Logistik & Supply Chain

Chemikalien sicher transportieren

Transport von Chemikalien in der chemisch-pharmazeutischen Industrie

14.10.2020 - Chemikalien gehören zu den Wirtschaftsgütern, die täglich in erheblichen Mengen auf Straßen, Schienen oder Wasserwegen befördert werden. Als Vor-, Zwischen- oder Endprodukte spielen Chemikalien in vielen Industriezweigen eine wichtige Rolle.

Das bedeutet, dass nicht nur Chemieunternehmen selbst, sondern auch andere Branchen und Handelsunternehmen in hohem Maße chemische Erzeugnisse transportieren. Bei ihren Transporten achtet die chemisch-pharmazeutische Industrie strengstens auf die Einhaltung nationaler und internationaler Vorschriften.

Im Jahr 2018 wurden in Deutschland insgesamt 4,1 Mrd. t Güter befördert, davon entfielen 229 Mio. t auf Chemikalien. Etwa 40 % der transportierten chemischen Erzeugnisse sind Gefahrgüter.

Chemische Erzeugnisse werden in Deutschland so transportiert:

  • 141 Mio. t mit dem Lkw
  • 27 Mio. t mit der Eisenbahn
  • 21 Mio. t mit dem Binnenschiff
  • 23 Mio. t mit Seeschiffen
  • 17 Mio. t per Pipeline

(Quelle: Statistisches Bundesamt, VCI)

Die chemische Industrie selbst verantwortete 2018 den Transport von rund 74 Mio. t Chemikalien. Davon sind schätzungsweise ca. 40 %, also etwa 29,6 Mio. t, Gefahrgüter. Die Daten basieren auf dem Responsible-Care-Bericht 2019 des VCI.

Transportsicherheit steht im Fokus
Für die Beförderung von Gefahrgütern gibt es in Deutschland und international umfassende gesetzliche Regelungen. Das Einhalten der Transportvorschriften ist Basis aller Distributionsaktivitäten in der chemisch-pharmazeutischen Industrie. Außerdem ist die Sicherheit beim Chemikalientransport ein wesentliches Element im Rahmen der weltweiten Brancheninitiative „Responsible Care“. Die Unternehmen wollen das Risiko bei Transport und Umschlag von Chemikalien für Mensch und Umwelt kontinuierlich weiter verringern. Zu den umfangreichen Maßnahmen der Branche gehören:
Sie bildet regelmäßig alle am Transport und Umschlag beteiligten Mitarbeiter in Sicherheits- und Umweltfragen aus.

Sie wählt gezielt die Logistikpartner aus; z.B. anhand der VCI-Anforderungsprofile und überwacht sie mithilfe standardisierter Fragebögen (Safety and Quality Assessment – SQAS). Dieses System informiert über den Schulungsstand der Mitarbeiter, die Reaktionszeit bei Notfällen, die Ausrüstung seiner Fahrzeuge oder vorhandene Sicherheitspläne von Dienstleistern.

Sie überprüft regelmäßig Transportvorgänge und Fahrzeuge inklusive Ein- und Ausgangskontrollen, z.B. mit VCI-Checklisten für Gefahrgutkontrollen.
Der VCI stellt den Mitgliedsunternehmen weitere Leitfäden und Hinweise zum Gefahrgut-Transport zur Verfügung, um die Umsetzung sicherheitserhöhender Maßnahmen in der Transportpraxis zu erleichtern.

Zuverlässiger Partner: TUIS

Trotz aller Vorsorge- und Sicherheitsmaßnahmen lassen sich Unfälle mit gefährlichen Gütern nicht völlig ausschließen. Deshalb hat der VCI 1982 ein freiwilliges Hilfeleistungssystem bei Unfällen mit Chemikalien aufgebaut: das Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem (www.tuis.org) der deutschen chemisch-pharmazeutischen Industrie. Es bietet mit seinen etwa 130 TUIS-Mitgliedern rd. um die Uhr ein dreistufiges Hilfeleistungspaket bei allen Transportunfällen mit chemischen Produkten an: Beratung durch Experten am Telefon oder direkt vor Ort sowie technische Hilfe am Unfallort durch gut ausgebildete Werkfeuerwehren. TUIS gilt als verlässlicher Partner für Berufs- und Freiwillige Feuerwehren, Polizei und andere Katastrophenschutzhelfer sowie die Deutsche Bahn. Sie profitieren vom Know-how und der Erfahrung der Werkfeuerwehren.

Alle diese Maßnahmen sind ein Beleg dafür, dass für die deutsche chemische Industrie die Verantwortung für ihre Produkte nicht an den Werkstoren endet.

Was sind gefährliche Güter?
Laut Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeförderungsgesetz – GGBefG) werden gefährliche Güter definiert als Stoffe und Gegenstände, von denen aufgrund ihrer Natur, ihrer Eigenschaften oder ihres Zustandes im Zusammenhang mit der Beförderung Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen, für wichtige Gemeingüter sowie für Tiere und Sachen ausgehen können. Gefahrgüter werden dabei in 13 Gefahrklassen unterteilt, z.B. explosive, entzündbare, giftige oder ätzende Stoffe.

Typische Beispiele für gefährliche Güter der chemischen Indus­trie sind Säuren, Laugen, entzündbare Lacke, Pflanzenschutzmittel oder Gase. Aber auch Produkte aus anderen Industriezweigen, wie Benzin und Heizöl, Munition, Feuerzeuge oder Airbag-Module, fallen in der Regel unter die Gefahrgutvorschriften.

Abgrenzung zu anderen Rechtsbereichen
Das Gefahrgut-Transportrecht ist vom Umgangsrecht (Chemikaliengesetz, Gefahrstoffverordnung etc.) zu unterscheiden. Beide Rechtsbereiche haben unterschiedliche Schutzziele: Während beim Umgang neben den akuten auch die chronischen Wirkungen berücksichtigt werden, stehen beim Transport die akuten Wirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt im Vordergrund. Der Beförderungsbegriff umfasst neben dem Transport auch notwendige vorbereitende Maßnahmen sowie das Verpacken, Be- und Entladen. Zum Umgang zählen dagegen das Herstellen und das Verwenden (Verarbeiten, Abfüllen, Lagern).

 

Vorschriften zum Transport gefährlicher Güter
Der Transport gefährlicher Güter ist umfassend geregelt. Die Modellvorschriften der Vereinten Nationen bilden die einheitliche Grundlage für internationale, nationale und verkehrsträgerspezifische Gefahrgutregelungen. Die verkehrsträgerspezifischen Gefahrgutvorschriften enthalten u. a. detaillierte Vorgaben zur Klassifizierung gefährlicher Güter, zu den Anforderungen an Verpackungen, Großpackmittel, Tanks, Container und Fahrzeuge, zur Dokumentation und Kennzeichnung, zum Be- und Entladen gefährlicher Güter sowie zur Ausbildung des Personals.

Neben den internationalen Gefahrgut-Transportvorschriften gibt es eine Reihe nationaler Regelungen. Rechtsgrundlage ist in Deutschland das Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter. Durch Rechtsverordnungen, bspw. die Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn, Binnenschiff (GGVSEB), werden international geltende Regelungen wie etwa ADR, RID und ADN für den innerstaatlichen Bereich in Kraft gesetzt und ergänzende nationale Vorschriften eingeführt. So enthält die GGVSEB weitere Vorgaben, bspw. bezüglich der Auswahl des Fahrweges für bestimmte gefährliche Güter, der Verantwortlichkeiten der am Transport Beteiligten sowie über Ordnungswidrigkeiten.

Unternehmen, die am Transport gefährlicher Güter beteiligt sind, müssen einen Gefahrgut-Beauftragten haben. Im Wesentlichen überwacht er die Einhaltung der Vorschriften für die Gefahrgut-Beförderung. Der Gefahrgut-Beauftragte wird regelmäßig geschult und muss vor Aufnahme seiner Tätigkeit eine Prüfung bestehen.

Unter dem Namen „Sicherheitsberater“ ist diese Funktion inzwischen im ADR, RID und ADN enthalten und geregelt. Die – nur in Deutschland geltende – Gefahrgutbeauftragtenverordnung (GbV) bezieht sich seit dem 1. September 2011 nur noch auf den Seeverkehr, da der IMDG-Code keine vergleichbare Rechtsfigur kennt.

Kennzeichnung
Lkw, Fracht- und Tankcontainer sowie Bahnwagen werden nach den internationalen Regelwerken gekennzeichnet und beschriftet. Als Kennzeichnung sind u.a. orangefarbene Warntafeln vorne, hinten und gegebenenfalls an den Seiten des Fahrzeugs vorgeschrieben. Wenn es sich um Produkte im Tankwagen oder Tankcontainer handelt, müssen diese Warntafeln eine „Gefahrnummer“ aufweisen, aus der die Art der Gefahr ersichtlich ist, sowie eine „UN-Stoffnummer“, die der Identifizierung des Gefahrgutes dient.

Darüber hinaus müssen Beförderungseinheiten mit deutlich sichtbaren Gefahrzetteln an allen Seiten gekennzeichnet sein. Diese Gefahrzettel sind auf der Spitze stehende Quadrate. Sie visualisieren die vom Produkt ausgehende Gefahr. Eine Flamme steht bspw. für Entzündbarkeit und warnt Verkehrsteilnehmer oder Rettungskräfte vor der Brandgefahr.

Vorschriften für Verpackung
Gefahrgüter werden je nach Eigenschaft und Sicherheitsanforderung, bspw. in Stahlfässern oder Kanistern, verpackt. Sie entsprechen den international festgelegten Sicherheitsbestimmungen und werden regelmäßig geprüft. Die Bauart der Behältnisse muss von den zuständigen Behörden für den Einsatz von Gefahrgut freigegeben werden. Die Zulassung wird erst erteilt, nachdem umfangreiche Belastungstests von zugelassenen Prüfstellen erfolgreich durchgeführt wurden.

 

Verwendete Abkürzungen:

GGBefG – Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter

GGVSEB - Gefahrgutverordnung Straße, Schiene, Binnenschiff

GGVSee - Gefahrgutverordnung See

GbV - Gefahrgutbeauftragtenverordnung

ADN – Europäisches Übereinkommen über die Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen (Accord européen relatif au transport interna­tional des marchandises dangereuses par voies de navigation intérieures)

ADR - Europäisches Übereinkommen über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (Accord européen relatif au transport international des mar­chandises dangereuses par route)

RID - Internationale Ordnung für die Beförderung gefährlicher Güter mit der Eisenbahn (Réglement International concernant le transport des marchandises dangereuses par chemins de fer)

IMDG-Code - Internationaler Code für die Beförderung gefährlicher Güter mit Seeschiffen (International Maritime Dangerous Goods Code)

ICAO-TI - Technische Anweisungen der Internationalen Zivilluftfahrtorgani­sa­tion für den Transport gefährlicher Güter (International Civil Aviation Organiza­tion - Technical Instructions for the Safe Transport of Dangerous Goods by Air)

IATA-DGR - Gefahrgutvorschriften des Internationalen Verbandes der Luft­fahrtgesellschaften für den Transport gefährlicher Güter (International Air Transport Association - Dangerous Goods Regulations)

„Etwa 40% der transportierten chemischen Erzeugnisse sind Gefahrgüter.“

„Sicherheit beim Chemikalientransport ist ein wesentliches Element im Rahmen der weltweiten Brancheninitiative „Responsible Care.“

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