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Konzepte und Komponenten vom Ex-Schutz bis zur Funktionalen Sicherheit

18.06.2012 -

Entwicklung und Herstellung eines Sicherheitsschalters, der Explosionen an Zapfsäulen verhindern soll: Das war im Jahr 1975 der Ursprung der Firma Bartec mit Stammsitz in Bad Mergentheim, die heute ein globaler Anbieter industrieller Sicherheitstechnik für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen ist. CHEManager sprach mit Dr. Ralf Köster, Vorsitzender der Bartec Geschäftsführung, über den Stand der Technologie beim Explosionsschutz sowie über Innovationen, Ziele und Visionen des Unternehmens. Das Interview führte Dr. Volker Oestreich.

CHEManager: Herr Dr. Köster, fühlen Sie sich wohl in explosiver Umgebung?

Dr. Ralf Köster: Wenn Sie auf die elektrischen Geräte als potenzielle Zündquelle anspielen - ja, hier fühle ich mich sehr wohl. Die Fachwelt blickt in diesem sicherheitsrelevanten Gebiet auf über 100 Jahre Erfahrung zurück. Die entwickelten Technologien und Zündschutzarten für den elektrischen Explosionsschutz sind ausgereift und bieten ein sehr hohes Sicherheitsniveau. Ex-Produkte unterliegen ihrerseits sehr hohen Prüfanforderungen durch benannte Prüfstellen und den Hersteller. Dies garantiert die geforderte Sicherheit.

... womit wir schon beim Thema sind: was sind die aus Ihrer Sicht wichtigsten Fortschritte der letzten Jahre beim Explosionsschutz?

Dr. Ralf Köster: Die Globalisierung des Explosionsschutzes hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Heute arbeiten wir an einem weltweit harmonisierten Markt auf Basis von IEC-Normen bzw. des IECEx-Systems. Wir können erkennen, dass unser europäisches CE-System in anderen Regionen der Welt mehr und mehr Akzeptanz findet und daneben das IECEx-System weltweit an Bedeutung gewinnt. Bartec selbst arbeitet aktiv in den Fachgremien mit. Diese Angleichung bzw. Annäherung der Anforderungen und der Sicherheitskonzepte außerhalb Europas ermöglicht es uns, diese Märkte noch intensiver auszubauen. Darin sehe ich den größten Fortschritt der letzten Jahre beim Explosionsschutz.

Wenn Sie Ihr Unternehmen mit einem kurzen Satz beschreiben sollen ...

Dr. Ralf Köster: ... dann heißt der „Der Sicherheit verpflichtet".

„Der Sicherheit verpflichtet", da fallen mir die beiden Begriffe „Ex" und „SIL" ein - sind Sie auf beiden Gebieten tätig?

Dr. Ralf Köster: Ja, denn beide Gebiete gehören von ihrer Zielsetzung zusammen, da sie sich mit der Sicherheit von Personen, Umwelt und Gütern beschäftigen, wobei sie sich unabhängig voneinander entwickelt haben.
„Ex" entstand bereits historisch bedingt durch die Notwendigkeit, Personen in explosionsgefährdeten Bereichen, wie z. B. dem Bergbau, zu schützen; „SIL" hingegen, der auf der Beurteilung von Systemen hinsichtlich deren Zuverlässigkeit von Sicherheitsfunktionen basiert, entstand weit später, um einen gewissen Sicherheitsstandard, der im Explosionsschutz bereits selbstverständlich war, in die Industriewelt einzuführen. Die für SIL entwickelten Beurteilungsmethoden wurden von der „Ex-Welt" beobachtet und in ergänzender Weise in deren Normenwelt integriert.
Bartec entwickelt einerseits zertifizierte Komponenten, die eine Schlüsselfunktion für den gerätetechnischen Explosionsschutz unserer Kunden übernehmen. Andererseits konzipieren wir zunehmend Systeme für die Automatisierung sowie Komplettlösungen für den Einsatz im Ex-Bereich, z. B. Analysengeräte, Begleitheizungssysteme oder Antriebssysteme für den Bergbau. Da unsere Produkte oftmals in gleicher Weise für Ex-Sicherheit und für die betriebliche funktionale Sicherheit sorgen müssen, greifen die Schutzkonzepte ineinander und werden dahin gehend gemeinsam geprüft.

Damit neue Techniken oder Technologien zu Innovationen werden, müssen sie vom Markt akzeptiert und eingesetzt werden. Ist das bei Produkten für den Sicherheitsbereich besonders schwierig?

Dr. Ralf Köster: Ich würde sagen, auch in der Sicherheitstechnik stehen wir dieser Herausforderung gegenüber: Es muss uns gelingen, dem Kunden die Vorteile und Vorzüge zu vermitteln und diesen als Käufer zu gewinnen. Dabei sehen Sie den Ex-Geräten die Technik, die dahinter steckt, nicht immer auf den ersten Blick an. Es sind jedoch viele Schritte notwendig und diese wiederum sind verbunden mit den speziellen Erfahrungen und dem speziellen Know-how unserer Entwicklungsteams.

Welche Rolle wird denn nach Ihrer Meinung die funkbasierte Übertragung in der Prozessautomatisierung, insbesondere auch im Ex-Bereich, in Zukunft spielen?

Dr. Ralf Köster: Die Verfügbarkeit und Sicherheit von Prozessanlagen hat höchste Priorität. Bei sicherheitsrelevanten Anlagen und Prozessen sind bewährte Techniken nach wie vor führend. Im Bereich der Wartungs- und Instandhaltungsprozesse oder beim Chargenmanagement in der Produktion und Logistik kommen jedoch verstärkt Wireless-Technologien zum Einsatz. Diese eröffnen weiteres Optimierungspotenzial, z. B. können Prozesse papierlos gestaltet und die Informationen sehr einfach zentral und zeitnah verwaltet werden. Informationen über Anlagenzustände können unmittelbar erfasst und Maßnahmen eingeleitet werden. Zur Erleichterung der Arbeit und vor allem für eine Angleichung an den Stand der Technik müssen diese Technologien auch mit in den explosionsgeschützten Bereich integriert werden und spielen daher eine wichtige Rolle.

Gibt es andere abzusehende Trends oder Technologien, die die Sicherheitstechnik besonders beeinflussen werden?

Dr. Ralf Köster: Ein wesentlicher Trend in unserer Branche ist die bereits erwähnte weltweit voranschreitende Harmonisierung der technischen Normen und Zertifizierungsanforderungen. Diese Harmonisierung vergrößert unseren Aktionsradius und damit unseren Markt. Allerdings schafft sie auch einen Aufwand, den nur Unternehmen mit einer internationalen Aufstellung und einer kompetenten Mannschaft realisieren können.
Als weiteren Trend erkennen wir die industrielle Nachfrage nach Geräten, die in der Consumerwelt starke Verbreitung finden. Es werden zunehmend die „smarten" Lösungen bevorzugt, wie z. B. Laptops, Tablets, Smartphones etc. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis solche Lösungen auch für den Ex-Bereich zur Verfügung stehen.

Ihr Unternehmen ist auf einem technologisch anspruchsvollen und beratungsintensiven Gebiet tätig. Wie richten Sie die Vertriebsstrukturen aus, um den Herausforderungen kompetent zu begegnen?

Dr. Ralf Köster: Unsere Ausrichtung auf Komplettlösungen für den explosionsgefährdeten Bereich macht es erforderlich, über Prozess-Know-how zu verfügen und Service- und Supportleistung vor Ort anzubieten. Über Händler kann dies nicht abgedeckt werden. Daher ist es für uns elementar, mit eigenen Mitarbeitern vor Ort präsent zu sein, die die Sprache sprechen und das Land und die Prozesse kennen. In allen größeren Regionen mit für uns wichtigen Branchen verfügt Bartec demzufolge über eine eigene Gesellschaft, so dass unsere Kunden auf Service- und Supportleistung zurückgreifen können.

Passen die von Bartec getätigten Firmenübernahmen der letzten Jahre in dieses Konzept?

Dr. Ralf Köster: Diese passen sehr gut. Wir haben z. B. den britischen Kommunikations- und Sicherheitssystemanbieter Vodec gekauft, um der Öl- und Gasindustrie oder auch der Chemieindustrie ein komplettes Paket an Kommunikationslösungen aus einer Hand anbieten zu können. Dazu gehören Bildschirme, Kameratechnik, Beschallungs- und Alarmtechnik inklusive Service und Softwareintegration. Bei dem norwegischen Unternehmen Technor liegt die Sache etwas anders. Hier ging es primär nicht nur um die Ergänzung des Produktportfolios. Das Ziel war, in unserem Geschäftsbereich im skandinavischen und insbesondere norwegischen Öl- und Gasgeschäft die führende Marktposition einzunehmen. Wir waren zuvor nur mit einer kleinen Gesellschaft vertreten, der Wettbewerb war stärker. Durch die Akquisition verfügen wir jetzt über einen starken Vertrieb und Service und sind das führende Unternehmen in Norwegen.

Sie haben kürzlich ein Joint Venture in Saudi Arabien gegründet - wie sind Sie weltweit aufgestellt und was ist in der Zukunft noch zu erwarten?

Dr. Ralf Köster: Weltweit verfügen wir über zehn Produktions- und 28 eigene Vertriebsgesellschaften. Es ist unerlässlich, dass wir immer wieder in eigene Gesellschaften im Ausland investieren. Hierbei handelt es sich um einen elementaren Faktor, der unser zukünftiges Wachstum sichern wird. Länder, die für uns eine große Bedeutung besitzen und in denen wir zukünftig planen, eigene Vertriebsgesellschaften zu gründen, sind Brasilien und Abu Dhabi.

Heißt das, dass der Standort Bad Mergentheim an Bedeutung verliert?

Dr. Ralf Köster: Nein, keinesfalls, denn der Standort Bad Mergentheim mit der dort ansässigen Entwicklung wird nach wie vor der Innovationsmotor unserer Unternehmensgruppe bleiben. Hier haben wir Experten, die auf langjährige Erfahrungen zurückblicken können und ein umfassendes Know-how im Ex-Schutz besitzen. Daneben finden wir an unserem Hauptsitz auch die idealen Voraussetzungen für die Produktion unserer Hightech-Lösungen wie Remote I/O-Systeme, Panel PCs oder Mobile Computer.

Bartec ist im „Lexikon der deutschen Weltmarktführer" erfasst - jetzt können Sie sich zufrieden zurücklehnen und den Erfolg genießen!

Dr. Ralf Köster: Das wäre uns doch etwas zu einfach. Denn der Markt für Sicherheitstechnik und Explosionsschutz besitzt enormes Potenzial, der Bedarf an sicheren und innovativen Lösungen wächst kontinuierlich. Kein Unternehmen will à la BP an den Pranger gestellt werden. Entsprechend wird in State-of-the-Art-Technologie investiert, wie sie Bartec bietet. Wir sind ein innovatives Unternehmen, was uns in der Tat auch kontinuierlich durch Auszeichnungen von externer Stelle bestätigt wird. Innovationen sind der Schlüssel zum Erfolg - heute und morgen.

Die Achema 2012 steht unmittelbar bevor - was sind die Themen, die Ihr Unternehmen auf dieser Messe in den Vordergrund stellt?

Dr. Ralf Köster: Bartec wird eine Vielzahl innovativer Komponenten und Systeme sowie schlüsselfertige Lösungen auf der Achema 2012 vorstellen. Neben Analysengeräten sowie Kommunikations- und Wärmetechniklösungen wird Antares plus, das erste Remote I/O-System für den Ex-Bereich, das eine flexible Systemzulassung besitzt, eine wichtige Rolle spielen. Dank des intelligenten Zulassungskonzepts kann der Anlagenbauer nun selbst sein System planen und gestalten sowie nach den allgemeinen Installationsverfahren für explosionsgefährdete Umgebungen in ein mechanisches Standard-Industriegehäuse einbauen. Mit Bussystemen wie Profibus DP, Profinet, Ethernet IP oder Modbus TCP kann das System an jede gängige Steuerung angeschlossen werden.

Achema: Halle 11.1, Stand E76

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