Anlagenbau & Prozesstechnik

Zündung einer Staubwolke durch elektrostatische Ladungen

Fallstudie untersucht Faktoren der Zündung einer brennbaren Staubwolke durch manuelle Pulververarbeitung

30.11.2018 -

Die vorliegende Fallstudie untersucht Faktoren, die bei der Zündung einer brennbaren Staubwolke während eines manuellen Pulververarbeitungsschritts eine Rolle gespielt haben. Ein Mitarbeiter sollte per Hand ca.18kg Pulver aus einem Polyethylen-Kunststofffass in einen metallischen Prozessbehälter umfüllen. Im Innern des Kunststofffasses befand sich ein brennbares Pulver mit einer Mindestzündenergie von 12 Millijoule. Das Fass wurde bei der täglichen Nutzung in der Anlage am oberen Rand durch einen Metallring gegen Schläge und Stöße geschützt.

Der Mitarbeiter schüttete das Pulver in den Prozessbehälter und stützte das Fass dabei auf dem Behälterrand ab. Als er im Anschluss an den Umfüllvorgang das Fass vom Behälter hob, entzündete sich die Staubwolke, die sich über dem Prozessbehälter gebildet hatte.

Es wurde angenommen, dass es aufgrund der elektrostatischen Aufladung des Metallrings zu einer Funkenentladung vom Ring kam, als dieser sich beim Entfernen des Fasses nah am Produktbehälter befand. Der Prozessbehälter war durch eine Festverbindung mit der Anlage geerdet.

Zur Überprüfung dieser Theorie wurde ein Versuch durchgeführt, um zu bestimmen, wie viel elektrostatische Ladung durch den Pulverfluss möglicherweise erzeugt worden war. So wurden 18kg desselben Pulvers aus einem ähnlichen Fass in einen Faradayschen Käfig gefüllt, an dem die entstehende Ladungsmenge gemessen wurde. Am Faradayschen Käfig, der das Pulver aufnahm, wurde eine Ladung von 3,6 Mikrocoulomb gemessen. In diesem Fall hatte sich das Pulver aufgrund der Reibung zwischen dem Pulver und dem Kunststofffass aufgeladen. Zu dieser Reibung kam es, als das Pulver an der Innenfläche des Fasses herunterrutschte. An einer isolierten Stelle des Kunststofffasses wurde mit einem Feldstärkemesser ein Wert von 500kV/m (die Maximalspannung, für die das Messgerät ausgelegt war) gemessen. Bei einer solchen Feldstärke hätte sich der Metallring durch Induktion aufgeladen.

Wie hätte die Explosion verhindert werden können?
Sehr wahrscheinlich wurde dieser Verarbeitungsschritt in der Vergangenheit bereits mehrfach ohne jeden Zwischenfall durchgeführt. Möglicherweise kam es auch hier zu elektrostatischen Funkenentladungen, jedoch war in diesen Fällen in der Funkenstrecke keine entzündliche Staubwolke vorhanden. Dies ist ein gemeinsames Merkmal von Prozessschritten, bei denen aufgrund von elektrostatischen Ladungen ein Brand oder eine Explosion ausgelöst wurde.

Zuallererst muss festgestellt werden, warum sich am Metallring überhaupt eine elektrostatische Ladung aufbauen konnte. In diesem Fall hat sich der Metallring elektrostatisch aufgeladen, da er elektrisch von der Erde isoliert war. Hätte der Metallring eine Verbindung zum geerdeten Prozessbehälter gehabt, hätte er sich überhaupt nicht aufladen können. Überschüssige elektrostatische Ladungen wären einfach zur Erde hin abgeflossen. Nach den einschlägigen Branchenrichtlinien wie NFPA 77 und IEC 60079-32-1 hätte die isolierte Metallkomponente über eine Verbindung mit einem geprüften Erdungspunkt (in diesem Fall mit dem Prozessbehälter) verfügen müssen. Zusätzlich dazu hätte der Widerstandswert der Verbindung nicht über 10 Ohm liegen dürfen.

Sowohl in IEC 60079-32-1 (13.4.1) als auch in NFPA 77 (7.4.1.6) und (7.4.1.4) heißt es:
„Temporäre Verbindungen können mit Schrauben/Bolzen, Druckklammern oder Spezialklammern hergestellt werden. Druckklammern sollten einen ausreichend hohen Druck aufbringen, um Schutzbeschichtungen, Rost oder Produktablagerungen zu durchdringen und mit einem Übergangswiderstand von weniger als 10 Ω den Kontakt mit dem Grundmetall zu gewährleisten.“

Für die Verbindung des Fasses mit dem geerdeten Prozessbehälter können die abgebildeten Klammern verwendet werden. Es sollte zumindest eine Erdungsklammer mit FM/ATEX-Zulassung wie die im linken Bild dargestellte spezifiziert werden, sodass physische Hemmnisse wie Farbanstriche und Produktablagerungen vollständig durchdrungen werden und der Kontakt mit dem Grundmetall hergestellt werden kann. Auf der rechten Seite ist ein Klammersystem abgebildet, das dem Benutzer optisch anzeigt, dass der Widerstandswert der Verbindung zwischen einem Metallfass und dem Prozessbehälter 10 Ohm oder weniger beträgt. Die Anzeige erfolgt über eine pulsierende grüne LED, die in die Erdungsklammer integriert ist. Sie informiert den Benutzer auf unkomplizierte Weise darüber, ob für das Umfüllen des Pulvers in den Prozessbehälter eine Freigabe vorliegt oder nicht.

Doch auch die Verwendung eines Kunststofffasses in einem EX/HAZLOC-Bereich muss an dieser Stelle angesprochen werden. Die Aufladung widerstandsbehafteter Pulver ist unvermeidbar, sofern man nicht die Pulverbeschaffenheit ändert, um die elektrische Leitfähigkeit zu erhöhen. Dies ist jedoch häufig nicht praktikabel oder schlicht unmöglich. Allerdings wird in den einschlägigen Verfahrensrichtlinien von der Verwendung von Kunststoffbehältern aus schlecht leitenden Materialien wie Polyethylen abgeraten, da die während des Transferprozesses erzeugten Ladungen auf der Fassoberfläche verbleiben, selbst wenn versucht wird, das Kunststofffass zu erden. Durch die Verwendung von schlecht leitenden Kunststoffobjekten laufen andere Objekte im EX/HAZLOC-Bereich Gefahr, durch Induktion aufgeladen zu werden. Andere Anlagenteile oder Personen können sich elektrostatisch aufladen, wenn sie in Kontakt mit aufgeladenen Kunststoffobjekten kommen oder sich in deren Nähe befinden. Idealerweise sollte ein Metallfass verwendet und mit dem geerdeten Prozessbehälter verbunden werden, damit sich am Metallfass keine Ladungen aufbauen können.

Und nicht zuletzt sollten alle am Prozess beteiligten Personen mithilfe von elektrostatisch ableitfähigen Schuhen geerdet werden, sodass Ladungen, die während des Prozesses durch die Körperbewegung entstehen, wirksam zur Erde abgeleitet werden können. So kann es zu keiner Funkenentladung vom Körper hin zu geerdeten Objekten kommen.

In den einschlägigen Verfahrensrichtlinien wie IEC 60079-32-1 und NFPA 77 werden proaktive Maßnahmen zur Minimierung einer Brand- oder Explosionsgefahr durch elektrostatische Entladungen beschrieben. Der größte Teil der Gefahren kann durch den Einbau und die proaktive Nutzung von Erdungssystemen unter Kontrolle gebracht werden. Für zahlreiche Prozesse können verschiedene Systeme, von einfachen Erdungsklammern bis hin zu Erdungsstatusanzeigen mit Ausgangskontakten für die Prozessverriegelung, spezifiziert werden.

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