Anlagenbau & Prozesstechnik

Molchtechnik im Wandel

Hygienische Molchsysteme für wasserbasierte Produktionsanlagen

08.09.2020 - Ein neues Molchsystem von R+B Technik sorgt für mehr Betriebshygiene bei der Verbindung zwischen Behältern aus Rohstofflagern, Produktionsbereichen und Fertigwarenlagern.

Allen voran stehen Anlagenbetreiber von Produktionsanlagen zur Produktion von wasserbasierten Systemen immer mehr unter dem Druck die Betriebshygiene sicherzustellen, weil der Einsatz von Konservierungsmitteln durch Verordnungen immer weiter eingeschränkt wird. Dem Anlagenbetreiber stehen heute eine Vielzahl von Möglichkeiten zu Verfügung. Neben Reinigungssystemen für Rohrleitungen wird der Einsatz von Molchsystemen zunehmend beliebter.

Der Vorteil liegt hier auf der Hand. Eine Molchleitung kann von vielen Quellbehältern auf viele Zielbehälter fördern. Dabei wird nach jeder Förderung das Produkt komplett aus der Leitung „ausgedrückt“. Neben der Produktrückgewinnung ist ein zusätzlicher Gewinn, dass entstehende Biofilme und Produktanhaftungen keine Chance haben aufzuwachsen und die Produktqualität zu beeinflussen.

Theorie und Praxis
Diese Aussagen hören sich in der Theorie äußerst praktikabel an. Sind sie oft aber nicht. Denn viele Molchsysteme und die darin verbauten Armaturen können selbst zu Quellen von Produktanhaftungen und vor allem Verkeimungen werden, die bei jedem Schaltvorgang der Armaturen dem geförderten Produkt beigemengt werden.

Dem Anlagenbetreiber obliegt schlussendlich die konstruktive und konzeptionelle Beurteilung eines Molchsystems für seinen Anwendungsfall und seine Anforderungen. Oft können die Werbeversprechen der Hersteller nicht oder nur mit zusätzlichen Hilfsmitteln wie einem Reinigungsverfahren eingehalten werden. Mit einem Reinigungssystem für Molchleitungen beschränkt sich die Funktion einer Molchanlage allerdings nur noch auf die Produktrückgewinnung, da auch eine herkömmliche Rohrleitung mit einem Reinigungssystem gereinigt werden kann.

Hygienische Molchtechnik
Die gemachten Erfahrungen und die Konservierungsmittelbeschränkungen in der Farben- und Lacke–Branche zeigten auf, dass bisherige Molchsysteme, auch für hygienische Anwendungen, den neuen Anforderungen für konservierungsmittelfreie und wasserbasierte Produkte nicht gerecht werden.

Die Firma R+B Technik hat mit seiner Hygh­line Pigging Solution ein Molchsystem entwickelt, das den gestiegenen Anforderungen an Hygiene bei niedrigem Reinigungsaufwand gerecht wird. Molcharmaturen dieser Serie weisen keine Totzonen auf und verfügen über Reinigungsmechanismen mit niedrigem Spülwasser­bedarf.

Das hygienische Molchventil
Ausgangspunkt der Molchanlagen sind die hygienischen Molchventile. Bisherige Molchventilkonstruktionen wiesen immer wieder Tot­zonen auf, in denen Produkt verschleppt wurde und sich Mikroorganismen ansiedeln konnten. Molch­armaturen waren damit selbst ein Infektionsherd, der nur durch eine aufwändige Demontage und Reinigung der Armatur beseitigt werden konnte. Dies hatte neben hohem personellen Aufwand ebenfalls einen Stillstand der Anlage und oft einen Rückruf von bereits ausgelieferter Ware zur Folge.
Das hygienische Molchventil verbindet die Vorteile der Molchtechnik mit dem „Hygienischen Design“. Zur Molchleitung kommt ein voll um- und abspülbarer Dichtkegel zum Einsatz, der keine Totzonen aufweist, in denen Produkt verbleibt und verkeimen kann. Auf der Produktseite sorgt eine Membran für einen jederzeit ausspülbaren Produktraum, egal in welcher Schaltstellung sich die Armatur befindet.

Vorteile der Membranabdichtung
Die glatte Membran lässt sich besser abspülen als eine Spindeldurchführung mit Lippendichtung. Durch den Wegfall einer Durchtrittsstelle vom Gehäuse zum Antrieb entfällt die Leckage­gefahr, welche sonst durch Verschleiß, oft durch das Produkt verursacht, an genau dieser Stelle auftritt. Tropfleckage und Stalaktiten gibt es nicht. Die Membran ist dicht oder eben nicht. Produkt, welches aufgrund einer undichten Membran austritt, wird über eine definierte Leckagebohrung abgeleitet und die Undichtigkeit angezeigt.

Bei Produktwechsel oder Behälterreinigung ist die Rohrleitung zwischen Molchventil und Behälter mit wenig Aufwand von Produkt befreit und gereinigt. Als effizienteste Lösung zur Reinigung dieses Teilstücks bietet sich hier das Rohrreinigungsverfahren Ecoline Pipe Purification an.

Als Ausspeisearmatur erhält das hygienisches Molchventil einen überarbeiteten Halte­dorn, um die Molchleitung komplett an diesem Ausspeisepunkt leerzudrücken. Dieser wird nicht nur verstärkt ausgeführt, sondern fährt in eine Gegenlagertasche, die wiederum hygienisch im Durchgangsbetrieb verschlossen wird. Verbogene Haltedorne und die dadurch entstehenden Leckagen an den Dichtungen werden damit zukünftig vermieden werden.

Sende- und Empfangsstationen
Im Gegensatz zu bisherigen Kon­struktionen gibt es in den Sende­station des hygienischen Molchsystems keine Erweiterungen, Stutzen oder sich bewegende Stangen, an denen Produktreste haften, verschleppt werden und nicht mehr abzuspülen sind. Dadurch werden Verkeimungen verhindert, die von hier aus in das gesamte Molchsystem getragen werden. Die Hyghline Sendestation nutzt zur Ein- und Ausspeisung von Flüssigkeiten und Druckluft rückstellende Ventildorne, die in ihrer „geschlossenen“ Stellung die Kontur der Molchleitung nachbilden. Dadurch werden Produktreste jederzeit durch die Molchlippen erfasst und abgereinigt, wodurch Keimherde vermieden werden.

Die Empfangsstationen nutzen ebenfalls rückstellende Ventildorne um über intelligente Bypässe Spülwasser an den Molchen entlang zu fahren. Dies hat einen Abreinigungseffekt auf Produktanhaftungen an den Molchen zur Folge, wodurch das Molchsystem sich effizient reinigt, bevor es wieder in seine Grundstellung für den nächsten Molchvorgang fährt.
Die Molche werden zum Wechseln komplett über ein eingeschobenes Magazin anwendungssicher entnommen. Hier erwarten den Anwender weder Prozessdruck noch Quetschgefahr durch sich bewegende Teile bei der Molchentnahme; selbst wenn es mal schnell gehen muss.

Der Molch im Fokus
Der Blick auf den vergangenen Stand der Molchtechnik sollte sich ebenfalls auf die Molche selbst fokussieren. Der Wandel der Produkte, in Rezeptur und Konservierung, sowie die gemachten Erfahrungen mit bestehenden Molchanlagen zeigen die Anforderungen an einen Molch, den es zu entwickeln gilt.

Der zukünftige Molch sollte neben der dominierenden Hygieneanforderung ebenfalls in Betriebssicherheit, Produktions­sicherheit, Reinigungsleistung und Verschleißverhalten überzeugen. Der Molch von R+B Technik wird den hygienischen Anforderungen gerecht, da der Molchkörper aus zwei verklebten Polymerhälften besteht. Dadurch weist diese Konstruk­tion keine Spalte auf, in die Produkt bis zu den Magneten eindringen und verkeimen kann. Der Molch ist somit voll abspülbar.

Durch das Verkleben der Molchhälften ist der Magnet vor chemischen Angriffen der Produkte geschützt. Die Polymerhälften, in denen der Magnet gebettet wird, haben weiterhin dämpfende Eigenschaften, die Schlagbeanspruchung verhindern. Zerstörte Magnete führten in der Vergangenheit aufgrund der abnehmenden Magnetstärke zwangsläufig zu Produktionsunterbrechungen, da die Molche nicht mehr detektiert werden konnten. Es begann die bekannte Suche nach der Molchposition und die erneute Einstellung aller Initiatoren, die bei Austausch der Molche wieder hinfällig war. Die dritte Verbesserung ist die Ausrichtung des Magnetfeldes der Molche. Hier wird durch eine veränderte Ausrichtung der Feldlinien das Magnetfeld auf das Zentrum des Molches konzentriert. Dadurch können sich die Magnetfelder mehrerer Molche nicht mehr gegenseitig beeinflussen, bzw. überschneiden, und es gibt keine andere Initiatorstellung als genau mittig über dem Molch.

Eine konstante Molchfahrt
Die abschließende Optimierung ist die Realisierung einer kon­stanten Molchfahrt mit einem optimalen Reinigungsergebnis durch verbesserte Dichtlippen. Hierzu wurde das Dichtprinzip der Molchlippen komplett überdacht. Die neuartige, spitz zulaufende Dichtung erhöht bei zunehmendem Druck nicht die am Rohr anliegende Fläche. Das Resultat ist eine konstante Haft- und Gleitreibung, die den bekannten „Stick and Slip“-Effekt herkömmlicher Molche verhindert. Durch die konstanten Molchfahrten neigt der Molch nicht mehr zum „Schießen“, wodurch die Reinigungsleistung infolge „Aquaplan­ing“ leiden würde, Molche beim Einschlagen in die Molchstationen zerstört werden und die Dichtlippen durch die hohe Geschwindigkeit stark verschleißen.

Verschleiß lässt sich aber nicht gänzlich verhindern und ist in der Einfahrphase sogar gewollt. Die Dichtlippen sorgen konstruktions- und verfahrensbedingt für Abrieb auf der Molchrohrleitung. Dadurch wird die Rauhigkeit des Rohres herabgesetzt und glatter, was sich visuell mit einem Blick in eine eingefahrene Molchleitung bestätigen lässt. Nach dieser Einfahrphase sinkt der Verschleiß der Dichtlippen drastisch und durch die nun sehr glatte Rohroberfläche lässt sich das Produkt noch besser ausdrücken und abreinigen.

Ganzheitliche Konzeptionierung
Molchanlagen der Hyghline Pigging Solu­tion ermöglichen es Anlagenbetreibern die Betriebs­hygiene und die Produktionssicherheit zu steigern. Richtig eingesetzt können die Förder­wege hygienisch und durch automatisierte Reinigungssysteme an Molchverteilern und –sammlern ausgeführt werden, ohne Flexibilität der Förderwege einzubüßen. Dem Anlagenbetreiber bleiben dann meist nur noch wenige Rohrleitungen und Behälter, die herkömmlich gereinigt werden müssen. Auch hier gibt es Lösungen, die effektiv und effizient arbeiten.

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