Anlagenbau & Prozesstechnik

Das Ying und Yang der Druckentlastung

Erhöhte Prozesssicherheit durch gleichzeitige Nutzung von Berstscheiben und Sicherheitsventilen

27.06.2016 -

Die gleichzeitige Nutzung von Berstscheiben und Sicherheitsventilen.

BS und SV haben die gleiche Aufgabe: zuverlässig bei einem definierten Druck öffnen, um unzulässigen Über- oder Unterdruck innerhalb eines Prozesses zu verringern. Eine BS ist eine nicht schließende Sicherheitseinrichtung und muss nach dem Ansprechen ausgetauscht werden.
SV hingegen schließen nach dem Entlasten des unzulässigen Drucks. So kann, je nach Anwendung, ohne Verzögerung weiter produziert werden. Allerdings bedeuten die Anschaffung und die regelmäßige Instandhaltung des SV einen zeitlichen sowie finanziell hohen Aufwand.
Eine BS hilft, die Nachteile eines SV auszugleichen – und umgekehrt. Die Kombination von SV und BS ermöglicht den Einsatz von günstigeren SV aus preiswerteren Materialien. Darüber hinaus kann bei In-situ Tests, also Wartungen und Funktionsprüfungen, auf den Ausbau des SV verzichtet werden.

Davon profitieren Betreiber

Dichtigkeit, auch bei toxischen und wertvollen Medien
Toxische und wertvolle Medien sollen während eines Prozesses nicht verloren gehen. Eine hochwertige BS erfüllt genau diesen Anspruch und garantiert eine dauerhaft leckagefreie Absicherung.
Die KUB V bpsw. wurde speziell entwickelt für die Kombination mit SV, basierend auf der KUB, der patentierten Umkehrberstscheibe von Rembe. Die KUB und auch ihre Schwester, die KUB V, erlauben ein Arbeitsdruckverhältnis von bis zu 98 % – je nach Prozess und Anwendung. Durch die Knickstäbe, also die Sollbruchstellen der KUB, und weitere Besonderheiten innerhalb des Herstellverfahrens, erhält der Betreiber eine äußerst robuste BS, die auch nach einem Ausbau, einer Reinigung oder Inspektion wieder verwendet werden kann. Die dem Prozess zugewandte, glatte Metalloberfläche zeigt keine Kavitäten und erlaubt u. a. den Einsatz für sterile und aseptische Anforderungen. Die Metall-auf-Metall Dichtung ist metallisch dichtend und gewährleistet sehr niedrige Leckageraten.
Dem SV vorgeschaltete Berstscheiben sorgen für erhöhte Dichtigkeit, was aufgrund von bestehender Regularien, Gesetze und Richtlinien ein nicht unwesentlicher Faktor für Betreiber ist. Zudem ist der Austausch einer BS im Vergleich zu einem SV wesentlich günstiger.

Zuverlässiger Schutz auch bei klebrigen oder zähflüssigen Medien
Durch klebrige, polymerisierende oder zähflüssige Medien kann die Funktion und Zuverlässigkeit von Sicherheitseinrichtungen beeinträchtigt werden. Sobald der Ventilsitz eines SV verklebt, ist ein Ansprechen beim definierten Druck nicht mehr gewährleistet.
Um das Verkleben von SV vorzubeugen, sind Reinigungen und Inspektionen in regelmäßigen Abständen notwendig. Wird nun ein BS vor einem SV geschaltet, können Anbackungen und Verklebungen am SV verhindert werden. Am Beispiel der KUB V lässt sich dies gut verdeutlichen: die KUB V zeichnet sich durch eine glatte, zum Prozess zugewandte Metalloberfläche aus, die jegliches Anhaften unmöglich macht. Dadurch sind die Knickstäbe (Sollbruchstellen der BS, die den Berstdruck definieren) sowie das SV vor dem Prozessmedium geschützt und somit die Einhaltung des Ansprechdrucks gewährleistet. Gleichzeitig wird der vorhandene Totraum minimiert. Auch bei Medien mit Feststoffanteilen verhindert die vorgeschaltete BS ein Festkleben von Partikeln am Ventilsitz.
Beim Einsatz von korrosiven Medien ist die Kombination aus BS und SV ebenfalls äußerst sinnvoll. Bei korrosiven Medien müssen SV ausgekleidet oder aus teuren Materialien wie bspw. Hastelloy gefertigt werden. Das Zusammenspiel von BS und SV ist eine günstige Alternative: als produktberührende Druckentlastungsvorrichtung wird die BS aus einem korrosionsbeständigem Material gefertigt, wodurch das SV nur im Ansprechfall der BS mit dem Medium in Berührung kommt. Dies ermöglicht die Herstellung des SV aus weniger korrosionsbeständigen und damit preiswerteren Materialien. Das SV kann ausgebaut und gereinigt werden, während die BS in wenigen Minuten ausgetauscht werden kann. Da der Prozess durch die BS wieder geschlossen ist, kann die Produktion erneut aufgenommen werden, auch wenn das SV noch nicht wieder einsatzbereit ist.

Einfache Instandhaltung des SV durch In-situ Tests
Um die Funktionsfähigkeit eines SV zu überprüfen, sind In-situ Tests eine ressourcenschonende und kostensparende Möglichkeit. Doch was genau passiert bei einem In-situ Test?
Der Raum zwischen BS und SV wird bis zum Ansprechen des SV mit Druck beaufschlagt. Der Ausbau des Ventils ist nicht mehr erforderlich, wodurch ein sonst üblicher Produktionsstillstand vermieden werden kann. Bei diesem Test spart der Betreiber Zeit und Geld. BS, die speziell für die Kombination mit SV entwickelt sind, weisen deshalb eine besonders hohe Rückdruckbelastbarkeit auf. Im Fall der KUB V beträgt diese 135 % des definierten Berstdrucks.

Das kleine Einmaleins der Kombination SV und BS
Die Kombination aus BS und SV wird in einigen gängigen Normen, z.B. in der DIN EN ISO 4126-3 oder in den AD2000-Merkblättern A1 und A2 behandelt. Um eine reibungslose Funktion des SV durch die BS zu gewährleisten, empfiehlt sich der Einsatz fragmentationsfreier BS, wodurch das Abstoßen von Fragmenten beim Bersten verhindert wird. Um sicherzustellen, dass Fragmente das SV nicht beeinträchtigen, sind bei fragmentierenden Berstscheiben geeignete Maßnahmen wie bspw. Fangkörbe oder konstruktive Maßnahmen erforderlich.
Zudem ist der Abstand zwischen Berstsicherung und SV ein entscheidender Faktor. Auf der einen Seite sollte dieser möglichst kurz sein, damit der Druckverlust durch eine mögliche Rohrleitung auf ein Minimum reduziert wird. Auf der anderen Seite ist der Abstand so groß zu wählen, dass ein zuverlässiges Öffnen der Bersteinrichtung sichergestellt ist. Jedoch ist zu beachten, dass der gesamte Druck bis zum Eintritt des SV inklusive der BS bei weniger als 3 % des Ansprechdrucks des SV liegen muss. Der Druckverlust kann von verschiedenen Parametern wie bspw. dem Durchmesser und der Länge der Eintrittsrohrleitung oder dem Reibungsverlust (durch die Rauigkeit) der Eintrittsrohrleitung beeinflusst werden. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, den Druckverlust zu berücksichtigen. Nach AD2000-Merkblatt A1 ist „der Druckverlust auf Teile des Berst­elements, die nach dem Ansprechen in der Einspannvorrichtung verbleiben, […] berücksichtigt, wenn der Querschnitt der Einspannvorrichtung der nachfolgenden Bedingung entspricht und das Berstelement direkt vor dem SV montiert ist:

Ageom ∙ α > 1,5∙A0∙αw , mit Ageom geometrischer Querschnitt des Berst­elements (Querschnittsverengung, z.B. durch Schneidvorrichtungen oder nicht zerstörbare Vakuumstützen sind berücksichtigt; Verunreinigungen, z.B. durch Teile des Berstelements, die nach dem Ansprechen in der Berstsicherung verbleiben, sind nicht berücksichtigt)

α Ausflussziffer […][der BS]
A0 engster Strömungsquerschnitt des SV
αw Ausflussziffer des SV“ [AD2000-Merkbaltt A1, Absatz 5.4.2.2]

Alternativ dazu gibt es auch die Möglichkeit, für die Kombination aus BS und SV eine einzige Ausflussziffer mittels Versuch zu bestimmen (siehe dazu AD2000-Merkbaltt A1, Absatz 5.4.2.3)
Um eine Druckänderung im Zwischenraum von BS und SV zu erkennen, ist zudem eine besondere Einrichtung (z. B. freier Abzug, Alarmmanometer, Entspannungsventileinheit, o. ä.) notwendig. Ein möglicher Gegendruck im Zwischenraum beeinflusst den Ansprechdruck der Berstsicherung bzw. des SV und damit die zuverlässige Funktion der Druckentlastungseinrichtung. Um dieses Problem zu lösen, kann eine Entspannungsventileinheit mit angeschlossenem Druckschalter eingesetzt werden. Dadurch wird unzulässigem Druckaufbau im Zwischenraum entgegen gewirkt. Beim Ansprechen der BS schließt das Entspannungsventil und der Druckschalter signalisiert ein Ansprechen der BS.
Des Weiteren ist die Kombination in ihrer Anordnung flexibel: so können Druckentlastungseinrichtungen nicht nur vor- sondern auch parallel geschaltet werden. Das SV sichert dann die üblichen Betriebsdrücke ab und die BS spricht nur bei Versagen des SV oder der Durchsatzleitung an, um das Produkt / den Druck abzuführen.

Fazit
BS verlängern die Lebensdauer von SV, gewährleisten absolute Dichtigkeit und reduzieren die Aufwendungen für Anschaffung (durch den Einsatz kostengünstiger Materialien bei SV) sowie Instandhaltung (längere Wartungsintervalle, In-situ Tests). Folglich ist die Kombination von SV und BS eine wirtschaftliche, zukunfts­orientiere Lösung.

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