Anlagenbau & Prozesstechnik

d50-Wert zur Bestimmung der Sammeleffizienz

23.07.2014 -

An Orten wo aseptisch, steril oder hoch rein gearbeitet wird, werden Luftkeimsammler zur Bestimmung von Mikroorganismen in der Luft eingesetzt. Die Pharmaindustrie, die sterile Medien für die parenterale Injektion abfüllt, Augentropfen die direkt in die Augen getropft werden oder Lebensmittel und Kosmetika, die in Kontakt mit Mikroorganismen kommen und so sehr schnell verderben, sind nur eine Handvoll Beispiele wo Mikroorganismen in der Luft von Interesse sind.
Mikroorganismen sind lebende Organismen die meist auf Staubpartikeln in der Luft schweben. Kommen diese in Kontakt mit einer organischen Substanz - gemischt mit Feuchtigkeit - so vermehren sie sich zum Teil sehr schnell. Es gibt Bakterien, die sich alle 20 Minuten vermehren bzw. verdoppeln. Aus anfänglich einem Bakterium werden in 12 Stunden ca. 86 Mrd. Keime. Wie werden diese Keime nun in der Luft gefunden bzw. eingesammelt?

Der Markt
Um die Qualität der Luft ein Reinräumen zu kontrollieren sind eine Vielzahl an Luftkeimsammlern auf dem Markt zu finden. Diese arbeiten nach unterschiedlichen Prinzipien. Dabei werden verschiedene physikalische Methoden eingesetzt. Impaktion-Sammler, Impinger, Zentrifugalsammler um nur drei Methoden hier aufzuzählen. Dabei hat sich das Impaktions-Prinzip als Standard-Methode etabliert. Die Luft wird durch eine Loch oder Sieb-Plate angesaugt und die in der Luft enthaltenen Mikroorganismen in den Schlitzen bzw. Löchern beschleunigt. Die Mikroorganismen werden durch den abrupten Wechsel des Luftstromes von der vertikalen in die horizontale Lage (Abb. 1) auf eine mit Nährmedium gefüllte Petrischale aufgeschleudert und bleiben darin hängen.
Weltweit sind mehr als 50 verschiedene Instrumente im Einsatz. Dabei stellt sich die Frage: können diese Geräte einfach verglichen werden? Leider ist das nicht der Fall. Vergleicht man nämlich die Instrumente in parallelen Tests, so sind grosse Unterschiede festzustellen. Ein Grund dafür ist die Verteilung der Mikroorganismen der Luft. Die Keime sind darin nicht homogen verteilt. Somit können die Resultate stark voneinander abweichen.
Darüber hinaus ist die Bauweise der Instrumente sehr unterschiedlich und verschiedene Modelle sind Fehlkonstruktionen. Dieser Missstand ruft geradezu nach einer Norm, die es den Herstellern und auch den Kunden ermöglicht, die Instrumente miteinander zu vergleichen. Zurzeit gilt die ISO-Norm 14698-1/2, bei der im Appendix B eine Methode beschrieben wird, wie die Geräte getestet werden können. Leider ist die Methode sehr aufwendig und erfordert eine spezielle Kammer sowie die dazugehörenden Instrumente, um eine Bakteriensuspension so homogen wie möglich zu verteilen. Nur ganz wenige Laboratorien in Europa verfügen über eine solche Kammer.
Dabei erweist es sich als sehr schwierig, homogene Bakterien- oder Sporen-Luftmischungen zu erzeugen. Das Referenzgerät und das zu prüfende Instrument arbeiten unter diesen Umständen mit unterschiedlichen Ansauggeschwindigkeiten, was die Vergleichbarkeit sehr in Frage gestellt.
Zum Beispiel wird die Filtration auf einem 45 µm Filter der mit 5 l/min arbeitet mit einem Impaktion-Luftkeimsammler verglichen der mit 100 l/min arbeitet. Würde ein gleiches Volumen von z. B. 500 l mit einander verglichen so müsste der Filter während 100 min. arbeiten während der Luftkeimsammler im Beispiel die gleiche Menge Luft gerade mal in fünf Minuten einsammeln würde. Werden die Keimsammler aber über die Sammelzeit gesteuert, also nach fünf Minuten abgestellt so wären auf dem Filter lediglich 25 l Luft und auf dem Luftkeimsammler 500 l gesammelt. Um die Resultaten nun vergleichen zu können, müsste entweder das Resultat des Filters mit 20 multipliziert oder das des Luftkeimsammlers mit 20 dividiert werden. Abweichungen würden so extrem verfälscht.

Der Lösungsweg: Der d50-Wert
Zu Beginn habe ich erwähnt, dass eine Vielzahl an Instrumenten auf dem Markt erhältlich sind und dies in allen Preislagen, Farben und Qualitäten. Für den Anwender eine undurchschaubare Angelegenheit. Jeder der Anbieter behauptet dann auch, sein Instrument entspreche den ISO 14698-1/2 Norm, die die Anwendung von biologischen Luftkeimsammlern regelt. Ein Vergleich der verschiedenen Instrumente anhand der Norm, übersteigt die Möglichkeit eines Kunden, die Instrumente miteinander zu vergleichen. Seit einiger Zeit ist ein physikalischer Vergleich durch die Anwendung des d50-Wertes ganz einfach möglich und wird in einigen Publikationen bereits angewendet.
Die nun folgende Berechnung des d50-Wertes gibt dem Kunden eine schnelle Möglichkeit, anhand der Ansaug-Geschwindigkeit, die Anzahl Löcher (Schlitze) und deren Durchmesser mit einer einfachen Formel die Effizienz der Sampler zu errechnen. Diese Angaben sind meistens von den Herstellern spezifiziert. Der d50-Wert bezeichnet die theoretisch kalkulierte Grösse in µm von welchem 50 % der Keime auf dem Nährmedium abgeschieden werden.

Vereinfachte Formel:

 

Dabei ist:
• 40 ist eine Konstante für die Luftviskosität, Dichte der Partikel und Korrekturfaktor
• Für Siebe mit runden Löchern Dh der Durchmesser in mm und für Schlitz-Sammler 2 mal die Schlitzbreite
• U die Impaktionsgeschwindigkeit der Partikel in (m/s)
Da die Keime in der Luft generell auf Staubpartikeln fixiert sind, sind die kleinsten Luftgetragenen Partikel im Bereich von ca. 2 µm zu finden. Wenn ein Luftkeimsammler unterhalb dieses Wertes arbeitet, werden die Partikel nicht oder nur teilweise abgeschieden.
Der kalkulierte d50-Wert entspricht einer 50%igen Abscheiderate von Mikroorganismen der entsprechenden Grösse. Beim MAS-100 NT sind es Partikel mit einem Durchmessers von 1,1 µm und beim Test-Sampler Partikel von 2,4 µ. ­Nach dieser Berechnung müsste der MAS-100 NT eine höhere Sammeleffizienz aufweisen.
Ein Labortest zeigt, dass mit einem Standard MAS-100 NT Luftkeimsammler (d50-Wert von 1,1 µ) und einem Test-Sammler mit einem kalkulierten d50-Wert von 2,0 µ die Werte nachvollzogen werden können.
Der kalkulierte d50-Wert gibt einen guten Hin­weis auf die Sammeleffizienz eines Luftkeimsammlers. Ein d50-Wert von 1.1µm ist ein optimaler Wert und kann als Referenzgrösse für den Vergleich andere Test-Sammler herangezogen werden.

Anekdote
Als der Autor einmal in einer renommierten Pharmafirma im Ausland zu einer Produktepräsentation seiner Luftkeimsammler eingeladen wurde, weil die Firma eine neue Produktionsstrasse mit aktiver Luftkeimzahlbestimmung ausrüsten wollte, erklärte er den Anwesenden den d50-Wert und strich so die hohe Effizienz seiner Instrumente heraus. Zu seiner grossen Enttäuschung kaufte die Firma anschliessend aber das Konkurrenz-Produkt, von dem er bewiesen hatte, dass es eine bis zu 10 Mal niedrigere Effizienz aufwies. Es war klar, die verantwortlichen Qualitätsmanager wollten gar nichts finden. Nach solchen Erfahrungen bleibt nur zu hoffen, dass sich gefährliche Mikroorganismen von diesen Produkten fernhalten, und dass Sie oder der Autor nie ein Medikament dieser Firma verabreicht bekommen.

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