Forschung & Innovation

Substitution von Bioziden bei der Kühlwasserbehandlung

Blue Activity entwickelt Verfahren zur Wasserbehandlung von industriellen Verdunstungskühlanlagen mit Mikroorganismen

13.12.2023 - Das Heidelberger Start-up Blue Activity substituiert in der Kühlwasserbehandlung Biozide zu 100 % durch natürliche, funktionelle Mikroorganismen.

Der Produktwechsel steigert die Effizienz der Kühlturmleistung, reduziert Wasserverbräuche und Betriebskosten. Die eingetragenen Mikroorganismen sorgen für eine kontinuierliche Tiefenreinigung im gesamten System. Zukünftige Anforderungen aus der nationalen Wasserstrategie sind so einfach und kostengünstig umzusetzen. Im Gespräch mit CHEManager erläutert Gründer Lars Havighorst die disruptive Lösung.

CHEManager: Wie was Ihre Motivation zur Gründung von Blue Activity?

Lars Havighorst: Wir sind 2021 als CleanWaterTech-Start-up gestartet. Unsere Vision ist es, Trinkwasser als Ressource zu schützen, indem wir die Wasserqualität steigern und die Gebrauchsmengen deutlich reduzieren. Bei der Wasserbehandlung in industriellen Verdunstungskühlanlagen sehen wir dafür einen sehr großen Hebel. Wir wollten die eingesetzten Behandlungsmittel nicht nur optimieren, sondern mit einer grundlegend neuen Behandlungsform revolutionieren. Mit unserem disruptiven Ansatz substituieren wir Biozide zu 100 % durch natürliche funktionelle Mikroorganismen. Wir wollen in einem Markt etwas bewegen, in dem es in den letzten Jahren wenig Innovationen gab.

Was unterscheidet Ihre Lösung von anderen am Markt verfügbaren?

L. Havighorst: Die von uns eingesetzten funktionellen Mikroorganismen besitzen keine biozidale Wirkweise, wie in der industriellen Wasserbehandlung für die gesetzlich geforderte Hygienesicherheit üblich. Mit unserem Verfahren fördern wir keine Resistenzbildung. Wir sorgen für eine dauerhaft gute Wasserqualität, schützen die Biodiversität in Oberflächengewässern. Zudem ist unsere Lösung wirtschaftlich attraktiv und bildet so eine perfekte Symbiose für den Kunden.

Welchen Nutzen hat die Industrie von der Lösung?

L. Havighorst: Gerade Industriezweige, deren energieintensive Produktionsprozesse auf einen effizienten Kühlprozess angewiesen sind, profitieren ökonomisch und ökologisch. Neben geringerem Energie- und Wasserverbrauch kann der Einsatz von Gefahrstoffen völlig eliminiert werden. In vielen Systemen führen versteckte Biofilmeinträge zur Störung von Wärmeübergängen; ineffiziente Kühlleistungen und erhöhter Energie- und Wasserbedarf sind die Folge. Die klassischen Biozideinsätze können diesen Effekt nur bedingt reduzieren, da sie hauptsächlich im fließenden Medium wirken. Auf Oberflächen und Rohrwandungen zeigen sie oftmals keine oder kaum Wirkung. Unsere funktionellen Mi­kroorganismen sind dagegen durchgehend im Kühlwassersystem aktiv und sorgen in den wasserführenden Systemen für einen natürlichen Tiefenreinigungseffekt. In der Konsequenz verbessert sich die Kühlleistung, der Aufwand für Instandhaltung und Wartung sinkt. Weder die Materialien noch die Abflut werden zukünftig belastet. Die Abflut kann somit ohne aufwendige Reinigung wieder in die Natur zurückgeführt werden.

In der Industrie wird aktuell in Energie- und CO2-Reduktion investiert. Wo steht das Thema Wasser?

L. Havighorst: Zweifelsohne steht das Thema Wasser noch nicht ganz oben auf der Agenda der Industrie. Doch es gewinnt an Wichtigkeit, denn die Politik will mit der im März 2023 verabschiedeten Nationalen Wasserstrategie das Recht auf hochwertiges und bezahlbares Trinkwasser für alle schützen. Die Industrie nutzt heute, hauptsächlich für Kühlprozesse, große Mengen an Wasser – häufig in Trinkwasserqualität – die speziell in Trockenzeiten bei der Versorgung fehlen. Zudem gilt in der Abwasserentsorgung künftig das Verursacherprinzip. Daraus resultierend dürfen aktuell zum Einsatz gebrachte Betriebsmittel, die die Wasserqualität nachteilig beeinflussen, zukünftig nur noch unter großen Auflagen und Mehrkosten oder gar nicht mehr genutzt werden.

Gibt es auch Ansätze für eine Wasserkreislaufwirtschaft?

L. Havighorst: Ja, die gibt es in der Tat. Da der Kontaminationsgehalt im Abwasser durch unsere Behandlungsweise fast gänzlich vermieden wird, entstehen erstmalig neue Verwendungsmöglichkeiten der Abflut von Kühlsystemen. Abwasser kann wieder in den natürlichen Wasserkreislauf zurückgeführt werden. Einer unserer Referenzkunden darf nach der Behördenfreigabe die Kühlwasserabflut in den hauseigenen Löschteich einführen. Dadurch lassen sich nicht nur Abwasserkosten sparen, sondern das Wasser wird für die Grünflächenbewässerung genutzt und kann positiv auf den Grundwasserspiegel wirken. Die Möglichkeit der Kreislaufwirtschaft besteht also.

Wie wirken sich diese Vorteile für die Kunden auf die EU-Taxonomie bzw. die CSRD-Kriterien aus?

L. Havighorst: Durch die beschriebenen Effekte generieren wir einen sehr positiven Beitrag für die Nachhaltigkeitsberichtserstattung der Unternehmen in gleich mehreren Themengebieten, inklusive der EU-Taxonomie Artikel 9 mit fünf der sechs Zielen. Unser revolutionärer Ansatz unterstützt sechs SDG-Ziele der UN, die CSRD-Richtlinien und die ESRS-Kriterien – E3-4 Water Management Performance – positiv. Die Wirkung unserer Produkte ist damit ungewöhnlich breit.

Wie sieht ein Behandlungswechsel für den Kunden aus und welche Vorteile bringt der Wechsel mit sich?

L. Havighorst: Unsere Kunden, gerade in der Chemie- und Stahlbranche, stehen speziell durch die Energiepreisthematik unter großem Kostendruck. Hier ist unser Beitrag positiv. Ein Wechsel auf die neue Behandlungsweise ist ohne Mehraufwand binnen weniger Tage möglich. Kostenvorteile stellen sich nach wenigen Monaten ein, Projekte weisen bereits nach einem Jahr einen positiven Return on Investment auf.

ZUR PERSON
Lars Havighorst ist Gründer und CEO von Blue Activity und verantwortet Business Development, Partnermanagement, Finanzen und Marketing. Seinen BBA hat er an der Hochschule Karlsruhe mit Spezialisierung in Finanzen und Vertrieb gemacht. Nach seinem Studium war er zunächst mehr als 13 Jahre in der Finanzberatung tätig, bevor er 2018 begann, sich intensiv mit dem Thema Wasser in der Industrie zu beschäftigen und schließlich Anfang 2021 zusammen mit seinem Co-Founder Michael Simon Blue Activity gründete.

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CM   Business Idea

 

Nachhhaltige Wasserbehandlung

Biozide für einen hygienegerechten Betrieb von industriellen Verdunstungskühlanlagen zu nutzen, war gestern. Blue Activity revolutioniert diese Denkweise, indem es erfolgreich umweltgefährdende Biozide zu 100 % durch funktionelle Mikroorganismen natürlichen Ursprungs substituiert. Verbunden mit einem einfach zu implementierenden 360°-Dienstleistungsangebot für einen sicheren und dauerhaft nachhaltigen Betrieb von industriellen Verdunstungskühlanlagen. Unternehmen können somit schnell, sicher und einfach ihre Wasserbehandlung auf den Einsatz der natürlichen Mikroorganismen umstellen und von Kostenvorteilen profitieren.
Mit der Beauftragung durch den Kunden übernimmt Blue Activity die komplette Wasserbehandlung der ausgewählten Systeme. Das Start-up stellt gemeinsam mit seinen Kunden binnen maximal drei Tagen die Wasserbehandlung auf den Einsatz mit Mikroorganismen um und bietet den Kunden für eine verbesserte Systembetreuung ein modernes 24/7 Onlinemonitoring (Remote Monitoring & Diagnostic) an, um alle relevanten KPIs per Fernwartung jederzeit abrufen und die Werte fortlaufend analysieren sowie justieren zu können. Somit können die erforderlichen Servicebesuche bedarfsgerecht und somit kostenoptimiert durchgeführt werden.

Um auf Kundenseite die zukünftig verschärften Wasser- und Abwasserregularien der ESRS Kriterien bestmöglich erfüllen zu können, stellt Blue Activity nicht nur einen natürlichen Ersatz für Biozide zur Verfügung, sondern bietet für die Behandlung zur Härtestabilisierung Biopolymere aus Abfällen nachwachsender Rohstoffe an. Für einen effizienten Korrosionsschutz konnte der Phosphatanteil im Produkt auf ein Fünftel reduziert werden, wodurch sich die Abwassergrenzwerte wesentlich verbessern lassen. Somit kann Blue Activity alles aus einer Hand liefern, um einen nachhaltigen und sicheren Betrieb von offenen Rückkühlanlagen zu gewährleisten.

Diese Vorteile wirken sich für die Kunden auch auf die SDG-Ziele der UN bzw. die CSRD-Kriterien aus. Das Start-up generiert einen positiven Beitrag für die Nachhaltigkeitsberichtserstattung der Unternehmen in gleich mehreren Themengebieten, inkl. der EU-Taxonomie Artikel 9 mit fünf von sechs Zielen. Der revolutionäre Ansatz unterstützt sechs UN SDG-Ziele, die CSRD-Richtlinien und die ESRS-Kriterien – E3-4 Water Management Performance – positiv.

BlueActivity_Logo

Blue Activity GmbH, Heidelberg
www.blueactivity.de



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CM   Elevator Pitch

 

Meilensteine und Roadmap
Blue Activity ist ein 2021 gegründetes CleanWaterTech-Start-up für die industrielle Wasserbehandlung mit natürlichen Mikroorganismen anstelle von Bioziden. Als innovativer Lösungsanbieter für die Wasserbehandlung von industriellen Verdunstungskühlanlagen bietet das Unternehmen seinen Kunden ein Rundum-sorglos-Paket mit natürlichen Betriebsstoffen für einen budgetoptimierten Betrieb dieser Anlagen an und fokussiert sich bei seinem Lösungsangebot auf die bestmögliche Symbiose aus Innovation, Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz.

Durch den konsequenten Austausch von Bioziden mit natürlichen Mikroorganismen und der Substitution von Erdöl- und Schwermetall-basierten Polyme­ren für Korrosionsschutz und Härte­stabilisierung durch umwelt­freundliche Biopolymere lassen sich Gefahrstoffe gemäß §6/§7 der Gefahrstoffverordnung real und sicher vermeiden. Das schont die Ressource Wasser und verbessert die Abwasserqualität im Sinne der Nationalen Wasserstrategie und der in diesem Zusammenhang immer schärfer werdenden Regulatorik wie z. B. des Wasserhaushalts- und Abwasserabgabengesetzes.

2022, dem ersten vollen Geschäftsjahr von Blue Activity, konnten gemeinsam mit den Kunden ca. 250.000 m3 Wasser an Zusatzwasser sowie Absalzung (Abwasser) jährlich reduziert und parallel ca. 68 t Biozid eingespart werden, was zu weiteren Kosten­ersparnissen auf Kundenseite führte. Diese Werte sollen durch die Umstellung weiterer Systeme jährlich gesteigert werden, um Trinkwasserressourcen nachhaltiger zu schützen.

Meilensteine

  • 2021
    - Gründung der Blue Activity GmbH
    - Zwei Referenzkunden mit Pilotsystemen gewonnen
     
  • 2022
    - Nominee beim Next Economy Award 2023, Düsseldorf
    - Weitere drei Referenz­kunden mit Pilotsystemen gewonnen
    - Unterstützung durch fünf Business Angels
     
  • 2023
    - Einstieg eines Seed-Investors
    - Anmeldung von zwei Patenten
    - Weitere vier Systeme dazugewonnen
    - Finalist bei der Tech Tour “Water Tech 2023”, Aarhus (Dänemark)
    - 2. Platz beim Econic Start-Up-Award 2023, Frankfurt
    - Nominee Best of Industry Award 2023, Würzburg
    - Nominee Next Economy Award 2024, Düsseldorf
    - Selected Circular Economy Accelerator Program 2023, Wuppertal
    - Finalist Heidelberger Gründerpreis 2023, Heidelberg

Roadmap

  • Weiterentwicklung des haus­eigenen Onlinemonitorings inkl. Dashboard
  • Internationalisierung des Geschäfts
  • Ausbau strategischer Partnerschaften für eine bessere Marktbearbeitung
  • Erweiterung des Produkt­angebots (Kläranlagen, Prozesswasser etc.)

  

  

 

Ein Dank gebührt den Sponsoren des CHEManager Innovation Pitch, die diese Veröffentlichung mit ermöglichen!



BioCampus Straubing Sponsor CHEManager Innovation Pitch

 

                           

    Ruhr-IP Sponsor CHEManager Innovation Pitch  

Siemens Sponsor CHEManager Innovation Pitch

 

 

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