Anlagenbau & Prozesstechnik

„Reinraum 4.0“

Wird der Reinraum Industrie 4.0-tauglich?

12.09.2018 - An der Frühjahrstagung 2018 der SwissCCS mit GV im Cleanroom Experience Competence Centre in Wangen an der Aare wurde der Themenschwerpunkt „Reinraum 4.0“ beleuchtet. Die Teilnehmer des Events konnten eine Fülle von neuen Ideen und Kontakten mit nach Hause nehmen.

Die Fachtagung der Swiss CCS 2018 widmete sich mit dem Thema „Reinraum 4.0“ der Digitalisierung und mit ihr der Vernetzung aller Komponenten im Reinraum. „Reinraum 4.0“ – das bedeutet integrierte digitale Lösungen für den Reinraum. Die Tagung informierte darüber, was der Anwender in Zukunft von der Reinraumtechnik erwarten kann: Was sind die Auswirkungen der 4. industriellen Revolution auf die Produktionsverfahren und die Automation im reinen Umfeld auf die Planung, Installation und den Betrieb von Reinraumtechnik und die Kontaminationskontrolle?

Digitale Lösungen für den Reinraum
Moderne Datenverarbeitungssysteme verknüpfen die Gebäudeautomation und das Monitoring des Reinraums zu einem System. Dabei werden digitalisierte Informationen aus der Haustechnik und Produktionsdaten aufgenommen und abhängig voneinander analysiert. Mit Hilfe dieser Datenanalytik kann die Produktion optimiert werden, wie z. B. hinsichtlich des Energieverbrauchs. Systemintegrierte Lösungen ermöglichen ein Zusammenspiel aller Reinraum-relevanten Einheiten mit den Anlagen für die Gebäudetechnik. Das steigert die Flexibilität die Produktivität sowie der Effizienz der Anlagen.
Für die Planung, die Installation und den Betrieb unter Reinraumbedingungen bedeuten die digitalen Monitoring-Lösungen gravierende Veränderungen in Bezug auf die effiziente Steuerung, die Rückverfolgbarkeit, eine Detektion von Fehlerquellen, die Datensicherheit, die Qualitätssicherung, Qualifizierung und die Regularien. Denn innovative Technologien mit automatisierter Messtechnik und entsprechendem Monitoring bieten heutzutage die Möglichkeit, Produktion, Dienstleistungen und Service zu vernetzen. In der Praxis geht es dann darum, optimale Lösungen für den eigenen Betrieb zu finden, indem durch die Integration der komplexen Verfahren Mithilfe der Informationstechnologie die Profitabilität beim Betrieb von nachhaltigen Reinräumen optimiert wird.

„Reinraum 4.0“: Transparenz über alles!
Das Konzept „Reinraum 4.0“ hilft zudem dabei, den Reinraum im Betrieb transparenter zu gestalten, die Komponenten zu analysieren und mögliche Fehlerquellen zu identifizieren. An den Analysegeräten werden alle erforderlichen Daten erfasst und im Internet (Cloud) gespeichert. Auf diese Weise kann der Anwender jederzeit z. B. exakte Informationen darüber abrufen, ob der Differenzdruck zwischen unterschiedlichen Reinraumzonen und dem umgebenden unreinen Bereich im grünen Bereich liegt. Weitere wichtige Parameter sind die relative Feuchte im Reinraum, der Belegungsgrad des Reinraums und die Überschreitung wichtiger Grenzwerte. Die vollständige Verknüpfung von Sensorik (Messfühlern) und Monitoring-System trägt dazu bei, dass nicht nur die Störanfälligkeit im Reinraum sinkt, sondern dass auch die Mess­ergebnisse sicherer werden. So kann z. B. die automatische Steuerung bei zu hoher Partikelkonzentration bestimmte Reinraumgeräte gezielt ausschalten. Ausserdem lässt sich die Produktivität steigern, indem z. B. Materialfüllstände in Echtzeit kommuniziert werden und so ohne Unterbruch für Nachschub gesorgt wird. Die Daten werden per Funk und via Internet übertragen. Im Schadensfall wird automatisch Alarm ausgelöst.
Die Datenfülle unterliegt einer vollständigen Dokumentation durch den Server gemäß den behördlichen Vorgaben. Die einzelnen Abläufe, in denen intelligente Maschinen Informationen austauschen und sich selbständig organisieren, wenn etwa die zulässige Partikelkonzentration überschritten wurde, die relative Luftfeuchtigkeit über dem Limit liegt oder Temperaturschwankungen die Stabilität der Produkte gefährdet, werden durch digitale Management-Plattformen koordiniert.

Arbeitssicherheit und Produktsicherheit
Der Bereich der Arbeits- und Produktsicherheit dient ebenso dem Produktschutz wie der Überwachung des Reinraums, wie z. B. der Zugangs- und Nutzungskontrolle von Geräten und Systemen. Im Reinraum ist vor allem das Monitoring von Filtersystemen prädestiniert, eine Messung des Zustandes von Filtern und der laminaren Strömung automatisiert mit Robotern durchzuführen. Diese arbeiten fehlerfrei und benötigen weniger Zeit für den Scan als eine manuelle Durchführung.
Somit muss der Operator in Zukunft den Reinraum gar nicht mehr betreten. Statt dessen steuert er von außerhalb einen an der Maschine angebrachten Mikrochip an und erhält sofort die erforderlichen Daten zur Maschine auf dem Bildschirm. Über den Monitor wird daraufhin die Steuerung zu den aufgerufenen Betriebsinformationen durchgeführt. Zudem können bei Bedarf alle erforderlichen Daten und Informationen zu den relevanten Geräten, Sensoren, Prozessen, bis hin zu Telefonnummern, eingeblendet werden.
Im „Reinraum 4.0“ der Zukunft könnte die persönliche Schutzausrüstung des Reinraumpersonals mit Mikrochips ausgestattet sein, um Kontaminationen zu erkennen und auszuschließen, indem kontaminierten Personen z. B. der Zugang zum reinen Umfeld verwehrt wird. Gerade in der pharmazeutischen Produktion können in Zukunft die strengen Anforderungen an die mikrobiologische Reinheit durch solche automatisierten Systeme kontrolliert werden.
Kundenspezifische Informationsverarbeitungssysteme eröffnen hier enorme Anwendungsfelder. So kann der Reinraum sich in ein selbstkon­trollierende Einheit verwandeln, der alle in ihm operierenden Geräte und Teile aufeinander abgestimmt, koordiniert, verwaltet werden. Viele Anbieter von Softwarelösungen und Monitoringsystemen erweitern bereits ihr Portefolio um diese Dienstleistung.

Effiziente und flexible Verfahren
Innerhalb eines Unternehmens können die Reinraum-Komponenten mit der Management-Plattform zu einem durchgängigen Informationsfluss koordiniert werden. So wird es auch möglich, Bauteile als Unikate im Rahmen einer Massenfertigung so zu gestalten, dass jedem Produkt per Mikrochip eine Identität zugewiesen wird, die seine Steuerung und Ortung in der intelligenten Fabrik möglich macht. Solche Smart Objects sammeln Informationen, die jederzeit aktualisiert und ausgewertet werden können, wie etwa zum Füllstand oder den Wartungszeitraum aufgrund von Verschleiß, aber z. B. auch zur gewünschten Formgebung. Zu den zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten im Netzwerk mit Zulieferern und Kunden werden von Softwareunternehmen vielfältige datenbasierte Dienstleistungen angeboten.
Am Ende erzielt der Anwender mehr Klarheit über die laufenden Prozesse und über Ursachen von Fehlproduktionen. Die verschiedenen Fehlerquellen lassen sich gezielt ausschalten.