Anlagenbau & Prozesstechnik

Souverän agieren in unsicheren Zeiten durch Analyse von Kostentreibern

Advanced Analytics für Einkauf und Supply Chain in der Chemieindustrie

17.05.2023 - Nur wer seine Prozesse transparent und intelligent aufgebaut hat, kann in unsicheren Zeiten souverän operieren – dies gilt ganz besonders im Beschaffungsprozess.

Wenn die Unsicherheit für Unternehmen steigt, z.B. aufgrund von Lieferengpässen oder durch krisenbedingte Preisschwankungen, müssen die internen Abläufe optimal stimmen. Denn nur wer seine Prozesse transparent und intelligent aufgebaut hat, kann in unsicheren Zeiten souverän operieren. Gerade in der Beschaffung führen die disruptiven Märkte und wachsender Kostendruck zu der Notwendigkeit, Transparenz zu schaffen und jederzeit über die aktuellen Entwicklungen der Einkaufspreise im Bilde zu sein.

Kostensteigerungen zeigen sich nicht nur an der Supermarktkasse: Pandemie, Energiekrise und politische Konflikte führen auch in der Beschaffung zu immer höherem Kostendruck und Preiserhöhungen in fast allen Warenbereichen. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette verschärfen sich die Bedingungen für Unternehmen. Zu Ungewissheit und disruptiven Marktentwicklungen kommen in vielen Unternehmen jedoch oftmals auch interne Probleme: Durch fehlende Transparenz über die Supply Chain und Kostenstrukturen beim Lieferanten können Maßnahmen zur Kostenoptimierung nicht identifiziert werden. Insbesondere in der Chemiebranche fehlt es den meisten Unternehmen an Transparenz über die Lieferkette und die Produktionsschritte ihrer Vorprodukte. Dieses Wissen über die Produktionsstufen und -orte der Produkte ist jedoch ein Wettbewerbsvorteil in der Verhandlung mit den eigenen Lieferanten.

Hier kommt Advanced Analytics ins Spiel: Mit der kennzahlengetriebenen Analyse interner und externer Daten entwerfen Unternehmen Szenarien für den Beschaffungsmarkt und entsprechende Maßnahmen, um auf alle Entwicklungen des Marktes vorbereitet zu sein – und somit einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen.

 

„In der Chemiebranche fehlt es den meisten Unternehmen an Transparenz über die Lieferkette und die Produktionsschritte ihrer Vorprodukte.“

 

Überblick über den Status quo durch Ist-Analyse

Um Kosten im Einkauf effektiv zu optimieren und Risiken entlang der Lieferkette langfristig zu reduzieren, besteht der erste Schritt in der Schaffung von Transparenz über die Werttreiber der Produkte und Dienstleistungen. Für jeden einzelnen Artikel gilt es deshalb, im Rahmen einer Ist-Analyse Kostentransparenz zu erlangen: Sowohl Material- und Rohstoffkosten als auch Energiekosten, Logistik- und Personalausgaben. Um dies ressourcenschonend durchzuführen, sollten im ersten Schritt die zu analysierenden Produkte kategorisiert werden. Nach einer Kategorisierung in den Detailebenen – etwa Artikelebene, Produkt- und Warengruppe – werden allgemeine Kostentreiber, wie Inflation und Wechselkurse, und produktspezifische Kostentreiber, wie z. B. Rohstoffe, Energie und Personal, für jede Ebene identifiziert. Bei mehrstufigen Lieferketten und Produktionsschritten lohnt es sich hierbei für Top-Produkte jede Produktionsstufe einzeln zu bewerten, da zum Beispiel die Energiekosten in den chemischen Prozessen auf Grund des Prozessschrittes (endogene/exogene Vorgänge) als auch dem Standort der Produktion sehr unterschiedlich sein können. Aufbauend auf der Definition der Werttreiber wird eine Gewichtung der Kostenanteile vorgenommen. Auf diese Weise lassen sich die Kostenanteile jedes zu beschaffenden Produkts transparent darstellen. Eine Validierung der Gewichtung kann im weiteren Schritt sowohl über die Bewertung der vergangenen Preisentwicklungen als auch durch den Austausch mit Lieferanten erfolgen.

Benchmark zu Marktentwicklungen

Um die Gewichtung der Werttreiber in eine zeitliche Entwicklung zu überführen, ist die Verknüpfung der Kostenpositionen mit externen Marktdaten und Indizes von Datenbanken notwendig. Typische Indizes stellen dabei neben den klassischen Rohstoffindizes etwa Währungsentwicklungen und die Inflationsraten dar. Um Vergleichbarkeit zu gewährleisten, werden diese externen Daten normalisiert.

Auf dieser Basis können dann die unternehmensinternen Entwicklungen der Einkaufspreise mit den Marktentwicklungen verglichen werden. Mit Hilfe dieses Wissens agieren Unternehmen strategischer und agiler. Denn sie erkennen nicht nur schnell Preissenkungen am Markt für Produkte und Rohstoffe, sondern können auch die Auswirkung von Preissteigerungen auf den Gesamtpreis ihrer Produkte anhand der jeweiligen Kostenanteile schnell bewerten. So verschafft sich die Organisation eine Grundlage für eine bessere Verhandlungsposition und sichert sich Transparenz im Agieren mit Lieferanten.

 

„Um die Gewichtung der Werttreiber in eine zeitliche Entwicklung zu überführen, ist die Verknüpfung mit externen Marktdaten notwendig.“

 

Simulation und frühzeitige Maßnahmenentwicklung

Das Wissen über die eigenen Kostenstrukturen einerseits und die Marktentwicklungen andererseits versetzen Unternehmen in die Lage, die Gegenwart souverän und effektiv zu bewerten. Darüber hinaus schaffen sie aber auch ein Bild der Zukunft: Denn auf Basis der Transparenz lassen sich Szenarien und Warnsysteme für künftige Preisentwicklungen entwerfen. Für verschiedene Szenarien definiert die Einkaufsabteilung klare Handlungsanleitungen und Maßnahmen, um negative Folgen zu minimieren.

Für jede Werttreibergruppe werden Szenarien entwickelt, die sich aus dem Marktwissen der Einkäufer und den Vorhersagen, basierend auf den aktuellen Entwicklungen, speisen. Diese verschiedenen Szenarien werden dann kombiniert und eine Simulation für die nächsten sechs bis zwölf Monate durchgeführt. Anhand dieser Szenarien wird es möglich, Auswirkungen aller untersuchten Preisentwicklungen auf das Einkaufsvolumen und die internen Folgeprozesse zu bewerten, z. B. die Entwicklung der Stückkosten und Margen. Für die entsprechenden Szenarien sollten dann die Maßnahmen definiert werden. Mögliche Maßnahmen bei zukünftigen Preissteigerungen stellen beispielsweise die Bevorratung und die Anpassung der Verkaufspreise dar.

Jedes Szenario funktioniert nach erfolgreicher Implementierung aller beschriebenen Schritte wie ein Warnsystem: Das Unternehmen wird in die Lage versetzt, die Bedeutung zukünftiger Entwicklungen am Einkaufsmarkt bereits im Voraus zu bewerten und kann im Bedarfsfall bereits definierte Maßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen auf die Organisation so gering wie möglich zu halten.

Fazit

Advanced Analytics befähigt die Verantwortlichen im Supply Chain Management und Einkauf, nicht nur die Gegenwart besser zu verstehen, sondern auch für mögliche Szenarien in der Zukunft gerüstet zu sein. Im Falle disruptiver Entwicklungen des Marktes kann mithilfe der entwickelten Szenarien über die Beschaffungsmärkte nicht nur der Einkauf, sondern das gesamte Unternehmen agiler operieren und sich somit effektive Wettbewerbsvorteile schaffen.

Autorin/Autor: Anne Schramm und Gereon Küpper, Höveler Holzmann, Düsseldorf

 

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Zur Person

Anne Schramm ist Managerin bei Höveler Holzmann und leitet den Advanced Analytics Bereich. Sie berät vor allem Handels- und Konsumgüterunternehmen bei der ganzheitlichen Optimierung der Supply Chain durch die Anwendung von Advanced Analytics und der Schaffung transparenter Einkaufsprozesse.

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Gereon Küpper ist Partner bei Höveler Holzmann und spezialisiert auf gesamthafte Optimierungen im Supply Chain Management, insbesondere in der Chemieindustrie. Zudem leitet er den Bereich Digitalisierung und Softwareauswahl.

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