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VCI mahnt höheres Tempo im Innovationswettlauf an

Digitalisierung, Nachhaltigkeit und eine zirkuläre Wirtschaft bieten dem Chemiestandort Deutschland viele Chancen

11.12.2018 -

Digitalisierung, Nachhaltigkeit und das Ziel einer zirkulären Wirtschaft bieten für den hochentwickelten Chemie- und Pharmastandort Deutschland viele Chancen seine Wettbewerbsfähigkeit auszubauen. Und die Ausgangslage hierfür ist gut: Deutschland gehört zu den forschungsstärksten Ländern der Welt. Wir liegen auf Rang 4. Das zeigt der Innovationsindikator der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften und des Bundesverbandes der Deutschen Industrie.

Auch unsere Branche ist so aufgestellt, dass sie künftige Herausforderungen im Innovationswettbewerb meistern kann: Das starke Industrienetzwerk in Deutsch­land, gut ausgebildete Fachkräfte, exzellente Hochschulen und Forschungsein­richtungen, unsere Innovationskraft sowie unser starker und kundennaher Mittel­stand sind dabei wichtige Erfolgsfaktoren. Hinzu kommen die seit Jahren steigenden Forschungsetats: Nach unseren Schätzungen wird die Branche 2018 bei den Forschungsinvestitionen die 11 Mrd. EUR Grenze erreichen.

Doch trotz dieser vielen Stärken bei Forschung und Entwicklung (F&E) schmilzt unser Wettbewerbsvorsprung: Die USA und China setzen vermehrt Instrumente ein, um ihre heimischen Unternehmen im Innovationswettbewerb zu stärken. Andere asiatische Staaten tun es ihnen gleich. Darum brauchen wir mehr Tempo in Deutschland, um im globalen Innovationswettlauf gegen Forschungsgroßmächte wie USA, China oder Südkorea mithalten zu können.

Einige der geplanten Maßnahmen der Bundesregierung geben zwar die richtige Starthilfe: Bis 2025 sollen 3,5% des Volkseinkommens in F&E investiert werden. Dazu will sie den Pakt für Forschung und Innovation fortführen, die Hightech-Strategie als ressortübergreifende Innovationsstrategie weiterentwickeln und eine steuerliche Forschungsförderung einführen, allerdings beschränkt auf KMU. Eine solche Förderung sollte aber allen forschenden Unternehmen zugutekommen, unabhängig von ihrer Größe und zusätzlich zur Projektförderung gewährt werden.

Wir haben jetzt erstmals Aussicht, dass die Bundesregierung tatsächlich dieses wichtige Instrument einführen will, um das 3,5% Ziel zu erreichen. Wir in der chemischen Industrie tragen dieses Ziel uneingeschränkt mit, obwohl dies für die Wirtschaft ein richtiger Kraftakt wird. Schließlich muss sie zwei Drittel der zusätzlichen Forschungsmittel aufbringen. Allein für unsere Branche heißt das: Bis 2025 müssen die unternehmensinternen F&E-Ausgaben um mehr als 4% pro Jahr steigen. Gegenüber 2015 ist das ein Plus von über 50%. Dabei ist eines ganz klar: Diesen Mehraufwand kann die Branche ohne zusätzliche Anreize nicht stemmen.

Ein Blick in die Welt zeigt, dass fast alle OECD-Länder Forschung über steuerliche Anreize fördern. Bestes Beispiel ist Österreich: Bei unseren Nachbarn gibt es seit mehreren Jahren eine solche Förderung. Seit 2018 werden mittlerweile 14% der F&E-Kosten als Baraus­zahlung beziehungsweise als Steuergutschrift für alle Unternehmen erstattet. Und der Erfolg gibt der Alpenrepublik recht: Die Bruttoinlandsausgaben für F&E am BIP sind deutlich gestiegen – auf 3,1%; mehr als in Deutschland. Im EU-Vergleich für 2016 hat Österreich damit die zweithöchste Forschungsquote. Mittlerweile stammt weit über die Hälfte der industriellen F&E-Ausgaben in Österreich von ausländischen Konzernen. Investitionen, die uns in Deutschland ebenfalls gut zu Gesicht stünden. Auch für den Haushalt der Alpenrepublik hat dieses Förder­instrument positive Effekte: Allein die Lohnsteuerzahlungen der zusätzlichen Forscher können die Kosten der österreichischen Forschungsförderung etwa zur Hälfte decken.

Start-up-Unternehmen fördern

Im Koalitionsvertrag werden zwar die Begriffe „Start-up“ und „gründen“ erwähnt. Jetzt muss die Bundesregierung aber auch liefern. Für junge innovative Unternehmen ist Wagniskapital eine wichtige Finanzierungsquelle. In Deutschland fehlt es oftmals an der nötigen Anschubfinanzierung. Bessere Anreize für private Wagniskapitalgeber könnten hier relativ leicht Abhilfe schaffen. Sinnvoll wäre es daher, die steuerlichen Verlustvorträge zeitlich und in der Höhe unbeschränkt zu erhalten.

Innovationscheck einführen und Aufgeschlossenheit für neue Technologien fördern

Außerdem brauchen Innovationen auch gute Gesetze: Regelwerke sollten die Entwicklung moderner Produkte und Verfahren unterstützen und nicht behindern. Bestehende und künftige Gesetze sollten deshalb mit einem Innovations-Check überprüft werden, wie sie sich auf die Innovationskraft auswirken. Das gilt vor allem bei der Regulierung neuer Technologien wie Gene Editing.

Gleichzeitig brauchen wir auch mehr Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem und mehr Akzeptanz neuer Techniken. Leider leben wir in einer Zeit, in der Bedenken mehr gelten als Zuversicht. Das zeigt ganz besonders das kürzlich verkündete Urteil des Europäischen Gerichts­hofs zu Gene Editing: Es basiert nicht auf wissenschaftlichen Fakten, sondern es blockiert das Potenzial von CRISPR/Cas und Co. Wissenschaftliche Erkenntnisse sollten stärker berücksichtigt werden. Damit die diffusen Ängste der Gesellschaft abgebaut und die Chancen von neuen Produkten und Verfahren erkannt werden. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um die Möglichkeiten und die Notwendigkeit der Digitalisierung und der Vision einer zirkulären Wirtschaft zu verstehen.

Mit innovativen Produkten, Verfahren und Technologien erschließen sich Unternehmen neue Märkte und sichern sich Wettbewerbsvorteile. So erhalten und schaffen sie Arbeitsplätze. Innovationsfähigkeit ist also ein Muss für das Industrieland Deutschland. Zukunftsorientiertes Denken und Handeln sind für einen erfolgreichen Forschungsstandort Deutschland daher unumgänglich. Denn mit einem Status quo dürfen wir uns nicht zufrieden geben. Ich bin überzeugt. Das wird sich für den Wirtschaftsstandort Deutschland auszahlen.

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