Anlagenbau & Prozesstechnik

Qualitätskontrolle im chemischen Recycling

ICP-OES und Elementaranalyse der Ausgangsstoffe und Endprodukte des chemischen Recyclings

26.07.2023 - Das chemische Recycling hat das Potenzial, die Kunststoffrecyclingquote deutlich zu steigern. Durch Techniken wie ICP-OES und die Elementaranalyse kann die Qualität von Ausgangsstoffen und Endprodukten des chemischen Recyclings schnell und einfach kontrolliert werden. Die wichtigsten Elemente sind hierbei Cl, S, N, Na, Si, Fe, Pb, Ca und Hg.

Überwiegend wird Kunststoff mechanisch recycelt. Hierbei wird minderwertiges Plastik produziert, das ein begrenztes Einsatzspektrum hat. Da sich nur gewisse Kunststoffarten – vor allem PET, das auch noch sehr sortenrein und sauber vorliegen muss – für das mechanische Recycling eignen, lässt sich durch dieses Verfahren allein die Recyclingquote nur begrenzt steigern. Durch chemisches Recycling rückt die Kreislaufwirtschaft für Kunststoff in greifbare Nähe. Bei dieser Recyclingtechnik wird der Kunststoffabfall in seine chemischen Grundbausteine zerlegt, aus denen dann neuwertige Kunststoffprodukte ohne Anwendungseinschränkungen erzeugt werden können. Als Ausgangsstoffe eignen sich besonders Polyolefinabfälle, welche 50 % aller Kunststoffabfälle bzw. 70 % aller Kunststoffverpackungen in Europa ausmachen und aktuell meist verbrannt werden. Das chemische Recycling stellt somit eine Alternative zur Müllverbrennung dar und ergänzt das mechanische Recycling, da die Techniken auf unterschiedliche Kunststoffarten als Ausgangsstoffe zurückgreifen.

Chemisches Recycling wird bereits eingesetzt

Das chemische Recycling von Kunststoffen ist längst keine Theorie mehr. Eine Partnerschaft zwischen der Eismarke Magnum von Unilever, dem saudi-arabischen Chemiekonzern Sabic und dem auf chemisches Recycling fokussierten Start-up Plastic Energy resultierte in der ersten Lebensmittelverpackung aus recyceltem Polypropylen.[1] 2021 wurden mehr als 30 Mio. Magnum-Becher aus chemisch recyceltem Plastik hergestellt. Bis 2025 soll die gesamte Produktion auf zirkuläres Plastik umgestellt werden. Auch die Verpackung des KitKat-Schokoriegels ist mittlerweile aus chemisch recyceltem Polypropylen – dank einer Zusammenarbeit von Nestle und dem Chemiekonzern LyondellBasell.[2] Vaude und Mercedes Benz geben in Zusammenarbeit mit BASF Altreifen ein neues Leben. Durch chemisches Recycling werden aus Altreifen hochwertige Outdoorkleidungsstücke bzw. Türgriffe und Crash-Absorber für Personenwagen. [3,4] Viele globale Chemiekonzerne haben sich chemisches Recycling auf die Fahne geschrieben. Eine Vorreiterrolle nimmt die BASF ein, die sich aktiv für die legislativen Rahmenbedingungen eines Massenbilanzansatzes einsetzt.[5]

 

Wie funktioniert chemisches Recycling?

In der Pyrolyse wird der Plastikabfall in einer sauerstofffreien Umgebung bei 600 °C aufgeschlossen. Die langen Polymerketten der Kunststoffe werden zerstört und es entsteht ein dickflüssiges Pyrolyseöl mit einem Spek­trum an unterschiedlich langen Kohlenwasserstoffketten. Da für die Plastikherstellung chemische Grundbausteine – Monomere wie Ethen, Propen und Buten – benötigt werden, müssen die Polymerketten des Pyrolyseöls noch weiter heruntergebrochen werden. Je nachdem wie schwer oder leicht das Pyrolyseöl ist, geschieht dies in einer Raffiniere in einem Steamcracker.

Qualitätsprüfpunkte beim chemischen Recycling

Um Korrosion, Katalysatorvergiftung und andere Probleme zu vermeiden, darf der Rohstoff, der in petrochemische Anlagen eingespeist wird, gewisse Grenzwerte für Heteroatome und Metalle nicht überschreiten. Die problematischsten Elemente bei Pyrolyseölen sind typischerweise Sauerstoff, Silizium, Halogene wie Chlor und Metalle wie Natrium, Eisen, Blei, Calcium und Quecksilber.[8] Wenn das Pyrolyseöl die kritischen Elementkonzentrationen überschreitet, sind Aufreinigungsschritte notwendig. Alternativ kann Pyrolyseöl auch mit Rohöl gemischt werden, um die Grenzwerte zu unterschreiten. Die Qualität der Pyrolyseprodukte hängt auch von der Qualität des Abfalls ab, der verarbeitet wurde. Je verunreinigter der Müll zu Beginn ist, desto intensiver die spätere Aufreinigung. Deswegen ist auch eine Eingangskontrolle der Kunststoffabfälle essenziell. Bei der Pyrolyse fällt auch Abwasser an. Dieses muss auf den Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff (TOC) und an adsorbierbaren organisch gebundenen Halogenen (AOX) untersucht werden, um die Wasserqualität einordnen zu können.

© Analytic Jena
Übersicht an Lösungen für Qualitätsprüfpunkte beim chemischen Recycling. © Analytik Jena

 

So hilft die Laboranalytik

Fokus 1: Metallanalyse von Pyrolyseöl mittels ICP-OES

ICP-OES oder „Inductively Coupled Plasma Optical Emission Spectroscopy” ist eine Technik, mit der eine schnelle und umfassende Metallanalyse von Pyrolyseöl über einen sehr großen Messbereich gelingt. Dabei wird die Probe in einem Plasma atomisiert und ionisiert. Bei diesem Prozess werden Photonen mit einer für das jeweilige Element charakteristischen Wellenlänge emittiert. Über eine spek­trale Auswertung dieser Emissionslinien können die in der Probe enthaltenen Elemente identifiziert und quantifiziert werden. Die Analyse von Pyrolyseöl bringt einige Herausforderungen mit sich, die jedoch durch ein für die Anwendung optimiertes ICP-OES zuverlässig gemeistert werden können.
Pyrolyseöl enthält stark variierende Elementkonzentrationen. Direkt nach der Pyrolyse kann der Anteil an Verunreinigungen sehr hoch sein, der Steamcracker benötigt jedoch ein sehr sauberes Produkt. Dank des größten Messbereichs am Markt – von ppt bis Prozent – liefert das PlasmaQuant 9100 Elite eine schnelle und eindeutige Entscheidungsbasis für Pyro­lyseöl sowohl vor als auch nach potenziellen Aufreinigungsschritten. Dank einer hochauflösenden Optik, die Interferenzen effektiv vom Signal trennt, können selbst niedrigste Elementgehalte wie etwa 0,3 ppb Eisen zuverlässig erfasst werden. Durch eine zuschaltbare Lichtabschwächung werden hohe Elementgehalte ebenfalls verlässlich detektiert.

Bei organischen Proben wie Pyrolyseöl müssen außergewöhnlich viele chemische Bindungen gebrochen werden, um die Probe zu ionisieren. Dies kann die Plasmastabilität schwächen und zu starken Intensitätsschwankungen führen. Um die Langzeitstabilität des Signals zu gewährleisten, kommt der Leistungsfähigkeit des Generators eine zentrale Rolle zu. Mit einer unerreichten Generatorleistung von 1.700 W können selbst unverdünnte Proben mit hohem Gehalt an organischen Verbindungen von dem Gerät problemlos gemessen werden. Ein optimiertes Design der Plasmafackel stellt darüber hinaus sicher, dass sich keine Kohlenstoffablagerungen am Injektor bilden und somit Wartungsarbeiten minimiert werden.

Die Analyse von Pyrolyseöl kann schnell teuer werden – gerade auch weil viele ICP-OES nicht über Nacht abgeschaltet werden sollten, während dieser Zeit aber Argongas und Strom weiter verbraucht werden. Der Analysator lässt sich bedenkenlos über Nacht abschalten und ist nach nur 15 Minuten Aufwärmphase wieder voll einsatzbereit. Allein dies resultiert in Kosteneinsparungen von ca. 20 %. Auch die unverdünnte Injektion von Pyrolyseöl spart Geld und Aufwand, da die Verwendung von weniger Lösungsmittel zu weniger Abfall und Kosten führt.

Fokus 2: Cl/S/N/C – Analyse von Pyrolyseöl mittels Elementaranalysator

Die Elementaranalyse ist eine etablierte Technik zur quantitativen Analyse von Nichtmetallen – hauptsächlich Schwefel, Stickstoff, Kohlenstoff und Halogeniden in organischen Probenma­trices wie bspw. Pyrolyseöl. Für die Bestimmung dieser Elemente wird die Probe in einer katalysatorfreien Hochtemperaturverbrennung im Sauerstoffstrom umgesetzt. Dabei wird aus den enthaltenen organischen Verbindungen neben Halogenwasserstoffen auch SO2, NOX, CO2 und Wasser gebildet. Das Wasser wird in einem Trocknungsschritt entfernt. Die Bestimmung der Elementgehalte erfolgt anschließend mit Hilfe selektiver Detektionsprinzipien. Um kostspieligen Problemen wie Korrosion und Katalysatorvergiftung vorzubeugen, müssen Analysewerte für Chlor und andere Heteroatome schnell verfügbar und absolut zuverlässig sein. Der Elementaranalysator multi EA 5100 ist hierfür geeignet. Für die Analyse von Pyrolyseöl bietet er Vorteile in drei entscheidenden Bereichen.

Pyrolyseöl ist hochviskos. Eine Verdünnung ist ein unerlässlicher Mehraufwand bei klassischen Analysegeräten, wird jedoch durch das beheizte Probengabesystem des Gerätes obsolet. Das Öl wird einfach und schnell direkt injiziert, der Verdünnungsschritt entfällt. Das minimiert Kosten, Abfall und Arbeitsaufwand für den Anwender.

Das Pyrolyseöl verbrennt unter normalen Bedingungen unkontrolliert und unvollständig. Die Folge sind inkorrekte Analysenergebnisse und ein merklich erhöhter Wartungsaufwand. Das System überwacht die Verbrennung der Probe mittels eines Flammensensors und optimiert den Prozess automatisch. Das Resultat ist eine völlig rußfreie, gefahrlose und komplette Verbrennung in kürzester Zeit. Anderen Systemen fehlt ein solcher Flammensensor und der Anwender muss das Verbrennungsprogramm selbst programmieren, was mühsame sowie langwierige Methodenentwicklung bedeutet – und zwar für jeden Probentyp und für jede Probenmenge auf ein Neues.

Pyrolyseöl hat stark variierende Cl-Gehalte. Der Analysator kann sogar 10 ng Chlor zuverlässig nachweisen mittels einer speziellen Sensorelektrode. Gleichzeitig ist auch die Quantifizierung von 1 mg Chlor ohne vorherige Verdünnung der Probe problemlos möglich. Korrekte Messergebnisse über einen solch großen Konzentrationsbereich erfordern eine Heizung des Messgaszweigs bis zur Trocknung. Ansonsten kondensiert Wasser und hält den Chloranalyten fest, was zu Minderbefunden führt – besonders im Spurenbereich. Um kleine Gehalte quantifizieren zu können, ist auch die Stabilität des Messsignals entscheidend. Aus diesem Grund ist die elektrochemische Zelle des multi EA 5100 gekühlt, damit keine Elektrolytlösung evaporiert, und lichtgeschützt, um unerwünschte photochemische Reaktionen zu verhindern.

Da konzentrierte Schwefelsäure für die Messgastrocknung eingesetzt wird, ist Betriebssicherheit insbesondere bei Chloranalytik ein (lebens-)wichtiges Thema. Das Analysengerät verhindert den Rückfluss von Schwefelsäure zuverlässig und schützt damit sowohl den Anwender als auch das teure Analysengerät. Dieser Schutz beruht einerseits auf dem Flammensensor, der eine schlagartige Verbrennung und den damit verbundenen Druckstoß überhaupt nicht entstehen lässt und andererseits auf einem besonderen Filter, der z.B. Druck­entlastungen wegen Schwankungen in der Stromversorgung abfängt.

Referenzen
[1] https://www.magnumicecream.com/uk/stories/­sustainability/recycled-tubs.html
[2] https://www.kitkat.co.uk/recycle-packaging
[3] https://experience.vaude.com/nachhaltige-outdoor-ausrustung-aus-recycelten-altreifen/
[4] https://media.mercedes-benz.com/article/­3de48ee0-8a4d-4e26-b9b5-eb55cf1f8b5b?q=altreifen
[5] https://www.basf.com/global/de/who-we-are/sustainability/we-drive-sustainable-solutions/circular-­economy/mass-balance-approach.html
[6] Kusenberg, M., Zayoud, A., Roosen, M., Thi, H. D., Abbas-Abadi, M. S., Eschenbacher, A., ... & Van Geem, K. M.; A comprehensive experimental investigation of plastic waste pyrolysis oil quality and its dependence on the plastic waste composition. Fuel Processing Technology. 2022, 227/ 107090, pages 1-14, https://doi.org/10.1016/j.fuproc.2021.107090

Autorin: Simone Beatrice Moos, Analytik Jena Deutschland

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