Anlagenbau & Prozesstechnik

Alles unter Kontrolle

Armaturen im Wettlauf gegen die Zeit inspizieren

12.06.2015 -

Es läuft zwar alles wie am Schnürchen, ist aber doch mit einer Menge manueller Tätigkeit verbunden, wenn der KSB Service im Rahmen einer Großrevision hunderte von Armaturen in kürzester Zeit wieder auf Vordermann bringt. Neben fachlicher Expertise ist vor allem eine detaillierte Vorplanung nötig – und natürlich eine Spur Gelassenheit, wenn es zu Überraschungen kommt.

In den Wochen vor großen Revisionen in chemischen und petrochemischen Anlagen laufen die Telefone und E-Mail-Accounts in der Einsatzleitung bei KSB Service am Standort Pegnitz heiß; Unruhe und hektische Betriebsamkeit breiten sich aus. Zu dieser Zeit wächst das Team um Karl-Heinz Weber, Leiter Vertrieb Armaturenservice Konventionelle Kraftwerke und Verfahrenstechnik, zur Hochform auf, sodass, wenn es wirklich losgeht, jeder weiß, was zu tun ist. „Jede große Revision, sei es bei einem Steamcracker oder bei einer Raffinerie, ist immer wieder spannend. Der Zeitraum, wenn eine Anlage heruntergefahren ist und wir wirklich an alle Anlagenteile herankommt, ist äußerst knapp bemessen. Hier zählt wirklich jede Schicht.“ Schließlich ist die Inspektion, Wartung und Reparatur von Armaturen nur ein kleiner Bereich im Gesamtsystem. Pumpen, Reaktoren, Rohrleitungen, Wärmetauscher oder Kolonnen untersuchen die Servicespezialisten zur gleichen Zeit. Dementsprechend viele Personen befinden sich dann auf dem Gelände der Betreiber, sodass alle Arbeiten gut abgesprochen sein müssen.

Genaue Planung ist das A und O
Voraussetzung für das reibungslose Arbeiten ist neben einer detaillierten Planung auch langjährige Erfahrung, von der das Service-Team jede Menge hat: Durchschnittlich 4.000 Armaturen durchlaufen die Hände der Spezialisten pro Jahr. Dabei reichen die Abmessungen von DN 10 bis 1200. „Bei den kleinen Armaturen handelt es sich meist um Hochdruckarmaturen mit einer Druckstufe bis zu PN 500, bei den größeren Abmessungen liegen wir im Niederdruckbereich, also PN 6 bis 40“, beschreibt Weber seine Klientel. Dabei lohnt sich eine Aufarbeitung natürlich nicht immer: „Im Hochdruckbereich tauscht man heutzutage alle Armaturen unter DN 50 aus, im Niederdruckbereich sogar alle Armaturen unter DN 150“, gibt er die Zielrichtung vor. Die Abteilung von Weber überprüft und überarbeitet alle Armaturen und zwar unabhängig vom Hersteller. Der große Vorteil ist, dass KSB selbst Hersteller von Armaturen ist – die Verfügbarkeit von technisch hochwertigen Rohmaterialien ist dementsprechend hoch. „Wenn wir ein Ersatzteil neu anfertigten müssen, geht das natürlich viel schneller, als wenn noch auf einen bestimmten Werkstoff gewartet werden muss“, so Weber.

Spezialist für das Revisionsmanagement
Im Laufe der letzten Jahre hat sich der KSB Service als Spezialist für das Revisionsmanagement erwiesen. Sobald ein Steamcracker, eine Raffinerie oder ein Kraftwerk für die Großrevision still steht, ist das Team mit dabei. „An den Standorten solch großer Unternehmen befinden sich mitunter über 20.000 Armaturen der unterschiedlichsten Hersteller“, beschreibt er die Situation. Das reicht von Handarmaturen über Regel- und Sicherheitsventile bis zu angetriebenen Absperrarmaturen. An einige davon kommt man nur heran, wenn die Anlage wirklich vollständig heruntergefahren ist – und dies ist eben nur alle ein bis zwei Jahre im Kraftwerk, alle drei Jahre bei einem Chemiebetrieb oder alle fünf Jahre bei einer Raffinerie möglich – je nach vorgeschriebener Prüffrist durch den TÜV. Dann heißt es, Anlage abfahren, alle Komponenten überprüfen und reparieren und wieder anfahren. Rund 20 % der verbauten Armaturen werden im Durchschnitt ausgetauscht oder repariert. Ein Drittel davon landet dann im Team von Weber. „Bei vielen Armaturen lohnt sich die Reparatur durchaus. Teilweise bearbeiten wir Armaturen aus den 60er-Jahren und die sind nach unserer Inspektion wie neu.“
Zur Herausforderung wird diese Aufgabe jedoch durch den knappen Zeitrahmen. Der Zeitraum für alle Arbeiten, in dem die unterschiedlichsten Gewerke ineinandergreifen, dauert nur wenige Wochen. Eine Armatur muss innerhalb von 24 bis 48 Stunden wieder im Top-Zustand sein. In dieser kurzen Zeit rücken die Armaturen-Spezialisten an und dann geht es Schlag auf Schlag: ausbauen, überprüfen, Ersatzteile bestellen, Dichtungen und Packungen austauschen, Lager oder Schrauben neu einbauen, einzelne Teile neu fertigen, metallische Sitze einläppen, wieder einbauen, Probelauf, Funktionstests durchführen, alle Schritte dokumentieren und Abschluss der Arbeiten im täglichen Prozess an die Revisionsleitung melden.

Perfektes Zeitmanagement
Dafür ist ein minutiöses Zeitmanagement nötig. „Die Planungen für eine solche Revision beginnen in der Regel 18 Monate vor dem eigentlichen Stillstand. Bei vielen unserer Kunden sitzt bereits ein Mann von Anfang an mit im Planungsteam, um bereits die Arbeiten genauer zu spezifizieren“, so Weber. Das fängt mit ganz praktischen Überlegungen an, hat die Armatur eine Isolierung: Braucht man also jemand vom Rohrleitungsbau, der die Armatur neu isoliert? Muss die Armatur herausgehoben werden und wann ist einer der Autokräne auf dem Gelände verfügbar? Benötigt man Ersatzteile, die eine längere Lieferzeit haben oder ist die Armatur schon bei der letzten Revision aufgefallen? Zu diesem Zeitpunkt fällt auch die Entscheidung, welche Armatur überarbeitet wird. „In der Regel haben wir während einer Großrevision nur Zeit für die Armaturen, an die sonst niemand dran kommt. Armaturen in Nebensträngen sind eher Tagesgeschäft, die wir zu einem anderen Zeitpunkt erledigen“, erklärt Weber.
Nach einer ersten Planung wird die Revision vorbereitet, etwa um das Personal vorzuhalten und das Ersatzteilmanagement voranzutreiben. So beschafft man alle nötigen Ersatzteile. Dies gilt vor allem für Armaturen von Fremdherstellern.
In der heißen Phase, sprich, wenn es an den Ausbau der Armaturen geht, sind bis zu 50 eigene Mitarbeiter vor Ort. Aber auch im Back-Office in Pegnitz konzentrieren sich alle auf den aktuellen Einsatz. „Wir versuchen, die Unbekannte möglichst klein zu halten“, begründet Weber die detaillierte Vorbereitung. Denn für Überraschungen ist jede Großrevision gut. So stellt sich in der Regel bereits beim Abfahren der Anlage heraus, dass es nicht bei den vorgemerkten Armaturen bleibt, sondern 30 % mehr Armaturen überarbeitet werden müssen.

Mobiles Montage-Equipment
Während der Revisionszeit zieht das Team um Weber auf das Gelände des Betreibers, meist samt Montagezelt, Bearbeitungsmaschinen, Prüfeinrichtungen, Strahlanlagen und anderem mobilem Equipment. Bis zu vier LKWs brauchen die Servicetechniker für ihre Arbeitsmittel. Zusätzlich werden Container als Umkleideräume oder Büros installiert, um schnell und reibungslos arbeiten zu können. Im Montagezelt landen die Armaturen mit Flanschen, die sich vollständig ausbauen lassen. Hier erfolgt auch die TÜV-Abnahme von Sicherheitsventilen. Armaturen, meist im Hochdruckbereich, die man nicht ausbauen kann, werden im eingebauten Zustand instandgesetzt.
Sind alle Arbeiten abgeschlossen, beginnt der Anfahrprozess und die Spannung steigt. „Trotz aller Vorbereitungen müssen wir immer damit rechnen, dass die eine oder andere Armatur noch Probleme bereitet. Das sind zwar Einzelfälle, aber diese müssen wir umso schneller erledigen, weil der Anfahrprozess so komplex ist. Hier hängen meist verschiedene Anlagenstränge voneinander ab und der Prozess lässt sich nicht einfach stoppen“, erklärt Weber. Dank der langjährigen Erfahrung sorgen solche Zwischenfälle in der Regel jedoch nur für eine kurze Schrecksekunde. Ist der Anfahrprozess abgeschlossen, fährt das Service-Team seine Aktivitäten wieder herunter, obwohl immer noch eine Menge in der Nachbereitung zu tun bleibt. Jede Armatur verfügt über eine eigene Dokumentation, die z. B. das Zertifikat für die Druckprüfung oder einen Verweis enthält, dass diese Armatur bei der nächsten Revision ausgetauscht werden muss.

Ausblick
Bei vielen Unternehmen gilt der Service-Anbieter schon seit Jahrzehnten als feste Größe, wenn es um die Revision von Großanlagen geht. „Es ist in der Tat so, dass ich nicht wenige Armaturen tatsächlich schon mehrfach betreut habe“, gibt Weber zu. „Dadurch kennt man die kritischen Kandidaten natürlich“, nennt Weber einen Vorteil.
Der KSB Service verantwortet aber nicht nur Großrevisionen, sondern auch kleinere Einsätze. So koordiniert das Team in Pegnitz auch Auslandseinsätze, etwa in Thailand oder Kuba. Dabei profitiert der Anwender davon, dass der Hersteller weltweit seine geschulten Monteure vor Ort hat. Darüber hinaus gehören auch Feuerwehreinsätze zum Tagesgeschäft, etwa wenn eine Armatur in einer Papierfabrik ausfällt.
Auf der Achema im Außengelände können Besucher einen Einblick in die Arbeit des Service-Teams erhalten. In einem Container, wie er auch für Großrevisionen eingesetzt wird, ist eine komplette mobile Werkstatt zu sehen.

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