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Als Hidden Champion tritt Schmierstoffspezialist Fuchs ins globale Rampenlicht

Die Welt in Bewegung halten

13.09.2023 - Im Jahr 1931 gegründet, ist Fuchs heute der weltweit größte unabhängige Anbieter von innovativen Schmierstofflösungen für nahezu alle Industrien und Anwendungsbereiche.

Im Jahr 1931 gegründet, ist Fuchs heute der weltweit größte unabhängige Anbieter von innovativen Schmierstofflösungen für nahezu alle Industrien und Anwendungsbereiche. Globale Relevanz beweist das Mannheimer Familienunternehmen mit einem Jahresumsatz von 3,4 Mrd. EUR und über 6.000 Mitarbeitenden an 34 Produktionsstandorten und mit 56 operativen Gesellschaften in über 50 Ländern. Unlängst entschied sich Fuchs dafür, den etablierten Namenszusatz ‚Petrolub‘ ersatzlos zu streichen. Michael Reubold befragte den Vorstandsvorsitzenden Stefan Fuchs über die Hintergründe und die Ambitionen, Fuchs als ein globales Hightech-Unternehmen zu positionieren. 

CHEManager: Herr Fuchs, Ihr Unternehmen erfüllt alle Kriterien eines Hidden Champions, zu denen neben Größe und Umsatz auch Kontinuität und Innovationsfreude gehören. Trotz ihres Erfolgs bleiben Hidden Champions der Öffentlichkeit jedoch weitgehend unbekannt. Sie wollen nun Ihre Sichtbarkeit erhöhen. Fühlen Sie sich nicht wohl in der momentanen Rolle? 

Stefan Fuchs: Ganz im Gegenteil, denn wir befinden uns auf dem Weg zu einer globalen, starken Marke. Um mehr Sichtbarkeit auch in Märkten zu erzielen, in denen wir schon lange präsent sind, fährt Fuchs erstmalig eine internationale Awareness-Kampagne. Warum? Weil die Produkte die Welt jedes einzelnen bewegen, indem sie diese effizienter, einfacher oder auch nachhaltiger machen. Das emotionale Statement ‚Moving Your World‘ bringt es auf den Punkt und ist zugleich unser Purpose. Es differenziert, wofür wir stehen und warum wir machen, was wir machen: Wir halten die Welt unserer Kunden am Laufen, und bewegen sie immer weiter voran – bedingungslos zuverlässig.

Parallel zur aktuellen Awareness-Kampagne verzichten Sie auch auf den etablierten Namenszusatz ‚Petrolub‘, obwohl dieser durch den vom englischen Begriff ‚Lubricant‘ abgeleiteten Wortbestandteil auf Ihr Tätigkeitsfeld verweist. Ist das nicht kontraproduktiv?

S. Fuchs: Wir haben uns für eine Umbenennung entschieden, um als Hightech-Unternehmen unter dem Namen Fuchs die Fokussierung auf fortschrittliche und hocheffiziente Schmierstofflösungen zu unterstreichen. Auch die Breite des Sortiments von über 10.000 Produkten ist ein Grund, den Namenszusatz ‚Petrolub‘ ersatzlos zu streichen, referiert er doch vor allem auf den Ursprung der Rohstoffe. Wir sind bestrebt, die Technologieführerschaft in Bereichen wie Digitalisierung, Future Mobility und Nachhaltigkeit auszubauen und unsere Fokussierung auf fortschrittliche, prozessorientierte und ganzheitliche Lösungen für Schmierstoffe und Funktionsflüssigkeiten zu unterstreichen.

Der auf die fossile Rohstoffbasis hindeutende Begriff ‚Petrochemie‘ erfährt derzeit eine Definitionsänderung und soll künftig auch erneuerbare Rohstoffe einschließen. Wollen Sie nicht so lange warten oder verändern sich auch Ihre Rohstoffquellen?

„Wir setzen ganz am Anfang der Wertschöpfungskette an.“



S. Fuchs: Wir handeln und warten nicht ab. Die Umfirmierung ist dabei der geringfügigere Bestandteil. Bedeutender ist das ACT-Programm – ACT steht für Advanced Circular Technology –, unsere Antwort auf die Herausforderung, die Wertschöpfungskette vollständig von linear zu zirkulär zu transformieren ohne Kompromisse bei der Performance. Wir setzen ganz am Anfang der Wertschöpfungskette an und ersetzen endliche Rohmaterialien nach und nach durch erneuerbare, biobasierte oder recycelte. Und wir stellen sicher, dass alles, was unsere Fabriken verlässt, effektiv recycelt werden kann. Kurz gesagt: Künftige Schmierstoffe könnten zum Beispiel auf Birkenrinde statt Erdöl basieren und werden selbst nach ihrer Anwendungsphase wieder als Basis für neue Rohstoffe dienen. Allerdings ist das nur der erste Schritt auf unserem Weg zur Kreislaufwirtschaft.

In Bezug auf unsere Produkte ist ACT ein Überbegriff für alle Technologien, die überarbeitet wurden und auf erneuerbaren Materialien aufgebaut sind. Das kann recycling- oder biomassebasiert sein und auf Rohstoffe, Verpackungs- oder Prozessmaterialien angewendet werden. Ein sehr weiter Weg, der lange dauern wird und auch noch weitere Innovationen braucht. Aber wir sind schon auf dem Weg.

Fuchs will bis 2040 insgesamt netto klimaneutral werden. Haben Sie dafür eine Roadmap, welches sind die wichtigsten Maßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen?

S. Fuchs: Seit 2020 kompensiert Fuchs seine Gate-to-Gate-Emissionen. Der nächste große Schritt, bis 2040 insgesamt netto klimaneutral zu sein, ist ein mehr als ehrgeiziges Vorhaben. Um es zu verwirklichen, setzen wir uns wissenschaftsbasierte Ziele. Einfach ausgedrückt: Wir handeln so, wie es nach dem neuesten Stand der Klimawissenschaft erforderlich ist, um die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Dafür arbeiten wir mit einem mittelfristigen Ziel, einem langfristigen Ziel und einer Kategorisierung der Emissionen nach ihrer Quelle. 

Unser mittelfristiges Ziel steht 2030 an: Die Reduzierung aller direkten und energiebezogenen Emissionen an unseren Standorten um mindestens 42 %. Und auch bei den Emissionen, die außerhalb unserer Werkstore entstehen, also bei Rohstoffgewinnung, Transport und Entsorgung, wollen wir 25 % einsparen. Langfristig streben wir eine Reduzierung unserer Emissionen um mindestens 90 % an – in beiden Kategorien, innerhalb und außerhalb der Werkstore, und bis 2040. Im Sinne wissenschaftsbasierter Ziele: Klimaneutralität.

Fuchs bedient wie Sie sagten die drei Megatrends Mobilität, Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Können Sie Beispiele dafür nennen, welche Rolle Ihre Produkte dabei spielen und wie sie auch Ihren Kunden helfen, nachhaltiger zu werden? 

S. Fuchs: Die Mobilitätswende ist in vollem Gange und wir sehen diese Entwicklung als eine Wachstums­chance für unser Unternehmen. Unsere Antwort: Die BluEV-Produktlinie, die als integrierte Technologieplattform Spezialprodukte, Thermomanagement sowie Schmierung und damit die gesamte Palette innovativer Schmierstofflösungen für den Einsatz in Elektro- und Hybridfahrzeugen umfasst. 

Einige Beispiele: In einem Verbrennerfahrzeug überdeckt der Motor das Geräusch der Radlager. In einem E-Auto ist dieses jedoch durchaus zu hören. Entsprechend steigen die Anforderungen an geräuschdämpfende Schmierfette. Oder nehmen wir die E-Batterie. Sie muss je nach vorherrschenden Verhältnissen gekühlt oder gewärmt werden. Dafür haben wir spezielle Thermofluide entwickelt.

Nachhaltigkeit steckt per se in unseren Produkten: Unsere ganzheitlichen Schmierstofflösungen verringern Reibung und Verschleiß, kühlen Maschinen oder schützen vor Korrosion. Bewegliche Teile haben dadurch eine höhere Lebensdauer und garantieren den effizienten und damit nachhaltigen Betrieb und eine spürbare Reduzierung auch des CO2-Fußabdrucks unserer Kunden. In einer Versuchsanordnung mit einem Premium-Hydrauliköl wurden bei einem einzigen Bagger und einer Betriebsdauer von 8.000 Stunden rund 9.600 Liter Diesel eingespart, was einem CO2-Äquivalent von etwa 30 Tonnen entspricht.

Nicht zuletzt im Bereich der Circular Economy liefert Fuchs zahlreiche konkrete Anwendungen, um Kunden zukunftweisend zu unterstützen: So konnten in einem neuartigen Wiederverwertungsprozess bei einem Automobilzulieferer über einen zirkulären Prozess verbrauchte Kühlschmierstoffe in die Wertschöpfungskette zurückgeführt und damit recycelt werden. 

Die Digitalisierungsstrategie ‚Fuchs Goes Digital‘ schreibt unsere Digitalisierungs-Roadmap fest. Dabei geht es neben den klassischen IT-Themen insbesondere darum, im Dialog mit den Kunden ein smartes, digitales Mindset für globale Interaktionen zu gestalten. Wir wollen unseren Kunden ein effizientes und verbessertes Kauferlebnis bieten. Dazu gehören automatisierte Kernprozesse, digitale Schnittstellen, Plattformen und nicht zuletzt neue digitale Geschäftsmodelle, um damit Prozesse und Abläufe schlanker, sicherer und effizienter zu machen. 

Welche besonderen Chancen für Innovation und Wachstum sehen Sie auf diesen Gebieten und wie realisieren Sie diese? Haben Sie auch hierfür Beispiele?

S. Fuchs: Ganz klar, unsere Marschrichtung für die kommenden Jahre heißt Wachstum. Fuchs hat ein weltweites Netz an Produktions- und Lagerstandorten, 56 Tochtergesellschaften in aller Welt sowie ein supermotiviertes Team. Bei der Kundenbetreuung vor Ort spielt unsere dezentrale Organisationsstruktur mit lokalen Teams eine entscheidende Rolle. Wie kein anderer können wir alle Schmierstoffanforderungen der Kunden weltweit und vor Ort abdecken. Diesen immensen Wettbewerbsvorteil haben wir noch nicht vollkommen ausgeschöpft. Dabei ist unser Ziel, in ausgewählten Marktsegmenten, wie zum Beispiel Wind, Halbleiter, Nahrungsmittel, Medizintechnik, Automobil-Innenausstattung und anderen unsere Kunden ganzheitlich zu betreuen.

Weiteres Wachstum streben wir durch Investitionen in prosperierende Branchen an. Vor allem die stark wachsende E-Mobilität verlangt den Funktionsflüssigkeiten neue Eigenschaften ab. Der etwa 3 Mrd. EUR große, neue Markt für funktionelle Flüssigkeiten um die Batterie herum ist für viele unserer Produkte und Lösungen chancenreich. Zudem haben wir uns im letzten Jahr an dem Elektrolytspezialisten E-Lyte beteiligt. Dessen Produkttechnologie setzt beispielsweise auf schnellere Ladezeiten von Batterien, die nicht nur bei Elektro­autos wichtig sind, sondern auch für viele andere zukunftsträchtige Bereiche wie Medizintechnik, Hoch- und Tieftemperaturanwendungen oder für Drohnen sowie die Luft- und Raumfahrt.

Mit der Fuchs2025-Zukunftsstrategie haben Sie ein Transformationsprogramm aufgesetzt. Welches sind die wichtigsten Bestandteile und Ziele, und welche zahlen auf das Thema Nachhaltigkeit ein?

S. Fuchs: An unserem Strategie- und Transformationsprogramm Fuchs2025 wird die Weiterentwicklungen in allen Geschäftsbereichen gemessen. Für den Kapitalmarkt wurde beispielsweise das EBIT-Ziel von 500 Mio. EUR bis 2025 sowie eine stetig steigende Dividende abgeleitet. Seit 2020 bilanziell ‚Gate to Gate‘ CO2-kompensiert, streben wir, wie schon gesagt an, bis 2040 insgesamt klimaneutral zu sein. Nachhaltigkeit bedeutet darüber hinaus, vornehmlich Produktlösungen anzubieten, die den Kunden einen verringerten Energieverbrauch, eine höhere Lebensdauer ihrer Maschinen und damit ökologisch optimierte Produkte ermöglichen. Diese nachhaltigere Performance gelingt auf vielfältige Weise: Verbesserte Produkte, eine optimierte Produktion, intelligente Anwendungen und konsequentes Recycling tragen dazu bei.

Zudem ermutigen wir unsere Kunden und ermöglichen ihnen, mit der Unterstützung durch unsere Produkte noch nachhaltiger zu agieren. 
Eine Fokussierung auf zukunftsgetriebene Geschäftsfelder komplettiert die Fuchs2025-Strategie mit dem erklärten Ziel, die technologische Führungsrolle noch stärker der Nachhaltigkeit zu widmen. Neben Innovationen für Abfallvermeidung, Recycling oder nachwachsende Rohstoffe fallen darunter produktseitig beispielsweise Thermofluide, die als Kühlflüssigkeiten für E-Mobilität oder auch in Rechenzentren ihre Anwendung finden. Wir schauen nach vorne, sind zukunftsorientiert aufgestellt und arbeiten kontinuierlich an Lösungen für die drängendsten Herausforderungen unserer Zeit. 

Welche Investitionen in Innova­tion oder Anlagen planen Sie in den nächsten Jahren?

S. Fuchs: Das Gesamtunternehmen im Blick werden sich die Investitionen in 2023 wie schon im Vorjahr auf rund 80 Mio. EUR belaufen. International liegt unser Schwerpunkt auf den großen Zentren China, Deutschland und USA sowie Südafrika und Vietnam. Der bereits 2022 begonnene Bau des Spezialitäten-Fettwerks in China stellt das mit Abstand größte Einzelprojekt der Unternehmensgruppe dar. In Südafrika wird mit dem Ausbau von Produktionskapazitäten die Basis für weiteres Wachstum auf dem afrikanischen Kontinent gelegt. In dem Wachstumsmarkt ­Vietnam errichten wir derzeit ein neues Werk.

Bereits 2022 haben wir 28 % der Anteile an E-Lyte Innovations übernommen und sind damit in den spannenden, global stark wachsenden Batteriemarkt eingestiegen. Schon einige Monate später haben wir die erste Pilotlinie für die Produktion von Hochleistungselektrolyten für Batterien am Fuchs Standort in Kaiserslautern gestartet. Aktuell errichten wir am gleichen Ort eine State-of-the-Art-Produktionsanlage, die ab 2024 im Serienbetrieb mehrere tausend Tonnen Elektrolyte pro Jahr herstellen kann. Das ist für uns Neuland, in dem wir erhebliches Geschäftspotenzial sehen und unsere Kompetenzen im Bereich der E-Mobilität entscheidend stärken. 

Thema Personal. Wie beurteilen Sie die Situation auf dem Arbeitsmarkt und was tun Sie, um erfahrene Fachkräfte zu halten und neue Nachwuchskräfte zu gewinnen?

S. Fuchs: Unsere Mitarbeitenden, ihr Engagement und ihre Kompetenzen sind der Schlüssel zu unserem Erfolg. Unser Ziel ist von jeher, hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte langfristig an unser Unternehmen zu binden. Unsere Werte und Führungsprinzipien bilden die Grundlage für die Attraktivität von Fuchs als Arbeitgeber.

Doch auch wir erleben in bestimmten Fachgebieten den Wandel des Arbeitsmarkts zum Kandidatenmarkt und haben im Bereich Talentauswahl, Rekrutierung und Employer Branding Projekte gestartet, u.a. um Leistungsträger und Talente zu halten. Dazu gehört zudem ein Führungskräfteentwicklungsprogramm sowie weitere Möglichkeiten zu Fort- und Weiterbildung.

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Zur Person

Stefan Fuchs ist seit fast zwanzig Jahren Vorstandsvorsitzender des Mannheimer Schmierstoffherstellers gleichen Namens. Der Diplom-Kaufmann begann seine Berufstätigkeit 1994 als Prüfungs­assistent bei der Wollert-Elmendorff Deutsche Industrie-Treuhand und trat 1996 in dritter Generation in das Familienunternehmen ein. Nach einem zweieinhalbjährigen Auslandsaufenthalt bei der US-Tochtergesellschaft Fuchs Lubricants, wo er u. a. für die Geschäfte in Argentinien, Brasilien und Mexiko verantwortlich zeichnete, wurde er 1999 zum stellvertretenden Vorstandsmitglied von Fuchs Petrolub (heute Fuchs) und CEO von Fuchs Europe ernannt. 2004 folgte er als Vorstandsvorsitzender auf seinen Vater Manfred Fuchs und ist seitdem für die Geschäftsfelder Konzernentwicklung, Human Resources, Corporate Marketing & Communications sowie Strategie zuständig.

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