Märkte & Unternehmen

Innovative Ideen kreieren, neue Märkte schaffen

Asahi Kasei baut Europazentrale in Düsseldorf zum Innovationszentrum der Materials-Sparte aus

13.03.2021 - Als Geschäftsführer von Asahi Kasei Europe implementierte Hideki Tsutsumi die Wachstumsstrategie des japanischen Chemiekonzerns in Europa.

Mitte 2016 hatte der japanische Chemiekonzern Asahi Kasei seine Europazentrale eröffnet. Nun hat Asahi Kasei Europe (AKEU) ein neues Domizil im Düsseldorfer Medienhafen (siehe Seite 7) bezogen, von wo künftig sämtliche europäischen Tätigkeiten des Geschäftsbereichs Materials gesteuert werden. Hideki Tsutsumi implementierte die Wachstumsstrategie in den letzten Jahren als Geschäftsführer von Asahi Kasei Europe. Michael Reubold befragte ihn zum aktuellen Stand und den weiteren Zielen.

CHEManager: Herr Tsutsumi, mit der Gründung der Europazentrale 2016 hat sich Asahi Kasei ehrgeizige Ziele gesetzt, um seine europäischen Aktivitäten auszuweiten. Ist Ihre Wachstumsstrategie aufgegangen?

Hideki Tsutsumi: Die Gründung von Asahi Kasei Europe im Jahr 2016 war ein wichtiger Baustein unseres Strategieplans „C‘s for tomorrow 2018“, in dem wir die Ausweitung unserer Aktivitäten auf dem europäischen Markt beschlossen haben. Unser Ziel ist die Verdreifachung des globalen Umsatzes bis 2025. Um das zu erreichen, wird der europäische Markt – und hier insbesondere die Automobilindustrie – eine wichtige Rolle spielen. Ich erinnere mich noch genau, als ich im April 2016 nach Deutschland kam – nur eine halbe Etage in unserem alten Büro am Seestern war belegt. In diesen fünf Jahren haben wir viel erreicht und gute Kontakte zu den europäischen Automobilherstellern aufgebaut. Also ja, unsere Strategie ist auf dem richtigen Weg.

Der Fokus Ihrer europäischen Aktivitäten liegt auf dem Geschäftsbereich Materials, der insbesondere die Automobilindustrie mit Werkstofflösungen beliefert. Wie hat sich der Strukturwandel der Autobranche auf Ihr Geschäft ausgewirkt?

H. Tsutsumi: Die Automobilindustrie durchläuft derzeit einen großen Wandel. Wir beobachten, dass die traditionelle Zulieferstruktur von Tier-3 bis zum OEM aufbricht und dynamischer wird. Die Mobilität selbst verändert sich und damit auch die Anforderungen einer mittlerweile stark vernetzten Gesellschaft an die Fahrzeuge.
Für Automobilhersteller, die versuchen, sich in einer komplexen Welt zu differenzieren, ist es inzwischen deutlich schwieriger, die Endkunden zu überzeugen und positiv zu überraschen. Dies kann nicht top-down gelöst werden, sondern erfordert einen dynamischen und offenen Austausch innerhalb des gesamten Ökosystems. Umweltauf­lagen verschärfen sich zunehmend und die Bedürfnisse der Fahrzeugnutzer ändern sich, auch durch die Covid-19 Pandemie. Neue Materialien und innovative Lösungen für den Antriebsstrang, aber auch für den Fahrzeuginnenraum sind sehr gefragt. Diese dynamische Entwicklung ist natürlich eine Herausforderung für die gesamte Branche, aber wir sehen sie auch als große Chance.
Asahi Kasei bietet der Automobilindustrie ein breites Portfolio an Lösungen, vom synthetischen Kautschuk für kraftstoffeffiziente Reifen über Partikelschäume und Separatoren für Lithium-Ionen-Fahrzeugbatterien bis hin zu elektronischen Komponenten wie Audio-D/A-Wandlern und Gassensoren, die für kristallklaren Premium-Sound und ­sichere Luft im Fahrzeuginnenraum sorgen.
Mit unserer breiten Produktpalette unter einem Dach sind wir in der Lage, neue Perspektiven, Möglichkeiten der Systemintegration und Synergien zwischen verschiedenen Materialien und Technologien zu erschließen.

Welches sind die wichtigsten Trends in der Automobilindustrie, die AKEU mit innovativen Technologien bedienen kann?

H. Tsutsumi: Die Antriebstechnologie war das bestimmende Thema der letzten Dekade. Sicherlich wird diese Reise weitergehen, aber heutzutage braucht es viel mehr als einen effizienten Antrieb, um Fahrer zu begeistern und zu überzeugen, sich für ein bestimmtes Auto zu entscheiden. In den Jahren rückte der Innenraum zunehmend in den Fokus.
Während die öffentlichen Verkehrsmittel unter Covid-19 leiden, hat das private Auto wieder an Bedeutung gewonnen – als mobiler Ort der Sicherheit und des Komforts. Dies war auch ein Ergebnis der letzten Umfrage, die Asahi Kasei Europe Ende 2020 in den vier großen Automobilmärkten Deutschland, China, USA und Japan durchgeführt hat: Der automobile Innenraum wird immer wichtiger und die aktuelle Pandemie fügt diesem ohnehin schon sehr komplexen Thema eine neue Ebene hinzu. Weltweit steigt der Wunsch der Autonutzer nach nachhaltigen Oberflächenmaterialien, die pflegeleicht sind und idealerweise antimikrobielle Eigenschaften bieten. Darüber hinaus steigt der Bedarf an Konzepten und Technologien, die zu einer sauberen und sicheren Luft im Innenraum oder zu einer drastischen Reduzierung von unangenehmen Gerüchen und Geräuschen während der Fahrt beitragen.
 

„Für uns geht es nicht nur um das Gewinnen
von Marktanteilen, sondern auch um die Schaffung neuer Märkte.“

 


Konnten Sie Asahi Kaseis Innovationskraft als Hebel anwenden, um mit den europäischen Automobilherstellern ins Geschäft zu kommen und Marktanteile zu gewinnen?

H. Tsutsumi: Es ist es noch zu früh, um das zu sagen. Wir sprechen mit allen großen europäischen Automobilherstellern und machen die Erfahrung, dass wir mit unserem einzigartigen Portfolio gut aufgestellt sind und wichtige Problembereiche unserer Kunden adressieren. Generell ist der Markt sehr dynamisch und es gibt ständig neue Innovationen und Anwendungen. Für uns geht es daher nicht nur um das Gewinnen von Marktanteilen, sondern auch um die Schaffung neuer Märkte.


Welche Rolle spielte dabei die Eröffnung von AKEUs F&E-Zentrum im Chempark Dormagen?

H. Tsutsumi: Bei der Gründung von AKEU haben wir klar das Ziel verfolgt, unser Partnernetzwerk auch durch den Aufbau einer lokalen Entwicklung und eines technischen Service zu stärken. Die Eröffnung des R&D Centers in Dormagen war der logische nächste Schritt, um die nötige Infrastruktur dafür zu schaffen. Es ist das erste und einzige R&D Center von Asahi Kasei außerhalb von Japan und damit ein sehr starkes Bekenntnis zum Standort Deutschland.

Nun ziehen Sie die Geschäftsfunktionen und die F&E-Aktivitäten in der neuen Europazentrale zusammen. Was versprechen Sie sich davon?

H. Tsutsumi: Ich habe bereits erwähnt, dass das AKEU R&D Center das erste und einzige außerhalb von Japan ist. Durch die Konsolidierung aller Funktionen von AKEU im Düsseldorfer Hafen sind wir das einzige Asahi Kasei-Unternehmen weltweit, in dem Vertrieb, Marketing, Logistik, technischer Support und R&D an einem einzigen Standort vereint sind.
Die Pandemie hat uns zwar gezeigt, dass die Arbeit von zu Hause möglich und effektiv ist, aber wir sind nach wie vor der festen Überzeugung, dass sich Synergien und Innovationen nur im direkten physischen Austausch der Teams voll entfalten können. Unsere Vielfalt ist einzigartig und hat sich als Quelle für kreative und gelegentlich disruptive Ideen erwiesen. Die neuen Büroräume werden die bereichsübergreifende Kommunikation innerhalb von AKEU, aber auch die organisationsübergreifende Kommunikation mit anderen europä­ischen Unternehmen der Asahi ­Kasei Gruppe weiter fördern. Dies wird natürlich auch für unsere Kunden von großem Nutzen sein.

Die europäische Automobilindus­trie ist noch immer stark, aber viele Technologien werden inzwischen in Asien entwickelt. Wie wichtig für Ihr Europageschäft ist der Austausch mit Ihren Forschern und Ingenieuren in Japan?

H. Tsutsumi: Unsere Automo­tive-Teams weltweit stehen in regelmäßigem und engem Austausch mit den Kollegen in Japan, wo in der Tat der größte Teil der Forschung und Entwicklung bei Asahi Kasei durchgeführt wird. Auch wenn sich Produktion und Entwicklung in den letzten Jahrzehnten nach Asien und in andere Regionen verlagert haben, so gilt nach wie vor, dass Europa und Deutschland der Pulsgeber der globalen Automobilindustrie sind, sowohl was die Entscheidungsfindung als auch die allgemeinen Trends und Regularien angeht. Die pure Nähe und der direkte Austausch mit den Entscheidern bringen erhebliche Impulse.
 

„Europa und Deutschland sind nach wie vor
Pulsgeber der globalen Automobilindustrie.“

 

Durch die Verbindung mit der Industrie vor Ort erkennen wir neue Trends und versuchen, neue Türen für die immense Produkt- und Technologiepipeline zu öffnen, die wir in Japan haben. Der starke Informationsaustausch mit den Teams in Japan ist essenziell, um neue Möglichkeiten zu erkennen und letztendlich unsere Ziele zu erreichen.

Wie sind Ihre Markt­erwartungen in Europa, insbesondere was Ihre Kunden und Endkunden angeht?

H. Tsutsumi: Ich habe bereits die Zeitenwende in der Automobilindustrie erwähnt. Dieser ganze Prozess wird sich noch weiter beschleunigen. Für die OEMs bedeutet das, dass sie die richtige Balance zwischen einer Differenzierung mit Ausstattungsmerkmalen, die eine Individualisierung gegenüber dem Endkunden ermöglichen, und einer gleichzeitigen Vereinfachung der Systeme unter Berücksichtigung von Plattformen und Aufrüstbarkeit finden müssen. Die Bedürfnisse der Fahrzeugnutzer ändern sich schnell, ebenso wie die aufkommenden Ansprüche an wahrgenommene Qualität und Luxus.

Und welche ­Herausforderungen gilt es dabei zu meistern?

H. Tsutsumi: Die Bedürfnisse des Endverbrauchers gründlich zu verstehen und die richtigen Funktionen zum richtigen Preis anzubieten, wird eine zentrale Herausforderung für die Branche sein. Um in der modernen Welt mithalten zu können, müssen wir unseren Blick auf das richten, was morgen und übermorgen kommt. Das ist ein Grund, warum wir regelmäßig Umfragen unter Fahrzeugnutzern zu Trends wie dem Innenraum durchführen und diese mit unseren Partnern teilen.
Für uns als Zulieferer besteht die größte Herausforderung darin, mit der Dynamik des Marktes Schritt zu halten. Da die traditionellen Strukturen an ihre Grenzen stoßen und sich die Entwicklungszyklen beschleunigen, versuchen wir, gemeinsam mit unseren Kunden und Partnern Antworten und Lösungen für diese Herausforderungen zu finden.

 

Das Interview mit Hideki Tsutsumi, Executive Officer von Asahi Kasei und Geschäftsführer von Asahi Kasei Europe, führte Michael Reubold.

ZUR PERSON
Hideki Tsutsumi ist Lead Executive Officer von Asahi Kasei und seit April 2016 Geschäftsführer von Asahi Kasei Europe (AKEU). Seine Karriere bei Asahi Kasei begann er 1983 nach seinem Studium der Rechtswissenschaften an der Keio Universität in Tokio. Nach einer Tätigkeit in Singapur von 1999 bis 2006 übernahm er die Leitung des Vertriebs für Asahi Kaseis Homo- und Copolymer Polyacetal TENAC, bei der Asahi Kasei Performance Polymers Division in Tokio. Er hatte leitende Positionen in verschiedenen wichtigen Business Units für Asahi Kasei Chemicals inne, bevor er zum Managing Director Asahi Kasei Europe ernannt wurde. Als Geschäftsführer von AKEU implementierte Hideki Tsutsumi in den letzten Jahren die Wachstumsstrategie des japanischen Chemiekonzerns in Europa.

Kontakt

Asahi Kasei Europe GmbH

Fringsstraße 17
40221 Düsseldorf
Deutschland

+49 0211 882203 0