Anlagenbau & Prozesstechnik

EFCG Pharma Business Conference 2008

01.09.2013 -

EFCG Pharma Business Conference 2008 – Massiver Zustrom illegal hergestellter Ausgangsstoffe nach Europa.

Die European Fine Chemicals Group (EFCG), eine Sektorgruppe des European Chemical Industry Council (CEFIC), hielt am 29. und 30. Mai 2008 in Lissabon ihre dritte „Pharma Business Conference" ab.

Die Veranstaltung wurde gemeinsam von der EFCG und Concept Heidelberg organisiert, um aktuelle Probleme und mögliche Lösungen zur GMP-konformen Beschaffung pharmazeutischer Wirk- und Hilfsstoffe zu diskutieren.

Dr. Arnulf Heubner von Merck, Darmstadt, Vorsitzender des EFCG Pharmaceuticals Business Committee, moderierte die Konferenz.

Viele Vertreter wichtiger Interessengruppen, wie beispielsweise Repräsentanten der US-amerikanischen FDA, der EMEA sowie Vertreter großer Produktions- und Handelsfirmen aus dem Pharma- und Wirkstoffbereich, stellten ihre Sichtweise zu Strategien für eine GMP-konforme Beschaffung von Ausgangsstoffen vor.

Das enorme Problem nicht GMP-gerechter, unsicherer pharmazeutischer Ausgangsstoffe wurde allen betroffenen Parteien z. B. anhand des noch nicht lange zurückliegenden „Heparin-Falls" veranschaulicht.

Hier führte die Verunreinigung eines lebensrettenden pharmazeutischen Wirkstoffes (Heparin) in den USA zum Tod vieler Patienten. Guy Villax, Geschäftsführer von Hovione, einem Wirkstoffhersteller mit Standorten in Portugal, den USA und Macao, fasste die verfügbaren Informationen zusammen und stellte zusätzlich die Ergebnisse seiner eigenen Studien vor.

 


Weltmarkt für Hilfsstoffe

Heute werden mehr als 80 % aller Wirkstoffe in Arzneimitteln, die in Europa verwendet werden, außerhalb Europas produziert, wobei ein großer Anteil aus China und Indien stammt.

Dr. Arnulf Heubner, Merck Darmstadt, umriss die Situation auf dem Weltmarkt für Hilfsstoffe. Er wies darauf hin, dass für diesen Markt bis 2011 eine kumulierte jährliche Wachstumsrate von 3,8 % erwartet wird.

Obwohl die Einführung neuer Materialien zur Verwendung als Hilfsstoffe eine sehr lange Zeit in Anspruch nimmt und dadurch Innovationsprozesse verzögert, sind neue Hilfsstoffanwendungen das Thema vieler Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten.

Beispiele hierfür sind Hilfsstoffmischungen für eine erhöhte Funktionalität, neue Stufen bestehender Hilfsstoffe für eine verbesserte Wirkweise, Hilfsstoffe zur kontrollierten Freisetzung und neue Verbindungen zu Drug Delivery Compounds für verschiedene Anwendungen (s. Grafik 1).

Dr. Tim Boelke, BASF Deutschland, und Dr. Ian Moore, Croda Chemicals, stellten die Notwendigkeit eines Zertifizierungsschemas für Hilfsstoffe aus der Sicht der EFCG bzw. der IPEC Europe dar.

Diese beiden Verbände kündigten danach öffentlich die Unterzeichnung einer Absichtserklärung an, die zu einer engen Zusammenarbeit der beiden Vereinigungen auf dem Gebiet der pharmazeutischen Hilfsstoffe führen wird.

Als Erstes werden die beiden Organisationen an der Entwicklung eines Zertifizierungsprogrammes für Hersteller und Distributoren pharmazeutischer Hilfsstoffe arbeiten, das sowohl Good Manufacturing Practices (GMP) als auch Good Distribution Practices (GDP) abdecken wird.

 


Probematiken beim Import

Charles Hu (Bim Sifram Group, Paris), ein Händler mit vielen Jahren Erfahrung im Import pharmazeutischer Inhaltsstoffe von China nach Europa, erläuterte die Kernprobleme im Zusammenhang mit dem Einkauf von Wirkstoffen aus China.

Er gab an, dass die Inhalte der betreffenden CEPs und DMFs in vielen Fällen nicht die Realität widerspiegeln und auch nicht GMP-gerechten Vorgängen entsprechen.

Es ist noch nicht einmal in jedem Fall sicher, dass der Betrieb überhaupt wie im Dossier definiert existiert. Er erklärte außerdem, dass die Hersteller zuweilen falsche Dokumente einreichen und jegliche Audits oder Inspektionen verweigern.

Die Ankündigung eines Audits oder einer Inspektion führt in einer solchen Situation zur unmittelbaren Schließung des Betriebs. Hu betonte, dass der derzeitige Wettbewerb, der sich hauptsächlich auf Preise konzentriert, zunehmend schwerwiegende Probleme verursacht, besonders für die europäische Pharmaindustrie.

Im Gegensatz zu den FDA-Regularien werden die europäischen Gesetze nicht oder kaum von den Überwachungsbehörden durchgesetzt. Daher werden die EU-Regularien in China oft nicht eingehalten.

Aufgrund der Kombination eines Mangels an Respekt für strenge Vorschriften und niedrigen Preisen, wird Europa zum „zuletzt bedienten Markt nach den USA/Japan und dem Rest der Welt", sagte Hu.

Ein weiterer Vortragender von einer Handelsfirma, Erol Thomas Isim von Pharma Action, Deutschland, berichtete, dass etwa 90 % des Wirkstoffmaterials, das über Händler in die EU gelangt, nicht dem vorgeschriebenen Standard der ICH-Q7-GMP entsprechen. Während seines Vortrags erklärte er, welche Gründe seiner Meinung nach ursächlich zu der Heparin-Katastrophe beigetragen hatten:

 

  • Die Lieferkette, die den letzten Herstellungsschritten von Heparin vorausgeht, ist komplex und schwer zu überblicken.
  • Eine große Zahl von Maklern und Händlern sowie hunderte von oft kleinen Produktionsbetrieben sind in den ersten Teil der Lieferkette eingebunden.
  • Keine dieser involvierten Parteien unterliegt der Aufsicht irgendwelcher chinesischer oder ausländischer Behörden.

 


Eine weitere detaillierte Analyse der Ursachen der Heparin- Katastrophe wurde von Guy Villax, Hovione, Portugal, präsentiert. Laut Aussagen der FDA standen möglicherweise 100 bis 150 Todesfälle in den Vereinigten Staaten mit den gefälschten, verunreinigten Inhaltsstoffen im Zusammenhang.

Villax betonte, dass bessere Datenerfassungssysteme wahrscheinlich eine noch höhere Anzahl zusätzlicher Opfer in anderen Teilen der Welt zutage gefördert hätte.

Er beschrieb den bisher bekannten Verlauf des Falls. Nach dem Töten von Schweinen wurde dem Rohheparin an bestimmten Stellen in der Lieferkette arglistig die verunreinigende Substanz beigemischt, um die Ausbeute zu erhöhen. Komplexe und undurchsichtige Lieferketten machen es nahezu unmöglich, die Herkunft des Rohmaterials zurückzuverfolgen.

Heparin ist der jüngste, aber nicht der einzige Fall in Verbindung mit gefälschten pharmazeutischen Inhaltsstoffen chinesischen Ursprungs. In den vergangenen Jahrzehnten ist es immer wieder vorgekommen, dass gefälschte Inhaltsstoffe, wie z. B. Glyzerin (verunreinigt mit oder ersetzt durch Diethylenglykol) und Gentamicin, auf den Weltmarkt gelangten und viele Todesfälle verursachten.

Es gelten strenge EU-Regularien und zahlreiche ergänzende Leitlinien, die von den Inhabern einer Herstellungserlaubnis und von Wirk- und Hilfsstoffherstellern befolgt werden müssen, um zu gewährleisten, dass ihre Arzneimittel qualitativ hochwertige Wirkstoffe enthalten.

Jedoch setzt sich die wachsende Gesundheitsbedrohung, die von auf den Europäischen Markt geschleusten gefälschten Ausgangsstoffen ausgeht, über alle Regularien und Leitlinien hinweg. Deshalb sollten die Überwachungsbehörden diesem Problem höchste Aufmerksamkeit schenken.

 


Bekämpfung gefälschter Arzneimittel

François-Xavier Lery von der EMEA in London berichtete über die jüngsten Aktivitäten der EMEA in Bezug auf Inspektionen und die Gesetzeskonformität von Wirkstoffen.

In dem Diskussionspapier über einen Gesetzesvorschlag zur Bekämpfung gefälschter Arzneimittel, das am 11. März 2008 zur öffentlichen Anhörung publiziert wurde, strebt die EUKommission eine Kombination verschärfter Anforderungen an Wirkstoffe an, wie z. B. ein obligatorisches Meldeverfahren für Hersteller/Importeure von Wirkstoffen, strengere GMPStandards und eine erweiterte GMP Überwachung.

Außerdem würde die EudraGMP-Datenbank in Anbindung an andere Datenbanken in der Gemeinschaft relevante Informationen bezüglich der GMP-Vorgeschichte von Wirkstoffherstellungsstandorten sowie eine sehr umfangreiche Suchfunktion bieten und somit den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden der europäischen Mitgliedsstaaten und potentiell auch mit den Behörden bestimmter anderer Länder erleichtern.

Gemäß dem Diskussionspapier sollen die zuständigen Behörden wiederholt Inspektionen bei Wirkstoffherstellern in Drittländern durchführen, wenn das Drittland niedrigere GMP-Standards ansetzt oder wenn Überwachung und Aufsicht nicht mindestens dem EU-Niveau entsprechen.

Lery unterstrich, dass behördliche Inspektionen trotz dieser aktuellen Initiativen nicht als Ersatz für eine bessere Überwachung der Lieferkette durch die Pharmaunternehmen selbst betrachtet werden sollten.

Aufgrund der Konfrontierung mit der Gefahr, die von minderwertigen oder gefälschten pharmazeutischen Wirk- und Hilfsstoffen ausgeht, richtete die US-amerikanische FDA Mitte 2007 - hauptsächlich als Reaktion auf die Diethylenglykol- (DEG)/Glyzerin-Fälle - einen Arbeitskreis zur Sicherheit von pharmazeutischen Ausgangsstoffen ein.

Dieser Arbeitskreis kam im Mai 2007 im Office of Compliance des CDER zusammen, um eine DEG-Verunreinigung von pharmazeutischen Ausgangsstoffen zu verhindern, um sich dem Thema der Integrität der Rohmaterial-Lieferkette und den Risiken des Einkaufs minderwertiger Ausgangsstoffe zu widmen und um spezifische Methoden zur Erweiterung der FDA-Überwachung der Sicherheit pharmazeutischer Ausgangsstoffe vorzuschlagen.

Dr. Nicholas Buhay vom CDER, FDA, ging detailliert auf die vom Arbeitskreis entwickelten Aktivitäten und empfohlenen Aktionen ein.

Schwerpunktthemen sind eine breiter angelegte Kontrolle der Bezugsquellen von Vorstufenmaterial für die Rohmaterialgewinnung, eine Meldepflicht der Industrie in Bezug auf kontaminierende Stoffe und eigens bereitgestellte Nachforschungsressourcen, die sich speziell mit Verunreinigungen beschäftigen, sowie neue Herangehensweisen an Tests.

Dr. Buhay wies darauf hin, dass konzertierte Aktionen mit gleichgestellten Regulierungsbehörden, Informationsgewinnung und -austausch, gemeinsame Nachforschungen und Reaktionspläne nötig sein werden, um der Herausforderung arglistig gefälschter Substanzen entgegentreten zu können.

 


Kontakt:
Tony Scott

European Fine Chemical Group (EFCG)
Tel.: +44 1428 641 168
tscott@tsassoc.eu

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