Anlagenbau & Prozesstechnik

Life Sciences „Made in Austria”

29.05.2019 -

In den letzten Jahren hat sich Österreich als international angesehener Standort für Life-Sciences-Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette etabliert. Was das Land zu einer interessanten Life Sciences-Destination macht, sind unter anderem internationale Leitunternehmen, enge Verbindungen zwischen solider Forschung und medizinischer Praxis, der Zugang zu Top-Fachkräften und Wissenschaftlern, gepaart mit einer aktiven Start-up-Community, einem effektiven staatlichen Fördersystem für innovative Unternehmen und nicht zuletzt einer nachhaltigen und langfristigen Forschungspolitik.

Ob Alterung der Gesellschaft, Digitalisierung, zunehmender Kostendruck in den Gesundheitssystemen oder Klimawandel – die größten Herausforderungen unserer Zeit begünstigen weltweit einen Boom im Life-Sciences-Sektor. Denn die Life-Sciences, also die Bio-, Medizin- und Pharmawissenschaften, leisten einen beachtlichen Beitrag dazu, diese Herausforderungen zu lösen und die Lebensqualität in einer sich stark verändernden Welt weiter zu verbessern.
Abgesehen von den traditionell in diesem Segment führenden Staaten wie den USA, dem Vereinigten Königreich, Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden und den skandinavischen Ländern hat sich vor allem auch Österreich in den letzten zehn Jahren als angesehene Hochburg der Life-Sciences-Industrie etabliert. Region für Region hat sich der Sektor von der Hauptstadt Wien bis zu den Kraftzentren der Steiermark, Tirols sowie Ober- und Niederösterreichs über das gesamte Land verteilt. Der Biotech- und Pharmasektor spielt eine Schlüsselrolle für den österreichischen Wirtschaftsstandort. Im Vergleich zu anderen innovativen Sektoren ist der Life-Sciences-Sektor der mit Abstand innovationsfreudigste, weist mit 14,4 % die höchste Forschungsquote auf und trägt mit 2,8 % des BIP maßgeblich zur nationalen Wertschöpfung bei.

Beeindruckende Unternehmens­landschaft
Österreich punktet aber in erster Linie mit einer ausgeprägten Unternehmenslandschaft. In den Bereichen Biotechnologie, Pharma oder Medizintechnik waren im Jahr 2017 laut dem „Life Science Report 2018“ insgesamt 917 Unternehmen in Österreich aktiv und erwirtschafteten einen Umsatz von 22,4 Mrd. €. Im Vergleich zu 2014 stieg dieser Umsatz innerhalb von nur drei Jahren deutlich um 17,2 %. Die Life-Sciences-Unternehmen beschäftigen dabei einen großen Teil der österreichischen Erwerbstätigen. Im Jahr 2017 verdienten mehr als 55.000 Menschen ihren Lebensunterhalt bei einem Unternehmen aus dieser Branche.
Die Life-Sciences-Industrie in Österreich ist dabei stark diversifiziert, besteht jedoch im Wesentlichen aus zwei gleichwertigen Teilsegmenten: Biotechnologie und Pharma auf der einen Seite und Medizintechnik auf der anderen Seite. Im Jahr 2017 verzeichneten die 554 Unternehmen im Bereich Medizintechnik einen Umsatz von 8,44 Mrd. €, die 363 Unternehmen im Biotech- und Pharmasektor waren es 13,97 Mrd. € Ob der Schwerpunkt dieser Unternehmen auf Forschung, Entwicklung oder auf einzelne Dienstleistungen und Vertrieb liegt – alle haben sich als herausragende Treiber für die Entwicklung von Wirtschaftswachstum und Innovation sowie für die Schaffung von Arbeitsplätzen erwiesen.

Attraktiver Standort für Investoren aus aller Welt
Das Wachstum des Life-Sciences-Sektors spiegelt sich auch im steigenden Interesse internationaler Unternehmen an einer Zusammenarbeit mit Österreich wider. Und es ist nicht nur der Anstieg der Corporate Deals, der Österreich in einem guten Licht erscheinen lässt: Das Land ist auch für ausländische Investoren ein attraktiver Standort. Diese Investitionen kommen zusätzlich zu einer ganzen Reihe von internationalen Venture-Capital-Investitionen in die österreichische Life-Sciences-Branche. So hat Sandoz, ein Tochterunternehmen des Schweizer Konzerns Novartis, seine globalen Kompetenzzentren für Biotechnologie in Tirol angesiedelt und 2017 für 100 Mio. € ausgebaut. Darüber hinaus unterhält das Pharmaunternehmen Shire seinen größten Unternehmensstandort außerhalb der USA in Österreich.
So sind es im Unternehmenssektor vor allem die heimischen Niederlassungen großer internationaler Pharmakonzerne, die den Life-Sciences- und Pharmastandort Österreich wirtschaftlich prägen. Darüber hinaus hat sich über die letzten zwei Jahrzehnte im Biotech- und Medizintechnikbereich ein dynamisches Start-Up Segment entwickelt. Die noch junge Sparte ist geprägt von forschungsintensiven kleinen und mittleren Unternehmen, die im Vergleich zu anderen Ländern trotz des sehr risikobehafteten Innovationsfeldes eine hohe Überlebensrate aufweisen.

Internationale Forschungszentren
Die gesunde wirtschaftliche Entwicklung der österreichischen Life-Sciences-Industrie wird allgemein durch ein dichtes Netzwerk von international renommierten Forschungs- und Lehrkompetenzzentren unterstützt. Insgesamt sind 55 Institutionen voll und ganz der Life-Sciences-Forschung gewidmet. Mehr als 21.000 Mitarbeiter im Bereich Life Sciences arbeiten an 17 Universitäten, 13 Fachhochschulen und 25 außeruniversitären Forschungsinstituten. Neben der hohen Forschungsqualität stellen die akademischen Institutionen auch gut ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung. Im Jahr 2017 belief sich die Gesamtzahl der Life-Sciences-Studenten auf mehr als 67.000.
Die wissenschaftliche Leistung der österreichischen Life-Sciences-Forschung lässt sich an der Gesamtzahl der Veröffentlichungen auf diesem Gebiet messen. Nach Angaben von 47 Institutionen wurden 2017 mehr als 9.300 Arbeiten mit erster und/oder letzter Autorschaft der österreichischen Institutionen in Fachzeitschriften mit Peer-Review-Verfahren veröffentlicht.
Dabei ist die Medizinische Universität Graz eine von drei österreichischen medizinischen Universitäten mit einer beträchtlichen Bedeutung für die Forschung. Sie richtet ihr Augenmerk auf kardiovaskuläre Forschung, Krebsforschung, Neurowissenschaften sowie das Querschnittsthema „Nachhaltige Gesundheitsforschung“. Auch die Medizinische Universität Innsbruck mit Schwerpunkt auf molekulare Life Sciences, Neurowissenschaften, Krebsforschung, molekulare Bildgebung und Sportmedizin genießt einen guten Ruf. Sie beherbergt auch mehrere international anerkannte Projekte einschließlich der „österreichischen Proteomik Plattform“ und „Oncotyrol“, die Wissenschaftler aus aller Welt anlocken. Zudem nimmt die Medizinische Universität Wien eine starke Rolle bei interdisziplinärer und translationaler Forschung sowie bei klinischen Programmen ein, die verschiedene Disziplinen wie Allergologie und Immunologie, Onkologie, Neurowissenschaften und Gefäßmedizin umfassen.

Österreichs Krebsforschung als ­Weltklasse eingestuft
Wie an diesen Universitäten sichtbar wird, spielen Onkologie und Krebsforschung in Österreich eine wesentliche Rolle. Die Forschungsaktivitäten in diesem Bereich erfahren weltweite Anerkennung. Das Erfolgsrezept dabei ist die enge Verzahnung der wissenschaftlichen Forschung mit der praktischen Behandlung. So arbeitet bspw.das Kompetenzzentrum Oncotyrol in Innsbruck mit österreichischen und internationalen Partnern daran, personalisierte Krebsmedizin vom Labor ans Krankenbett zu bringen. Auch das Institut für Krebsforschung der MedUni Wien genießt großen Erfolg unter anderem aufgrund seiner Nähe zum Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien. In einem Grazer Forschungslabor arbeitet außerdem das britische Startup Lancor Scientific mit der Technischen Universität Graz, der MedUni Graz und der Sigmund-Freud-Universität Wien zusammen an der Entwicklung eines Blockchain-basiertes KI-Tools zur Früherkennung von Gebärmutterhals-Krebs. Das Gerät selbst soll bereits 2019 auf den Markt kommen.
Doch ihren guten Ruf verdankt die österreichische Krebsmedizin auch Boehringer Ingelheim, einem der 20 größten globalen Pharmaunternehmen, das weltweit drei große Forschungs- und Entwicklungszentren betreibt. Eines davon ist das Wiener Zentrum für Krebsforschung sowie Grundlagenforschung am Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie. Allein im Jahr 2017 wurden ganze 700 Mio. € vom deutschen Pharmakonzern in diese Forschungseinrichtung investiert.

Forschungsförderung mit Strahlkraft
Ohne das starke Engagement der Regierung zur Unterstützung der Biowissenschaften und zur langfristigen und nachhaltigen Förderung von Forschung und Entwicklung wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen. Denn die Politik liefert attraktive Forschungsbedingungen: Seit Jahren rangiert Österreich im EU-Vergleich bei der steuerlichen Forschungsförderung im Spitzenfeld. 2018 wurde die sogenannte Forschungsprämie noch einmal von 12 auf 14 % erhöht. Und allein in den vergangenen zwei Jahrzehnten ist die Forschungsquote, die die Bruttoinlandsausgaben für Forschung im Verhältnis zum BIP setzt, von 1,53 % auf aktuell 3,19 % gestiegen. Das Land zählt damit zu den wenigen Ländern, die das forschungspolitische Ziel der EU – eine Quote von 3 % bis 2020 – bereits übertreffen.
Einen wichtigen Impuls hierfür liefert unter anderem die „Zukunftsstrategie Life ­Sciences und Pharmastandort Österreich“, die im Jahr 2016 als Ergebnis eines nationalen Strategieprozesses unter Einbeziehung aller relevanten Interessengruppen der Biowissenschaften, des Bundes und der Länder veröffentlicht wurde. Die Strategie zielt auf die Weiterentwicklung und Stärkung der inländischen Wissenschafts-, Forschungs- und Wirtschaftslandschaft, von der frühen Forschung bis zur Markteinführung, ab. Die Life-Sciences-Strategie umfasst ein Paket aus 27 konkreten Maßnahmen in neun Handlungsfeldern. Dazu gehört etwa die Entwicklung eines nachhaltigen Konzepts für e-Infrastrukturen und Datenmanagement oder eine verbesserte Koordination der nationalen Forschungsaktivitäten in personalisierter Medizin, inklusive einer Anbindung an internationale Initiativen.
Verbesserte Finanzierung durch ­Kooperationsprogramme
Seit mehr als 20 Jahren profitieren Life Sciences in Österreich von einem unterstützenden Finanzierungsumfeld. Neben exzellenten Kooperationsprogrammen wie die COMET Kompetenzzentren für exzellente Technologien und den Christian-Doppler-Laboren ist das Programm „Life Science Austria“ (LISA) die Hauptquelle für die Unterstützung im Bereich der angewandten Life Sciences. Mit dem Schwerpunkt auf Biotech, Pharma und Medizintechnik fördert LISA österreichische Life-Sciences-Unternehmer, unterstützt Cluster und vertritt Unternehmen im Ausland. Die Fördermaßnahmen reichen von der finanziellen Unterstützung wie PreSeed und Seed-Finanzierung, LISA International Marketing bis hin zum internationalen Business-Plan-Wettbewerb „Best of Biotech“.
Aktuelle Zahlen belegen den Erfolg des Programms: Zwischen 2015 und 2017 gründeten mehr als die Hälfte der 104 teilnehmenden Teams von Best of Biotech ein Unternehmen. So war das Programm an der Gründung von 58 innovativen KMU beteiligt und hat 18 Mio. €  an PreSeed- und Seed-Finanzierungskapital zur Unterstützung von 42 in diesem Bereich tätigen Unternehmen aufgebracht.
Engagierte Unternehmen, renommierte Forschungszentren und eine aktive öffentliche Hand haben also dafür gesorgt, dass Österreich im Life-Sciences-Sektor eine Vorreiterrolle einnimmt. Aktuelle Studien wie der „Life Science Report Austria“ zeigen, dass das Potenzial der Branche noch nicht ausgeschöpft ist. Die Verbesserung der fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Markt sowie die Schaffung eines förderlichen Finanzierungsumfelds für junge Unternehmen sind wichtige Maßnahmen, um den Wachstumstrend beizubehalten. Doch die Biowissenschaften sind nach wie vor ein zentrales Thema in der aktuellen Forschungspolitik und werden diese Führungsrolle auch in den nächsten Jahren erfahren.

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