfreie zweistufige Kolbenkompressoren gut regelbar sind, kommen sie einer Drehzahlregelung sehr nahe - Leerlaufverluste entfallen also bei diesem Kompressor-Prinzip. Eine Alternative in der ölfreien Drucklufterzeugung bietet die DH-Serie von Compair mit einem 10 % höheren Wirkungsgrad im Vergleich zu trocken laufenden Schraubenkompressoren. Konstruktiv bietet dieses innovative Kompressoren-Konzept aber entscheidende weitere Pluspunkte für die Betriebskosten (siehe Infokasten DH-Serie).
Ein entscheidender Faktor für die Energieeffizienz von Druckluftstationen ist der Überdruck im Druckluftnetz. Nach Daten des VDI Druckluftberichtes 1681 steigt der Leistungsmehraufwand im Mittel um 7 % für jedes weitere Bar Überdruck. Peter Otto brachte die Bedeutung des Überdrucks gegenüber den Teilnehmern wie folgt auf den Punkt: „Wir sollten in Deutschland mit 6,5 bar Überdruck auskommen. Jeden Anlagenbauer, der in seiner Anlage nicht mit 6,5 bar auskommt, würde ich fragen: Warum?".

Druckluftcontrolling
Effizientes Druckluftcontrolling orientiert sich an den aufeinanderfolgenden Schritten messen, analysieren, lokalisieren und beseitigen. 20 % Einsparpotential bei den Druckluftkosten erschließen sich aus der Verteilung und Nutzung der Druckluft.
Eine wesentliche Quelle von Druck- und damit Energieverlusten stellt dabei das Druckluftleitungsnetz dar. Bei Neubauten ist man mit einem neuen Druckluftnetz in einer komfortablen Situation und entscheidet sich bei der Netztopographie z. B. für eine Ringleitung. Oder die Entscheidung fällt im ersten Schritt für eine Stichleitung mit kurzen Wegen, die dann bei einer späteren Produktionserweiterung zu einer Ringleitung ergänzt wird.
Im Laufe der Jahre kommt es zu Netzerweiterungen mit neuen Leitungen und Verbrauchstellen - ein gewisser „Wildwuchs" stellt sich ein. Damit vermehren sich typische „Druckfresser" im Leitungsnetz, wie lange Strecken, T-Stücke, Abzweigungen, kleine Innendurchmesser, enge Leitungskrümmer, Verengungen, zusätzliche Armaturen und Anschlüsse. In der Praxis kommt es dann durchaus vor, dass nicht erkannte Druckverluste aus dem Leitungsnetz einer vermeintlich „unzureichenden" Leistung der Kompressorstation angelastet werden.
Bei Leckagen im Leitungsnetz entstehen im Jahresverlauf sehr schnell Kosten- im fünf bis sechsstelligen Eurobereich. Als ein Verursacherbeispiel für solche Unkosten nannte Peter Otto aus seiner Praxis einen nicht erkannten offenen Schlauch mit 6 mm Durchmesser am Druckluftnetz. Sensibel für Leckage Verluste sei deshalb auch die Druckluftabnahmestellen selbst: Innerhalb der Werkzeuge entstehen ohne Wartung Undichtigkeiten. Schnellkupplungen und Verschleißteile müssen regelmäßig ersetzt werden und auch falsch dimensionierte Düsen beim Ausblasen sind unwirtschaftlich. Geschlossene Absperrorgane wie Kugelhähne an den Druckluftwerkzeugen bzw. Verbrauchern zahlen sich in jedem Fall aus. Mobile Messungen am Arbeitsplatz zeigen: 90 % der Leckage Verluste sind an den Verbrauchern zu finden.
Dauerhaftes Druckluftcontrolling sichert die erzielten Erfolge durch kontinuierliche Messung. Die Installation von Messstellen für Volumenströmen und die kontinuierliche Erfassung von Messdaten und die daraus abgeleiteten Kennzahlen schaffen dauerhafte Transparenz für das Energiemanagement. Zudem liefert die Datenanalyse des Druckluftcontrollings frühzeitige Hinweise auf notwendige Instandhaltungsmaßnahmen.
Mit dem Ziel unnötig teure Leerlaufzeiten zu vermeiden, behandelte der letzte Teil des Seminars anhand umfangreicher Messdatendiagramme Fragen von Regelung und Steuerung von Kompressoren. Dieser Teil erörterte die Anpassung von Kompressoren und deren Verbundstationen an eine bedarfsgerechte Drucklufterzeugung.
Weitere Termine des Druckluftseminars in Kastellaun sind für den 20. - 21. September und für den 22. - 23. November geplant.

DH-Serie
Im Detail besteht die Verdichterstufe aus zwei Kohlefaserdichträdern und einem einzigen Hauptrotor. Letzterer besteht aus Aluminiumbronze und enthält sechs Nuten. Die Zähne der Dichträder greifen in die Nutenführung und bilden zwei Verdichtungsräume über- und unterhalb des Hauptrotors. Kühlung und Schmierung erfolgen durch Wassereinspritzung. Die Dichträder folgen der Drehung des Hauptrotors, reduzieren das Volumen in den Nuten und verdichten so die Luft. Pro Rotorumdrehung werden zwölf Impulse Luft freigesetzt, verglichen mit sechs Impulsen bei einer herkömmlichen Schraube. Fehlende metallische Berührungsflächen und das niedrigere Pulsationsniveau führen zu niedrigeren Schwingungs- u. Schallwerten. Im Vergleich zu herkömmlichen Schraubenverdichtern ist die Teilezahl in der Verdichterstufe reduziert. So entfällt das Getriebe, die Anzahl der Lagerungen ist um mehr als die Hälfte reduziert und es werden nur zwei Dichtungen benötigt während herkömmliche ölfreie Verdichter mehr als 15 benötigen.

 

 

Dieser Beitrag ist eine gekürzte Version des Artikels von Dr. Jürgen Kreuzig, der in der Ausgabe 7-8/2012 der Zeitschrift LVT Lebensmittel Industrie, Wiley-VCH, erschienen ist.

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