Logistik & Supply Chain

Neue Studie: Einkauf von Logistikdienstleistungen als Wettbewerbsvorteil

Chemielogistik-Einkauf muss die gewachsene Rolle der Logistik mit neuem Leben füllen

24.10.2022 - Die Studie „Einkauf von Logistikdienstleistungen in der Chemie“ wird im November 2022 veröffentlicht. Sie zeigt auf, wie die Logistik zu einem Wettbewerbsfaktor für Chemieunternehmen werden kann und gibt konkrete Handlungsempfehlungen für den Einkauf.

Haben Sie bereits davon gehört, dass sich die Engpässe auf der Beschaffungsseite langsam auflösen? Vielleicht haben Sie dies. Denn die meisten Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland scheinen aufzuatmen, nachdem sich die Knappheit von Vorprodukten langsam entspannt. Nach den ifo Konjunkturumfragen von Juli 2022 klagen bspw. im Maschinenbau „nur“ noch 70 % der Unternehmen über Knappheit — ein Jahr zuvor waren es noch 90 %.

Aber können Sie dies für Ihre Branche, die Chemie, bestätigen? Wahrscheinlich nicht. In der Chemieindustrie hat sich nämlich die Lage auf der Beschaffungsseite gegen den Trend sogar verschärft: Lag die Zahl der Chemieunternehmen mit Knappheit an Vorprodukten im Juli 2021 noch bei rund 54 %, ist sie ein Jahr später auf 59 % gestiegen.Woran liegt dies?

 

Grafik
 Typische Warenströme eines Chemieindustrieunternehmens

 

Stabile Lieferkette, funktionierende Logistik

Sicherlich hat der Krieg in der Ukra­ine seinen Anteil dazu beigetragen. Russland und die Ukraine sind als Lieferanten für wichtige Rohstoffe größtenteils ausgefallen. Dies stört die Lieferketten maßgeblich. Ein weiterer wichtiger Faktor für eine stabile Lieferkette ist eine funktionierende Logistik. So versuchen die Logistikmanagerinnen und -manager die Nachwirkungen der zahlreichen Störungen im Schiffsverkehr zu lösen.

Auch wenn das Beispiel alt ist, es wirkt immer noch nach: Im März 2021 blockierte das Con­tainerschiff Ever Given den Suezkanal und verursachte einen Stau direkt vor und hinter der Einfahrt zum Kanal. Die Stauungen an den Seehäfen sind noch heute zu spüren. Dies wurde zusätzlich verschärft, als einzelne Terminals aufgrund von Corona-Ausbrüchen und der Zero-Covid-Maßnahmen in China geschlossen wurden.

Fehlende Lkw-Kapazitäten für den Hinterlandtransport (USA) und Streiks (Deutschland) verschärften die Verspätungen der Lieferungen, da die zur Verfügung stehenden Kapazitäten nicht voll zum Einsatz kommen konnten. Das Resultat sind weiterhin zahlreiche wartende Schiffe mit Gütern, die von ihren Empfängern sehnlichst erwartet werden. Zusätzlich fehlen Transportkapazitäten auf den Straßen, der Schiene und dem Binnenschiff. Insbesondere letzteres konnte im Sommer aufgrund des Niedrigwassers nicht vollumfänglich eingesetzt werden.

Sie als Chemiemanagerin bzw. -manager wissen, dass dieser Verkehrsträger einen deutlich größeren Anteil einnimmt, je weiter vorne man in der Wertschöpfungskette der Chemie aktiv ist – rund die Hälfte der Güter wie bspw. Granulate, Gase o.ä. werden über das Wasser an die Kunden verteilt, nur ca. 15 % über die Straße. Dieser Anteil dreht sich, umso weiter hinten in der Wertschöpfungskette der Verantwortungsbereich für den Transporteinkauf liegt. Dann ist die Straße mit rund 50 % der wichtigste Verkehrsträger, da mehr verpackte Fertigwaren wie bspw. Kosmetika, Farben und Lacke o.ä. distribuiert werden.

 

„Die Chemielogistik gestaltet sich anders als andere Branchen.“

 

Neue Rolle der Logistik, neue Aufgaben für den Chemielogistik-Einkauf

Diese Einflussfaktoren haben merklich dazu geführt, dass der Logistik eine neue Rolle zukommt, die der Einkauf der Chemielogistik mit neuem Leben füllen muss. Die reine Sicht auf Kosten und Preise wird nicht (mehr) reichen, denn der Markt hat sich durch die beschriebenen Entwicklungen von einem Nachfrage- zu einem Angebotsmarkt gedreht. Das Aufstellen der richtigen Leistungs- und Qualitätskriterien für die Bewertung von Logistikpartnern bzw. deren Angebote rückt in den Mittelpunkt des Einkaufsprozesses.

Denn es ist offensichtlich, dass die Chemielogistik sich anders gestaltet als andere Branchen. Es kommt erschwerend hinzu, dass in der Chemie häufig Gefahrgut transportiert wird. Dies zeigt auch der Anteil der Logistikkosten am Umsatz, der mit 5 % höher liegt als bei den anderen Schlüsselbranchen Deutschlands. Der Anteil bei der Automobilindustrie beläuft sich zum Vergleich auf 3 %, beim Maschinenbau auf 4 %.

Folglich ist nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ ein besonderes Augenmerk auf die Organisation der Chemielogistik zu legen. Entsprechend fächert sich für den Transporteinkäufer der Chemielogistik eine Komplexität auf, die in keiner anderen Branche zu finden ist – und er hat eine noch größere Verantwortung bei der Wahl des richtigen Logistikpartners.

Die Beantwortung dieser Fragestellung ist Inhalt einer Studie von Christian Kille, Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, und Andreas Backhaus sowie Constantin Reuter, Camelot Management Consulting, die durch Dachser Chem Logistics unterstützt wird.

Autor: Christian Kille, Professor für Handelslogistik und Operations Management, Fakultät Wirtschafts­wissenschaften, Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS)
 

Zur Person

Christian Kille ist seit 2011 Professor für Handelslogistik und Operations Management an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt und aktuell Leiter des Studiengangs Betriebswirtschaft. Zuvor war er bei der Fraunhofer SCS in Nürnberg Leiter des Geschäftsfelds Marktanalysen.

Er ist weiterhin Lehrbeauftragter der TU München für Vorlesungen in Singapur, Marktanalyst der Bundesvereinigung Logistik, Mitglied in der Jury der „Logistik Hall of Fame“ und des „Logix Deutscher Logistikimmobilien Award“ (Vorsitzender) sowie im Nominierungskomitee für die „Beste Marke der Logistik“ (Vorsitzender). Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Prognose und Trenduntersuchungen in der Logistik sowie Handelslogistik und Logistikimmobilien.

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Studie

In der Studie wird die Frage beantwortet, wie die Logistik und insbesondere der Einkauf zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Chemieunternehmen einen wichtigen Teil beitragen können. Ein essenzielles Ergebnis ist die praxisorientierte Beschreibung eines generischen Einkaufsprozesses – mit Entscheidungshilfen differenziert nach loser und verpackter Ware. Anhand der Beschreibung wird der Transporteinkauf in der Chemielogistik bei seinen Entscheidungen und der schlussendlichen Wahl des Partners unterstützt.

Der Einkauf wird dabei über den gesamten Prozess von der Definition der Ausgangssituation und der Ziele, über die Ausschreibung, bis hin zur Implementierung und Evaluierung mittels Fragen und der möglichen Antworten geleitet. Die Praxisorientierung wird nicht nur durch die erfahrenen Autoren aus der Praxis unterstrichen, sondern auch durch eine Marktbefragung des Chemielogistikeinkaufs und einer Zusammenstellung der 40 wichtigsten Chemielogistikunternehmen. Schlussendlich werden konkrete Handlungsempfehlungen entwickelt, auf was der Einkauf in der Chemielogistik Wert legen sollte, damit die Logistik die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens steigert.

Die Studie wird am 8. November 2022 auf der Messe Gefahrgut // Gefahrstoff in Leipzig vorgestellt und in einer Podiumsdiskussion erörtert. Für tiefergehende Fragen stehen die Autoren anschließend am Stand von Dachser (Halle 2, B01/C06) bereit. Der interessierten Öffentlichkeit wird die Studie als kostenloser Download zur Verfügung gestellt.

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