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Volker Trautz: Basell und Lyondell fusionieren zu Lyondellbasell

Für einander geschaffen

15.11.2010 -

Im Herbst letzten Jahres platzte der Kauf des US-Chemieunternehmens Huntsman durch Basell. Stattdessen wird Huntsman derzeit vom Wettbewerber Hexion übernommen. Viel Zeit indes brauchte der Polymerproduzent Basell, dessen Wurzeln im Polyolefingeschäft von BASF und Shell liegen, nicht, um sich nach Alternativen umzusehen. Nur wenige Wochen später wurde die Fusion mit Lyondell bekannt gegeben. CHEManager sprach mit Volker Trautz, CEO des fusionierten Unternehmens. Das Interview führte Roy T. Fox.

CHEManager: Herr Trautz, was waren die wesentlichen Gründe für den Zusammenschluss von Lyondell und Basell?

V. Trautz: Basell und Lyondell sind in fast perfekter Weise für einander geschaffen. Beide Unternehmen haben sich bei regionaler Ausrichtung, Produktlinien, Technologien und Mitarbeitern sehr gut ergänzt. So wie wir die Industrie sehen, glauben wir, dass die Vergrößerung unseres Unternehmens und unseres Produktumfanges entscheidend für unseren langfristigen Erfolg ist. Heute hat Lyondellbasell durch die vertikale Integration seiner Anlagevermögen - angefangen von Raffinieren bis hin zur Herstellung hochspezialisierter Produkte - eine einzigartige Stellung in der Chemieindustrie. Die Zusammenführung von Basell und Lyondell hat aus uns ein weltweit führendes Unternehmen in der petrochemischen Industrie gemacht. Wir sind jetzt der drittgrößte Chemiekonzern der Welt mit einem Jahresumsatz von mehr als 40 Mrd. US-$. Wir sind weltweit führend bei Polyolefinen und Propylenoxid, sind Hersteller von speziellen Kraftstoffprodukten und auch Eigentümer einer der größten Raffinerien mit vollständiger Umwandlung in Nordamerika.

Welchen Nutzen ziehen Sie aus der vertikalen Integration? Wäre dieser nicht auch durch eine Kooperation zu erzielen gewesen?

V. Trautz: Durch unsere vertikale Integration können wir die komplette Wertschöpfungskette kontrollieren und Nutzen aus der Ertragskraft ziehen, die bei jedem Schritt gegeben ist. Langfristig werden wir größeren Gewinn daraus ziehen können, wenn wir alle Bestandteile der Wertschöpfungskette besitzen, kontrollieren und davon auch profitieren können. Natürlich bedeutet diese vertikale Integration auch, dass unsere Geschäftseinheiten komplett aufeinander abgestimmt sind und zu jeder Zeit zum Nutzen des Gesamtunternehmens agieren. Joint Ventures und Partnerschaften sind von besonderer Bedeutung für uns und dann der richtige Ansatz, wenn jede Seite etwas einbringt. Nehmen Sie unsere Polyolefin-Joint Ventures in der ganzen Welt: Wo unsere Partner die regionale Expertise und den Zugang zu Rohstoffen mitbringen, da können wir unsere Polymertechnologie und unser globales Marketing-Netzwerk vorweisen.

Lyondells Stärke bei Rohstoffen und Standardchemikalien war ein Aspekt im Zusammenschluss, wo wir uns besonders gut ergänzt haben. War Lyondell der Experte in diesen Bereichen, so legte Basell seine führende Position im Polymergeschäft auf die Waage. Kombiniert man das, so hat man eine Vielfalt an Ansätzen, Verständnissen und Fähigkeiten, die die jeweilige Position beider Partner verbessern. Nehmen wir unsere Margen, können wir durch die vertikale Integration Erträge an verschiedensten Stellen zu verschiedensten Zeitpunkten erwirtschaften. Die Ertragskraft des einen hilft die Schwäche eines anderen Bestandteils in der Wertschöpfungskette wieder aufzuwiegen. Und weil wir an allen Stufen der Wertschöpfung teilhaben, können wir als Lyondellbasell unsere Ergebnisse für das Gesamtgeschäft verbessern.

Wie werden die Geschäftseinheiten künftig strukturiert sein?

V. Trautz: Unsere drei Bereiche - Polymere, Chemikalien und Kraftstoffe, und dazu noch unser Technologie-Geschäft - benötigen unterschiedliche Qualifikationen und Schwerpunkte. Deshalb war es selbstverständlich, dass wir sie als eigenständige Geschäftsfelder aufstellen, obwohl alle global agieren. Das Kraftstoffgeschäft ist verantwortlich für die Rohstoffversorgung unserer anderen Segmente, da sich dieses unmittelbar am Anfang unserer Herstellprozesse befindet und Erfahrung in einem Markt hat, in dem Preise täglich gestellt werden. Der Bereich Chemikalien kennt sich aus im Geschäft mit Grund- und Zwischenprodukten und hat wie all unsere Geschäftsfelder ein starkes Augenmerk auf seine Herstellprozesse. Im Bereich Polymere haben wir ein Geschäft, das einen engeren Bezug zum Kunden benötigt und die Produktformulierung besonders betont. Es ergibt ebenso Sinn, unser Technologie-Geschäft separat zu führen. So stellen wir sicher, dass wir auch weiterhin bestmöglich von der Nutzung und Lizenzierung unserer Technologie profitieren können. Unser Technologie-Geschäft ist ebenso auch ein Treiber und Katalysator für viele unserer Joint Ventures rund um die Welt.

Welchem Segment trauen Sie am meisten zu?

V. Trautz: Ich könnte wirklich keines unserer Geschäfte als stärker als ein anderes bezeichnen. Jedes ist einzigartig und gleich wichtig für das Ganze. Deshalb haben wir es ja auch so organisiert - wir wollten weder an Boden verlieren noch ein Geschäftsfeld überbetonen. Es geht für mich nicht darum, wer der stärkste ist. Unser Ziel ist, den größtmöglichen Wert aus unserem gesamten Guthaben zu beziehen. Jedes Geschäft wird zu bestimmten Zeitpunkten auch unterschiedlich agieren. Wir hoffen, dass in naher Zukunft alle Geschäftsfelder unter Beweis stellen werden, wie stark sie sind.

Welche Wachstumserwartungen haben Sie?

V. Trautz: Kurzfristig konzentrieren wir uns darauf, das Beste aus dem rauszuholen, was wir haben - nämlich mehr als 40 Mrd. US-$ Anlagevermögen und mehr als 15.000 qualifizierte Mitarbeiter. Wenn wir über einen regionalen Fokus sprechen, sehen wir, dass Wachstum in unserer Industrie im Wesentlichen im Mittleren Osten und in Asien stattfindet. Beide Unternehmen waren schon über Joint Ventures in Saudi-Arabien, Kasachstan und China aktiv. Wenn wir den Mittleren Osten, Asien und andere Gebiete inklusive Zentraleuropa, die frühere Sowjetunion und Südamerika als Wachstumsregionen definiert haben, müssen wir aber auch in der Lage sein, uns Investitionen in diese Regionen finanziell leisten zu können. Hier kommen unsere Anlagevermögen in den reiferen Märkten wie Nordamerika und Europa ins Spiel. Ihre Beiträge erlauben es uns, in neue Gebiete der Welt zu expandieren. Auch wenn wir unser Augenmerk nicht unbedingt auf neue Kapazitäten in den reifen Märkten legen, so erwarten wir dennoch durch andere Mechanismen Wachstum in diesen Regionen. Wir erleben eine aufregende Zeit in unserer Industrie. Es gibt in bestimmten Regionen dieser Welt eine wirtschaftliche Entwicklung, die alles übertrifft, was wir in der Vergangenheit erlebt haben. Und weil die Menschen in diesen Regionen von einem verbesserten Lebensstandard profitieren, sehen wir auch ein großes Nachfragewachstum für unsere Produkte.

Wie schätzen Sie den Einfluss des Ölpreises auf das Geschäft von Lyondellbasell ein?

V. Trautz:
Die Volatilität des Ölpreises und das Fehlen an Klarheit darüber, in welche Richtung das Pendel jeweils ausschlägt, macht uns eine Menge Schwierigkeiten. Wir befinden uns an einem Punkt der Wertschöpfungskette, an dem unser Chemikaliensegment Rohstoffe in einem Kraftstoffmarkt kauft und diese wiederum in einen Chemikalienmarkt verkauft. Die Margen während solch einer Volatilität zu erhalten, ist nie eine leichte Übung. Aber genau diese Tatsache bestärkt uns auch in unserem Glauben, dass es richtig ist, über eine vertikal integrierte Organisation ein Stück von jedem Bestandteil der Wertschöpfungskette zu besitzen. Ist ein Segment von den Märkten negativ betroffen, kann ein anderes von denselben Marktbedingungen wiederum profitieren.

Grundsätzlich müssen wir den Anstieg des Ölpreises in den letzten Jahren nicht nur negativ sehen. Denn der Anstieg wird auch von den sich entwickelnden Volkswirtschaften angetrieben, die dazu beitragen haben, die Nachfrage nach unseren Produkten zu erhöhen. Wir würden das anders sehen, wenn wir in Zukunft stabil hohe Preise hätten, die auf Lieferengpässe oder auf eine angeschlagene Weltwirtschaft zurückzuführen wären. Aber unberücksichtigt der Frage, wie sich in 2008 der Ölpreis entwickelt, wird uns das diversifizierte Portfolio von Lyondellbasell mehr Stabilität bringen, als es beide Unternehmen vor dem Zusammenschluss gehabt hätten.

Welche Rolle spielt Flüssiggas als Rohstoff für Lyondellbasell?

V. Trautz: Flüssiggas ist wichtig für uns. Unsere Olefinanlagen in den USA sind so flexibel, dass sie eine Palette von Rohstoffen, angefangen von Flüssiggasen bis hin zu Naphtha, aufspalten können. Im Mittleren Osten basierte beträchtliches Wachstum im letzten Jahrzehnt auf Ethan. Sollten wir noch etwas bauen, so würde das stets von der besonderen Situation und den Umständen abhängen. Mit dem richtigen Portfolio und einer vertraglich guten Position werden wir uns entsprechend positionieren können.

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