Forschung & Innovation

In fünf Schritten zu digitalen GMP-Prozessen

Modernisierung der Pharmaproduktion

02.04.2024 - In vielen Laboren werden Vorbereitung und Dokumentation des Qualitäts­managements noch per Zettel und Stift durchgeführt. Das kostet Zeit, Geld und Ressourcen. So gelingt der Umstieg auf App & Co.

Die Herstellung von pharmazeutischen Produkten erfordert nicht nur höchste Präzision, sondern auch die strikte Einhaltung von Qualitätsstandards. Die Guten Herstellungspraktiken (GMP) sind dabei ein entscheidender Qualitätsstandard, um die Sicherheit und Wirksamkeit von Medikamenten zu gewährleisten. Die sehr kleinteiligen und weitgehenden Vorschriften führen zu einem hohen Aufwand bei der Umsetzung und Dokumentation von Produktionsprozessen in der pharmazeutischen Industrie. Trotzdem müssen sie präzise eingehalten werden, um höchste Produktsicherheit zu garantieren. Verstöße gegen GMP-Richtlinien können schwerwiegende Konsequenzen haben, von empfindlichen Geldstrafen bis hin zur Schließung des Labors. Daher ist eine präzise Dokumentation jedes Schrittes besonders wichtig. Werden dabei zeitaufwendige Abläufe von „analog“ auf „digital“ umgestellt, können nicht nur Zeit und Kosten eingespart werden – die Dokumentation wird auch erheblich weniger fehleranfällig.

Datenintegrität, Schulungsplanung, ­Dokumentation

Moderne Softwarelösungen ermöglichen es Pharmaunternehmen, ein vollständig vernetztes, skalierbares und zukunftssicheres Qualitäts­managementsystem zu implementieren.

Gleich mehrere wichtige Aufgaben, die sich bei der Pharmaproduktion entlang von GMP-Standards stellen, werden damit deutlich einfacher:

  • Datenintegrität: Ein zentrales Anliegen in der Pharma-Produktion ist die Gewährleistung der Datenintegrität. Passende IT-Anwendungen bieten hier eine lückenlose Zugriffskontrolle, die sämtliche Änderungen an Datensätzen oder Dokumenten detailliert festhält. Dies beinhaltet Informationen wie Datum, Uhrzeit, Benutzername und Arbeitsstation, um genau nachvollziehen zu können, wer wann und wo, welche Änderungen durchgeführt hat.
  • Schulungsplanung und -dokumentation: Gemäß den Anforderungen des Gesetzgebers ist die effiziente Schulungsplanung und -dokumentation aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Aufgaben in den Produktionsbereichen oder in Kontrolllaboratorien ausführen, entscheidend. Für das Qualitätsmanagement entwickelte Software-Anwendungen unterstützen hierbei. Sie ermöglichen die strukturierte Schulungsplanung sowie eine Bedarfsermittlung, was insbesondere vor oder im Rahmen von GMP-Inspektionen wichtig ist. Die Software bietet die Möglichkeit, den Ausbildungsstand der Mitarbeiter nachzuvollziehen und für jeden einzelnen nachzuweisen. Durch leistungsfähige Reports können Unternehmen jederzeit etwaige GMP-Schulungsdefizite identifizieren und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
  • Individuelle Anpassung: Modulare Software-Konzepte erlauben die individuelle Anpassung von Feldern, Masken und Datenstrukturen. Dies gewährleistet, dass auch zukünftige Updates reibungslos und ­validiert erfolgen können.
  • Automatisierte Dokumentation: Der Gesetzgeber hat zahlreiche Anforderungen in den Bereichen Dokumentation und Signatur bei GMP-Prozessen festgelegt. Mit geeigneten IT-Anwendungen können diese Anforderungen systematisch und weitgehend automatisiert durchgeführt werden.

Durch die Integration von Datenmanagement, Schulungsplanung und Dokumentation wird eine ganzheitliche und transparente Qualitäts­sicherung gewährleistet.

 

Qualitätsmanagement per Zettel und Stift ist noch oft an der Tagesordnung

Trotz der zahlreichen Vorteile digitalisierter Ab­läufe setzen viele pharmazeutische Labore bei den Produktionsabläufen immer noch auf traditionelle Wege mit Zettel, Stift und Excellisten. Dadurch werden viele Prozesse langwierig und binden unnötige personelle Ressourcen. Letzteres ist vor allem angesichts des Fachkräftemangels ein Problem.

Diese Schritte können Labore gehen, um GMP-Prozesse zu digitalisieren und Abläufe damit schneller, effizienter und rechtssicherer zu machen:

  1. Daten als Grundlage
    Eine reibungslos laufende Dateninfrastruktur ist der Schlüssel zum Erfolg bei der Digitalisierung. Dabei kommt es auf eine nahtlose Verknüpfung von Backend- und Frontend-Anwendungen an, um eine kontinuierliche Datenerfassung und -auswertung zu ermöglichen. Ein zuverlässiger Datenbestand bildet die Grundlage für die Gewährleistung der Prozessqualität.
    Dabei geht es nicht nur darum, Daten zu sammeln – sondern auch darum sicherzustellen, dass sie stets verfügbar und ortsunabhängig zugänglich sind. Ein smart organisierter solider Datenbestand wird so die Basis für eine präzise Prozesssteuerung und -optimierung. Die automatisierte Auswertung von Daten ist ein weiterer wichtiger Vorteil der Digitalisierung. Sie ermöglicht eine erhebliche Zeitersparnis bei der Analyse von Daten und unterstützt eine effiziente Planung. Darüber hinaus verbessert sie die Fehleranalyse und reduziert den Zeitaufwand für Checks erheblich. Durch präzise Datenerfassung und zuverlässige Archivierung wird die Qualitätssicherung weiter optimiert.
  2. Mobile Endgeräte
    Die Integration mobiler Endgeräte spielt eine zentrale Rolle bei der Automatisierung von Aufgaben in der pharmazeutischen Produktion. Mitarbeitende die durch Smartphones begleitet werden, können von überall im Labor Daten erheben, dokumentieren, oder Auftragstickets in Echtzeit auslösen. Moderne Anwendungen, wie die in der Branche häufig eingesetzte QM-Software e-QSS, setzen dabei auf benutzerfreundliche und intuitiv bedienbare Oberflächen, um die Akzeptanz bei der Nutzung mobiler Endgeräte zu erhöhen. Durch den Einsatz von Smartphones wird nicht nur die Flexibilität in der Durchführung von Aufgaben erhöht, sondern auch die Reaktionszeit bei auftretenden Problemen deutlich minimiert. Eine Echtzeitkommunikation zwischen Mitarbeitern und IT-System trägt dazu bei, dass Entscheidungen schneller getroffen werden können; was sich unmittelbar auf die Effizienz und Qualität der Produktionsprozesse auswirkt.
  3. Abläufe in Echtzeit
    Durch die schnellere Reaktion lassen sich Ausfallzeiten in der Produktion reduzieren, was wiederum zu Effizienzsteigerungen führt. Die Echtzeitauswertung von Daten mithilfe digitaler Tools ermöglicht die schnelle Identifizierung von Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Werten bei Produktionsabläufen.
    Hierbei spielt spezialisierte Qualitätsmanagement-Software eine entscheidende Rolle. Sie ermöglicht die Verknüpfung von Daten im Backend und ihre präzise Auswertung. Dadurch kann auch ein System der „vorausschauenden Wartung“ ermöglicht werden. Der rechtzeitige Austausch von Maschinen-Bauteilen etwa wird somit schon dann möglich, bevor es zu schwerwiegenden Problemen kommt. Auch die Fernunterstützung von Technikern bei komplexen Inspektions- Wartungs- und Reparaturvorgängen wird auf diesem Weg viel leichter. Intelligente Endgeräte ermöglichen Videoanrufe und Augmented Reality-Anwendungen. Reisezeiten und -kosten werden dadurch reduziert: Ein Pluspunkt für mehr Nachhaltigkeit in der Produktion.
  4.  Einsatz von Apps
    Der gezielte Einsatz von Apps, sei es durch die Nutzung bestehender Anwendungen oder die Entwicklung speziell angepasster Lösungen verändert die pharmazeutische Produktion nach GMP-Standards deutlich. Im Vergleich zu traditionellen Checklisten und Papierdokumentationen bieten diese Apps eine flexible und detaillierte Planung von Herstellungsprozessen, Kontrollgängen und Problem-Management. Labore können bspw. auf marktgängige Anwendungen zurückgreifen und diese für ihren individuellen Bedarf anpassen lassen. Intuitiv gestaltete Oberflächen oder interaktive Formulare sorgen für eine hohe Benutzerfreundlichkeit – was wiederum die Anfälligkeit für Fehler reduziert. Durch die digitale Optimierung sämtlicher Prozessschritte wird eine konstante Servicequalität gewährleistet. Risiken wie beispielsweise Arbeitsunterbrechungen werden erheblich gesenkt. Bei der Auswahl der richtigen Anwendungen ist Sorgfalt gefragt. Unternehmen sollten darauf achten, bei der Umstellung auf digitale Prozesse eine manipulationssichere Software zu verwenden. Nur so wird die Sicherheit sämtlicher Abläufe auch IT-seitig garantiert.
  5. Dienstleistersteuerung durch digitale Vernetzung
    Die Vernetzung von Auftraggebern und Dienstleistern entlang digitaler Schnittstellen vereinfacht die Koordination und Transparenz von Serviceleistungen (z. B. Reinigung, Wartung, Reparatur) erheblich. Die Integration sämtlicher Dienstleister in eine zentrale Software ermöglicht es dem Auftraggeber, Daten sofort abzurufen, Kennziffern zu vergleichen und Abläufe zu optimieren. Diese digitale Vernetzung bietet nicht nur eine verbesserte Steuerung von Dienstleistungen, sondern auch eine transparente Dokumentation der erbrachten Leistungen in Echtzeit. Auch hier gilt wieder: Die Überwachung und die Qualitätssicherung der Dienstleistungen ermöglichen es dem Auftraggeber, schnell auf auftretende Probleme zu reagieren.

Effizienz und Sicherheit von GMP-Prozessen werden durch den Einsatz von Qualitätsmanagement-Software in der pharmazeutischen Produktion deutlich schlanker und schneller. Jeder Schritt, sei er auch noch so klein, wird präzise erfasst. Dies ermöglicht nicht nur eine lückenlose Nachverfolgung, sondern auch eine schnellere Auswertung der Daten. Fehler werden sofort erkannt und behoben, die Produktionssicherheit wird erhöht. Ein weiterer, häufig übersehener, Aspekt der Digitalisierung ist die Möglichkeit, die Fachkräfte­lücke zu schließen oder zumindest zu verkleinern. Durch die Automatisierung von Abläufen können wiederkehrende Aufgaben, die bisher von Menschen ausgeführt wurden, durch Software und Apps übernommen werden. Das spart Zeit ein und setzt Ressourcen frei. Aufgaben werden dann innerhalb der Belegschaft eines Unternehmens besser und sinnvoller verteilt. Fachkräfte konzentrieren sich auf anspruchsvolle und komplexe Aufgaben, während IT-Systeme routinemäßige Prozesse übernehmen. Dies führt nicht nur zu einer Effizienzsteigerung, sondern auch zu einer Reduzierung des Bedarfs an neuen Mitarbeitern.

Insgesamt bietet die Digitalisierung von Prozessen in der pharmazeutischen Produktion eine Vielzahl von Vorteilen. Durch den Einsatz zertifizierter Software und die Nutzung moderner IT-Tools können Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern und den Anforderungen des Marktes noch besser gerecht werden.

Autoren: Eva Neumann, Oswald Neumann, Neumann & Neumann Software und Beratungs GmbH, Steingaden

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