News

Zur Analysen-Messtechnik gehört mehr als nur gute Sensoren

Interview mit Dr. Dirk Steinmüller und Ralf Könemann, Knick Elektronische Messgeräte

12.10.2012 -

In vielen Spezialbereichen der Mess- und Regeltechnik ist Knick Elektronische Messgeräte Marktführer - zum Beispiel auf dem Gebiet der Potentialtrennung, in der Analysen-Messtechnik und bei Digital-Anzeigern ohne Hilfsenergie. Produkte des Berliner Unternehmens werden in der gesamten chemischen Industrie eingesetzt.

Aber zu den Leistungen von Knick gehören mehr als nur gute Sensoren. CHEManager wollte von Dr. Dirk Steinmüller, Leiter Marketing und Vertrieb, und Ralf Könemann, Produktmanager Sensorik und Armaturen der Knick Elektronische Messgeräte in Berlin wissen, welches Leistungsportfolio das Unternehmen seinen Kunden bietet und wie die Zukunft der Prozessanalytik aussieht.

Die Fragen stellte Dr. Volker Oestreich.

CHEManager: „Das erste Gerät verkauft der Vertrieb, alle weiteren der Service" ist ein alter Spruch in der Branche. Die Prozessanalytik ist besonders beratungsintensiv bei der Auswahl der richtigen Geräte und serviceintensiv beim Betrieb. Wie unterstützen Sie Ihre Kunden dabei?

Dr. Dirk Steinmüller: Diesen Spruch der Branche unterstütze ich nur dann, wenn mit Service viel mehr als nur die Reparatur gemeint ist. Knick Geräte benötigen nur wenig oder keine Wartung, was auch in unseren hohen Garantieleistungen zum Ausdruck kommt. Richtig ist: Die intensive Beratungsleistung zur Applikation ist essentiell, das kann bei Knick auch durch den Service, jedoch selbstverständlich auch durch den technischen Support, das PM oder den Vertrieb erfolgen. Wir bieten jedoch auch nun mit dem Knick Premium Service einen optimal angepassten Kundendienst an, der den Kunden personell entlastet. Wir möchten nicht zu unnützen Serviceleistungen überreden. Der Kunde kann sich aus einem modularen Programm genau diejenigen Dienstleistungen zusammenzustellen, die er wirklich benötigt. Das Service-Angebot umfasst neben obligatorischen Basisleistungen wie Funktionsprüfungen, Inspektion der Produkte und telefonischem Support diverse optionale Servicemodule, unter denen die Kunden nach individuellem Bedarf wählen können.

Ralf Könemann: Zu unserem Serviceangebot zählen zum Beispiel regelmäßige Software-Updates, eine Garantieverlängerung für Analysenmessgeräte auf sieben Jahre, der im Fall eines Messstellenausfalls garantierte Reparaturbeginn innerhalb eines Arbeitstages, Unterstützung bei der Messstellenvalidierung sowie praktische und theoretische Schulungen in Berlin oder vor Ort beim Kunden. Der Knick Premium Service ist für Knicks Analysenmessgeräte, Sensoren, Unical- und Uniclean-Steuerungen sowie Wechsel- und statische Armaturen erhältlich. Unsere Kunden profitieren von einem sicheren und reibungslosen Betrieb, der Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit und der präventiven Vorbeugung gegen Geräteausfälle.

CHEManager: Zu den vom Messprinzip bedingten besonders wartungsintensiven Sensoren gehören die pH-Sensoren ...

Dr. Dirk Steinmüller: ... wegen der regelmäßig notwendigen Kalibrierung. Da sprechen Sie einen wichtigen Punkt an. Wir haben jetzt für die zuverlässige Kalibrierung von pH-Sensoren in Industrieprozessen und im Labor die gebrauchsfertigen pH-Pufferlösungen CaliMat auf den Markt gebracht, die mit fünf Pufferwerten von pH 2,00 bis pH 12,00 einen weiten Kalibrierbereich abdecken. Die qualitativ hochwertigen, aber kostengünstigen Lösungen sind rückführbar auf SRM NIST, also die Standard Reference Materials des amerikanischen National Institute of Standards and Technology. Unser neues PC basiertes Kalibrier- und Datenarchivierungstool MemoSuite erlaubt die bequeme Verlagerung der Vorort-Kalibrierung ins Labor. Der Einsatz von vorkalibrierten Sensoren ermöglicht damit dem Anwender den einfachen Austausch vorort durch vorkalibrierte Sensoren. Er muss dafür keinen hochqualifizierten Analysenspezialisten rund um die Uhr vorhalten.

Ralf Könemann: Wir liefern die CaliMat-Pufferlösungen mit einem Quality Control Certificate aus. Die praktischen Press & Dip Behälter ersetzen ein zusätzliches Kalibriergefäss und verhindern gleichzeitig zuverlässig eine Rückvermisschung von neuem und gebrauchtem Puffer.

CHEManager: Auf der Achema hat Knick etliche neue Sensoren für Laboreinsatz und Prozessanalytik gezeigt.

Ralf Könemann: Ja, wir haben die Bandbreite unserer Sensoren zur pH-, Leitfähigkeits- und Sauerstoffmessung sowohl für den Prozessbereich als auch für den Einsatz im Labor deutlich erweitert. Zur pH-Messung im Prozessumfeld steht mit dem SE 557 ein druckbeaufschlagbarer Memosens-Sensor mit Elektrolytvorrat bereit. Der modifizierte Puffer und ein spezielles Glas ermöglichen Tieftemperaturmessungen bis -20°C. Ebenfalls neu im Programm sind 12 mm-pH-Sensoren mit Memosens-Anschluss. Für Leitfähigkeitsmessungen in Prozessen mit hohen hygienischen Anforderungen bietet Knick den 2-Elektroden-Sensor SE 605H mit Memosens-Anschluss sowie den digitalen, induktiven Sensor SE 680 in Ausführungen mit Clamp- und Milchrohrverschraubung. Zur optischen Sauerstoffmessung dient der digitale 12 mm-Sensor SE 740. Neben der Störungsunempfindlichkeit und dem Verzicht auf verschleißende Komponenten liegen weitere Vorteile darin, dass keine aufwändige Polarisation mehr erforderlich ist und der Sensor keine Anströmung benötigt.

Im Bereich der Sensoren für den Laboreinsatz bieten wir mit den Geräten der Serie SE 100 das ganze Spektrum unserer herkömmlichen pH-Sensoren nun in Memosens-Versionen an. Mit dem SE 340 haben wir jetzt auch einen optischen Sauerstoffsensor für den Laboreinsatz verfügbar.

CHEManager: Sie haben diverse Sensoren mit Memosens-Anschluss erwähnt - wie sieht es denn mit den passenden Analysenmessgeräten aus?

Dr. Dirk Steinmüller: Da haben wir mit Portavo - nomen est omen - eine ganz besondere Neuentwicklung, nämlich tragbare Analysenmessgeräte für pH-Wert, Leitfähigkeit oder Gelöstsauerstoff mit Memosens-Technik. Typabhängig können neben den digitalen Memosens-Sensoren auch analoge Sensoren und digitale optische Sauerstoffsensoren verwendet werden.

Bedingt durch unsere Nähe zum Markt und zu den Applikationen sind unsere Neuentwicklungen immer auf die Anforderungen der Praxis zugeschnitten. Alle Portavo-Gehäuse sind aus hochstabilem Kunststoff gefertigt und mit der Schutzart IP 66 für den rauhen Industrieeinsatz ausgelegt. Eine integrierte Schutzklappe, die im Feldeinsatz das Display vor Kratzern und Beschädigungen schützt, lässt sich im Labor als Aufsteller nutzen. Zudem verfügen die Gehäuse über einen integrierten Sensorköcher, der die Austrocknung des Sensors verhindert.

Ralf Könemann: Das Modell 904X verfügt als weltweit einziges portables Analysenmessgerät über eine ATEX-Zulassung für die Zonen 0 und 1. Die Varianten 904 und 907 haben einen Lithium-Ionen-Akku, zusätzlichen Speicher für Datalogging-Funktionen und eine USB-Schnittstelle, über die sie mit einem PC und unserer zugehörigen Software Paraly 112 ferngesteuert und parametriert werden können. Bei der aktuellen Softwareversion haben wir die Oberfläche komplett überarbeitet und in Design und Funktionalität der Memosuite-Software angepasst. Mit Paraly 112 können Messwerte, Kalibrierprotokolle und -daten auf einem PC archiviert, dargestellt, dokumentiert, ausgedruckt und weiterverarbeitet werden.

CHEManager: Machen wir noch einmal einen Sprung weg von der Software ganz dicht zum Prozess: Was gibt es Neues bei den Wechselarmaturen?

Ralf Könemann: Wir haben unser Programm an Wechselarmaturen durch neue Modelle mit erweiterten Funktionen deutlich ergänzt. Dazu gehören zum Beispiel grössere Eintauchtiefen, Kompatibilität zu neuen Sensortypen oder die Verwendung extrem korrosionsfester Gehäusematerialien. Mit CeraLong hat Knick einen vielfach geäußerten Kundenwunsch erfüllt und eine Wechselarmatur mit der bewährten Ceramat-Technologie entwickelt, die sich für pH- und optische Sensoren eignet und mit einer Eintauchtiefe von 300 mm den Einbau in Doppelwandkesseln und T-Stücken großer Durchmesser ermöglicht.

Die Ceramat-Wechselarmaturen wurden aktualisiert und verfügen nun über eine verdrillungssichere Aufnahme für Lichtleiter, sodass sich mit den Wechselarmaturen jetzt auch Raman-Sensoren zur spektroskopischen Untersuchung von Prozessmedien nutzen lassen. Bei der Ceramat- bzw. CeraLong-Technologie zur automatischen Wartung und Kalibrierung der Sensoren unter Prozessbedingungen sorgt die Drehbewegung von zwei hochplanen, ultraharten Keramikscheiben für die sichere Abschottung der Kalibrierkammer gegen den Prozess.

CHEManager: Zum 20jährigen Jubiläum des CHEManager kann diese Frage nicht ausbleiben: Was bestimmte die Prozessanalytik vor 20 Jahren, was hat sich bis heute gewandelt und was wird in 20 Jahren sein?

Dr. Dirk Steinmüller: Ich umschreibe die Prozessanalytik gerne mit Evolution statt Revolution. Der Beständigkeitsfaktor hier ist wirklich bemerkenswert. Die wichtigsten Analyseparameter weltweit sind wie vor 20 Jahren immer noch pH und Sauerstoff. Und die damals angewendeten Messverfahren sind alle noch gebräuchlich. Das Wissen um die Applikation ist nach wie vor essentiell, allerdings wird dies mehr und mehr auf Gerätehersteller und Dienstleister übertragen. Natürlich gibt es heute keine reine Analogtechnik mehr, das kann man mit einem lachenden und auch weinenden Auge sehen. Überladene Bedienkonzepte und komplexe Software sind heute mehr als früher die Hauptursache für Ausfallzeiten. Damalige Buspropheten reiben sich heute noch verwundert die Augen, dass 80% der Feldgeräte immer noch 0/4-20mA sind, bei der Analysentechnik sogar 90%.

Zukünftig wird der Trend zur Überbürokratisierung weiter zunehmen, wir werden mehr über Normenerfüllung und Haftungsrecht diskutieren und der gesunde Ingenieursverstand tritt zurück. Andrerseits ergeben neue Technologien auch faszinierende Möglichkeiten. Komplexe Analysentechnik wie online Spektroskopie, Terahertztechnik, Sensor(array)vernetzungen mit SW-Modellen (Chemometrie) werden mehr und mehr akzeptiert und auch zur Prozessführung und nicht nur zur Überwachung wie heute üblich eingesetzt werden. Eindeutig geht mit moderner Sensorik der Trend zur Inline-Analytik mit kontinuierlicher Messung einher.

Ralf Könemann: Eine zu lösende Herausforderung für die Inline-Messtechnik ist die Kalibrierung und Justierung ohne Prozessbeeinträchtigung. Es wird mehr Intelligenz in den Sensor verlagert, so dass digitale Sensoren Kalibrierdaten und Diagnostik zur vorausschauenden Wartung zur Verfügung stellen. Das spart Kosten und erhöht die Verfügbarkeit. Automatisierte Lösungen im Hinblick auf Kalibration und Reinigung von Sensorik werden sich bei sehr schwierigen und /oder sehr teuren Messstellen (Spektrometer) durchsetzen. Der beste Analysator nützt nichts mehr, wenn der Sensor blind wird. Im Gegensatz dazu finden wir auch den klaren Trend bei Standardapplikationen (Pharma) zu Wegwerfsensoren nach Einmalgebrauch (Disposables).

 

Kontakt

Knick Elektronische Messgeräte GmbH & Co. KG

Beuckestraße 22
14163 Berlin
Deutschland

+49 30 80191 0
+49 30 80191 200