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Chemistry4Climate zieht Halbzeitbilanz

06.05.2022 - Zur Halbzeit des Klimaschutzprojektes „Chemistry4Climate“ haben die beteiligten Stakeholder auf einer Fachkonferenz in Berlin Zwischenbilanz gezogen.

Die von VCI und VDI ins Leben gerufene Klimaschutzplattform der chemisch-pharmazeutischen Industrie lud ein zur Fachkonferenz „Die klimaneutrale Chemie von morgen – jetzt erst recht?!“

VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup machte dabei deutlich, dass sich am Ziel einer treibhausgasneutralen Chemie auch durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine nichts ändere. Doch werde der Weg durch die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen noch herausfordernder. Es brauche jetzt schnelle und pragmatische Lösungen. „Wir dürfen Deutschland nicht zum Industriemuseum machen, es muss uns gelingen, die momentanen Herausforderungen anzunehmen und Lösungen zu finden! Wir müssen jetzt schneller auf Erneuerbare setzen!“, sagte Große Entrup angesichts der aktuellen Risiken bei der Rohstoff- und Energieversorgung der Chemieindustrie.

Für den designierten VCI-Präsidenten und derzeitigen Vizepräsidenten Markus Steilemann ist ein gesellschaftlicher Ruck nötig, der den Ausbau der erneuerbaren Energien maximal beschleunigt. Der Covestro-Chef verwies auf die Bedeutung der Chemieindustrie und veranschaulichte die Konsequenzen, die ein Embargo von russischem Öl- und Gas für die Wirtschaft und die Bevölkerung Deutschland hätten: „95 % der Produkte der gesamten deutschen Industrie hängen direkt an Produkten der chemischen Industrie“, erklärte Steilemann, machte aber auch Hoffnung: „Der politische Gestaltungswille ist jetzt da.“ In der Bringschuld sieht er die Politik dagegen noch bei der notwendigen Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren – auch und vor allem bei Industrieanlagen und zugehöriger Infrastruktur.

Ralph Appel vom Projektpartner Verein Deutscher Ingenieure (VDI) sieht den Wert von „Chemistry4Climate“ darin, eine gemeinsame Faktenbasis beim emotional aufgeladenen Thema Transformation zu finden.

Mit dabei u.a. auch Professor Ernst Ulrich von Weizsäcker, Ehrenpräsident des Club of Rome, der in seinem Vortrag die deutsche Debatte um die Transformation in den globalen Kontext einordnete, sowie Professor Ferdi Schüth vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, der den Beitrag der Chemie zur Energieversorgung der Zukunft aus wissenschaftlicher Sicht darstellte.

Der VCI bietet die Videomitschnitte der Vorträge auf seinem YouTube-Kanal an. Bilder von der Konferenz und die Vortragscharts finden Sie auf der VCI-Website.

Klares Nein zu einem Gasembargo

Bei einer anderen Veranstaltung bestärkte Ingemar Bühler, Hauptgeschäftsführer von PlasticsEurope Deutschland, den Willen der Kunststofferzeuger, die Transformation zur klimaneutralen Kreislaufwirtschaft voranzutreiben: „Nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien sind klimaschonend, günstiger und Garant für Versorgungssicherheit, Unabhängigkeit und Preisstabilität.“

Auf der Jahrestagung des Kunststofferzeugerverbands in Hamburg sagte Bühler, die Corona-Pandemie und der Krieg in Europa träfen die Branche in Zeiten, in denen sich die Industrie ohnehin bereits in ihrer größten Transformation befindet. Er skizzierte aus Sicht der Kunststofferzeuger, wie eine ganzheitliche Neuausrichtung der politischen Agenda aussehen könnte.

Und der Vorstandsvorsitzende von PlasticsEurope Deutschland, Michael Zobel, der bei der Jahrestagung des Kunststofferzeugerverbands in Hamburg verabschiedet wurde, mahnte, dass die energieintensive Industrie jetzt in der Verantwortung stehe, die Fehler der Vergangenheit, mit denen Deutschland sich in die Energieabhängigkeit gebracht hat, so zügig wie möglich anzugehen.

Dabei machte Zobel deutlich, dass die wirtschaftliche Volatilität der Pandemiezeit nicht mit den Herausforderungen und Auswirkungen des derzeitigen Ukraine-Kriegs vergleichbar sei. So gefährde der russische Angriffskrieg in Osteuropa die Rohstoffsicherheit, verteure die Energie maßgeblich und störe oder unterbreche Transportwege sogar komplett. Insgesamt drohe aufgrund deutlich höherer Produktionskosten in Kombination mit einer eingetrübten Weltkonjunktur ein Einbruch bei Kaufkraft und Nachfrage.

Außerdem nahm auch Zobel Bezug auf die Debatte rund um das Thema Erdgas-Embargo: „Gut 44 % des gesamten Energieverbrauchs der Kunststofferzeuger entfallen auf Erdgas, vor allem als Energieträger für Großanlagen. Bei einem Gasembargo würden Teile der Produktion zum Stillstand kommen, da unsere Unternehmen diese Großanlagen abschalten müssten – und diese können nicht einfach mal aus- und wieder eingeschaltet werden. Daher ist unsere Haltung ein klares Nein zu einem Gasembargo!“