Strategie & Management

Chemie für eine nachhaltige Zukunft durch digitale Transformation bei BASF

Digitalisierung als Treiber für Innovationen

16.08.2023 - Nur durch die Nutzung neuer Technologien kann die chemische Industrie innovations- und wettbewerbsfähig bleiben.

Digitalisierung ist für Christoph Wegner, President Global Digital Services bei BASF, der zentrale Enabler für Wertschöpfungsketten und Produkte mit niedrigem oder keinem CO2-Fußabdruck. Stefan Gürtzgen befragte ihn im Rahmen der CHEManager-Serie über die Digitalisierung namhafter Chemie- und Pharmaunternehmen zu den Potenzialen und Erfolgsfaktoren der digitalen Transformation.

CHEManager: Herr Wegner, inwieweit unterstützt die Digitalisierung den Unternehmenszweck und die zukünftige Ausrichtung Ihres Unternehmens?

Christoph Wegner: Digitalisierung ist ein wesentliches Element unserer Unternehmensstrategie und -kultur bei BASF. Nur durch den Einsatz von digitalen Lösungen können wir unseren Unternehmenszweck erreichen, nämlich Chemie für eine nachhaltige Zukunft zu schaffen. Mit den Innovationen aus der Chemie lassen sich viele Herausforderungen unserer Zeit meistern – vom Klimawandel über Ressourcenknappheit bis hin zur Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung. Die Transformation hin zu Wertschöpfungsketten und Produkten mit niedrigem oder keinem CO2-Fußabdruck wird uns im Wettbewerb erfolgreich machen. Dafür ist die Digitalisierung der zentrale Enabler, sei es für nachhaltige Innovationen in der Chemie, für mehr Effizienz entlang der Wertschöpfungsketten, für neue Geschäftsmodelle oder für einen besseren Kundenservice.

Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten Potenziale innerhalb Ihrer Geschäftsaktivitäten?

C. Wegner: Ein zentrales Thema für uns ist es, unseren Kunden eine nahtlose digitale Erfahrung zu bieten. Lösungen unter dem Dach einer sogenannten „Seamless Customer Experience“ helfen uns zum einen, unsere Geschäftsziele effizient zu verfolgen und die Zusammenarbeit von Kollegen aus Vertrieb, Marketing und Kundenservice zu vereinfachen. Zum anderen können wir damit auch die Bedarfe der Kunden zielgerichteter bedienen. Wir setzen hier etwa verschiedene virtuelle Assistenten ein, mit deren Hilfe zum Beispiel Tausende von Dokumenten schnell durchsucht, die beste Kombination von Inhaltsstoffen für eine Formulierung gefunden und gleichzeitig die Daten zum CO2-Fußabdruck angefordert werden können. Indem wir unsere Kunden mit verlässlichen Daten unterstützen, können sie ihre Stellschrauben zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen identifizieren.

Für die Kundenzufriedenheit sind natürlich die Lieferketten ein entscheidender Hebel. Deshalb arbeiten wir derzeit an einer Lösung für die BASF-Gruppe, die eine integrierte Planung und Entscheidungsfindung über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg ermöglicht. Damit können wir auch die Synergien unseres Verbundes noch besser nutzen und Schwankungen vorausschauender managen.

 

„Schon bald wird Generative AI [...] so normal sein wie heute Outlook oder MS Teams.“

 

Gibt es Technologien, auf die Sie besondere Schwerpunkte legen?

C. Wegner: Nur durch die Nutzung neuer Technologien kann die chemische Industrie innovations- und wettbewerbsfähig bleiben. Wir entwickeln und wenden verschiedene Technologien an, wie beispielsweise künstliche Intelligenz, Quantencomputing, Augmented Reality in der Produktion oder Blockchain zur Abwicklung von Supply-Chain-Prozessen. KI-Lösungen setzen wir in allen Bereichen des Tagesgeschäfts ein, also zum Beispiel in der Produktion, im Engineering oder in der Forschung und Entwicklung. Lange schon beschäftigen wir uns mit wissenschaftlichem Hochleistungsrechnen und haben im Mai dieses Jahres einen neuen Supercomputer in Betrieb genommen. Damit investiert BASF in die nächste Generation von Rechentechnologien, da künftig immer mehr Rechenleistung in Forschung und Business benötigt wird. Diese Investition sichert uns eine einzigartige Ausgangsposition, um Next Generation Computing wie Quantencomputing nutzen zu können.

Wie bringen Sie die Digitalisierung voran?

C. Wegner: Um die strategische Weiterentwicklung und Steuerung der Digitalisierung weltweit zu stärken, ist bei BASF seit einigen Jahren die Rolle des Chief Digital Officer auf Vorstandsebene verankert. Ein Digital Steering Council entwickelt die gruppenweite Roadmap kontinuierlich weiter und steuert deren Umsetzung. Gleichzeitig hat jeder Bereich seinen eigenen Digital Officer und seinen eigenen Fahrplan. Denn manche digitalen Lösungen und Fähigkeiten sind für den einen Bereich äußerst wichtig, für einen anderen jedoch nicht, deshalb differenzieren wir hier.

Unterstützt werden die Digital Officers vom Bereich Global Digital Services, in dem die Kernkompetenzen zu Digitalisierung und IT gebündelt sind. Um die besten digitalen Talente für uns zu gewinnen, haben wir Hubs an strategischen Standorten aufgebaut. Dort werden entweder in globalen, cross-funktionalen Teams Lösungen für die BASF-Gruppe entwickelt und betrieben oder digitale Services für eine Region mit spezifischen lokalen Anforderungen erbracht.

 

„Nur durch die Nutzung neuer Technologien kann die chemische Industrie innovations- und wettbewerbsfähig bleiben.“

 

Welches sind besonders kritische Erfolgsfaktoren?

C. Wegner: Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Datenverfügbarkeit. Sie ist die notwendige Voraussetzung für die reibungslose Abwicklung und Automatisierung von operativen Prozessen, bei der Erstellung von Analysen und Vorhersagen oder zur Nutzung in Algorithmen als Basis für künstliche Intelligenz. Um die Datenverfügbarkeit zu verbessern, arbeiten wir daran, das Zusammenspiel verschiedener Komponenten zu optimieren sowie die dazu notwendigen Prozesse, die Architektur und Trainingsbedarfe zu überarbeiten, zu ergänzen oder einzuführen.

Neben dem Datenmanagement in unserem eigenen Unternehmen werden auch Ökosysteme wie zum Beispiel das Catena-X-Automo­tive-Netzwerk immer wichtiger. Hier wollen die beteiligten Unternehmen durch standardisierte Informations- und Datenverfügbarkeit die Effizienz in der industriespezifischen Zusammenarbeit verbessern sowie Unternehmensprozesse flächendeckend beschleunigen.

Doch nicht nur Technologien sind entscheidend für die digitale Transformation. Für unsere Beschäftigten müssen wir den digitalen Wandel so konkret wie möglich machen, möglichst viele Menschen dafür begeistern und ihre digitalen Fähigkeiten stärken. Wenn unsere Kollegen die Vorteile und Grenzen verstehen, probieren sie neue Tools aus und nutzen sie wertschaffend. Dafür bieten wir verschiedene Trainings und Initiativen an. Im Rahmen unserer Citizen-Development-Initiative kann jeder bei BASF auch ohne Programmierkenntnisse eine App entwickeln, zum Beispiel für das Automatisierungs- und Workflow-Management.

Wo sehen Sie IBASF in puncto Digitalisierung in fünf Jahren?

C. Wegner: Wenn ich mir die Geschwindigkeit anschaue, mit der sich die Digitalisierung derzeit entwickelt, erscheinen mir fünf Jahre gerade sehr lang! Ich sehe BASF jedoch gut aufgestellt, sowohl kurzfristig als auch auf längere Sicht. Beispiel Quantum Computing: Hier beteiligen wir uns schon seit einigen Jahren an zahlreichen Quantencomputer-Ökosystemen, um mit verschiedenen Partnern rund um den Globus zusammenzuarbeiten. Oder Generative-AI-Lösungen, wie sie derzeit in aller Munde sind: Wir haben bereits vor dem ChatGPT-­Hype verschiedene Ideation Campaigns gestartet und setzen gerade die ersten Piloten um. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, diese Lösungen in die Breite der Belegschaft zu bringen, wie zum Beispiel mit ChatBASF, wo wir das Large Language Model von OpenAI in unsere sichere Cloud-Umgebung integrieren. Schon bald wird ­Generative AI für unsere Kollegen so normal sein wie heute Outlook oder MS Teams.

„Nur durch den Einsatz von digitalen Lösungen können wir Chemie für eine nachhaltige Zukunft schaffen.“

 

Zur Person

Christoph Wegner (53) promovierte in Chemie an der Universität Göttingen und trat 1997 in die BASF ein. Nach beruflichen Stationen u.a. in der Forschung, im Planning & Controlling sowie in Marketing und Vertrieb verschiedener Unternehmensbereiche übernahm er als President die Einheit Supply Chain Operations & Information Services und leitet seit Anfang 2019 den Bereich Global Digital Services. In dieser Funktion berichtet er an Dirk Elvermann, Finanzvorstand (CFO) und Chief Digital Officer (CDO) der BASF.

 

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