Anlagenbau & Prozesstechnik

Troubleshooting Pumpe

Pumpe: Wunsch und Wirklichkeit

27.04.2018 -

Pumpen sind häufig verbaute und wenig beachtete Anlagenkomponenten. Die Ausfallursachen lassen sich durch eine intelligente Instandhaltungsstrategie verringern.

„Egal was für eine Pumpe, Hauptsache die Kreiselpumpe macht keine Probleme.“ Dieser Satz ist so etwas wie die Quintessenz eines großen Missverständnisses. Ein teures Missverständnis, das für hohe Reparaturkosten bis zum Stillstand von Anlagen verantwortlich ist.
Dass es bei einer Neuanschaffung immer eine Kreiselpumpe sein muss, lässt sich leicht belegen: In der verfahrenstechnischen Indus­trie werden in etwa 80 % aller Fälle Flüssigkeiten mit Kreiselpumpen gefördert. Ihre Beliebtheit hängt mit ihrem einfachen Funktionsprinzip zusammen. Es basiert auf einer Hydraulik, bestehend aus einem Laufrad, einem Gehäuse sowie einer Dichtungs- und Lagereinheit. Das Fördermedium wird zur Laufradnabe geleitet und durch die Fliehkraft an die Außenkante des Laufrads gedrückt. Dadurch entsteht ein gleichmäßiger Förderstrom. Die Pumpen gelten als kostengünstig, robust und einfach. Jeder hat den Eindruck, er kenne sich damit aus. Aber dem ich nicht so.

One fits all – von der Standardisierung zur Fehlplanung
Das Missverständnis beginnt bereits bei der Planung und Auslegung der Pumpen. Bei der Anschaffung wird in erster Linie der Preis der Pumpe gesehen, nicht die gesamten Lebenszykluskosten. Pumpen sind mittlerweile stark standardisiert, was sich zwar günstig auf den Einstandspreis auswirkt, aber aufgrund ihrer bisweilen sehr langen Laufzeiten im Betrieb unverhältnismäßig hohe Folgekosten verursacht. Dabei sind Pumpen oft „das Arbeitstier“ einer Anlage, das bei einem Defekt die gesamte Produktion zum Stillstand bringen kann. Zuverlässigkeit sollte daher einen hohen Stellenwert haben.
Das ist aber nicht der Fall: Der größte Fehler, der zu den Folgekosten führt, ist, dass die Spezifikationen bei der Neuanschaffung nicht auf die speziellen Anforderungen zugeschnitten sind. Damit z. B. eine Pumpe mit fester Drehzahl überhaupt im Bereich des besten Wirkungsgrades und somit zuverlässig arbeiten kann, muss sie auf die benötigte Förderleistung ausgelegt sein. In der Praxis aber werden Pumpen häufig überdimensioniert, die Folge ist ein starker Teillastbetrieb. Der Betreiber drosselt die Anlage soweit runter, bis die gewünschte Menge fließt. Wenn diese Pumpe jedoch außerhalb ihres optimalen Wirkungsgrades arbeitet, ist das vergleichbar mit einem Auto, bei dem der Fahrer Vollgas gibt und gleichzeitig die Geschwindigkeit mit der Handbremse regelt. Wird eine Kreiselpumpe auf diese Weise betrieben, ist sie stark reparaturanfällig. Ein häufiger Austausch von Wellenabdichtungen und Lagerung sind vorprogrammiert. Um den Betriebspunkt einer Kreiselpumpe anzupassen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Am besten eignet sich eine Drehzahlregelung, für die ein Frequenzumrichter benötigt wird. Der kann durch eine Änderung der Frequenz die Drehzahl beeinflussen. Einen Frequenzumrichter nachzurüsten ist jedoch oft kostspielig.
Dabei ist die Auswahl an Pumpen riesig. Bei kleineren Fördermengen sind oszillierende und rotierende Verdrängerpumpen die bessere Wahl. Diese sind aber bei Anlagenbetreibern oft wenig beliebt. Die Gründe sind vielfältig, angefangen von höheren Investitionskosten bis hin zum pulsierenden Förderstrom über Feststoffe, für die sie weniger geeignet sind.

Weniger ist mehr
Dass kaum eine Kreiselpumpe für die vorgesehene Anwendung ausgelegt ist, ist kein Einzelfall. Professor Helmut Jaberg von der TU Graz schätzt, dass in 90 % der Fälle die Pumpen vier- bis zehnfach überdimensioniert sind und das aus einem ganz einfachen Grund: übertriebenes Sicherheitsdenken, das nicht hinterfragt wird! Auffällig ist lediglich, wenn ein Ingenieur eine Pumpe anschafft, die zu klein ist. Dieses überzogene Sicherheitsdenken löst bei der Auslegung oft eine Kettenreaktion aus, bei der jeder Prozessbeteiligte eine Reserve einplant. So werden schnell aus tatsächlich benötigten 20 plötzlich 60 m3/h: Angefangen vom Betriebsleiter über die Technikabteilung bis hin zum Hersteller führt die Berücksichtigung von zu großen Sicherheitszuschlägen zur Installation überdimensionierter Pumpen, die gedrosselt werden müssen. Eine extreme Überdimensionierung gekoppelt mit dem unbedingten Wunsch „Kreiselpumpe“ ist so, als würde man mit einem Lkw einen Fahrradanhänger ziehen.

Eine Frage der Auslegung
Doch wie sind Pumpen auszulegen? Keine oder nur sehr geringe Reserven einplanen! Die Kreiselpumpe hat nur einen optimalen Betriebspunkt, an dem sie den größten Wirkungsgrad erreicht. Um eine vermeintlich hohe Zuverlässigkeit zu erreichen, sind Betreiber und Planer oft sehr großzügig: Beim Volumenstrom, der Höhendifferenz und den Rohrleitungswiderständen wird zu viel Reserve eingeplant. Was dabei nicht bedacht wird: Der Rohrleitungswiderstand steigt quadratisch an. Die Anlage besitzt aber einen niedrigeren Widerstand. Die Folge: Die Betreiber helfen sich dabei mit einer Armatur, die die Pumpe drosseln soll. Die Auswirkungen sind bekannt.
Genaue Angaben zum Fördermedium wie Viskosität und Feststoffart/-größe spielen ebenso eine wichtige Rolle. Nur mit diesen Angaben können zuverlässige Pumpen hinsichtlich Typ, Laufradart und Wellenabdichtung ausgewählt werden. Zusätzlich müssen besondere Sicherheitsmaßnahmen bei Pumpen berücksichtigt werden, die z. B. im Ex-Bereich aufgebaut werden sollen.
Zur falschen Auslegung kommen Fehler bei der Montage und in der Handhabung hinzu. Rohrleitungen müssen spannungsarm angeschlossen werden. Bedienungsanleitungen sowie konstruktive Ausführungen sind aber oft nicht bekannt. Gleiches gilt für den Betrieb: Zugesetzte Anfahrtssiebe oder Trockenlauf aufgrund ungenügender Befüllung oder fehlenden Schutzeinrichtungen sind häufig Ursachen für Schäden an der Pumpe. Auch eine Prüfung auf Freigängigkeit nach längerem Stillstand oder bei Minustemperaturen im Winter ist ratsam, wird aber oft vernachlässigt. Viele Betreiber verfahren nach der Strategie Run-to-Failure, was mit hohen Instandhaltungskosten verbunden ist. Teure Ersatzteile müssen beschafft werden und durch ungeplante Pumpenausfälle sind Personaleinsätze – oft auch am Wochenende – unvermeidbar.

Es könnte rundlaufen – mit RCMplusO
Die schlechte Nachricht: Ist eine Pumpe erst einmal falsch ausgelegt, kann sie noch so „korrekt“ bedient werden, die Auswirkungen etwa von Radialkräften oder Kavitation können nicht verhindert werden oder nur mit aufwändigen Nachrüstungen und Umbauten reduziert werden. Die gute Nachricht: Durch eine intelligente und maßgeschneiderte Instandhaltungsstrategie, die Montage, Inbetriebnahme, Wartung und auch Empfehlungen zum Ersatz von nicht geeigneten Pumpen gibt, lassen sich Kosten reduzieren und zugleich die Verfügbarkeit erhöhen.
Die ISGT hat eine Strategie entwickelt, mit der anhand von nachvollziehbaren Kennzahlen die Relation von Kosten zu Risiken optimal umgesetzt werden kann. RCMplusO steht für Reliability Centered Maintenance plus Optimization – zuverlässigkeitsorientierte Instandhaltung mit Optimierung. Zunächst werden vor Ort die Stammdaten alle Pumpen aufgenommen inklusive Reparaturberichte, Schwingungen werden gemessen, Verspannungen überprüft, Schwachstellen analysiert und Risiken ermittelt. Je nach Laufzeit der Pumpe ist eine Überprüfung in der Werkstatt empfehlenswert, um stark gefährdete Verbrauchsteile wie Wälzlager und GLRD beurteilen zu können.
Am Ende steht eine detaillierte Analyse aller Pumpen, aus der sich Wartungspläne für jeden einzelnen technischen Platz ergeben. Wichtig ist, die daraus resultierenden Aufgaben mit den Mitarbeitern des Kunden gemeinsam durchzuführen, um Grundlagen der Pumpentechnik zu vermitteln und die Mitarbeiter zu schulen. Gleichzeitig wird ein Instandhaltungskoordinator benannt, der für kurze Informationswege sorgt. Unterm Strich reduzieren sich durch die Maßnahmen sowohl personelle Schnittstellen, ungeplante Ausfälle und Reparaturen und somit auch die Gesamtkosten.

Kontakt

InfraServ GmbH & Co. Gendorf KG

Chemiepark Gendorf, Industrieparkstraße 1
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