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Pharmaserv / CSL Behring: Ablaufoptimierung und Kostentransparenz

Neues GMP-Warehouse dient der Lagerung und dem Versand von Fertigarzneimitteln

13.10.2011 -

Mit der Fertigstellung eines neuen Logistikzentrums im Werksteil Görzhausen vor gut einem Jahr, setzte der Logistikdienstleister Pharmaserv auf eine erfolgreiche Zukunft am Standort der Behringwerke. Im Interview mit CHEManager äußern sich Dr. Martin Egger, Leiter Logistik von Pharmaserv und Conrad Holetzeck, Head of Warehousing and Distribution Management, CSL Behring, zu den Möglichkeiten und Vorteilen des neuen GMP-Warehouses ein Jahr nach der Inbetriebnahme.

CHEManager: Herr Dr. Egger, im August 2010 wurde für CSL Behring am Standort Marburg (im Werksteil Görzhausen) ein neues Logistikzentrum in Betrieb genommen. Welche Kapazitäten besitzt das Lager? Wie ist es in vorhandene Strukturen eingebunden?

Dr. Martin Egger: Bei dem Logistikzentrum für pharmazeutische Produkte und Intermediates handelt es sich um eine Erweiterung des 2006 in Betrieb genommenen GMP-Warehouses für Ausgangsstoffe und Produktionshilfsmittel. Wir haben damit seit dem Go Live im August 2010 auf 3.380 m² eine zusätzliche Lagerungskapazität für ca. 2.800 Paletten in den Temperaturbereichen 2-8°C und 15-25°C geschaffen.
Durch Ausrollen des baulichen Standards des GMP-Warehouses für Ausgangsstoffe auf den Neubau sowie durch den kompletten Austauschs des Warehouse-Managementsystems (WMS) auch in den Altbereichen konnten wir erhebliche Fortschritte in der Leistungsfähigkeit und Effizienz erzielen. Die neuen Warenströme haben wir in das vorhandene Transportnetz der Pharmaserv adaptiert. Im Wesentlichen ging es eingangsseitig dabei um die Anbindung der Endfertigungen von CSL Behring sowie deren Lohnherstellern an das Warehouse. Für die Outbound-Ströme, z. B. an den Flughafen Frankfurt, konnte weitgehend auf bestehende Shuttleverkehre zugegriffen werden

Herr Holetzeck, mit welcher Intention hat CSL Behring ihre Fertigarzneimittel-Logistik an einen 3PL Partner fremd vergeben? Wie und wofür wird das Lager genutzt?

Conrad Holetzeck: Die generelle Entscheidung der Fremdvergabe war in erster Linie davon geprägt, sich auf das eigentliche Kerngeschäft, der Herstellung hochwertiger Plasmaderivate, zu konzentrieren. CSL Behring sucht am Markt weltweit professionelle Partner, die das Logistikgeschäft im operativen Bereich beherrschen. Dadurch sind nur einige Spezialisten bei CSL Behring notwendig, die die Kontrolle über dieses Netzwerk ausüben.
Dieses mit der Fa. Pharmaserv neu errichtete Lager wird in erster Linie für den weltweiten Versand von Fertigarzneimitteln genutzt.

Was gab den Ausschlag für die Wahl des Logistikpartners?

Conrad Holetzeck: Pharmaserv war bei der Ausschreibung mit führenden Logistikdienstleistern in diesem spezialisierten Markt im Wettbewerb. Die Kosten alleine führten jedoch nicht die Entscheidung herbei. Vielmehr ist es Pharmaserv gelungen, mit einem hohen Qualitätsverständnis im GMP Bereich als auch bei den Prozessen und baulichen Gegebenheiten CSL Behring zu überzeugen. Die hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sowie die Nähe zu unserem Produktionsstandort in Deutschland und dem Airport Frankfurt waren weitere entscheidende Faktoren.

Das Lager ist nach pharmazeutischen Standards errichtet. Welche Besonderheiten weist es auf?

Dr. Martin Egger: Im Warehouse werden kühlkettenpflichtige und teilweise auch sehr temperatursensible Arzneimittel vereinnahmt gelagert, kommissioniert und luft- und seefrachtgerecht verpackt und versandfertig bereitgestellt. Zur Erfüllung aller relevanten GxP-Regularien setzt dies voraus, dass die Räume, IT-Systeme und Prozesse den Anforderungen entsprechen. So wurde im Rahmen einer Qualifizierung der Verpackungsbereich sowie das Temperaturmonitoring der Räume einschließlich der Störmeldeketten auf Konformität überprüft, die IT-Prozesse wurden validiert und der Materialfluss eindeutig und verwechslungsfrei gestaltet.
Pest Control, ein hoher hygienischer Standard und etablierte Verfahren zum konsequenten Umgang mit Abweichungen und Änderungen gehören ebenfalls zum Standard. Hervorheben muss man an dieser Stelle das Qualifikationsniveau der Lagermitarbeiter. Hier setzen wir fast ausschließlich Fachkräfte für Lagerlogistik ein, deren permanente Weiterentwicklung sichergestellt wird.

Mit der Errichtung des neuen Logistikzentrums sollten insbesondere Prozesse und Abläufe am Standort verbessert werden. Konnten diese Anforderungen im ersten Jahr des Betriebs erfüllt werden?

Conrad Holetzeck: Ein definitives „Ja" zu dieser Frage. Wir konnten bereits im ersten Jahr Prozesse und Abläufe am Standort als auch europaweit optimieren. Die Identifikation dieser Verbesserungen kommt teilweise von den im Logistikzentrum arbeitenden operativen Mitarbeitern, die damit einen wertvollen Beitrag leisten.
Ein weiterer wichtiger Punkt, den wir erreicht haben, ist die hohe Kostentransparenz. Jeder kleinste Arbeitsschritt wurde definiert und mit einem Preis versehen. Durch dieses „activity based costing" stieg nicht nur die Transparenz, sondern auch die Genauigkeit der Planung der Kosten.
Die Performance wird über eine IFOTEF (In Full, On Time, Error Free) Kennzahl für jeden Auftrag in Kombination mit der Bestandsgenauigkeit exakt gemessen. Ein Fehler, in einem der drei ersten Bereiche, führt sofort zu komplettem Performanceverlust für diesen Auftrag, auch wenn zwei Bereiche gut abgeschnitten haben. Pharmaserv konnte im ersten Jahr beweisen, dass man der Aufgabe gewachsen ist.

Das Kälte- und Klimakonzept gilt für den gesamten Kommissionier-Bereich. Wie funktioniert es? Hat es eine spürbare Verbesserung des Kühlketten-Managements gebracht?

Dr. Martin Egger: Wir haben in den Lagerräumen die Temperaturbereiche 2-8°C und 15-25°C sicherzustellen, und -20°C bis -30°C in der Tiefkühlzelle, die wir für die Konditionierung der Kühlelemente für passive Thermoverpackungen benötigen.
Nach intensiven Diskussionen in der Planungsphase haben wir uns gegen eine integrierte Klima- und Kälteanlage entschieden, sondern für eine Klimaanlage für die Bereiche mit 15-25°C und eine Kälteanlage für den Bereich 2-8°C. An Decken installierte, direktverdampfende Klimageräte mit Textilluftverteiler, die in zwei Kreisen über separate Wärmepumpen versorgt werden, stellen eine Temperatur zwischen 15-25°C sicher. Der Bereich 2-8°C hat ebenfalls eine redundante Versorgung über direktverdampfende Umluftkühler, die in zwei Kreisen über zwei separate Kälteverbundanlagen versorgt werden. Die Temperatur konnte in allen Lagerbereichen von Beginn an weit unterhalb der Toleranzgrenzen gehalten und in der Leistungsqualifizierung bestätigt werden.

Sind das Monitoring der unterschiedlichen Temperaturbereiche und die Visualisierung wichtiger Stellgrößen im neuen Lager zur Zufriedenheit aller realisiert worden?

Dr. Martin Egger: Das Monitoring ist weniger eine wichtige Stellgröße, sondern vielmehr eine zwingend einzuhaltende Nebenbedingung für den Lagerbetrieb. Dabei geht es nicht nur um eine CFR 21 Part 11 konforme Aufzeichnung der Umgebungsbedingungen. Für uns ist das Alarm- und Eskalationsmanagement für den Fall einer drohenden Abweichung ein weiterer wesentlicher Aspekt. Aufgrund der Sensibilität der Pharmazeutika reagieren unsere technischen Serviceeinheiten sehr kurzfristig auf Störmeldungen der Prozessnebenanlagen, deren Alarm zeitlich weit vor Ihrer Auswirkung auf die Temperaturkurve liegt. Dies ist sicherlich ein bedeutender Sicherheitsfaktor. Ich selbst schätze an dem webbasierten „Monitoringsystem Pharmalager" (Mopl) von Pharmaserv darüber hinaus, dass ich mir die Temperaturdaten online in meinem Büro oder auch zu Hause ansehen kann.

Pharmaserv ist als „reglementierter Beauftragter" zur vollständigen Abwicklung von Luftfracht bis ans Flugzeug berechtigt. Was bringt das konkret?

Dr. Martin Egger: Sicherheit in der Lieferkette. Hätten wir diesen Status nicht, müsste jede Fracht, die wir für unseren Kunden als dessen Transportdienstleister zu einem Flughafen verbringen, dort geröntgt werden. Dies ist nicht nur mit zusätzlichen Kosten verbunden, sondern kann auch zu zeitlichen Verzögerungen führen, so dass auch einmal ein Flug verpasst wird.

Welches sind nach einem Jahr Erfahrung die grundlegenden Vorteile des neuen Logistikzentrums?

Conrad Holetzeck: Aus Sicht von CSL Behring haben wir mit Pharmaserv und dem neuen Logistikzentrum einen sehr kompetenten Partner in diesem Bereich gefunden, der diese Aktivitäten sowohl absolut konform der unternehmensinternen Regelwerke als auch der behördlichen Anforderungen abbildet und sehr kundenspezifische Lösungen realisiert.
Mit dem Logistikzentrum wurde die Möglichkeit geschaffen, die Warenströme der einzelnen CSL Behring-Produktionsstandorte für den weltweiten Versand zu konsolidieren und zu harmonisieren. Durch damit einhergehende Optimierungen und Standardisierungen wurden bereits erste Einspareffekte erzielt.
Die hohe Transparenz des Leistungsumfangs sowie die gestiegene Plangenauigkeit sind weitere positive Effekte.

Dr. Martin Egger: Für Pharmaserv als Standortbetreiber des Industrieparks Behringwerke stellt das Logistikzentrum eine Bündelung unserer Kompetenzen dar, die sich aus dem Mix aus Facility Management, Technik, Qualifizierung und IT ergeben. Diese Bündelung ist sicherlich einmalig auf dem Markt. Auf Basis dieses Wettbewerbsvorteils können und wollen wir mit unserer langjährigen GxP-Kompetenz weitere Logistiklösungen im Pharmaumfeld schaffen.