Märkte & Unternehmen

Erfolgreiche Anlageninbetriebnahme im Reinraum

eine komplexe Angelegenheit

25.01.2022 - Gebäude der Chemie- und Pharmaindustrie werden immer komplexer: Eine Vielzahl an Unternehmen streben bei ihren Neubauprojekten an, ­Bereiche der Forschung & Entwicklung, Produktion und Logistik unter einem Dach zu vereinen.

Besonders aufwendig ist dabei die Inbetriebnahme.
Bis zu 15 % der Gesamtinvestition entfallen auf diesen letzten – aber entscheidenden – Schritt. Bauherren, die dabei Fehler vermeiden und unnötige Verzögerungen und Kosten sparen wollen, installieren ein zentrales Project Management Office (PMO).

Als letzte Phase vor dem Handover und dem Arbeitsstart der Nutzer ist die Inbetriebnahme von Gebäuden und Anlagen nicht nur zeitlich signifikant, sondern auch finanziell. Die enorme Komplexität der Branche, hohe Sicherheits- und Hygienestandards sowie Regularien im Sinne der Good Manufacturing Practice führen dazu, dass sich die Inbetriebnahme von Neuanlagen auf 8 – 15 % der Gesamtinvestitionen beläuft. Mangelnde Kenntnisse oder falsche Entscheidungen schlagen dabei schnell mit Mehraufwand zu Buche. Denn jede Inbetriebnahme ist anders und muss den spezifischen Charakteristika eines Projekts Rechnung tragen. Einen One-fits-All-Ansatz gibt es nicht. Vor allem Reinräume stellen aufgrund des hohen Reinigungsaufwands der Anlagen eine besondere Herausforderung dar. Um alle ISO-Standards zuverlässig einzuhalten, ist für den erfolgreichen Go-Clean neben speziell geschultem Personal und feinstem Mess-Equipment ein zentrales Schnittstellenmanagement für alle Akteure notwendig.

Herausforderungen und Risiken

Zu den typischen Fallstricken einer Inbetrieb­nahme gehören:

  • Sicherheitsstandards und Regularien werden nicht voll erfüllt und gefährden damit den Produktionsstart
  • Differierende Wissensstände und Kompetenzen von teils neuen Projektbeteiligten, Nutzern und Stake­holdern führen zu Unstimmigkeiten
  • Divergierende Interessen der einzelnen Beteiligten oder vertraglich individuell vereinbarte Lieferzeiten der Gewerke führen zu Zielkonflikten
  • Fehlende Schnittstellenregelungen behindern ­Informationsfluss und Freigabeprozesse
  • Fehlende Einweisung des Bedienpersonals und ­deren Dokumentation

Schnittstellenmanagement

Um diese Fehler zu vermeiden, ist ein strukturiertes Schnittstellenmanagement unerlässlich. Im Sinne einer möglichst reibungslosen Inbetriebnahme-Durchführung müssen demnach Lücken rechtzeitig aufgedeckt und geschlossen werden. Dazu ist es erforderlich, den Umfang der Lieferleistungen zu kennen und in einer Gewerke­beziehungsmatrix transparent zu machen. Die Verantwortlichkeiten werden in einer RACI-Matrix geregelt. Die Zwischenabhängigkeiten von Inbetriebnahme-Tätigkeiten und deren Vorbedingungen müssen bedacht und in der Terminplanung dargestellt werden. Die Ressourcenplanung und -verfügbarkeit ist auf ein gewisses Maß an Flexibilität auszurichten. Schon kleine Abweichungen können starke Auswirkungen auf den Erfolg der Inbetriebnahme haben: Jede noch so vermeintlich kleine falsche Entscheidung kann sich negativ auf das Gesamtprojekt auswirken und teure Verzögerungen oder Nachträge zur Folge haben. Unter Umständen erfolgt sogar eine Abnahmeverweigerung durch die Behörden und die Inbetriebnahme der Anlagen wird gefährdet.

Gut strukturiert zum Ziel

Wo Verantwortlichkeiten im Sinne einer gelungenen Inbetriebnahme klug geregelt werden sollen, sind schnelle, professionelle Lösungen gefragt. All dies erfordert Expertenwissen, eine Auswahl professioneller Tools und bewährter Regelprozesse sowie spezifische Erfahrung. Beispielsweise sollte in der Inbetriebnahmephase nicht der Gedanke gelebt werden, Verzögerungen aus den vorherigen Phasen aufholen zu wollen. Stattdessen bedarf jeder einzelne Step einer klaren Strukturierung. Aufgrund der Vielzahl an täglichen Vorgängen, deren zahlreiche Abhängigkeiten sowie der allgemeinen Dynamik in der Inbetriebnahmephase kommt es auf ein zielgerichtetes, transparentes und als Steuerinstrument nutzbares Terminplankonstrukt mit täglichem Fortschritts-Tracking und -Reporting an. So wird sichergestellt, dass am Ende des Prozesses – zum festgelegten Zeitpunkt – ein Gebäude übergeben wird, das inklusive aller Anlagen zu 100 % funktionsfähig ist.

Inbetriebnahme als PMO

Für die Phase der Inbetriebnahme ist das PMO (Project Management Office) wesentlicher Bestandteil des Leitungsteams. Es setzt die maßgeschneiderte Projektstruktur auf und implementiert diese. Es erstellt das Reporting, koordiniert Kosten und Termine, unterstützt das Auftragnehmer-Management, betreut aktiv die Schnittstellen im Projekt und garantiert eine vollständige Dokumentation. Durch die täglichen Regelprozesse und dem Einsatz eines ausgereiften Toolsets mit Management- und Entscheidungsvorlagen garantiert es zu jeder Zeit sichere und transparente Informationen. Auch die kompetente Beratung des Bauherrn zu allen Belangen des Projekts ist Teil der PMO-Leistungen innerhalb der IBN-Phase – von deren Mehrwert der Bauherr in jeder Hinsicht profitiert.

Stefan Göstl begleitet als Head of Chemicals bei Drees & Sommer zahlreiche Projekte der Branche von der ersten Ideenphase bis zur Inbetriebnahme von Gebäuden und Anlagen. Dabei blickt er auf fünfzehn Jahre Beratungs- und Projekterfahrung in Prozessindustrie und Anlagenbau zurück, zehn Jahre davon in führender Position für international agierende Beratungs- und Planungsunternehmen. Zu seinen besonderen Schwerpunkten gehören Projekt-Set-up und Projektmanagement Themen in klassischen Hochbau-Projekten der chemischen und pharmazeutischen sowie der Öl- und Gasindustrie. Neben Capex-Greenfield-Projekten beschäftigt sich Stefan Göstl auch intensiv mit Programmen zu Betriebsoptimierungen und -sanierungen im Bestand.

Autor: Stefan Göstl, Head of Chemicals, Drees & Sommer

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