Anlagenbau & Prozesstechnik

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Vom Konzept einer Apotheke zum validierten Reinraum für die Produktion

22.11.2010 -

Der Einsatz von Reinräumen wird in immer mehr Branchen zur Grundvoraussetzung für die Herstellung anspruchsvoller Produkte. Eines ist all diesen Anwendungen gemein: Der Nutzer sollte bereits in den ersten Konzeptphasen wesentliche Dinge berücksichtigen, um Fehler zu vermeiden, die später zu hohen Mehrkosten und Zeitverzug führen.

Insbesondere Apotheken rüsten sich zunehmend für die Zukunft: es werden topmoderne Unternehmen sein, die allen Ansprüchen an ein umfassendes Medikamentenversorgungs- und Gesundheitszentrum genügen müssen. Dabei werden einerseits die Zweitverblisterung von Medikamenten und andererseits ebenso die Herstellung von Zytostatika und Parenteralia zum Leistungsangebot zählen. Hierfür sind Herstellungen unter Reinraumbedingungen Voraussetzung.
Zu dieser Thematik lud Becker Reinraumtechnik am 30. Juni 2010 in die Central-Apotheke nach Steinbach im Taunus ein: knapp 40 Apotheker aus ganz Deutschland sind der Einladung gefolgt.
Die interessierten Teilnehmer hatten die Möglichkeit, an einem umgesetzten Objekt die einzelnen Schritte der Realisierung vom Hausherrn persönlich zu erfahren. Der Jungunternehmer, Herr Marc Schrott, berichtete über seine Beweggründe, sich in dem schnell veränderten Marktumfeld zu positionieren und in die Zukunft zu investieren. Anhand seiner eigenen Geschäftsidee konnte Herr Schrott seinen Kolleginnen und Kollegen aufzeigen, wie er seine Idee von der Planung über den Bau von Reinräumen für die Zweitverblisterung und die Herstellung von Zytostatika bis hin zur Herstellererlaubnis Zug um Zug umsetzte.
Dirk Steil, Geschäftsführer der Becker Reinraumtechnik, die für die Planung und den Bau der Reinräume beauftragt wurde, erläuterte den Teilnehmern das Konzept dieses Projektes, wobei er maßgebliche Details untermauerte.

Das Konzept
Der Grundstein für einen qualitativ hochwertigen Reinraum beginnt bereits bei der Auswahl der geeigneten Liegenschaften. Neben den Kriterien des Investors an Lage, Größe, Erschließung, Erweiterungsfähigkeit und nicht zuletzt Preisstruktur, muss die Liegenschaft aus Sicht des Reinraumanlagenbauers eine Vielfalt zusätzlicher Anforderungen erfüllen. Wesentlich sind hier zunächst immer ausreichende Raumhöhen sowie Tragfähigkeit von Decken und Böden. Oft schon wurden Industriehallen gemietet oder gekauft und erst im Nachhinein festgestellt, dass die Deckenkonstruktion nicht ausreicht, um die Lasten der Reinraumdecken und Medienversorgungen aufzunehmen. Die Folge sind teure Zusatzinvestitionen in Stahlkonstruktionen, welche die unzureichende Tragfähigkeit des Daches ausgleichen. Problem ist hier nicht nur der Mehrpreis für den Stahl sondern auch die zeitliche Verzögerung des ehemals geplanten Produktionsstarts. Weitere Kriterien sind Beschaffenheit der Böden (keine Altlasten oder Restfeuchte), ausreichende elektrische Anschlussleistungen, vorhandene Medienleitungen, Aufstellmöglichkeiten für Aggregate, Brandschutz und nicht zuletzt die Lage und der Schnitt der Räume, z.B. idealerweise weitgehende Stützenfreiheit.

Planen von innen nach außen
Ist eine geeignete Liegenschaft gefunden, so gilt es, die Produktionskonzepte und -anforderungen in reinraumtechnische Anlagen umzusetzen. Dabei gilt eine eiserne Regel: „Planen von innen nach außen", d.h. die Räumlichkeiten und die Technik folgen den Anforderungen des idealen Prozessablaufes und nicht umgekehrt! Das klingt trivial, wird aber in Projekten immer wieder sträflich missachtet. Um dieses Zusammenspiel sicherzustellen, ist eine enge Kooperation zwischen Nutzer (Leiter Projektmanagement, Produktion, Logistik und QM) und den Fachplanern für Architektur und Technischer Gebäudeausstattung Voraussetzung. Einen großen Mehrwert kann in dieser Phase der Reinraum-Anlagenbauer einbringen, da er über umfangreiche Erfahrungen aus der Umsetzung verfügt und auch wertvolle und unkonventionelle Ideen entwickeln kann. Optimal ist ein Partner, der die Planungs- und Ausführungserfahrung herstellerunabhängig vereinen kann.

Fachplaner zu Rate ziehen
Stehen die Prozess-, Logistik- und Reinraumkonzepte und sind diese in einem Pflichtenheft niedergeschrieben, so beginnt die Ausführungsplanung und Ausschreibungsphase. Hier steht der Investor vor der Wahl, wie er diesen Prozess umsetzt. Immer wieder unterliegen Investoren der Versuchung, die Leistungen lediglich aufgrund des Pflichtenheftes und grundlegender Raumlayouts auszuschreiben. Das Ergebnis ist, dass die darauf eingehenden Angebote de facto kaum zu vergleichen sind, da auch in der Reinraumtechnik „viele Wege nach Rom" führen und der Nutzer mit einer Bewertung schlichtweg überfordert ist. Ratsam ist hier der Einsatz eines Fachplaners oder kombinierten Planers/Anlagenbauers. Eine Detailplanung mit entsprechend umfangreichem Leistungsverzeichnis hat den Vorteil der leichteren Nachvollziehbarkeit und technischen Detaillierung, gleichzeitig aber auch den Nachteil der damit verbundenen hohen Kosten und langen Planungszeiträumen. Eine Alternative hierzu setzt sich immer mehr durch: Erstellung einer Funktionalbeschreibung durch Unternehmen, die sich mit der Planung und auch der Ausführung der Reinräume beschäftigen.
Wesentliche Komponenten eines solchen Paktes sollten sein:

  • Konzeptplanung mit Material- und Personalfluss,
  • Raumlayouts,
  • Raumbuch (Reinraumklassen, klimatische und bauliche Anforderungen) und Pflichtenheft (URS),
  • Regel- und Anlagenschemata,
  • sowie die Beschreibung der baulichen Schnittstellen, des gewünschten Qualitätslevels und der angestrebten Energieeffizienz.

Vorteil dieser Vorgehensweise ist die kürzere Umsetzungszeit und geringere Kosten bei gleichzeitig gesichertem Ergebnis der zu erstellenden Leistung. Zu beachten dabei ist, dass eine hersteller- und fabrikatsunabhängige Planung die Möglichkeit optimaler Anlagenkonzepte gewährleistet.

Auswahlkriterien
Bei der nachfolgenden Auswahl des Partners für die Bauausführung gilt es ebenfalls, eine Vielfalt von Kriterien zu berücksichtigen:

  • Qualifikation des Anbieters (Größe, Bonität, Referenzen, Kapazitäten),
  • technische Umsetzung der Ausschreibung,
  • Kreativität und Innovation, Energiesparkonzept
  • und „last but not least" der Preis.

Hier ist es empfehlenswert, nicht nur die Investitionskosten in die Entscheidung einzubeziehen, sondern die „Total Cost of Ownership". Dazu zählen neben den Investitionen die Kosten für Energie, Unterhalt, Reparatur und Wartung sowie bauseitige Leistungen. Mit anderen Worten: ein zunächst preislich attraktives Angebot kann über die Lebensdauer der Reinraumanlage mehr Kosten verursachen als eine teurere, aber energieeffiziente und wartungsarme Lösung.
Die hier genannten Anregungen erheben sicher keinen Anspruch auf Vollständigkeit, zeigen aber dennoch, wie mit vertretbaren Kosten schnelle Lösungen und eine zuverlässige Realisierung eines Reinraumprojektes gewährleistet werden und gleichzeitig Fehler vermieden werden können.
Im Anschluss an die oben erwähnte Veranstaltung hatten die Teilnehmer bei einer Betriebsbesichtigung vor Ort Gelegenheit, das Geschilderte zu sehen und mit den Referenten ihre Fragen zu diskutieren.
Herr Marc Schrott ließ es sich nicht nehmen, die Besucher selbst durch seine „heiligen Hallen" zu führen und Rede und Antwort zu stehen. Der Rundgang umfasste die Reinraumherstellungsbereiche, das GMP-Lager, Schulungs- und Labor sowie die Büroräumlichkeiten bis hin zur topmodernen Offizinapotheke mit dem Driv-In Schalter.
Auf die Frage an Herrn Steil über sein Resumée: „Nach dieser positiven Resonanz planen wir bereits eine Folgeveranstaltung mit weiteren interessanten Themen für die Apotheker von morgen".

Kontakt

ReinRaumTechnik Jochem

Drosselweg 19
66538 Neunkirchen
Deutschland

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