Anlagenbau & Prozesstechnik

Herstellung eines natürlichen Biostabilisators als Ersatz für Formaldehyd

Nachhaltige und sichere Chemieprodukte- und Prozesse für die Zuckerindustrie

06.06.2023 - Mit der seit Anfang 2023 geltenden EU-Richtlinie über die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Substitutionsprüfung für Gefahrstoffe, steigen auch für Unternehmen in Deutschland die Anforderungen hinsichtlich einer grünen Transformation und sicheren Arbeitsumgebung.

Die ­Chemiebranche sieht sich als einer der energieintensivsten Industriezweige und durch den Einsatz gefährlicher Chemikalien ebenfalls mit den Herausforderungen konfrontiert.

Trotz der Inflation und steigenden Preisen nimmt das Thema Nachhaltigkeit im gesellschaftlichen Diskurs weiter an Fahrt auf. Die Entwicklung nachhaltiger Produkte und alternativer Einsatzstoffe sowie eine Verbesserung bestehender Prozesse werden unumgänglich.

Bei der Lebensmittelproduktion können Schadstoffe vorkommen, die sowohl den Prozess als auch das Endprodukt negativ beeinträchtigen. So wird in Zuckerfabriken während des Herstellungsprozesses häufig Formalde­hyd eingesetzt, um Bakterien zu bekämpfen und die Milchsäureentwicklung zu kontrollieren. Bei Formaldehyd handelt es sich um eine hochgiftige Chemikalie, die zu Problemen bei der Handhabung am Arbeitsplatz und der Gesundheit der Mitarbeitenden führt. Ein alternativer Einsatzstoff wurde benötigt, um die bestehenden Risiken zu minimieren und die toxische Belastung der Umwelt zu reduzieren.

Ersatz für Formaldehyd

Durch einen natürlichen Biostabilisator, Defostab 220, existiert seit einigen Jahren ein sicherer Verarbeitungshilfsstoff für die konventionelle und biologische Zuckerproduktion. Bei dem Produkt kommen natürlich gewonnene Harze zum Einsatz, da diese bei der Verringerung von grampositiven Bakteriengruppen unterstützen und keine Gefahr beim Konsum darstellen. Die Harze werden zu Beginn des Extraktionsprozesses beim Herauslösen des Zuckers und Milchzuckerstoffes aus den geschnittenen Zuckerrüben eingesetzt. Der natürliche Biostabilisator trägt so zur Kon­trolle des Milchsäuregehalts in den verschiedenen Stadien der Produktion bei, wodurch Zuckerverluste reduziertwerden können und der alternative Einsatz von Formaldehyd obsolet wird.

Der Bio-Stabilisator wird bereits von einigen Zuckerfabriken in Europa eingesetzt und zeigt in der Verwendung positive Ergebnisse: Eine Zuckerfabrik, die täglich 9.000 t Rüben verarbeitet, dosierte bei jeder Schockdosierung alle sechs Stunden etwa 50 l Defostab 2020. Mit Hilfe des Biostabilisators gelang es der Fabrik, den Milchsäuregehalt unter dem gewünschten Grenzwert von 500 ppm zu halten.
Natürlicher Bioentschäumer für den ­ökologischen Landbau
Bei der Zuckerherstellung können zudem Verunreinigungen aus dem Boden und den Rüben zu einer erhöhten Schaumbildung beitragen. Diese wiederum führt zu Beeinträchtigungen innerhalb der Produktion wie etwa:

  • höhere Energiekosten,
  • verringerte Tankkapazität,
  • Materialverlust,
  • ineffiziente Ablagerung,
  • ein langsamerer Verdampfungs- und Kristal­lisationsprozess, was zu einem höheren Energieverbrauch führt
  • sowie zusätzliche Ausfallzeiten durch die Reinigung der Anlagen.

Zur Vermeidung dieser negativen Auswirkungen müssen Entschäumer und Prozesshilfsmittel eingesetzt werden. Diese müssen jedoch den speziellen EU-Vorschriften für eine ökologische Erzeugung und Verarbeitung von Zuckerrüben entsprechen.

Der Chemieanbieter Levaco Chemicals hat innerhalb der letzten Jahre intensive Forschung in diesem Bereich betrieben und einen für den ökologischen Landbau geeigneten biobasierten Entschäumer entwickelt. Der Bio-Entschäumer Defospum Bio BZ ist aus verschiedenen Pflanzenölen hergestellt und ist frei von toxikologisch bedenklichen Inhaltsstoffen. Er kann als Universalentschäumer in allen Prozessen in der Zuckerfabrik eingesetzt werden. Der Bioentschäumer wird in den meisten Zuckerfabriken mit Bio-Zertifikat innerhalb Europas bereits eingesetzt.
 

Ausblick auf eine Transformation zu nachhaltigen Chemieprodukten

Die Chemieindustrie zählt zu den wichtigsten und innovativsten Branchen in Deutschland und nimmt eine Schlüsselrolle bei der nachhaltigen Transformation ein. Chemikalien kommen bei vielen Produkten und Prozessen zum Einsatz, die Exposition gegenüber gefährlichen Chemikalien kann jedoch zu erheblichen Schäden der menschlichen Gesundheit sowie der Umwelt und des Ökosystems führen.

Auf Grund dessen wird es – vor allem durch Impulse der EU – zu strenger gefassten Richtlinien kommen. Durch Substitutionspflichten, enger gesetzte Grenzwerte für Toxizität sowie eine größere Überwachung des Imports von Chemikalien, die außerhalb der EU produziert werden, ist eine Neubewertung der gesamten Wertschöpfungskette erforderlich. Das macht die Notwendigkeit für nachhaltige Produktinnovationen noch präsenter und stellt die Industrie insgesamt vor große Herausforderungen.

Angesichts der weltweit schnell wachsenden Produktion von Chemikalien, müssen die Entwicklung und der Einsatz von nachhaltigen Produkten sowie umweltfreundlichen Prozessen fest in der Unternehmensphilosophie verankert und geeignete Rahmenbedingungen zur Umsetzung geschaffen sein. Gleichzeitig ist es jedoch auch wichtig, dass die Neugestaltung der Richtlinien durch offizielle Stellen in Zusammenarbeit und im Dialog mit der gesamten Chemiebrache erfolgt. Nur so können die Machbarkeit für die Industrie gewährleistet und positive Effekte durch die gesetzten Impulse erzielt werden. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass die Branche mit ersten gemeinsamen Initiativen (z. B. TFS) versucht, geeignete Prozesse und Produkte ins Leben zu rufen. Aufgrund fehlender beziehungsweise nicht ausreichend ausgereifter Leitlinien sind viele Nachhaltigkeitsinitiativen bislang jedoch noch wenig wirksam. Gerade der Mittelstand benötigt hier seitens der Politik Unterstützung, um diese Transformation zusätzlich zum „normalen“ Tagesgeschäfts meistern zu können.

Der Autor: Marius Mühlenberg, Geschäftsführer, Levaco Chemicals

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