Anlagenbau & Prozesstechnik

Breakthrough to Excellence

Emersons “Global Users Exchange” setzt Fokus auf Technologie, Anwendung und Networking

20.03.2014 - Emerson Process Management bringt mit seinem „Global Users Exchange" immer wieder führende Vertreter der Prozessindustrie und der Automatisierungstechnik zusammen, um Erfahrungen auszutauschen und bewährte Problemlösungen zu präsentieren.

Vor zwei Jahren fand diese Konferenz für Technik und Management erstmals auf europäischem Boden statt - damals in Düsseldorf. Jetzt steht mit dem Leitthema „Breakthrough to Excellence" erneut ein europäischer Event bevor: vom 1. bis 3. April 2014 in Stuttgart. CHEManager sprach im Vorfeld der Veranstaltung mit Roel van Doren, President, Emerson Process Management, Europe, über aktuelle Trends der Prozessautomatisierung. Das Interview führte Dr. Volker Oestreich.

 CHEManager: Herr van Doren, Begriffe wie Cyber Physical Systems, Smart Grids oder Industrie 4.0 fehlen heute auf keiner Veranstaltung, in der es um industrielle Fertigung und Verarbeitung geht. Was sind aus Ihrer Sicht die heutigen Herausforderungen der prozesstechnischen Industrie?

Roel van Doren: Der Lebenszyklus einer verfahrenstechnischen Anlage - von der Konzeption bis zur Stilllegung - betrifft eine Reihe von Ingenieurdisziplinen und Systemen und durchläuft mehrere Stufen. Emerson spielt dabei als Innovator in der Prozessautomatisierung eine wichtige Rolle.

Über die Jahre stellten wir eine schrittweise Erhöhung des Integrationsgrades der Disziplinen und Systeme, die unsere Kunden implementieren möchten, fest. Es ist jedoch oft der Fall, dass der Einsatz dem technisch Machbaren hinterher hinkt. So können CAE-Tools, die für das Design von Prozessen und Anlagen eingesetzt werden, Daten in die Automations- und Asset-Management-Systeme einfließen lassen, sofern die entsprechende Schnittstelle vorhanden ist.

Solche Schnittstellen sind nicht standardisiert und müssen für jedes Projekt neu entwickelt werden. Diese projektspezifische Entwicklungszeit verlängert die Dauer bis zur Markteinführung und macht es für das Unternehmen schwierig, Datenintegrität über den gesamten Lebenszyklus zu erlangen.

Was macht Emerson Process Management, um diese Lücken bei der Durchgängigkeit zu schließen?

Roel van Doren: Ich glaube, dass die Entwicklung von Standards für Daten und Kommunikation wegweisend sein wird, um das Potenzial der verfügbaren Tools zu nutzen. Unser Dialog mit Verbänden wie der Namur gewährleistet, dass wir uns der Anforderungen bewusst und bereit sind, bei der Entwicklung dieser Standards in vorderster Linie zu stehen.

Ich sehe einen Bereich, wo sich das Blatt wendet und Unternehmen große Vorteile auf andere Art und Weise erzielen. Hier ist nach wie vor das Personal maßgebend. Nicht alles kann man mit Schnittstellen und Datenaustausch bewältigen. Die Anforderungen an unsere Kunden unterliegen einem steten Wandel, und sie brauchen die Flexibilität, darauf reagieren zu können. Sie sprechen Emerson bezüglich einer Lösung an - der Entwicklung einer agilen und effektiven Organisation mit schnelleren und besseren Entscheidungen sowie der Anpassung an die wichtigsten Funktionen. Man bezeichnet dies als „Integrated Operations".

Emerson startete kürzlich die „Integrated Operations Initiative", eine auf Service und Technologie basierende Methodik, die unseren Kunden hilft, State-of-the-Art-Technologien zugunsten einer effektiveren Organisation wirksam einzusetzen.

Eine Schlüsselrolle kommt hierbei dem „Integrated Operations Center", kurz iOps Center, zu. Dieses praxisorientierte Labor für den integrierten Anlagenbetrieb gibt unseren Kunden einen Einblick in die Zukunft und lässt sie dann zusammen mit Emersons iOps-Consultants ihren individuellen Weg dorthin planen.

Welche Rolle spielt dabei der bevorstehende „Emerson Global Users Exchange"?

Roel van Doren: Ich glaube, dass die Konferenz in Stuttgart unseren Anwendern in doppeltem Sinne helfen wird, diese Lücken zu schließen. Zuerst erhalten Teilnehmer, die die Präsentationen sowie die Ausstellung besuchen, einen Einblick, wie Emerson seine Kunden unterstützt, komplizierte Aufgabenstellungen zu lösen. Zweitens gibt es nach zahlreichen Emerson Exchange-Veranstaltungen eine wachsende Anzahl von Kunden und Emerson-Mitarbeitern, die das ganze Jahr über engagiert zusammenarbeiten - nicht nur während dieser dreitägigen Konferenz. Unsere Online-Community Emerson Exchange 365 ist ein wohlfrequentierter Treffpunkt, auch während der Konferenz. Hier können Nutzer, die nicht an der Konferenz teilnehmen, die Events in Stuttgart online verfolgen.

Die primäre Mission des Emerson Exchange ist es, Anwender in die Lage zu versetzen, sich gegenseitig zu helfen. Geplant sind 130 Präsentationen - die Mehrzahl von Anwendern, die ihre persönlichen Erfahrungen bei der Lösung schwierigster Probleme schildern. Es gibt kein besseres Beispiel für einen überzeugenden und realistischen Erfahrungsaustausch als diese Präsentationen.

Um auf Ihre Frage zurückzukommen: In Stuttgart gibt es ein iOps (Integrated Operations) Center inmitten der Solutions Exhibition. Hier können Teilnehmer alles über ihre individuellen Lösungsoptionen erfahren.

 

Können Sie das zum Beispiel am Thema „Leittechnik" konkretisieren - die soll heute ja nicht nur den Prozess sicher regeln und steuern, sondern auch zur effizienten Nutzung der Ressourcen beitragen - oft im Verbund mit MES oder PLM Systemen.

Roel van Doren: Um diese Frage zu beantworten, muss man zunächst die Grenzen des „Prozessleitsystems" definieren. Heute sind die Funktionen eines Prozessleitsystems erweitert auf die Funktionalitäten von Asset-Überwachung und Wartungssystemen. Diese sind in der Regel mit MES-Systemen verbunden, um den Austausch eines Teiles, das kurz vor dem Ausfall steht, zu automatisieren. Oft müssen Verfahren überprüft oder verifiziert werden, um sicher zu stellen, dass ein Prozess geordnet fortfahren kann. Betrachtet man die Asset-Management-Systeme als Teil des „Prozessleitsystems", sind die Verbindungen zwischen dem Leitsystem und dem MES-System eindeutig. Überdies sind MES-Systeme typischerweise mit dem Leitsystem verbunden, wenn routinemäßige Änderungen von Produkt, Produktqualität und -zusammensetzung vorgenommen werden. Dies zum Beispiel, um Kampagnen zu steuern, inklusive einem kompletten automatischen Produktwechsel und Änderungen bezüglich Arbeitsplänen, Verarbeitung und dem Materialeinsatz.

Die damit verbundene Zunahme der Komplexität stellt an die Anlagenfahrer enorme Anforderungen. Wie kann die Mensch-Maschine-Schnittstelle so gestaltet werden, dass der Anlagenfahrer die Übersicht behält, beziehungsweise welche Aufgaben kann das Leitsystem übernehmen, um den Anlagenfahrer zu entlasten?

Roel van Doren: In einer modernen Prozessanlage nimmt für den Bediener Umfang und Grad der Verantwortung kontinuierlich zu. Die Fähigkeit des Menschen zu überwachen und zu reagieren ist jedoch begrenzt. Dies führt zu einem Defizit im Erkennen der Situation und beeinträchtigt die Reaktion in Ausnahmesituationen. Modernes HMI-Design (Human Machine Interface) wirkt diesen Defiziten in einer vorhersagbaren Weise entgegen und verbessert den Prozess.

Die Gesamtsituation verbessert sich dank der Implementierung tiefgreifender Kenntnisse des Prozesses in das HMI. Bisher wurden Grafiken auf Basis eines R&I-Fließschemas generiert. Diese Praxis ist jedoch für den Bediener nicht ideal. Forschungen des „Center for Operator Performance" (operatorperformance.org) lassen eindeutige Vorteile des Designs von Übersichtsdisplays erkennen. Diese Displays zeigen Schlüsselprozesswerte der gesamten Prozessführung auf einem Bildschirm und geben dem Bediener Informationen zum Prozesszustand auf einen Blick.

So kann er beispielsweise mittels einer Kombination von Analog- und Digitalanzeigen den Zustand des Prozesses anhand von visuellen Mustern erkennen. Unser Gehirn kann Muster sehr gut erfassen - schnell, und ohne großen kognitiven Aufwand. Es gibt zahlreiche Beispiele neurowissenschaftlicher Forschung, die gutes HMI-Design vorantreibt.

Die Verbesserung der Leistung in abnormen Situationen wird auch durch die Entwicklung eines HMI erreicht, das Wissen über den Prozess sammelt und dieses Wissen zur Entscheidungsfindung in kritischen Situationen nutzt. Human Centered Design bietet einen großartigen Rahmen für die Erfassung und Präsentation von Prozesswissen. Wissensmanagement erlangt zunehmend Bedeutung im HMI.

Eine weitere Begründung für die Konzeption eines hocheffektiven HMI ist der korrekte Umgang mit Alarmen. Eine übergroße Anzahl von Alarmen kann den Bediener überfordern und ist für eine effektive Überwachung kontraproduktiv. Die Erforschung kognitiver Funktionen zeigt, dass der Mensch lediglich sechs bis acht Informationen in seinem „Arbeitsspeicher" erfassen kann. Daher wird ein gutes HMI eine große Datenmenge vorausschauend in kleinere Portionen zerlegen.

Darüber hinaus kann die Vermeidung von Alarmüberflutung mithilfe der Alarm-Monitoring-Software die Anforderungen an die Aufmerksamkeit des Bedieners in erheblichem Maße mindern. Wir haben Produkte und Praktiken entwickelt, die Anwender bei der Neugestaltung ihres Alarmsystems unterstützen. Wo diese zum Einsatz kamen, konnten wesentliche Verbesserungen in der Bedienerleistung verzeichnet werden.

In etlichen Bereichen der Prozessindustrie - zum Beispiel bei Pharma und Food - spielt die Regulierung eine wichtige Rolle. Wie helfen Sie Ihren Kunden bei der damit verbundenen zusätzlichen Komplexität?

Roel van Doren: Emersons Lösungen helfen unseren Kunden in vielen Fällen bei der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben - zum Beispiel die Audit-Trail-Funktionen für das Änderungsmanagement. Diese gewährleisten die Sicherheit bei bestimmten Aktionen und die Einhaltung der Vorschriften für elektronische Aufzeichnungen und Unterschriften - alles Dinge, die von unseren Lösungen unterstützt werden. Speziell in der pharmazeutischen Industrie müssen wir gewährleisten, dass die richtigen Schritte in der richtigen Reihenfolge erfolgen - manuell oder automatisiert. Die richtige Menge der richtigen Materialien im richtigen Zustand wird dem richtigen Batch zugeführt - mit der richtigen Ausrüstung im richtigen Zustand. Zahlreiche "Richtigs" sind nötig, um alles richtig zu machen! Hinzu kommen Mechanismen zur Minimierung der Produktvariabilität, die Fähigkeit zu verstehen, wann ein komplexer multivariater Prozess außer Kontrolle gerät, und die Vorhersagen kritischer Qualitätsmerkmale in Echtzeit. Dies alles ist relevant für die Anforderungen komplizierter Prozesse in der regulierten Industrie. Schließlich die Fähigkeit, batch-kontextsensitive Prozessdaten zu sammeln und abzurufen, wichtig für die Bewertung und Bewältigung von Änderungen in einem regulierten Umfeld.

 

Gilt dies auch für das Thema Energieeffizienz?

Roel van Doren: Die Gesetzgebung nimmt zunehmend Einfluss auf die Prozessindustrie. Bezüglich der Emissionen brachte die „2013 Emission Trading Scheme (ETS) Phase III" das Energiemanagement in den Fokus der Großverbraucher. Auch die kommende „Energy Efficiency Directive (EED)" erfordert von vielen Anlagenbetreibern regelmäßige Energieaudits, ermuntert sie so zum Einsatz von Energiesparprojekten und der Übernahme von Energiemanagement-Systemen zur nachhaltigen Energieeinsparung.

Energie ist oft der größte kontrollierbare Kostenfaktor. Zuerst gilt es zu verstehen, wo Energie in einer Anlage genutzt und verbraucht wird. Messung, Überwachung und Auswertung des Energieverbrauchs sind der Schlüssel zum Verständnis der Energienutzung - im Gegensatz zu theoretischen oder Benchmark-Energieprofilen. Letztlich können nur auf diesem Wege mögliche Ansatzpunkte zur Energieeinsparung identifiziert werden. Dies beinhaltet auch die Messung und Auswertung der Effektivität laufender Energiesparprojekte.

Emerson hat die Energielösungen, den Sachverstand, die Technologien und die Fähigkeiten, um unsere Kunden in allen Aspekten der EED zu unterstützen - von Messtechnik, Überwachung und Auswertung bis hin zu Lösungen zur Energieeinsparung. Beispielsweise erbrachten unsere Lösungen immense Energieeinsparungen bei TataSteel und MOL. Neben der Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften haben diese Lösungen auch eine langfristige und nachhaltige Kostensenkung ermöglicht.

 

Lassen Sie mich zum Abschluss noch einmal auf meine Eingangsfrage und das damit verbundene Thema der immer stärkeren horizontalen und vertikalen Vernetzung über alle betrieblichen Bereiche zurückkommen: Wie beherrschen Anlagenbetreiber in Zukunft die „Cyber Security"? 

Roel van Doren: Künftig werden Bediener die Cybersicherheit mittels Zusammenarbeit ihrer für das Prozessleitsystem verantwortlichen Sicherheitsexperten mit den Business-IT-Sicherheitsorganisationen überwachen. Dies erlaubt Sicherheitslösungen, die sowohl die Prozessverfügbarkeit der Betreiber als auch die Sicherheitsanforderungen der IT-Organisation erfüllen.

Diese beiden Sicherheitsteams haben unterschiedliche Erfahrungen, Kompetenzen und Ziele. Auf den ersten Blick scheinen ihre Zielsetzungen gegensätzlich zu sein, doch wenn sie erst einmal die „Welt des Anderen" verstanden haben, sind sie in der Lage, gut miteinander zu kooperieren. Emersons Sicherheitsberater vereinen ihr umfangreiches Wissen über Leitsysteme mit ihren Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit den IT-Teams der Kunden.

Auf der Exchange werden verschiedene Präsentationen zur Cyber Security sowie eine Meet the Experts Session zu erleben sein. Ich vermute, dass dies eine der bestbesuchten Veranstaltungen der Konferenz sein wird.

Herr van Doren, ich bedanke mich für das Interview und wünsche Ihnen viel Erfolg mit dem bevorstehenden „Emerson Global Users Exchange"!

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