Strategie & Management

Bessere Angebote durch präziseres Kundenverständnis

Digitalisierung ist die Basis für eine verbesserte Kundenorientierung

08.12.2020 - Digitale Tools und Datenanalyse helfen, Kundenbedürfnisse besser zu verstehen.

Viele Chemieunternehmen erwarten, durch technologiegestützte Kundenorientierung ihre Gewinne stark steigern zu können. Tatsächlich würden die Käufer mehr bestellen oder zahlen, wenn ihre Erwartungen richtig erfüllt werden. Nur stimmen in der Chemiebranche mitunter die Vorstellungen darüber, was die Abnehmer wollen nicht mit deren wirklichen Bedürfnissen überein. Dies zeigen die Ergebnisse der Accenture-Studie „2020 Global Buyer Values“. Bevor Chemieunternehmen in neue Prozesse und digitale Angebote investieren, sollten sie daher z. B. Big Data und Analytics nutzen, um Kundenbedürfnisse präzise zu verstehen. Auf dieser Basis lassen sich zielgerichtete Digitalisierungsprojekte starten, die die Effizienz steigern, neue Produkte oder Geschäftsmodelle ermöglichen sowie die Wertschöpfung bei allen Beteiligten erhöhen. So können Unternehmen sicherstellen, dass Initiativen für mehr Kundenorientierung nicht verpuffen.

Neue Auflagen zu Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit sowie veränderte Kundenwünsche stellen Chemieunternehmen vor enorme Herausforderungen: Es gilt, den CO2-Ausstoß massiv zu senken, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, recyclingfähige Materialien sowie Rücknahmesysteme zu entwickeln, um die Kreislaufwirtschaft aufzubauen, mithilfe digitaler Technologie den Kontakt zum Kunden zu intensivieren, um individuellere Kundenwünsche erfüllen zu können. Nur so können Chemieunternehmen Produkte und Services anbieten, die gleichzeitig ihre Abnehmer zufriedenstellen und den Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit gerecht werden. Es ist also viel zu tun auf dem Weg in die Zukunft. Die meisten Unternehmen sehen sich dafür gut gerüstet – insbesondere mit Blick auf die Kundenzufriedenheit: Zwei Drittel der Chemieunternehmen schätzen, durch stärker technologiegestützte Kundenorientierung den Gewinn, um mind. 10 % steigern zu können. Ein Drittel erwartet sogar ein Plus über 20 %, zeigt die ­Accenture-Studie „2020 Global Buyer Values“. Die Hoffnungen scheinen berechtigt: Jeweils gut 50 % der befragten Käufer würden erheblich mehr ordern oder höhere Preise zahlen, wenn der Geschäftspartner ihre Erwartungen erfüllt. 

Chemieunternehmen überschätzen ihre Fähigkeit, die Kundenwünsche zu erkennen

Das Ziel der Chemieunternehmen – mehr Kundenorientierung – ist also definiert, aber den richtigen Weg dorthin müssen sie noch finden. Denn tatsächlich agieren die meisten Chemieunternehmen nicht so kundenorientiert, wie sie denken. Zwar geben sich knapp zwei Drittel der Firmen in Sachen Kundenorientierung auf einer Zehnerskala acht Punkte, also eine gute Note. Doch die Studie legt offen, dass sie Käufer und Konsumenten weniger als gedacht kennen und die jeweiligen Bedürfnisse häufig falsch einschätzen. Chemieunternehmen gehen etwa davon aus, ihre Kunden seien mit Blick auf Nachhaltigkeit sehr am Einsatz erneuerbarer Energien und an wiederverwertbaren Produkten interessiert. Die aber legen nach eigenen Angaben mehr Wert auf Langlebigkeit und Sicherheit der Materialien. Auch Liefertreue und -sicherheit bewerten die Kunden höher, als die Produzenten meinen. Dafür ist ihr Wunsch nach zusätzlichen Services weniger ausgeprägt als erwartet. Angesichts dieser unterschiedlichen Wahrnehmung laufen viele Chemieunternehmen leicht Gefahr, viel Geld in Lösungen sowie die Entwicklung neuer Produkte, Services oder Geschäftsmodelle zu stecken, die letztlich an den In­teressen der Kunden vorbeigehen. Zielgerichtet agieren können sie nur, wenn sie mehr über die Kundenerwartungen herausfinden und dabei sehr differenziert betrachten, welche spezifischen Wünsche in bestimmten Regionen oder bei einzelnen Kundengruppen vorherrschen. 

Ein Kreislauf aus Digitalisieren, Analysieren und Optimieren hilft weiter

Natürlich müssen Chemieunternehmen die Kundenorientierung verbessern – schon, weil viele ihrer Produkte durch andere Materialien ersetzbar sind. Jeder zweite Kunde würde einen Lieferanten wechseln, der seine Erwartung nicht erfüllt. Innerhalb des Bereichs Transportverpackungen haben bspw. Luftbeutel und Kartonsysteme das vormals dominante Verpackungsmaterial Polystyrol weitgehend verdrängt. Flaschen entstehen zunehmend aus Rezyklaten, mit denen u. a. Entsorger ins Chemiegeschäft drängen. Oder anstelle von Kunststoff kommen neue Verbundwerkstoffe zum Einsatz – so wandert der Umsatz in Form eines kompletten Material­austauschs in eine ganz andere Richtung ab. Um der hohen Wechselbereitschaft vieler Abnehmer der Chemiebranche entgegenzuwirken, ist mehr Kundenorientierung also tatsächlich unabdingbar – aber zielgerichtet und wirkungsvoll, nämlich die entscheidenden Themen adressierend.

Dies erfordert einen permanenten Kreislauf aus Digitalisieren, Analysieren und Optimieren (s. Kasten): Mithilfe digitaler Technologie müssen Prozesse verbessert sowie mehr Kundendaten gesammelt werden. Diese gilt es gezielter unter den richtigen Fragestellungen auszuwerten. Die Erkenntnisse müssen dann in der Organisation sowie mit Blick auf die Kunden zu genau jenen Veränderungen führen, die aus Sicht des Abnehmers die Kundenorientierung so nachhaltig steigern, dass er an Bord bleibt – und idealerweise sogar bereit ist, höhere Preise zu zahlen.

„Tatsächlich agieren die meisten
Chemieunternehmen nicht so
kundenorientiert, wie sie denken."

 

Konzerne sollten weniger produktions- und mehr kundenorientiert sein

Digitale Technologien bzw. Kanäle erleichtern die Kommunikation mit den Kunden und dienen zugleich der Vertriebsoptimierung, indem sie die Informations- und Bestellprozesse vereinfachen. Um die Kunden­orientierung zu verbessern, reicht jedoch nicht die Freischaltung eines Order Tools oder eines Online-Katalogs. Wer den Kunden in den Mittelpunkt seiner Aktivitäten stellen will, muss externe wie interne Prozesse konsequent darauf ausrichten und digital vereinfachen. 

Viele Chemie­unternehmen agieren stark produktionsgetrieben und wollen die Kunden in ihre Abläufe einfügen, statt flexibel auf deren Anfragen zu reagieren. Bestellungen werden teils noch per Fax angenommen oder weitergeleitet, automatisierte Order-Prozesse inkl. Verfügbarkeitsprüfung, Preisfindung und Lieferterminbestätigung existieren kaum. 

Dabei lassen sich durch digitale Tools zusätzliche Daten sammeln und so auswerten, dass Kundensegmente gemäß der Zahlungsbereitschaften, Erwartungen und Bedürfnisse passgenau bedient werden können. Eine entsprechend ausgerichtete Digitalisierung über den ganzen Auftragszyklus hinweg würde eine massive Beschleunigung der Abwicklung bewirken, von der Geschäftsanbahnung über die Festlegung der Mengen-, Preis- oder Lieferdetails und die Produktion bis zur pünktlichen Bereitstellung der Produkte in der gewünschten Menge an den vorgegebenen Standorten. Auch der After-Sales-Bereich kann in das System integriert werden; ergänzt um automatisierte Nachbestellungsfunktionalität (z. B. auf Basis von Verbrauchswerten).
 

„Kundenorientierung erfordert einen 
permanenten Kreislauf aus Digitalisieren, 
Analysieren und Optimieren."

 

Omni-Channel-Vertrieb und digitalisierte End-to-End-Prozesse verbessern Kontakt 

Zwar haben einige Chemieunternehmen bereits begonnen, ihre Prozesse im Sinne einer echten Kundenorientierung zu verändern. Besonders augenfällig ist das beim Aufbau von Vertriebssystemen, die dem Omni-Channel-Gedanken folgen und oft auch eigene Verkaufsplattformen beinhalten. Manche Unternehmen betreiben neben einem eigenen Onlineshop auch Flagship Stores auf bestehenden Plattformen wie Alibaba, andere eröffnen selbst Marktplätze, auf denen andere Anbieter auftreten dürfen – und nutzen dabei digitale Schnittstellen und einfache Abläufe, an denen Kunden besonders interessiert sind. Oft existieren im Netz mehrere Präsenzen parallel, denn die Verbesserung der Kunden­orientierung funktioniert manchmal eben nur im Trial-and-Error-Verfahren bzw. mit einer individuelleren Ansprache. Wichtig sind dabei stets durchdachte End-to-End-Prozesse mit einem hohen Digitalisierungsgrad, damit der Kunde in der Folge von Effizienz-, Qualitäts- und Kostenvorteilen profitiert. Und natürlich muss die persönliche Betreuung und individuelle Beratung der Auftraggeber weiter garantiert sein, für die genau dies zur optimalen Kundenorientierung gehört. Omni Channel bedeutet, jeden Interessenten auf dem Weg zu erreichen, der ihm am liebsten ist und eine störungsfreie Geschäftsabwicklung ermöglicht – unter der Voraussetzung, dass hierfür eine Zahlungsbereitschaft vorliegt.

KI-gestützte Assistenten im Netz erleichtern Interessenten die Formulierung der richtigen Mischung Chemieunternehmen sollten ihren Kunden jedoch nicht nur neue Wege eröffnen, sondern auch den Zugang zu mehr Informationen sowie neuen Angeboten. Das erfordert ebenfalls den durchdachten Einsatz digitaler Technologie. Für viele Interessenten heißt Convenience heute bspw., dass sie im Onlineshop detailliertere Angaben zu einzelnen Materialien finden, die offline nicht direkt verfügbar sind. Hier ist eine klare Unterscheidung zentral zwischen hochsensiblen Daten, die mit Wettbewerbsvorteilen verknüpft sind und eher anwendungsorientierten Informationen, die jeder Kunde braucht. Sinnvoll wäre etwa, innerhalb der weniger wertvollen Daten dem Kunden per KI-gestützem, sprachgesteuertem Formulierungsassistenten bspw. die Suche nach optimalen Additiven zu erleichtern. So ein Servicepaket aus Informationsbeschaffung und Entwicklungsunterstützung erleichtert dem Kunden die Arbeit erheblich.

Steht die passende Formulierung, kann der Chemiekonzern automatisiert die gewünschten Lieferdaten zusammenstellen und ein maßgeschneidertes Angebot unterbreiten. Fühlen die Kunden sich in diesem Prozess gut verstanden und unterstützt, sind sicher viele bereit, mehr zu ordern und auch höhere Preise zu zahlen. Mit einer in diesem Sinne zielgenau auf die tatsächlichen Kundenwünsche ausgerichteten Digitalisierung können innovative Unternehmen sich von weniger veränderungsbereiten Wettbewerbern abheben, indem sie ihre eigene Wertschöpfungskette und mittelbar teilweise sogar die ihrer Abnehmer digitalisieren und optimieren.

Kundenorientierung optimieren

So helfen Datenanalysen bei der zielgerichteten Steigerung der Kundenorientierung

Richtig digitalisieren: Der Einsatz entsprechender digitaler Technologien bzw. Kanäle sollte es den Kunden und Interessenten erleichtern, schnell und direkt mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten und ihn je nach Wunsch zu vertiefen. Bei diesem Austausch lassen sich mit diversen Tools zusätzliche Daten und Informationen über aktuelle sowie potenzielle Geschäftspartner sammeln – nicht nur zu konkreten Anfragen, sondern auch zu ihren generellen Wünschen und Erwartungen.

Richtig analysieren: Die gewonnen Daten sollten mit der gesamten Palette an digitalen Lösungen ausgewertet werden. Mithilfe von Analytics, maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz lassen sich nicht nur Präferenzen und Verhaltensmuster von Kunden erkennen, denen man zielgenauer individualisierte Angebote machen kann. Die Datenauswertung liefert wichtige Anhaltspunkte zur Entwicklung neuer Produkte und sogar Geschäftsmodelle für einzelne Auftraggeber und ganze Kundengruppen. 

Richtig reagieren: Umfassend analysiert, beantworten diese gesammelten Daten vier wichtige Fragen jedes Unternehmens und zeigen den richtigen Weg in die Zukunft:

1. Wie müssen interne wie externe Prozesse verbessert werden, damit die Kundenzufriedenheit steigt? 
2. Wie sieht der optimale Omni-Channel-Vertrieb aus, mit dem sich alle Interessenten erreichen lassen?
3. Welche zusätzlichen (digitalen) Serviceangebote schätzen die Kunden so sehr, dass sie dafür zahlen?
4. Welche weiteren Maßnahmen können die Kundenorientierung aus Sicht der Geschäftspartner steigern?

Kontakt

Accenture

Campus Kronberg 1
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+49 6173 94 99