Anlagenbau & Prozesstechnik

NEMS verschärfen Reinraumstandards

02.10.2015 -

Die ständige Weiterentwicklung auf dem Gebiet der Nanotechnologie wird zwangsläufig zu verschärften Reinraumstandards führen. Der Cleanzone Kongress fokussiert auf aktuelle Trends in der Reinraumtechnik. Top-Themen sind Planung, Layout, Konstruktion, Prozess­optimierung, Qualifizierung sowie Industrie 4.0.

Die Disziplinen wachsen zusammen: Erst treffen Mechanik und Elektronik aufeinander, nun verschmelzen auch halbleiterelektronische und optische Baugruppen. Die optoelektronischen Hybride stellen noch einmal höhere Anforderungen an die Reinraumtechnik.
Dafür muss in erster Linie die Luftbelastung durch Partikel reduziert werden – bisher bis hinunter zu Größenordnungen von 0,1 µm. Darüber hinaus müssen auch filmische Kontaminationen vermieden werden. Denn schon eine einatomige Störschicht kann das Aufbringen der nächsten funktionell wichtigen Schicht verhindern. In der Optik kann es sich zum Beispiel um eine sogenannte T-Schicht handeln.
Sie verhindert, dass wir durch eine Glasscheibe oder Linse Objekte doppelt sehen. Liegt unter einer solchen T-Schicht eine (wenn auch noch so dünne) Kohlenwasserstoffschicht, so wird die funktionelle Schicht fast unweigerlich nach einer gewissen Zeit abplatzen. Auch ein Biosensor, der etwa Signale des menschlichen Körpers (z. B. Blutfettwerte) kontinuierlich überwachen soll, duldet keinerlei Verunreinigungen zwischen seinen chemischen Fühlern und den nachgeschalteten Aktoren, Detektoren und Verstärkern.

Die kommende „Nano-Norm“
Durch den Übergang von der Mikrotechnik zur Nanotechnik stellt die Baugruppen-Herstellung noch schärfere Anforderungen an die Reinraumtechnik. Der Begriff NEMS (nanoelektromechanische) als Pendant zu MEMS ist bereits gängig; die NOEMS (nano-opto-electromechanical-systems) stehen in den Startlöchern. Schon sind Strukturen bis hinunter zu 5 oder gar 3 nm innerhalb von mikroelektronischen Baugruppen im Gespräch. Dem entspricht folgerichtig eine Erweiterung der reinraumtechnischen Betrachtung der Luftbelastung durch Partikel auf Feinheiten unter 0,1 µm. Dies stellte bisher eine magische Grenze dar. Darum dürfte die maßgebliche Empfehlung VDI 2083 des Vereins Deutscher Ingenieure in Kürze eine Modifikation erfahren. So viel lässt sich jetzt schon sagen: Selbst wenn die „Neue“ möglicherweise keine physikalisch vollständige Theorie der Nanopartikel enthalten wird, so wird sie sich sogar in Gebiete jenseits der bekannten Reinräume der ISO-Klasse 1 wagen. Die Klassifizierung dürfte feiner werden. Die Hersteller von Messtechnik werden gemäß der neuen „Nano-Norm“ ihre Geräte neu justieren, womöglich zusätzliche Techniken integrieren. Die Ergebnisse werden sich allerdings schwerer interpretieren lassen als bei Partikelgrößen oberhalb von 0,1 µm, da sich die Nanopartikel nicht nur nach der Schwerkraft richten, sondern auch die Brown’sche Molekularbewegung berücksichtigt werden muss.

Zukunftsthema:tauglich oder nicht tauglich
Was die Mikroelektronik in den nächsten Jahren darüber hinaus verstärkt begleiten dürfte, ist die Thematik der Reinraumtauglichkeit und Reinraumreinigung von Equipment jeglicher Art. Gut überwacht wird im Moment die Luftreinheit, wobei stets der Mensch als die wesentliche Quelle von Partikelverunreinigungen angesehen wird. Aber auch Maschinen im (menschenleeren) Reinraum können – erst recht unter dem Gesichtspunkt der ultrastrengen Anforderungen nanotechnischer optoelektronischer Baugruppen – verschmutzen. Das kann daher rühren, dass zum Beispiel der externe Reinigungsdienst das Risiko scheut, an den Maschinen etwas zu beschädigen und lieber bei der Reinheit „spart“. Das ist sogar menschlich verständlich. Notwendig sind in diesem Falle Schulungen sowohl zum apparativen Aufbau als auch zu den Reinigungsverfahren: Wo sind sensible Baugruppen angebracht? Welche Mittel dürfen verwendet werden?
Gelegenheit zum persönlichen Austausch über diese Fragen, über die Nanotechnologie und ihre Implikationen für die Reinraumtechnik sowie über innovative Messtechnik und vieles mehr bietet die internationale Fachmesse und Kongress für Reinraumtechnologie, Cleanzone in Frankfurt am Main. Am 27. und 28. Oktober 2015 findet sie zum vierten Mal statt. Neben den Neuheiten der Hersteller können sich Besucher auf dem Kongress über aktuelle Aspekte zu Bau, Planung und Betrieb eines Reinraums informieren.

Cleanzone Kongress
Neue fachwissenschaftliche Erkenntnisse und praxisorientiertes Wissen präsentiert von international renommierten Experten aus der Reinraumtechnologie – das Programm des Cleanzone Kongresses 2015 ist erneut hochkarätig. Mit seinem modularen Aufbau spricht der Kongress wieder sowohl Experten als auch Einsteiger an und ermöglicht eine flexible Kombination aus Messe- und Kongressbesuch. Ruth Lorenz, Bereichsleiterin Technology & Production bei der Messe Frankfurt, führt die Bedeutung des Kongresses für die Fachmesse aus: „In einem so dynamischen Wachstumsmarkt wie der Reinraumtechnologie ist die Kombination aus Fachmesse und Kongress hervorragend. Wer sich auf dem Kongress über neue Standards, Verfahren und Prozesse informiert hat, kann auf der Fachmesse direkt mit Herstellern über Lösungsansätze für die eigene Produktion diskutieren.“
Das Programm des Cleanzone Kongresses wird von der ReinraumAkademie in Kooperation mit der Messe Frankfurt und einer internationalen Fachjury aufgestellt. Frank Duvernell, Geschäftsführer der ReinraumAkademie, fasst die inhaltlichen Schwerpunkte des Cleanzone Kongresses 2015 zusammen: „Die Vorträge auf dem diesjährigen Kongress orientieren sich an den aktuellen Trends in der Reinraumtechnik. So unterteilen die nationalen Reinraumorganisationen der Schweiz (SwissCCS; Swiss Contamination Control Society) und Deutschlands (DRRI; Deutsches Reinraum Institut) bereits die Anwenderinteressen in die Arbeitsgruppen „Planung, Layout und Konstruktion“, „Qualifizierung“ sowie „Laufender Betrieb“. Zu diesen übergreifenden Themen kommen auf dem Kongress die Experten unterschiedlicher Anwendungs- und Zuliefererbereiche zusammen und diskutieren eine mögliche Harmonisierung des Bedarfs an Technik. Für die Anwender gibt es zur besseren Orientierung gezielte Hinweise und ganz konkrete Unterstützung.“
Die Basis-Module, die jeweils am Vormittag des 27. und 28. Oktobers stattfinden, beschäftigen sich mit „Einstieg in die Reinraumtechnik“ und „Planung, Layout, Konstruktion“.
Vom aktuellen Stand der Technik über Belüftungssysteme, Reinraumreinigung, Reinraumpersonal bis hin zum Verhalten im Reinraum gibt die Vortragsreihe „Einstieg in die Reinraumtechnik“ einen Überblick über die wichtigsten Aspekte bei der Produktion unter kontrollierten Bedingungen.
Im zweiten Basismodul, das sich mit Planung und Bau eines Reinraums beschäftigt, erfahren die Teilnehmer, wie ein modernes zukunftsfähiges Design eines Reinraums aussehen könnte. Professor Gernod Dittel, der den Vortragsblock moderiert, gehört zur internationalen Fachjury des Cleanzone Kongresses. Er gibt einen ersten Einblick in die Anforderungen einer modernen Reinraumplanung: „Wichtig bei Planung und Bau sind Flexibilität und Zukunftsorientierung. Der Reinraum sollte so geplant werden, dass er sich auch auf zukünftige mögliche Änderungen in der Nutzung anpassen lässt. Außerdem sollte in die Planung eine alternative energetische Betrachtung wie bspw. die Nutzung regenerativer Energien einbezogen werden. Denn auch in der High-Tech-Produktion müssen wir heute energetisch weiter denken. Eine gute Planung zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt und man den Kunden nach Fertigstellung nicht alleine lässt, sondern an die Hand nimmt, begleitet und berät.“
Ist der Reinraum fertig, muss er qualifiziert werden. In den Vorträgen des Advanced-Moduls „Qualifizierung“ am 27. Oktober nachmittags sprechen Profis über Anforderungen aus Normen und Richtlinien und über Stufen der Reinraumqualifizierung. Außerdem gibt ein Reinrauminspektor Einblick in seine tägliche Arbeit. Themen wie Industrie 4.0, Digitalisierung und Automatisierung sind in aller Munde und machen auch vor der Produktion im Reinraum nicht halt. Wie lassen sich durch Real Time Partikel­identifizierung, Prozesskontrollsysteme, den Einzug von Robotertechnologie und Optimierungspotenziale bei der Feuchte, Prozesse optimieren und Energie sparen? Antworten darauf geben Experten im Advanced-Modul „Prozessoptimierung“ am Nachmittag des 28. Oktobers. Heinz-Martin Esser, Roth & Rau Ortner GmbH, ist einer der Referenten in diesem Modul. Die Bedeutung der Robotertechnologie im Reinraum sieht er folgendermaßen: „Roboter sind schon seit einigen Jahren in Reinräumen verbreitet im Einsatz. Qualität und Ausbeute werden erhöht, die Durchlaufzeiten verkürzt, und die Maschinenverfügbarkeit sowie deren Auslastung optimiert. Außerdem trägt Automatisierung entscheidend dazu bei, Fehler zu vermeiden und eine gleichbleibend hohe Produktqualität zu erzielen. Und nicht zuletzt hilft Automatisierung dem Reinraumbetreiber auch, den durch Menschen entstehenden Partikeleintrag zu reduzieren.“

Die Module des Cleanzone Kongresses ­können einzeln gebucht werden. Die Preise beginnen bei 130 Euro für ein Modul und enden bei 355 Euro für alle Module.

 

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