Anlagenbau & Prozesstechnik

Tod den Lebensmittelkeimen Wie die Reinraumtechnologie für Sicherheit und Hygiene sorgt

02.02.2016 -

Der Antibiotika-Einsatz in der Massen­tierhaltung begünstigt die Ausbreitung multiresistenter Keime. Immer wieder gelangen diese in die Nahrungskette und bringen Krankheit und Tod. Die Reinraumtechnologie bietet innovative Lösungen, um den Keimen den Garaus zu machen, ohne dabei die Lebensmittel zu schädigen.

Sie lieben frisches Fleisch und vermehren sich darauf prächtig: MRSA-Keime und ESBL-bildende Keime. Die eher als Krankenhauskeime bekannten Erreger schaffen es immer wieder, auch als Verursacher von Lebensmittelskandalen für Furore zu sorgen. MRSA-Keime (multiresistenter Staphylococcus aureus) sind gegen viele Antibiotika resistent und verursachen Wundinfektionen. ESBL-bildende Keime produzieren das Enzym Extended Spectrum Beta-Lactamase (ESBL), das viele Antibiotika unwirksam macht.
Mit resistenten Keimen belastetes Fleisch zu essen, führt nicht zur sofortigen Erkrankung. Ein gesunder Körper kann die Keime nach einiger Zeit von selbst bekämpfen. Gefährlich wird es jedoch, wenn der keimbelastete Mensch zusätzlich erkrankt und ein Antibiotikum benötigt. Letzteres wirkt dann wie Öl ins Feuer. Denn das Antibiotikum tötet alle Bakterien im Körper, bis auf die resistenten, die sich dann ungehindert vermehren können.
Die Liste gefährlicher Lebensmittelkeime reicht weit über antibiotikaresistente Bakterien hinaus. Auch Salmonellen, Listerien, Clostridien, Shigellen, Staphylokokken, Yersinien, Escherichia coli und EHEC-Bakterien gehören zum Beispiel dazu. Ihre Wirkungen reichen von harmlosem Bauchweh bis zu heftigen Lebensmittelinfektionen.

Frisch, sauber und unverkeimt
Die Lebensmittelhersteller stellt das vor große Herausforderungen. Neben gesetzlichen Vorgaben müssen sie die Ansprüche des Handels und der Verbraucher erfüllen: Die Lebensmittel sollen frisch, sauber und unverkeimt sein. Zudem fordern immer mehr Konsumenten den Verzicht auf Konservierungsstoffe. All das macht ein keimfreies Umfeld für die Lebensmittelherstellung unverzichtbar.
Möglich wird die keimfreie Produktion mit Hilfe der Reinraumtechnologie. Sie bietet Lösungen, um den mikroskopisch kleinen Erregern den Garaus zu machen. Einen aktuellen Überblick über die neuesten Innovationen bot im März 2015 die alle drei Jahre stattfindende Leit­­­messe der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, die Anuga FoodTec in Köln.
Zu den Highlights zählte eine UV-Durchlaufentkeimungsanlage, in der Lebensmittel oder Verpackungen mit UV-C-Strahlung behandelt werden. UV-C-Stahlen sind Teil des Sonnenlichts und äußerst aggressiv, doch die Ozonschicht filtert sie heraus. Ungefiltert töten die Strahlen sekundenschnell Bakterien, Viren, Hefen und Schimmelsporen. Das Schöne daran: Die UV-Entkeimung benötigt keine Chemie, keine Hitze, verändert die Produkte nicht und führt nicht zur Resistenzbildung.
Vorgestellt wurde auch das Rapid Surface Chilling (schnelle Oberflächenkühlung), ein Verfahren zur effektiven Reduktion der Keimbelastung bei frischem Geflügelfleisch. Viele Schlachthähnchen sind mit Campylobacter-Bakterien belastet, ­
die Darminfektionen auslösen. Um die Erreger zu killen, wird das Fleisch mit tiefkaltem flüssigen Stickstoff besprüht. Die Keimbelastung sinkt dadurch um 90 %. Der Geschmack und die Farbe des Fleisches werden nicht beeinträchtigt.
Eine weitere Möglichkeit, mikrobiologische Gefahren von den Produkten fernzuhalten, ist die UV-Lichtbehandlung von Packstoff­oberflächen. Das intensive, aber kalte Licht tötet Bakterien, Hefen und Pilze und erhöht so die Haltbarkeit z. B. von Joghurt, Quark oder Milch deutlich.
Zur Reinraumtechnik für Lebensmittel gehören neben den Produktionsanlagen selbst auch die sie umgebenden Reinräume. Diese schützen die offenen Produkte während der Bearbeitung vor Kontaminationen aus der Umgebungsluft. Hierzu wird hochreine Luft in den Reinraum oder in die Maschineneinhausungen eingeleitet, wo sie die unreine Luft verdrängt. Die Schwebstofffilter, durch die die Luft in den Reinraum strömt, halten kleinste Partikel und Mikroorganismen bis hinunter zu einer Größe von 0,5 µm fest. Die meisten Bakterien sind ein bis fünf µm groß.

Kosten und Aufwand senken
Allerdings: Jeder Quadratmeter Reinraum ist teuer. Darum geht der Trend zu kleinen Reinräumen, Isolatoren, Mini-Environments und Restricted Access Barriers (RABS). Ziel ist es, die höchsten Reinraumbedingungen nur unmittelbar am Ort der Lebensmittelverarbeitung aufrechtzuerhalten. Das senkt den technischen Aufwand und damit die Kosten.
Wie rein eine Produktionsumgebung sein muss, hängt auch vom Produkt ab. Es ist ein Unterschied, ob feuchtes Frischfleisch oder trockener Zwieback verarbeitet wird. Wegen der unterschiedlichen Reinheitsanforderungen sind Reinräume in der DIN-Norm ISO 14644-1 in Klassen von 1 bis 9 unterteilt, wobei 1 die reinste Klasse darstellt. Die Norm legt für jede Reinraumklasse fest, wie viele Partikel von welcher Größe ein m3 Luft maximal enthalten darf.
In der Regel erfolgt die Lebensmittelherstellung in Reinräumen der Klassen 8 bis 5. Anders als etwa in der Halbleiterfertigung sind aber in der Lebensmittelverarbeitung nicht die Partikel das eigentliche Risiko fürs Produkt, sondern die Zahl der auf den Partikeln mitreisenden Keime. In einem Reinraum der Klasse 5 ist die Partikelzahl bereits so gering, dass die Luft praktisch keimfrei ist.
Das bringt viele Vorteile für das sichere Herstellen und Verpacken von Lebensmitteln, denn diese bleiben durch das Fehlen von Keimen länger frisch, verderben nicht vorschnell, lassen sich länger lagern und benötigen mitunter auch keine Konservierungsstoffe mehr.

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