Anlagenbau & Prozesstechnik

Pulsierende Strömung

Ressourceneffiziente Cleaning-in-Place-Reinigung

05.12.2014 -

Ein Gemeinschaftsforschungsprojekt hat die technische Umsetzbarkeit der Reinigung geschlossener Fluidsysteme unter pulsierender Strömung im Pilotmaßstab nachgewiesen.

Die Reinigung von Prozessanlagen stellt einen ressourcenintensiven und regelmäßig durchzuführenden Prozessschritt dar, der speziell in der Lebensmittel- und Pharmaindus­trie durch die hohen hygienischen und sterilen Standards einen erheblichen ökonomischen als auch ökologischen Einfluss auf den Gesamtprozess hat. In solchen Prozessen erfolgt die Reinigung meist durch „Cleaning in Place" (CIP). Durch die Notwendigkeit einer Reinigung wird die Effizienz eines Produktionsprozesses in verschiedener Hinsicht reduziert: (I) verminderte Anlagenverfügbarkeit, (II) Einsatz von Reinigungsmitteln, (III) Entsorgung von Spülwasser und (IV) Energie.
Gemäß dem Sinner´schen Kreis wird ein Reinigungsprozess durch die sechs Faktoren Chemie, Mechanik, Temperatur, Zeit, Reinigungsgut (Art, Zustand, Menge) sowie Verschmutzung (Art, Zustand, Menge) beeinflusst. Wird einer dieser Parameter variiert und soll ein gleich bleibendes Reinigungsergebnis erzielt werden, muss zwangsläufig hierfür mindestens ein zweiter Parameter angepasst werden.
Eine pulsierende Strömung beeinflusst die Mechanik mit dem Ziel, die Reinigungszeit zu reduzieren; die übrigen vier Einflussfaktoren wurden in den folgenden Betrachtungen konstant gehalten. Durch eine Steigerung der mechanisch wirkenden Strömungseffekte auf die Ablagerungen sollen die Reinigungszeit verkürzt sowie der Energie- und Ressourceneinsatz vermindert werden.

Was ist eine pulsierende Strömung?
Durch Überlagerung einer stationären Grundströmung mit einer oszillierenden Geschwindigkeitskomponente erhält man eine pulsierende Strömung. Die oszillierende Geschwindigkeitskomponente verläuft in diesem Fall sinusförmig. Ist die maximale oszillierende Strömungsgeschwindigkeit größer als die stationäre, kommt es temporär zu einer Rückströmung beginnend in Wandnähe. Weiterhin begünstigt diese Strömungsform eine temporäre Erhöhung von Turbulenz, Wandschubspannung, Stoffübergang sowie die Verringerung von Totwassergebieten. Alle diese Effekte können zu einem erhöhten Abtrag bei der Reinigung beitragen.

Kann eine pulsierende Strömung in ­Anlagen appliziert werden?
Die Applikation eines Pulsators zur Erzeugung der zusätzlichen oszillierenden Geschwindigkeitskomponente in eine bestehende Anlage stellt eine besondere Herausforderung dar. Zum einen muss sichergestellt werden, dass eine pulsierende Strömung auch in langen Rohrleitungssystemen übertragbar ist - ohne Verlust der charakteristischen Strömungseigenschaften, aber auch ohne die zu reinigende Anlage zu stark mechanisch zu belasten. Zum anderen muss der Pulsator den Anforderungen der Lebensmittel- und Pharmaindustrie hinsichtlich hygienegerechtem Design entsprechen. Diesen Herausforderungen widmete sich das hier vorgestellte Forschungsprojekt.
Es wurde ein Rohrleitungssystem einer Gesamtlänge von ca. 50 m mit Verzweigungen aufgebaut. Mittels hochfrequenter Druckmessungen (1 kHz) an verschiedenen Positionen über der gesamten Rohrleitung konnte eine belastungsarme Betriebsweise identifiziert werden. Bei ungünstiger Betriebsweise kommt es zu einer sogenannten Makrokavitation; hierbei löst sich die Fluidsäule vom oszillierenden Kolben. Beim darauffolgenden Zusammenstoß kommt es zu kurzzeitig hohen Druckspitzen in der Anlage, dem sogenannten Joukowsky-Stoß. Eine leichte Erhöhung des Gesamtdruckniveaus in der Anlage verhindert die Makrokavitation und infolgedessen den Joukowsky-Stoß. Bei korrekter Betriebsweise ergeben sich sinusförmige Druckänderungen in einem moderaten Bereich. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die pulsierende Strömung mit geringen Druckverlusten übertragbar ist.
Die hygienegerechte Pulsationserzeugung ist eine zweite Grundvoraussetzung für zukünftige industrielle Anwendungen. Hierzu wurde ein konstruktiver Entwurf zur hygienegerechten Umsetzung eines Pulsators entwickelt, welcher nach dem Prinzip einer Membranpumpe arbeitet, siehe Abb. 1. Der Hauptunterschied zu einer Pumpe liegt in dem Fehlen eines zweiten Stutzens. Über den vorhandenen Stutzen wird das Fluid aus der Anlage gesogen und anschließend wieder in die Anlage gefördert, effektiv wird also kein Fluidvolumen durch den Pulsator gefördert, sondern einzig oszilliert.

Wie wird die Reinigungsleistung ­beeinflusst?
Zur Bewertung der Reinigungsleistung einer pulsierenden Strömung wurde die Lokale Phosphoreszenz Detektion (LPD) entwickelt. Die Methode ermöglicht es, lokale Reinigungszeiten optisch auf Basis der Phosphor­eszenz einer Modellverschmutzung zu bestimmen. Das zu reinigende Testrohr ist zweiteilig konstruiert, der obere Teil ist aus Plexiglas gefertigt, um eine optische Zugänglichkeit zu ermöglichen, der untere Teil besteht aus Edelstahl. Auf den unteren Teil wird die Modellverschmutzung aufgetragen. Dieses Konzept ermöglicht die Untersuchung verschiedener Geometrien, so wurden in diesem Forschungsvorhaben neben geraden Rohren auch sprunghafte Querschnitterweiterungen verschiedener Durchmesserverhältnisse untersucht. Die hier untersuchte Rohrgeometrie besteht aus einem DN 25 Rohr, welches sprunghaft in ein DN 40 Rohr übergeht. Als Modellverschmutzung diente Stärke mit Zinksulfidkristallen als optischem Tracer.
In Abbildung 2 ist die gemessene lokale Reinigungszeit über der Rohrlänge bei einer Referenzreinigung mit einem stationären Volumenstrom von 1,9 m3/h (Fall 1) dargestellt. Zu erkennen ist, dass die Reinigungszeit hinter der Stufe deutlich höher als im übrigen Teil der Rohrgeometrie ist. Wie zu erwarten, stellt diese Position einen reinigungskritischen Bereich dar, an dem es die Reinigungszeit zu reduzieren gilt. Ein in der Praxis geläufiger Ansatz zur Verkürzung der Reinigungszeit ist die Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit bzw. des Volumenstroms. Wie ebenfalls in Abb. 2 (Fall 2) zu erkennen, führt diese Strategie zur Reduzierung der Reinigungszeit.
Weiterhin ist in Abb. 2 die lokale Reinigungszeit mit Pulsation (Fall 3) und sonst identischen Prozessbedingungen des Falles 1 dargestellt. Zu erkennen ist eine deutliche Reduzierung der Reinigungszeit im Vergleich zum Referenzfall, respektive das Erreichen der gleichen Reinigungszeit wie bei Fall 2, jedoch unter erheblicher Reduzierung des Volumenstroms. Besonders im reinigungskritischen Bereich wurde die Reinigungszeit am stärksten reduziert. Bedingt durch die stetige Änderung der Geschwindigkeit und die temporäre Rückströmung wird die Ausbildung von Totwassergebieten reduziert und somit die Erreichbarkeit dieser reinigungskritischen Bereiche stark erhöht. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Bereich mit der längsten Reinigungszeit in einer Anlage die Gesamtreinigungszeit festlegt, wird das Potential dieses Ansatzes deutlich. Weiterhin zeigt sich ein Vorteil speziell bei der verlorenen Reinigung (Entsorgung des Reinigungsaustrags), da die Pulsationsreinigung zu keiner Erhöhung des Reinigungsmittelverbrauchs pro Zeit im Vergleich zur stationären führt, jedoch die Reinigungszeit verringert und somit auch der Gesamtverbrauch an Reinigungsmitteln pro Reinigung verringert wurde.

Ist die Pulsationsreinigung ökologisch vorteilhaft?
Neben der Steigerung der Reinigungsleistung, also der Verkürzung der Reinigungszeit und den damit einhergehenden wirtschaftlichen Potentialen, erlangen umwelttechnische Aspekte zunehmend an Bedeutung. Die Prozesse werden vor allem in Bezug auf Energie- und Ressourceneinsatz hin untersucht, um ökologische Verbesserungspotentiale identifizieren und quantifizieren zu können.
Beim Einsatz einer pulsierenden Strömung steht der gesteigerten Reinigungsleistung ein erhöhter Energiebedarf durch die zusätzliche Pumpe (Pulsator), zusätzlicher Materialaufwand zur Herstellung des Pulsators sowie der Einfluss der Entsorgung gegenüber. Um den ökologischen Aufwand, der mit den verschiedenen Reinigungsstrategien einhergeht, bewerten zu können, wurden die Energie- und Stoffströme der Reinigungsexperimente aufgezeichnet, bilanziert und in verschiedenen Wirkungskategorien (WK), wie z. B. Klima­änderung, Versauerung und Humantoxizität, bewertet.
Da bei der Bewertung der Reinigungsstrategie der Vergleich zur herkömmlichen Reinigung im Vordergrund steht, werden ausschließlich die Stoff- und Energieströme des Reinigungsprozesses erfasst, sowie zusätzlich bei der Pulsationsreinigung die Materialaufwendungen der Herstellung, der Betrieb und die Entsorgung des Pulsators berücksichtigt. Aufwendungen, die durch die CIP-Anlage verursacht werden, sind für sämtliche Reinigungsstrategien identisch und somit für den Vergleich nicht relevant.
Im Folgenden werden die drei vorgestellten Reinigungsstrategien, angewandt auf eine verlorene Reinigung, ökologisch bewertet und verglichen. Abbildung 3 zeigt einen Auszug aus den Ergebnissen der Wirkungsabschätzung. In dem Diagramm sind die Umweltwirkungen der drei untersuchten Reinigungsstrategien in der Wirkungskategorie Klimaänderung gezeigt. Die Bewertung erfolgte mittels der am „Centrum voor Milieukunde" der Universität Leiden, Niederlande, entwickelten Bewertungsmethode CML-IA.
Bei der stationären Reinigung mit 1,9 m3/h sind die ermittelten ökologischen Auswirkungen in der WK Klimaänderung mit 2,6 kg CO2-Äqu. bezogen auf einen Reinigungsdurchlauf am höchsten. Den größten Beitrag leistet der Verbrauch an Reinigungsfluid. Die Erhöhung des Volumenstroms um 60 % wirkt sich auf die Gesamtbilanz positiv aus. Trotz eines um 60 % gestiegenen Volumenstroms ist das benötigte Gesamtvolumen an Reinigungsfluid durch Reduzierung der Reinigungszeit verringert, somit wird weniger thermische Energie als auch weniger Reinigungsmittel benötigt. Dies führt zu einer Reduzierung der Umweltwirkungen in der WK Klimaänderung um 24 %. Die geringste Umweltwirkung verursacht die Reinigungsstrategie mit pulsierender Strömung (Reduzierung der Umweltauswirkungen in der WK Klimaänderung um 43 %), da die Reinigungszeit vergleichbar zu Fall 2 ist, der Volumenstrom jedoch auf dem Niveau von Fall 1 ist. Der durch die Bereitstellung, Betrieb und Entsorgung des Pulsators zusätzliche ökologische Aufwand wurde unter Berücksichtigung der Lebensdauer anteilig auf einen Reinigungsdurchlauf herunter gebrochen und ebenfalls in Abb. 3 dargestellt. In der dargestellten WK weisen der Betrieb und die Entsorgung des Pulsators einen vernachlässigbaren Einfluss auf.

Zusammenfassung
Die Reinigung geschlossener Fluidsysteme­ unter pulsierender Strömung stellt einen vielversprechenden Ansatz für den ressourcen­effizienten Betrieb eines CIP-Reinigungsprozesses dar. Die technische Umsetzbarkeit im Pilotmaßstab konnte durch Bestimmung einer korrekten Betriebsweise in einem langen Rohrleitungssystem sowie durch die Entwicklung einer hygienegerechten Pulsationserzeugung nachgewiesen werden. Weiterhin zeigten die Reinigungsuntersuchungen in Geometrien mit schwer erreichbaren Positio­nen eine Erhöhung der Reinigungsleistung bei gleichzeitiger Reduzierung des Reinigungs­mittelverbrauchs. Der reduzierte Energie- und Ressourceneinsatz wirkte sich ökonomisch und ökologisch vorteilhaft auf den Betrieb des CIP-Prozesses aus.