Strategie & Management

Krisenkommunikation in Zeiten von Corona

Neben Fakten kommt es besonders auf Emotionen und Glaubwürdigkeit an

23.03.2020 -

Stell Dir vor es ist Pandemie und keiner kommt mehr. Mitarbeiter bleiben weg, weil Kinder nicht zur Schule gehen oder die Angst vor dem Virus stärker ist als der Vertrag mit dem Arbeitgeber. Kunden bleiben weg, weil sie ihr Geld zusammenhalten und Aufträge verschieben. Lieferanten bleiben weg, weil sie nicht produzieren und die Läger leer sind.

Ein Branchenverband hat dies Mitte März 2020 mit einem Newsletter beantwortet, in dem klare Botschaften an die Mitgliedsunternehmen gesendet wurden: „Wir sind für Sie da. Alle Standorte sind für den Publikumsverkehr geschlossen. Alle Lehrgänge zu Aus- und Weiterbildung finden derzeit nicht statt. Unsere Bürozeiten sind…“

Fakten, Emotionen und Glaubwürdigkeit

Krisenkommunikation in Zeiten von Corona sollte anders aussehen. Jetzt kommt es neben Fakten, Fakten, Fakten ganz besonders auf Emotionen und Glaubwürdigkeit an, auf echte Unterstützung und einem WIR-Gefühl aller Beteiligten. Erste Unternehmen gehen in die Insolvenz, andere fragen sich, wie lange sie den aktuellen Zustand noch durchhalten können. Mitarbeiter werden entlassen, Kurzarbeit angekündigt, Heimarbeit propagiert und alle sozialen Kontakte auf ein Minimum runtergeschraubt. Jede Firma, jede Abteilung, jeder Mitarbeiter hat Angst vor dem Virus und Angst um seine Zukunft, seinen Arbeitsplatz, seine Familie.

Michael Frenzel, früherer Vorstandsvorsitzender von Preussag und des Reisekonzerns TUI hat es in der Süddeutschen Zeitung auf den Punkt gebracht: „In der Krise soll man Ruhe bewahren, einen klaren Kopf behalten, die eigenen Stärken und Chancen analysieren, Verbündete suchen und immer wieder: richtig kommunizieren.“ Als Manager des Jahres und verantwortlicher Unternehmenslenker weiß er die Bedeutung von Kommunikation zu schätzen. Unter „Ruhe bewahren“ versteht er nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern einen klaren Kopf zu behalten, Stärken zu erkennen und Schwächen offen zu benennen. Das setzt Mut voraus und zugleich den Willen, durch strukturiertes Management „vor die Lage“ zu kommen und Schwachstellen oder Gefahren entgegenzutreten, bevor sie zu einer existentiellen Bedrohung werden.

„Gerade in schwierigen Zeiten
suchen Mitarbeiter nach Halt
und Kunden nach Sicherheit.“

Kernbotschaften sind virenresistent

Kommunikation als zentrales Instrument der Unternehmensführung wird oftmals unterschätzt. Doch gerade in schwierigen Zeiten suchen Mitarbeiter nach Halt und Kunden nach Sicherheit. Hier wird Kommunikation zur Chefsache, wobei gerade die Führungskräfte eine zentrale Aufgabe in punkto Vertrauensaufbau und Orientierung haben. So ist jedes Unternehmen in der Lage, auch in Extremsituationen klare Botschaften auszusenden und den Stakeholdern, den Zielgruppen, den Empfängern dieser Nachrichten das Signal zu geben: Wir arbeiten daran, wir sind stark betroffen, aber nicht breitseitig getroffen, wir tun alles zur Zukunftssicherung unseres Unternehmens, unseres Standorts oder unserer Produktionslinien.

Nicht zufällig sendet die Bundesregierung genau diese Signale aus, flankiert von der Deutschen Bundesbank, der Europäischen Zentralbank oder den Wirtschaftsverbänden. Keine Nachrichtensendung, keine Talkrunde kommt ohne Vertreter aus Politik und Wirtschaft aus. Deren klares Ziel ist die Aussendung von Kernbotschaften.

Dieses zentrale Element der Krisenkommunikation sollte am Anfang eines jeden Ereignisses stehen, egal ob es sich um den Brand einer Produktionsanlage, den kompletten Ausfall der IT oder das Coronavirus handelt. Vier bis fünf gut strukturierte Kernbotschaften gehen an Mitarbeiter und externe Partner, finden sich in Pressemeldungen, auf der Webseite oder im Interview wieder. Sie sind das kommunikative Zentrum in der Krise, mit Ihnen lassen sich unzählige Fragen beantworten und den Glauben an das Unternehmen wieder stärken.

Mögliche Kernbotschaften in Zeiten von Corona könnten sein:

  • Wir unterstützen die weitreichenden Beschlüsse von Politik und Behörden.
  • Wir haben vielfältige Maßnahmen zur Eindämmung der Gefahr beschlossen.
  • Wir haben strenge interne Verhaltensvorschriften, dennoch verschärfen wir die internen Maßnahmen.
  • Wir sind kompetent und lösen das Problem in enger Kooperation mit unseren Geschäftspartnern und/oder Arbeitnehmervertretern.
  • Wir sind für Sie da und jederzeit ansprechbar.

 

Krisenstäbe arbeiten transparent

Das organisatorische Zentrum einer Krise – auch einer Pandemie – ist der unternehmensinterne Krisenstab. Hier sitzen Vertreter der Unternehmensleitung neben Fachkräften für Anlagensicherheit und Energieversorgung, IT-Experten, Personalern, Werksärzten oder Kommunikatoren. Und hier werden die wirklich zentralen Fragen behandelt, wie z.B.

  • Welche Betriebe sind von existentieller Bedeutung?
  • Welche Betriebe könnten wegen Personalmangels runtergefahren werden?
  • Welche Schlüsselfunktionen brauchen wir für kontinuierliche Betriebsprozesse?
  • Ist die IT ausgelegt für hunderte Heimarbeitsplätze?
  • Kann die Mitarbeiterverpflegung am Standort aufrechterhalten werden?
  • Welche Lieferanten und Dienstleister sind unverzichtbar?
  • Was tun bei ersten Coronafällen in der Belegschaft?
  • Gibt es ausreichend Schutzausrüstung und woher kommt der Nachschub?
  • Erreichen wir mit den internen Kommunikationskanälen alle Mitarbeiter?
  • Richten wir eine Hotline für Fragen ein? Wer sitzt da mit welchen Informationen?

Pflicht und Kür liegen nahe beisammen. Das Unternehmen, das Management hat die Pflicht zu agieren, Maßnahmen zu treffen und Entwicklungen zu antizipieren. Die Kür ist die Kommunikation der Handlungsfähigkeit, das Vorausdenken und die Aufforderung zum Mitdenken. Transparenz ist der beste Verbündete gegen Zukunftsängste.

„Transparenz ist der beste Verbündete
gegen Zukunftsängste.“

Gute Krisenkommunikation ist schnell, ehrlich, glaubwürdig und vertrauensbildend. Wer hier den Leitsatz von TUI-Chef Michael Frenzen ignoriert wird weder Verbündete finden noch richtig kommunizieren.

ZUR PERSON
Hans-Georg Klose ist Experte für Krisenmanagement und Krisenkommunikation. Klose studierte Kommunikationswissenschaft und Geschichte in München. Journalistische Erfahrung sammelte er beim Bayrischen Rundfunk, dem Südwestfunk, dem ZDF und der Mainzer Allgemeinen Zeitung. Von 1987 bis 1997 war Klose Pressesprecher der Hoechst AG. Von 1997 bis 2009 leitete er bei Clariant die Unternehmenskommunikation Deutschland und Europa. Seit elf Jahren hat er sich als selbstständiger Berater auf strategisches Krisenmanagement und Krisenkommunikation spezialisiert, begleitet präventive Maßnahmen in Unternehmen und unterstützt im Ereignisfall.

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