Anlagenbau & Prozesstechnik

OpEx-Programme in turbulenten Zeiten

OpEx-Index unterstützt auf dem Weg zur Operational Excellence

22.03.2022 - Conor Troy, Inhaber von Conor Troy Consulting, erläutert im CHEManager-Interview, wie OpEx-Programme auch in turbulenten Zeiten erfolgreich gestaltet werden können.

Zu den Megatrends Digitalisierung, Demografie, Urbanisierung, Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Klimawandel haben sich in den letzten beiden Jahren die Herausforderungen der Pandemie hinzugefügt. Die aktuelle Russland-Krise stellt insbesondere die Prozessindustrie vor neue, gewaltige Aufgaben. Im Interview erklärt Conor Troy, geschäftsführender Inhaber von Conor Troy Consulting, wie OpEx-Programme auch in turbulenten Zeiten erfolgreich gestaltet werden. Das Gespräch führte Volker Oestreich.

CHEManager: Vor einigen Jahren, lange vor Ausbruch der Coronapandemie, haben Sie in einem Vortrag auf dem OpEx-Forum auf die Herausforderungen der VUCA-Welt hingewiesen. Corona hat die Welt volatiler und komplexer gemacht, jetzt kommt mit der Russland-Krise zusätzliche Unsicherheit und Ambiguität. Ist unter diesen Umständen überhaupt noch Opera­tional Excellence in der Prozess­industrie erreichbar?

Conor Troy: Lassen Sie mich dem herausforderndem Akronym VUCA für Volatility, Uncertainty, Complexity  und Ambiguity die positive Sichtweise für VUCA, nämlich Vision, Understanding, Clarity und Agility gegenüberstellen. Führen bedeutet, ein Unternehmen auch in unsicheren Zeiten visionär und mit Klarheit zu steuern und aus Herausforderungen Chancen zu machen. Das ist natürlich derzeit nicht leicht. Die sich so rapide ändernden Rahmenbedingungen verursachen viele, manchmal zu viele Projekte und Initiativen, die um Ressourcen konkurrieren, und die Konflikte in den übergreifenden Zielsetzungen hervorrufen. Robuste Zielausrichtungsprozesse, die sich an das dynamische und sich ständig verändernde Umfeld anpassen, sind eine der Schlüsselaufgaben für Führungskräfte; das Training dieser Fähigkeit ist jedoch unterrepräsentiert. Dies zeigt auch unser OpEx-Index, den wir für 2021 erstmals umfassend erhoben haben.

Damit kommen wir auch zum eigentlichen Grund unseres Zusammentreffens. Was genau ist der OpEx-Index und wer hat daran teilgenommen?

C. Troy: Nach turbulenten 1,5 Jahren, hauptsächlich getrieben durch Covid-19, wurden wir von unseren Kunden motiviert, einen branchenübergreifenden Gesundheitscheck insbesondere zu den OpEx-Programmen in der Prozessindustrie durchzuführen. Befragt wurden Personen aus der Prozessindus­trie mit Managementkapazitäten, das heißt Operational Executives, OpEx-Experten und Leaders, sowie Plant & Production Manager. Ziel war es, einen quantitativen Check für die aktuelle OpEx-Stimmung zu erhalten und aufzuzeigen, welche Trendthemen das Handeln von Führungskräften in diesem Indus­triesektor vorantreiben.

Die Ergebnisse zeigen, wie sich die Manager und ihre Firmen auf dem aktuellen Markt schlagen, was die größten kurz- und langfristigen Herausforderungen und Trends aus der Sicht von Branchenkollegen sind, und Metriken zu branchenweiten Erfolgsraten von Programmen zur kontinuierlichen Verbesserung schaffen.

Wie sieht es denn übergreifend mit der Zufriedenheit mit OpEx-Maßnahmen in der Branche aus?

C. Troy: Der OpEx-Index zeigt, dass immer noch viele der Befragten mit der Leistung ihrer OpEx-Programme unzufrieden sind, obwohl bei über 60 % der aktuell erhobenen Projekte das Effektivitätsniveau die Erwartungen erfüllt oder übertrifft. Diese Werte sind erheblich höher als die Benchmark-Werte aus internationalen Studien vor Covid-19, die durchschnittlich 30–40 % Zufriedenheit ergaben. Viele Kunden hatten sowohl die Budget- als auch die Spar­erwartungen für 2021 aufgrund von Unsicherheiten nach den vollen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 nach unten angepasst, was zu niedrigeren Gesamterwartungen führte. Trotzdem haben immer noch fast 40 % der OpEx-Programme nicht die von der Unternehmensführung erwarteten Leistungsverbesserungen erzielt.

 

„Der OpEx-Index liefert uns wichtige Informationen für unser weiteres Handeln auf dem Weg zur Operational Excellence.“

 

Opex Index © Conor Troy

Welche besonderen Herausforderungen gibt es derzeit bei den OpEx-Projekten?

C. Troy: Immer wieder genannt werden Konflikte bei der Ressourcen­zuweisung und Themen im Zusammenhang mit Führung, die die volle Wirksamkeit von OpEx-Programmen verzögern. Es gibt einen klaren Bedarf an aktiverem Führungsengagement bei der Steuerung der Ressourcenzuweisung und für sichtbare Unterstützung der OpEx-Programme. Große Herausforderungen gibt es auch bei aktiver Mitarbeitermotivation und beim Change Management. Mangelnde Quantität und Qualifikation der Mitarbeiter zur Unterstützung von Verbesserungsmaßnahmen werden ebenfalls als Hindernis für Leistungsverbesserungen betrachtet.

Alle diese Bereiche müssen von der Führung angegangen werden, um Verbesserungsprogramme voranzutreiben: Die Stabilisierung von Programmen und der Aufbau robusterer Projektpipelines für zukünftige Verbesserungen werden am häufigsten genannt. Die Ausrichtung auf Prioritäten und die Zuweisung von Ressourcen zu den größten Chancen erfordert mehr Aufmerksamkeit, da viele Aktivitäten um die gleichen begrenzten Ressourcen konkurrieren. OpEx-Programme nach der globalen Covid-19-Pandemie wieder auf Kurs zu bringen, wird von vielen Führungskräften als größte Einzelherausforderung für die unmittelbare Zukunft angesehen.

Können Sie hierzu ein paar konkrete Aussagen nennen, die sich bei Ihrer Umfrage ergaben?

C.Troy: Ja, gerne. Da ist zum Beispiel die Aussage eines Senior Manager der Getränkeindustrie, der sagte: „Wir müssen unsere OpEx-Aktivitäten nach den Störungen durch die Covid-19-Pandemie wieder stabilisieren, viele unserer Routinen haben darunter gelitten.“ Das ist im Prinzip richtig, und wahrscheinlich auch gut so: viele OpEx-Programme werden nicht zu vorpandemischen Strukturen zurückkehren. Viele positive Lehren aus der Krise werden in die neue Normalität einfließen und einen Mehrwert für die Innovatoren liefern.

Ein Manager aus dem mittleren Führungskreise eines Unternehmens für Consumer Packaged Goods sagte uns: „Es gibt zu viele Projekte und Initiativen, die um Ressourcen konkurrieren, wir haben Konflikte in unseren Zielsetzungen und viele konkurrierende Projekte, die Führung muss klarere Prioritäten setzen.“ Wir meinen dazu, dass robuste Zielausrichtungsprozesse, die sich an das dynamische und sich ständig verändernde Umfeld der OpEx-Programme anpassen, eine der Schlüsselaufgaben für Führungskräfte sind. Das Training dieser Fähigkeit ist unterrepräsentiert.

Ein Senior Manager aus der Chemieindustrie sagte uns: „Unsere Mitarbeiter sind der Schlüssel zum Erfolg unserer OpEx-Initiativen, wir müssen weiterhin in den Aufbau von Kompetenz in unseren Shopfloor-Teams investieren und es ihnen ermöglichen, einen Beitrag zu leisten.“ Das unterstützen wir voll und ganz. Mehr Verantwortung auf die Mitarbeiter an vorderster Front zu übertragen, die Kraft der Digitalisierung zu kombinieren und die Schulungsprozesse umzurüsten, um autonome Teams zu unterstützen, wird eine zentrale Herausforderung für Führungskräfte sein.

Welche Einblicke und Ratschläge können Sie dem Management geben, um ihre Organisationen zu steuern?

C.Troy: Nutzen Sie die Kraft der digitalen und aktiven Führung, um die Leistungsverbesserung in den nächsten drei bis fünf Jahren voranzutreiben. Führung und Digitalisierung sind eng miteinander verknüpft – Führung muss digitale Fähigkeiten aufbauen, um OpEx-Aktivitäten der nächsten Stufe zu entwerfen.

Motivation und Schulung der Mitarbeiter sind für den Programm­erfolg besonders relevant, sie sind deshalb eine wichtige Führungsaufgabe. Auch die Demografie gewinnt an Bedeutung, da der „War on Talents“ an Fahrt gewinnt – auch hier spielt Motivation eine wichtige Rolle. Kurz gesagt: Die zwei Megatrends Digitalisierung und Demografie treiben die Leadership-Agenda voran.

Was sind die besonderen Herausforderungen an die Führungskräfte, um OpEx-Projekte zum Erfolg zu bringen?

C.Troy: Das sind Arbeitsbelastung, Zeitdruck und fehlende strategische Ausrichtung. Aktuelle Herausforderungen spiegeln deutlich die ressourcenorientierten Herausforderungen der Führung wider. Stärkere strategische Leitlinien sind erforderlich, um die Prioritäten und die Ressourcenzuweisung zu steuern.

Der Bedarf an beziehungsorien­tierten Fähigkeiten wird von Führungskräften als am relevantesten für den zukünftigen Erfolg von OpEx-Programmen angesehen. Das gilt insbesondere für die Fähigkeit der Führung, in Zeiten der Unsicherheit eine klare Kommunikation zu vermitteln. Kommunikationsfähigkeit, Vorbildfunktion und Empathie gelten als zentrale Führungskompetenzen der Zukunft. Führung muss sowohl die Kommunikation als auch das „Walk-the-Talk“ stärken, um erfolgreich zu sein. Aufgabenorientierte Kompetenzen werden eher als Fähigkeiten angesehen, die innerhalb von OpEx-Teams entwickelt werden müssen.

Welche Unterstützung, Trainings und Coachings hätten sich Führungskräfte im Zusammenhang mit Remote Leadership denn gewünscht?

C.Troy: Lassen Sie mich dazu wieder ein paar der Befragten zitieren: „Mehr Anleitung und Coaching zur Verwaltung der täglichen Abläufe in der Remote-Fertigung wären sehr hilfreich gewesen und hätten uns ermöglicht, unsere Lean-Dynamik im vergangenen Jahr aufrechtzuerhalten.“ sagte ein Befragter aus dem mittleren Management. Wir haben viele Organisationen beim Übergang zu Remote/Hybrid Shop Floor Routinen unterstützt. Klarheit über Rollen und Beitrag, kombiniert mit strukturierteren Agenden sind Teil des Rezepts.

Oder ein Senior Manager aus der Chemieindustrie: „Die Pandemie hat uns deutlich gezeigt, dass Soft Skills eine wichtigere Rolle spielen, wenn wir Teams aus der Ferne führen, wir müssen diese Fähigkeiten in unseren Führungsteams stärker kultivieren.“ Ja, das sehen wir auch so, und deshalb trainieren und coachen wir seit vielen Jahren Soft Skills in unserer Op-Ex Akademie. Die Pandemie hat den Bedarf an diesen Kompetenzen noch verstärkt und ihre Bedeutung unterstrichen.

Eine Aussage war: „Eine Grundschulung zur Nutzung von Online-Tools für die Zusammenarbeit und Ideenfindung für unsere Teamleiter wäre eine große Hilfe gewesen. Neue Ideen zu generieren war eine große Herausforderung!“ Wir sind der Meinung, dass der menschliche Kreativitätsprozess stark abhängig von spontaner Interaktion und Co-Creation ist. Diese Umgebung in Remote-Sitzungen zu transportieren, erfordert eine gute Moderation und auch einige technische Fähigkeiten.

„Das aktuelle turbulente Umfeld erfordert ein höheres Maß an Transparenz bei Initiativen und ein dynamischeres Modell für die Ressourcenzuweisung.“

Wie lassen sich die zentralen Erkenntnisse und die daraus resultierenden Empfehlungen aus dem OpEx-Index 2021 für die Leiter von OpEx-Programmen zusammenfassen?

C.Troy: Der größte Hebel zur Verbesserung der Leistung und Zufriedenheit mit OpEx-Programmen liegt in und mit Leadership. Hohes Engagement und Vorbildfunktion haben große Wirkung auf den Erfolg. Wir empfehlen, die Führungsrolle bei OpEx-Aktivitäten zu überdenken und die aktive Teilnahme und das Engagement zu priorisieren.

Das aktuelle turbulente Umfeld erfordert ein höheres Maß an Transparenz bei Initiativen und ein dynamischeres Modell für die Ressourcenzuweisung, um eine maximale Wirkung zu gewährleisten. Dazu muss die Qualität des Programm-Managements und die Transparenz über den Projektstatus verbessert werden.

Erhebliches ungenutztes Verbesserungspotenzial liegt auch im Bereich Automatisierung und Digitalisierung, das im Rahmen der OpEx-Agenda angegangen werden sollte. Die IT kann eine unterstützende Rolle spielen, aber der Betrieb muss die Use-Cases definieren und vorantreiben. Wir empfehlen einen vollständigen digitalen Reifegrad-Check und die Erstellung einer digitalen Verbesserungs-Roadmap, um den Transformationsprozess zu beschleunigen.

 

 

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