Anlagenbau & Prozesstechnik

Bus-Problem oder EMV-Problem?

Monitoring schafft Gewissheit und erleichtert Ursachenforschung

12.09.2016 -

Instandhalter müssen ihr Augenmerk zunehemend auf die feldbusnahe Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) richten.

Welche praktischen Auswirkungen das hat, zeigen aktuelle Statistiken: Die Ingenieure der Firma Indu-Sol, die sich seit fast 15 Jahren mit der messtechnischen Analyse und Bewertung der Datenkommunikation in industriellen Netzwerken beschäftigt, wurden im gesamten Kalenderjahr 2015 etwa 700 Mal von Kunden bestellt. Dabei stand in knapp 60 % der Fälle die Fehlersuche im Mittelpunkt. In mehr als der Hälfte aller Einsätze arbeiteten die zu untersuchenden Maschinen und Anlagen mit Feldbustechnologien. Diese haben also trotz des Vormarsches ethernetbasierter Netzwerke nach wie vor große Marktanteile und damit eine hohe Bedeutung für die Leistungsfähigkeit der Industrie. Nur sind sie eben oft auch schon viele Jahre im Einsatz und bedürfen nun intensiverer Instandhaltungsaktivitäten, um ihre Funktion nach wie vor zuverlässig ausüben zu können.
Interessant hierbei: Bei der Beauftragung des Messeinsatzes wurde der Grund für eine Störung seitens des Kunden mehrheitlich im Bus selbst und nur in knapp 5 % der Fälle in der EMV vermutet. Tatsächlich aber stellte sie sich nach dem Einsatz in mehr als jedem dritten Fall als Hauptgrund für die Unregelmäßigkeiten heraus.
Unabhängig davon, ob der Bus selbst oder die EM(Un)V der Grund für eine technische Funktionsstörung ist: Es ist nicht notwendig, dass Unternehmen hier Lehrgeld bezahlen und sich von Störungen überraschen lassen. Mit der passenden Monitoring-Lösung lassen sich sowohl Unregelmäßigkeiten auf der logischen Ebene der Datenkommunikation als auch elektromagnetische Störgrößen frühzeitig identifizieren. Wartungsmaßnahmen werden somit planbar und können bedarfsgerecht ergriffen werden.

Widerstand vs. Impedanz: „Vagabundierende“ Ströme auf Datenleitungsschirmen
Viele Maschinen und Anlagen sind für eine Betriebsdauer von mindestens zehn Jahren, oft sogar weitaus länger, vorgesehen. Um also eine störungsfreie Funktion sicherzustellen, ist eine zustandsorientierte Instandhaltung die Voraussetzung. Dabei wird häufig das bloße Funktionieren als Qualitätsnachweis akzeptiert. Faktoren wie die „Alterung“ der Technik durch ihren Betrieb an sich oder Einflüsse der Produktionsumgebung wie Hitze oder Kälte, Feuchtigkeit und Verschmutzung mindern jedoch die Verfügbarkeitsreserve des Systems ebenso wie elektromagnetische Störeinflüsse, bspw. sogenannte „vagabundierende Ströme“.
Sie werden durch induktive und kapazitive Einkopplung in den PE-Leiter (z. B. bei Motoranschlussleitungen) induziert und nutzen nicht selten den Schirm des Buskabels als Rückstrompfad, anstatt über das dafür vorhergesehene, parallel liegende Potentialausgleichssystem zu fließen. Denn höherfrequente Ableitströme nehmen nicht den Weg des geringsten ohmschen Widerstandes, sondern immer den Weg geringster Impedanz. Häufig ist das Potentialausgleichssystem zwar nach Norm ausreichend niederohmig ausgeführt, der Schirm des Datenkabels aber meist niederimpedanter und somit „attraktiver“ für die Schirmströme. Unter Umständen werden bis zu 10 % des Motorphasenstroms in den PE kapazitiv und induktiv eingekoppelt! Hier kann es zu einer negativen Beeinflussung der Kommunikationsqualität im Netzwerk sowie der angrenzende Geräte kommen. Als Richtwerte gelten: Bei einem Frequenzbereich von 2 kHz sollten Schirmschleifenwiderstände von Datenleitungen wie z. B. Buskabeln maximal einen Impedanzwert von ca. 0,6 Ohm aufweisen, Schleifenwiderstände der Potentialausgleichsanlage (CBN) max. 0,3 Ohm. Den Erfahrungen der Indu-Sol GmbH zufolge hat sich ein Schirmstrom von < 40 mA als noch vertretbar erwiesen.
Oft treten Störungen wie die oben beschriebenen jedoch nur sporadisch auf (z. B. bei bestimmten Arbeitsgängen oder temporären Zuschaltung von Teilnehmern). Mitunter sind sie dann nicht zuverlässig reproduzierbar und die Fehlersuche wird schnell müßig. Historische Zustandsdaten aus dem Netzwerk liefern konkrete Informationen darüber, welche Teilnehmer bzw. Kanäle wann betroffen sind oder waren. Diese Informationen kann nur eine permanente Überwachung bereitstellen. Im besten Fall entsteht hier eine Kombination aus Bus- und EMV-Monitoring.

Störeinflüsse und Zusammenhänge durch Monitoring erkennen
Auf der Bus-Ebene hat Indu-Sol dazu für verschiedene Feldbus-Netzwerke jeweils ein Mess- und Diagnosegerät, den sogenannten INspektor, entwickelt. Es analysiert permanent und passiv den logischen Datenverkehr im Netzwerk auf entsprechende Qualitätsparameter. Durch historische und aktuelle Zustandsinformationen erhalten Betreiber jederzeit ein aktuelles und präzises Abbild von der Qualität der Datenkommunikation in ihrem Netzwerk.
Für eine präzise Diagnose im Fehlerfall ist jedoch eine „ganzheitliche“ Betrachtung des Systems notwendig. Dazu gehören neben dem Bus an sich auch EMV und Potentialausgleich. Mit dem EMV-INspektor V2 können gleichzeitig bis zu vier Kanäle parallel in eine wahlweise temporäre oder permanente Analyse einbezogen werden. Diese erfolgt als automatisierter, berührungsloser und unterbrechungsfreier Langzeittest und kann feldbusübergreifend ablaufen. Die jeweiligen Messwerte werden getrennt erfasst, bewertet und können miteinander verglichen werden. In Abhängigkeit vom Typ des zu betrachtenden Leiters können verschiedene Qualitätsparameter wie Stromanstiegsgeschwindigkeiten oder die Eigenschaften der Frequenzanteile individuell hinterlegt werden. Damit wird eine spezifische Auswertung und Überwachung der einzelnen Messkanäle im Sinne eines Condition Monitorings ermöglicht.

Maßnahmen zur Reduzierung bzw. Vermeidung von Störströmen
Als Maßnahme zur Reduzierung überhöhter Schirmströme empfiehlt sich eine Kombination aus Schutz- und Funktionspotentialausgleich, ein sogenanntes Common Bonding Network (CBN), welches engvermascht aufgebaut sein sollte. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Schutzpotentialausgleich eine Dauerstrombelastung von höchstens 300 mA (erfahrungsbasierter Wert der Firma Indu-Sol) führt und so aufgebaut ist, dass er als kombinierter Schutz-/Funktionspotentialausgleich genutzt werden kann. Hier ist auch ein Blick in die entsprechenden Normen und Richtlinien hilfreich. Beispielhaft seien die DIN EN 50310 „Anwendung von Maßnahmen für Erdung und Potentialausgleich in Gebäuden mit Einrichtungen der Informationstechnik“ und die DIN VDE 0100-444 „Errichten von Niederspannungsanlagen“ genannt. Um die Entstehung solcher Schirmströme von vornherein zu vermeiden, empfiehlt sich der Einsatz symmetrischer Motorkabel, bei denen der PE im Gegensatz zu herkömmlichen Motorkabeln in drei Leitungen aufgeteilt ist. Die kapazitive und induktive Ein­kopplung verteilt sich damit auf drei PE-Leitungen, deren Phasen um jeweils 120° zueinander verschoben sind. Dadurch heben sich die eingekoppelten Ströme zu einem großen Teil gegenseitig nahezu auf!
In jedem Fall sollte der Bedarf an Maßnahmen sowie deren Effektivität nach Ausführung durch einen entsprechenden messtechnischen Nachweis überprüft werden. Nur konkrete und objektive Messwerte schaffen Gewissheit über dauerhaft stabile Kommunikationsverhältnisse.

 

Kontakt

Indu-Sol GmbH

Blumenstr. 3
04626 Schmölln
Deutschland

+49 34491 5818 0
+49 34491 5818 99