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Kartellrechtscompliance unter Reach: Anforderungen an die Unternehmenskommunikation

14.01.2013 -

Kartellrechtscompliance unter Reach. Anforderungen an die Unternehmenskommunikation beim Austausch von Stoffinformationen. Seit dem 1. Juni 2007 ist die VO (EG) Nr. 1907/2006 (Reach- VO) in Kraft. Alle potentiellen Registranten jeweils eines bestimmten Stoffes werden im Anschluss an die Vorregistrierung qua Verordnung Teilnehmer eines sog. SIEFs (Substance Information Exchange Forum), einem Forum zum Austausch von Informationen über den jeweiligen Stoff. Die Umsetzung von Reach macht daher in Teilbereichen einen intensiven Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern erforderlich. Hierbei gilt es, die vom Kartellrecht gezogenen Grenzen genau zu beachten, um der Gefahr eines bußgeldbewehrten Kartellrechtsverstoßes zu entgehen.

Neben potentiellen Registranten können auch nachgeschaltete Anwender und Dritte, sofern sie der Agentur Informationen übermittelt haben, Mitglieder eines SIEFs sein. SIEFs sollen die spätere Registrierung erleichtern und insbesondere eine mehrfache Durchführung von Studien und Tierversuchen vermeiden helfen. Zu diesem Zweck stellen die Teilnehmer einander bereits bestehende Studien und Versuche zur Verfügung, beantworten untereinander Informationsanfragen und ermitteln gemeinsam den Bedarf an weiteren Studien (Art. 29 Abs. 3 Reach-VO).

Kartellrechtliche „Spielregeln“

Dabei sind die geltenden Vorgaben des Kartellrechts genau im Auge zu behalten. Der per Verordnung vorgesehene Informationsaustausch zwischen den Teilnehmern des jeweiligen SIEFs setzt die für diese als Marktteilnehmer und Wettbewerber geltenden kartellrechtlichen Spielregeln in keinem Fall außer Kraft. Erwägungsgrund 48 der Reach-VO hält dies eindeutig fest: „Diese Verordnung sollte der uneingeschränkten und umfassenden Anwendung der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln nicht entgegenstehen“. Ganz auf dieser Linie sieht Art. 25 Abs. 2 Reach-VO vor, dass Registranten keine Informationen über ihr Marktverhalten austauschen dürfen. Hierzu zählen insbesondere Informationen über Produktionskapazitäten, Produktions- oder Verkaufsvolumina, Einfuhrmengen und Marktanteile.

Gewährleistung eines kartellrechtskonformen Informationsaustausches

Da es wahrscheinlich ist, dass Wettbewerber Teilnehmer eines SIEF sind und als solche zum Informationsaustausch aufgerufen sind, stellt sich die Frage, wie der kartellrechtskonforme Informationsaustausch im SIEF gewährleistet werden kann. Dass hierfür die Notwendigkeit besteht, steht außer Frage: Ein kartellrechtswidriger Informationsaustausch birgt das Risiko erheblicher Bußgelder, deren Obergrenze in Deutschland und der EU erst bei 10% des weltweiten Umsatzes der gesamten Unternehmensgruppe erreicht ist. Nach der Rechtsprechung der europäischen Gerichte kann dabei schon die Kenntnisnahme marktrelevanter Unternehmensinformationen den in der Praxis kaum wieder auszuräumenden Verdacht der Beteiligung an einer kartellrechtswidrigen Verhaltensabstimmung begründen. Denn die Kenntnis legt nahe, dass solche Informationen bei der Bestimmung des eigenen Marktverhaltens nicht unberücksichtigt bleiben (können). Auch der als Entschuldigung vorgebrachte Einwand von Zwangskontakten zwischen Wettbewerbern aufgrund gesetzlicher Bestimmungen wurde von der Europäischen Kommission in anderem Kontext bereits zurückgewiesen.

Umsetzung in der Praxis

Aus diesem Grund ist Unternehmen dringend zu raten, strikt auf die kartellrechtskonforme Ausgestaltung des Informationsaustauschs im SIEF zu achten. Zu diesem Zweck müssen unternehmensintern bestimmte Vorbereitungsmaßnahmen getroffen werden. So sollte der gesamte Informationsaustausch über das SIEF lückenlos dokumentiert werden. Dies setzt voraus, dass es im Unternehmen feste Ansprechpartner gibt, die für den Informationsaustausch zuständig sind, d.h. diesen begleiten und auch überwachen. Schließlich muss dafür Sorge getragen werden, dass die an der Kommunikation beteiligten Mitarbeiter über den kartellrechtlichen Hintergrund entsprechend aufgeklärt wurden.

Im Kontext von Reach ist Kartellrecht auch bei dem vertraglichen Zusammenschluss mehrerer Hersteller zur Erarbeitung von Daten über Stoffeigenschaften und der gemeinsamen Registrierung zu beachten (sog. Konsortialvertrag). Auch insoweit darf kein marktrelevanter Informationsaustausch stattfinden. Dem muss nicht nur die konsortialvertragliche Regelung Rechnung tragen, sondern der Vertrag muss auch im Unternehmensalltag entsprechend umgesetzt werden. Außerdem kann die Mitgliedschaft im Konsortium für den Marktzugang entscheidend sein. Sie muss sich daher nach objektiven Kriterien richten und darf nicht als Mittel eingesetzt werden, den Marktzugang für nicht aufgenommene Mitglieder zu verhindern. Diese kartellrechtlichen Grenzen müssen bei der Gestaltung der Konsortialverträge beachtet werden.

Kontakt:
Helge Heinrich
Noerr Stiefenhofer Lutz, München
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