Chemie & Life Sciences

Medikamente: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Spezialpolymere von Evonik setzen den Wirkstoff genau dort frei, wo er gebraucht wird

21.05.2012 -

In modernen Medikamenten steckt weit mehr als der reine Wirkstoff: Spezielle Hilfsstoffe machen Tabletten und Kapseln in maßgeschneiderten Formulierungen zu intelligenten Transportsystemen. Auf der Reise durch den Körper soll ein möglichst geringer Teil des Wirkstoffs verloren gehen und dieser dann gezielt am Wirkungsort freigesetzt werden. Mit den pharmazeutischen Polymeren der Marke Eudragit wird dies ermöglicht: Die Spezialpolymere von Evonik setzen den Wirkstoff genau dort frei, wo er gebraucht wird - und das zusätzlich zu einem genau definierten Zeitpunkt oder über eine definierte Zeitspanne.

Maßgeschneiderte Filmüberzüge

Nur wenn ein Wirkstoff unbeschadet am richtigen Ort ankommt, kann er über den Blutstrom aufgenommen werden und seine Wirkung optimal entfalten. Die Aufgabe des schützenden Reisebegleiters durch den menschlichen Verdauungstrakt übernimmt ein hauchdünner Tablettenüberzug. „Die Freigabe der Wirkstoffe können wir z. B. über den pH-Wert steuern", erläutert Dr. Thomas Riermeier, Leiter der Produktlinie Pharma Polymers bei Evonik. „Denn der Magen hat ein saures Milieu, anders als der Dünndarm. Ein Filmüberzug lässt sich so designen, dass er sich ab einem gewünschten pH-Wert auflöst - entweder bei pH 1-5 im Magen, ab pH 5,5 im Dünndarm oder ab pH 7 im Dickdarm. Dabei kann der Auflöse-pH-Wert mit hoher Genauigkeit eingestellt werden. Eudragit-Polymere sind für diese Anwendungen weltweit der Goldstandard."

Heute sind drei Hauptgruppen von Eudragit-Polymeren auf dem Markt: Da sind zunächst die säurelöslichen Typen, die im Mund unlöslich sind und daher für Geschmacksmaskierung und andere Schutzüberzüge verwendet werden. Im Magen lösen sie sich auf und setzen dadurch den Wirkstoff schnell frei. Als nächstes sind die basenlöslichen Typen zu nennen, die magensaftresistent sind und den Wirkstoff erst im Darm freigeben, und schließlich unlösliche Polymere für Retard-Arzneiformen, die den Wirkstoff gesteuert über einen definierten Zeitraum freigeben. Da viele Eudragit-Typen miteinander kombinierbar sind, lässt sich mit ihnen beinahe jedes gewünschte Freigabeprofil entwickeln. Riermeier ergänzt: „Mit unserem umfassenden Wissen um die Polymere und deren Anwendungen sowie durch unsere weitreichende Formulierungsexpertise bieten wir unseren Kunden individuell maßgeschneiderte Lösungen, seit einigen Jahren auch verstärkt als Entwicklungsservice von der Präformulierung über Klinikmusterherstellung bis zum Scale-up in die Produktion."

Doch nicht nur der Wirkstoff wird vor der Magensäure geschützt - auch umgekehrt muss der Magen selbst in bestimmten Fällen vor aggressiven Wirkstoffen geschützt werden. Also heißt es auch hier: Der Wirkstoff sollte nicht mit der Magenschleimhaut in Berührung kommen und stattdessen abgeschirmt bis in den Dünndarm geschleust werden. Aber wie funktioniert das? Ein probater Weg ist auch hier ein Schutzfilm mit Eudragit, der die aggressiven Bedingungen im sauren Magen aushalten kann und sich pH-gesteuert erst nach der Magenpassage auflöst. So wird der Magen geschützt und der Wirkstoff dort freigesetzt, wo er auch resorbiert werden kann, also im Dünndarm.

Steuerung der Freigabedauer

Für die Wirkung eines Arzneistoffes im Körper ist auch die Dauer der Freigabe wichtig. Besonders solche Wirkstoffe, die nur kurzzeitig wirken, müssen über einen längeren Zeitraum freigesetzt werden, damit der Patient nicht mehrmals, sondern idealerweise nur einmal täglich eine Tablette oder Kapsel einnehmen muss. Gerade bei Medikamenten zur Langzeittherapie wie Antihypertonika oder Schmerzmitteln leisten Retard-Arzneiformen einen wesentlichen Beitrag zu mehr Patienten-Compliance und damit zum Therapieerfolg. Die optimale Freigabegeschwindigkeit, die einen konstanten Wirkspiegel im Körper über Stunden aufrechterhält, kann durch die gezielte Kombination verschiedener Eudragit-Polymere erreicht und auf Löslichkeit und Permeabilität des Wirkstoffs genau abgestimmt werden.

Weitere Funktionen

Bei vielen Arzneimitteln ist ein Schutzüberzug aber auch in anderer Hinsicht wichtig: Er erhöht die chemische, physikalische und mechanische Stabilität, wirkt als Feuchtigkeitsschutz und kaschiert Geschmack und Geruch von Wirkstoffen.
Darüber hinaus kann Eudragit auch die Wirkstoffaufnahme über die Haut steuern: Bei wirkstoffhaltigen Pflastern, sog. Transdermalen Therapeutischen Systemen (TTS) bilden die Polymere eine Matrix, aus der die Wirkstoffe über einen festgelegten Zeitraum kontrolliert in die Haut abgegeben und von dort in den Organismus aufgenommen werden. 

Kontakt

Evonik

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