Anlagenbau & Prozesstechnik

Mit Pfropfen problemlos fördern

Pneumatische Ein-Pfropfenförderung am Beispiel von hochwertigen Bauchemikalien

03.12.2012 -

CITplus - Mit dem Ein-Pfropfen-System für Flexleitungen können produktschonende Pfropfenförderer-Systeme mit reduziertem Druck in flexiblen Rohrmodulen betrieben werden.

Die pneumatische Fördertechnik gewinnt mehr und mehr an Bedeutung und hat gegenüber herkömmlichem Schüttguttransport viele Vorteile. So ist die Realisierung derartiger Systeme aufgrund ihrer preiswerten Ausführungen mit geringen Investitionen verbunden und kann zudem an bereits vorhandene Verfahren angepasst werden. Sie ist automatisierbar und bringt daher geringe Personal- sowie Betriebs- und Servicekosten mit sich. Da die Rohre des Systems frei verlegt werden können, ist außerdem auch ein nachträglicher Einbau in bestehende Produktionsanlagen möglich.

Systeme mit Tradition
Die herkömmliche pneumatische Dünnstromförderung wird seit etwa 100 Jahren praktiziert und hat für einfache Anwendungen ihre Berechtigung in der Schüttgutindustrie bis heute behalten. Verfahrenstechnisches Ziel ist es jedoch, eine hohe Förderleistung bei minimaler eingesetzter Luftmenge zu erreichen. Diese Zielsetzung konnte erst mit der Einführung der Dichtstromförderung vor etwa 35 Jahren erfolgreich umgesetzt werden. Intensive Forschung am Karlsruher Institut für Technologie und die Verwendung innerbetrieblicher Druckluftnetze machten den Fortschritt möglich. Mit Schraubenkompressoren und Kältetrocknern konnten produktschonende Förderverfahren entwickelt werden. Damit ist man nun in der Lage zum Beispiel Mehrkomponenten-Mischungen, empfindliche, gecoatete Granulate, abrasive Mineralprodukte oder hochwertige Lebensmittelgranulate zu fördern. Daraus ergeben sich Einsatzmöglichkeiten in der Chemie-, Lebensmittel-, Baustoff- sowie der Pharmaindustrie.
Die Dichtstromförderung wird in drei Förderzustände unterteilt. Zum einen die Strähnen-Ballenförderung, als eine Art geschwindigkeitsreduzierte Dünnstromförderung. Zum anderen die Fließförderung, die eine Art Gasförderung mit höherer Dichte ist. Sowie die Pfropfenförderung, bei der gezielt Gaspfropfen zwischen Materialpfropfen eingeblasen werden. Alternativ können auch Materialpfropfen gezielt in eine langsame Gasströmung eindosiert werden.

Die Dichtstromförderung, insbesondere die Pfropfenförderung, bietet einige Vorzüge. So kann mit 1 kg Luft eine große Produktmenge gefördert werden. Durch die niedrige Fördergeschwindigkeit wird zudem schonend und gleichzeitig mit geringem Luftverbrauch gearbeitet. Eine besondere Eignung für Rezepturen ergibt sich aus der entmischungsfreien Förderung. Außerdem kann die kritische Pfropfenlänge mit Rohreinbauten zusätzlich kontrolliert werden. Drucksender mit Dosierorgan oder Doppelsender ermöglichen eine kontinuierliche Pfropfenförderung für Strecken bis 600 m Länge und für eine Förderleistung von bis zu 150 t/h. Dabei ist der Luftverbrauch zwei- bis sechsmal kleiner als bei der Dünnstromförderung, ebenso wie die Filterfläche am Empfangsbehälter. Der Lärmpegel ist gering und die Förderung umweltschonend.

Ein Anwendungsbeispiel
Von einem führenden, international tätigen Bauchemie-Hersteller wurde die FAB mit der Umsetzung eines Pfropfenförderer-Systems beim Fertighausunternehmen DFH Deutsche Fertighaus Holding AG beauftragt. Die Aufgabenstellung lautete, eine kontinuierliche, pneumatische Förderung vom Drucksilo in die Produktion zu erreichen. Außerdem sollten betriebssichere Rohrweichen für jeweils vier Abzweigungen im Betrieb installiert werden. Dabei sollten druckfeste Gummischläuche in modulbauweise und Edelstahlrohre verwendet werden, um den Umbau und eventuelle Änderungen der Isometrie flexibler zu planen. Möglichst alle Verbraucher, auch solche in 200 m Entfernung, sollten mit dem Produkt bedient werden. Eine schonende Förderung war nötig, weil das Produkt „hochwertige Bauchemiemischung" nicht entmischt werden darf. Diese polydisperse Mischung beinhaltet Fasern und verschiedene Pulverteile wie Quarzmehl und Gips. Der Förderdruck sollte auf 2 bar begrenzt werden, um Standard-20 m3 Sendegefäße einsetzen zu können. Außerdem sollte eine vollautomatische Umschaltung aus drei Silos mittels zwei Rohrleitungen in alle acht Empfangsbehälter realisiert werden. Dabei waren Niveaumessungen in den Drucksilos an vier Stellen und in den verschiedenen Empfangsbehältern an zwei Stellen nötig. Zuletzt war eine kurze Planungs- und Einbauzeit während der Winterwochen gefordert, um die Produktion nicht zu beeinflussen.

Umsetzung in die Praxis
An zwei Standorten des Fertighausunternehmens in Deutschland und in Tschechien wurden insgesamt drei pneumatische Dichtstrom-Pfropfenförderanlagen mit fünf 20 m3 Druckbehältern als Fördersender mit Förderlängen von 60 - 200 m eingebaut. Förderdruck, Pfropfenfolgezeit und Pfropfenlänge können individuell programmiert und gespeichert werden. Weil der spezifische Druckverlust des Produktes hoch ist und der Sender nur mit zwei bar Förderdruck beaufschlagt werden kann, wurde die Anzahl der Pfropfen in der Leitung reduziert. So befindet sich nur ein langer Pfropfen in der Strecke. Dadurch wird eine schonende, druckreduzierte Pfropfenförderung ohne Entmischung erreicht - ähnlich wie bei einer Rohrpost.
Die Pfropfenförderung wurde mit der SME Methode ausgelegt. Dieses Verfahren, basierend auf zahlreichen weltweit realisierten Pfropfen-Dichtstromanlagen, ermöglicht die Vorhersage der Funktion ohne Versuche. Eine interne Testanlage diente zur Bestimmung des Produktabriebes und der Entmischung nach der Dichtstromförderung.
Die Förderleitungen wurden aus etwa 15 Meter langen Modulen hergestellt und an den Säulen der Produktionsgebäude befestigt. Die Schläuche, die Drehrohrweichen sowie die Edelstahl-Kugelweichen wurden auf speziellen Längsträgern montiert. Diese können auch die elektrische Verkabelung aufnehmen.

Vorarbeit spart Aufbauzeit
Der Rohrbahnhof wurde bei FAB werkseitig konstruiert und vorgefertigt. Er konnte im Werk komplett verkabelt werden, wodurch sich die Montagezeit auf ein Minimum reduzierte. Die elektrische Steuerung mittels SPS, die Verwendung von Master-Slave-Schaltschränken und pneumatischen Steuerschränken ermöglicht die definierte Zuordnung der zahlreichen Förderwege. Am Display der Steuerung kann die Förderung mittels Grafikbild und Druckanzeigen im Betrieb dargestellt und die Pfropfenbewegung beobachtet werden.
Die verschiedenen Empfangsbehälter sind mit selbstreinigenden Filtern versehen, Niveausonden melden den Zustand der Behälter. Das Produkt wird automatisch abgerufen.
Die Anlage konnte in kürzester Zeit in Betrieb genommen werden und versorgt die Wandherstellung des Fertighausproduzenten automatisch mit dem benötigten Material.
Mit der Realisierung des Ein-Pfropfen-Systems für Flexleitungen ist der FAB eine technische Innovation in der pneumatischen Förderung gelungen. Es können produktschonende Pfropfenförderer-Systeme mit reduziertem Druck in flexiblen Rohrmodulen betrieben werden. Anwendungen in der Chemie-, Lebensmittel- und Bäckereiindustrie werden folgen.

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Einflüsse
Einflüsse auf das zu verwendende Förder­verfahren haben:
Schüttguteigenschaften:
Korngröße
Korngrößenverteilung
Komprimierbarkeit
Fluidisierbarkeit
Fließeigenschaften
Haftkräfte
Kornform
Anlagenkenngrößen:
Förderleistung
Länge & Isometrie der Leitungsführung
Batchgröße, Druckluftnetz
Logistik der Produktion

Firmeninfo
Die FAB Fördertechnik und Anlagenbau GmbH mit Sitz in Waldshut-Tiengen ist ein inhabergeführtes, mittelständisches Unternehmen der Logistikbranche. Seit 40 Jahren werden innerbetriebliche Materialfluss-Systeme entwickelt, produziert und vermarktet. Die Produktbereiche in welchen FAB tätig ist sind Schüttgutsysteme, Förder- und Lagersysteme, automatische LKW Be- und Entladesysteme und Air-Cargo-Systeme.

 

 

Kontakt

FAB Fördertechnik u. Anlagenbau GmbH

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