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Christoph Mühlhaus, Dow Olefinverbund: Sachsen-Anhalt gibt Gas

Mehrjährige Förderung der Chemie- und Kunststoff-Industrie

01.12.2010 -

Seit Oktober 2007 wird das Cluster Chemie/Kunststoffe Mitteldeutschland zunächst für drei Jahre mit Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt gefördert. Das bereits mehrjährige Engagement mit Modellcharakter ist Bestandteil der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU und wurde im Rahmen des „Strategiedialoges Chemie" verfestigt. Mit der öffentlichen Förderung erreicht das professionelle Clustermanagement nun eine neue Qualität. CHEManager sprach mit Dr. Christoph Mühlhaus, Generalbevollmächtigter des Dow Olefinverbundes und Clustersprecher.

CHEManager: Herr Dr. Mühlhaus, welche Besonderheiten sehen Sie als Sprecher des Clusters Chemie/Kunststoffe im mitteldeutschen Raum?

Dr. C. Mühlhaus: Die Besonderheiten des Clusters Chemie/Kunststoffe Mitteldeutschland sind meines Erachtens zugleich seine Stärken: Der länderübergreifende Ansatz ermöglicht die strategische Konzentration auf die Stärken der Wertschöpfungskette in den vier Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg. Das Cluster Chemie/Kunststoffe Mitteldeutschland ist breit aufgestellt und vereint unter seinem Dach neben Chemieparkbetreibern, Chemie- und kunststoffverarbeitenden Unternehmen, Verbänden sowie Universitäten und F&E-Einrichtungen auch die wesentlichen Branchen-Netzwerke der Region. Es fungiert als eine Art „Meta-Netzwerk". Darüber hinaus sind die Wirtschaftsministerien der vier integrierten Länder im Cluster aktiv. Mit unseren vierteljährlichen Clusterboardsitzungen bilden wir so eine umfassende Plattform für Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verbänden und Politik.

Das Cluster Chemie/Kunststoffe Mitteldeutschland war jüngst Gegenstand verschiedener Studien und Analysen. Welche Aussagen sehen Sie als entscheidend an?

Dr. C. Mühlhaus: Nun, insgesamt kennzeichnen den Chemie- und Kunststoffstandort Sachsen-Anhalt attraktive und wettbewerbsfähige Produktionsstandorte und eine gut ausgebaute F&E-Infrastruktur. Dies würdigt die Clusterpotentialanalyse im Auftrag des Landes Sachsen-Anhalt ebenso wie die tragfähigen Clustermanagementstrukturen, wobei das Land die weitere Professionalisierung maßgeblich unterstützt. Herausforderungen werden im Bereich der FuE-Intensität, der Etablierung von Headquarterfunktionen sowie der verbesserten Auslastung der Infrastruktur gesehen. Die aktuelle Studie über Cluster in Ostdeutschland im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hebt den länderübergreifenden Ansatz im mitteldeutschen Chemie- und Kunststoffcluster hervor und belegt dabei gleichzeitig die Vorreiterrolle Sachsen-Anhalts: Das Land unterstützt mit länderübergreifenden Aktivitäten die verstärkte überregionale und internationale Wahrnehmbarkeit des Investitions- und Innovationsstandortes Mitteldeutschland. Als Beispiele dafür werden der Strategie-Dialog Chemie, die Herausgabe des Kompendiums „Das Zukunftscluster Chemie/Kunststoffe Mitteldeutschland" sowie Pressearbeit und Veranstaltungen genannt. Die Cluster-Mapping-Studie im Auftrag der Europäischen Kommission verweist auf die erfolgreichen Restrukturierungsprozesse zu Beginn der 1990er Jahre und das damit verbundene Know-how z.B. in den Bereichen der umweltgerechten Sanierung von Industrieflächen, Altlasten und Sicherheit. Mit Blick auf Forschung und Entwicklung wird das Fraunhofer Pilotanlagenzentrum für Polymersynthese und -verarbeitung genannt. Sie sehen, die Studien belegen eindeutig die Erfolge und Potentiale des mitteldeutschen Chemie- und Kunststoffclusters. Den im Rahmen der Studien genannten Chancen und Herausforderungen werden wir offensiv begegnen.

CHEManager: Was sind die entsprechenden aktuellen Arbeitsschwerpunkte und Projekte im Cluster Chemie/Kunststoffe Mitteldeutschland?

Dr. C. Mühlhaus: Eine noch bessere Auslastung der wettbewerbsfähigen Produktionsstätten, der leistungsfähigen Infrastruktur sowie der F&E-Kapazitäten zu erreichen, ist ein zentrales Ziel des Clusterprozesses in Mitteldeutschland. Dazu bedarf es der stärkeren Vernetzung entlang der Wertschöpfungskette sowie der Erhöhung der Innovationskraft kleiner und mittlerer Unternehmen. Daher sieht das Cluster einen aktuellen Arbeitsschwerpunkt darin, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen bei der Wahrnehmung europäischer Fördermöglichkeiten zu unterstützen: Die angestrebte Etablierung einer regionalen Suschem (Sustainable Chemistry)-Plattform soll die verstärkte Partizipation von KMU an EU-Mitteln zur Innovationsförderung gewährleisten. Zudem forciert die Clusterarbeit in Kooperation mit dem Netzwerk der europäischen Chemieregionen ECRN die Erschließung europäischer Märkte, die optimale Transportmöglichkeiten verlangt: Mit der Initiative „Entwicklung eines mittel- und osteuropäischen Stoffverbundes - Chemielogistik in einem erweiterten Europa" verhandeln Entscheidungsträger aus Mittel- und Osteuropa über eine stoffliche und infrastrukturelle Integration. Dabei ist es uns gelungen, die Interessen der mitteldeutschen Chemie- und Kunststoffindustrie in der High Level Group Chemie der Europäischen Kommission zu artikulieren. Darüber hinaus verfolgen wir in länderübergreifender Initiative, eine internationale Fein- und Spezialchemikalien-Messe nach Mitteldeutschland zu holen.

Wie sieht Ihre Vision für die mitteldeutsche Region im Bereich Chemie/Kunststoffe aus?

Dr. C. Mühlhaus:
Mitteldeutschland wieder zu einem Kompetenzzentrum für Polymerchemie und Kunststoffverarbeitung und darüber hinaus zu einem Chemiestandort von europäischem Rang zu entwickeln, ist das erklärte Ziel des Clusterprozesses.

Der mitteldeutsche Stoffverbund bringt Standvorteile

Das mitteldeutsche Cluster Chemie/Kunststoffe wurde 2004 initiiert. Es basiert auf der Arbeit des Netzwerkes mitteldeutsche Kunststofftechnik, das seit Mitte der 90er in der Region aktiv war. „Mit seinem nunmehr vierjährigen Bestehen ist das Chemie- und Kunststoffcluster im Gegensatz zu anderen Cluster-Initiativen bereits sehr weit entwickelt und hat sich sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik als handlungsfähiger Akteur etabliert", so Dr. Gunthard Bratzke, Geschäftsführer der ISW und Clustermanager. Ein wesentlicher Akteur im mitteldeutschen Clusterprozess ist das Netzwerk der Mitteldeutschen Chemiestandorte Central European Chemical Network (Cechemnet): Auf den sechs Standorten in Bitterfeld, Leuna, Schkopau, Böhlen, Zeitz und Schwarzheide mit insgesamt über 5.500 Hektar Fläche haben sich 600 Unternehmen angesiedelt, 27.000 Arbeitsplätze wurden geschaffen. Mit den Synergien im Stoffverbund im mitteldeutschen Chemiedreieck und der spezifischen Profilierung der Standorte im Bereich Forschung und Entwicklung sind die Cechemnet-Standorte auch künftig sehr gut aufgestellt im globalen Wettbewerb um Investitionen: „Der mitteldeutsche Stoffverbund bietet einen entscheidenden Standortvorteil und dient der Erhöhung der internationalen Wahrnehmbarkeit der Chemiestandorte", so Andreas Hiltermann, Geschäftsführer von Infraleuna.