Logistik & Supply Chain

Hafen Antwerpen: Rollende Pipelines

Nachhaltige Sicherung der Versorgung von Chemieunternehmen per Schiene

04.03.2021 - Die chemische Industrie in Deutschland bezieht einen großen Teil ihrer Importe von Rohstoffen und Vorprodukten über die ARA-Häfen.

Allein über Antwerpen kommen jährlich rund 3 Mio. t chemischer Güter, die für Produktionsstätten im Hinterland bestimmt sind. Doch die Lieferketten der chemischen Industrie sind anfällig für Störungen. Extremwettersituationen, Pandemie und Handelskrisen gefährden die Versorgungssicherheit zunehmend. Der Hafen Antwerpen, wichtiges Drehkreuz und zugleich Sitz des größten Chemie-Clusters Europas, möchte daher dazu beitragen, eine krisenfeste und nachhaltige Versorgung der chemischen Industrie auch in Zukunft zu sichern. Im Mittelpunkt der Bemühungen steht der Ausbau der Schienenverkehre als „Rollende Pipelines“ zwischen Seehafen und Industrie.

Zuverlässig, nachhaltig, sicher
„Der Hafen Antwerpen versteht sich als Partner der chemischen Industrie. Wir unterstützen die Entwicklung neuer Verbindungen im Hinterland deshalb ganz aktiv, denn allein multimodale Lösungen können Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit garantieren. Gerade die Schiene birgt hier große Potenziale, die es in den kommenden Jahren auszuschöpfen gilt“, sagt Katarina Stancova, Senior Mobility Advisor Rail, Hafen Antwerpen.
Die Bahn spielt im Gegensatz zum Binnenschiff eine bislang eher untergeordnete Rolle bei den Hinterlandverkehren. Dabei punktet der Verkehrsträger durch seine Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit sowie durch einen hohen Grad an Sicherheit, gerade im Bereich Gefahrguttransporte. Bis 2030 plant der Hafen Antwerpen daher, den Anteil der Schienenverkehre im Modal Split zu verdoppeln, von aktuell 8 auf rund 15%.

Ausbau der Bahndienste
Allein im Jahr 2020 wurden mehrere Linienverbindungen auf der Schiene nach Deutschland und Europa ins Netzwerk aufgenommen, darunter neue und zusätzliche Dienste entlang der Rheinschiene nach Ludwigshafen, Neuss und Duisburg. Auch die Industrie in Bayern wird nun mit vier Bahn-Services nach Augsburg, Burghausen, München und Nürnberg besser per Schiene angebunden. Zudem sind im vergangenen Jahr zwei Verbindungen ins österreichische Wolfurt gestartet.
Einige Betreiber der Linien, wie TFG Transfracht oder Optimodal haben Antwerpen neu im Programm, andere wie Kombiverkehr, Haeger & Schmidt / DB Cargo sowie Lineas Intermodal bieten bereits weitere Linien zwischen dem belgischen Hafen und dem europäischen Hinterland an. Die Frequenz aller Bahnangebote liegt meist zwischen drei und fünf Rundläufen pro Woche, Basel in der Schweiz ist sogar täglich angebunden.
Als ebenfalls hilfreich erwiesen hat sich die Bündelung von Verkehren auf der letzten Meile. Weniger Zugbewegungen erhöhen die Effizienz der Schienenverkehre und schaffen mehr Kapazitäten. Zudem können auf diese Weise auch kleine Transportvolumina und einzelne Wagen auf der Schiene transportiert werden.

Unterstützung aus Industrie und Logistik
Um den weiteren Ausbau von Schienenlösungen zu fördern, hatte der Hafen Antwerpen Mitte Februar Chemieunternehmen, mit Fokus auf Standorte entlang Rhein und Ruhr, sowie Branchen- und Logistikexperten zu einem digitalen Get-together eingeladen.
Saad Ait Aboulehcen, Projektleiter Chemion Logistik, betonte im Rahmen des Events: „Die Stärkung eines nachhaltigen kombinierten Verkehrs erfolgt im Sinne der Kunden. Um nachhaltig und kundenorientiert Güter von der Straße auf die Schiene zu holen, plant auch Chemion einen weiteren Ausbau seiner Angebote im grenzüberschreitenden Verkehr zu den ARA-Häfen.“
Carsten Suntrop, Inhaber des Beratungsunternehmens CMC2, ergänzte, dass sichere Lieferketten über die Zukunftsfähigkeit des Chemie-Business entscheiden. „Die Erhöhung der Versorgungssicherheit kann nur auf Basis transparenter, sicherer und digital-intelligenter Supply Chains erfolgen.“
Dirk Verstraeten, Director Global Logistics Procurement der Covestro Deutschland und Chairman EPCA Arbeitsgruppe SCPC – Supply Chain Program Comittee: „Aus Sicht der produzierenden Wirtschaft hat die Verlagerung von Verkehren einen weiteren wesentlichen Vorteil: Als sicherer und zugleich nachhaltiger Verkehrsträger tragen Schienenverkehre zur Verkleinerung des Carbon Footprint von Unternehmen und damit zum Erreichen der Ziele im EU-Green-Deal bei.“
Die Teilnehmer waren sich damit einig: Mehr Kooperation und ein Ausbau der Schienenverkehre in Richtung der ARA-Häfen Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen sind notwendig, damit die Chemieunternehmen im Hinterland langfristig im internationalen Wettbewerb bestehen können.

 

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