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Tragendes Element der Chemie

Katalysator-Geschäft von Evonik bringt Technologie in Schwung

23.09.2010 -

Katalysatoren sind von zentraler Bedeutung für die meisten chemischen Reaktionen. Da diese Reaktionen recht komplex ablaufen, ist es nicht immer leicht, dafür jeweils den richtigen Katalysator zu finden. Als weltweiter Lieferant von Systemlösungen für die Katalyse ist Evonik dabei, sich als führendes Unternehmen auf diesem Gebiet zu etablieren. Im Februar erwarb Evonik das Katalysatorgeschäft von H.C. Starck, im Juni übernahm man das Geschäft mit Edelmetallpulverkatalysatoren des indischen Unternehmens Ravindra Heraeus, und kürzlich wurde eine neue Anlage für Edelmetallpulverkatalysatoren in Shanghai, China, in Betrieb genommen. Brandi Schuster und Dr. Michael Reubold sprachen mit Dr. Wilfried Eul, Leiter des Geschäftsgebiets Catalysts von Evonik, über die kürzlich unternommenen strategischen Schritte, über Chancen im Markt und über technologischen Fortschritt.

CHEManager: Herr Dr. Eul, wie integrieren Sie die unlängst erworbenen Geschäftsaktivitäten in den Katalysator-Bereich?

Dr. W. Eul: Mit H.C. Starck haben wir für die Übergangszeit einen Lohnfertigungsvertrag geschlossen. An seinem deutschen Standort in Laufenburg wird das Unternehmen die Katalysatoren solange für uns weiter herstellen, bis wir sämtliche Produktionsrezepturen an unseren Standort in Hanau verlagert haben. Wir erwarten, dass dies bis Anfang 2011 abgeschlossen sein wird.

Wird Evonik für diese Katalysatoren neue Kapazitäten schaffen müssen?

Dr. W. Eul: Nein, wir verfügen über ausreichende Kapazitäten, um das Geschäft zu integrieren. Allerdings haben wir auch einige spezialisierte Technologien und eine Reihe von Spezialkatalysatoren erworben, die unser Technologieportfolio ergänzen werden und wodurch sich für uns mehr Flexibilität bezüglich der Anwendungsbereiche ergeben wird, um unseren Kundenstamm mit aktivierten Metallkatalysatoren beliefern zu können.

Und das Geschäft von Ravindra Heraeus?

Dr. W. Eul: Die Akquisition des Geschäfts von Ravindra Heraeus war der zweite Schritt einer Vereinbarung, die wir mit Heraeus im Jahr 2005 getroffen hatten, als wir größere Teile von dessen entsprechenden Geschäftsaktivitäten mit Edelmetallpulverkatalysatoren in Nordamerika und in Europa erwarben. Im Rahmen der Transaktion sind wir mit Heraeus eine Partnerschaft eingegangen, die einen bedeutenden Teil unserer weltweiten Aufarbeitung von Edelmetallen aus verbrauchten Katalysatoren abdeckt.

Haben Sie im Rahmen der Akquisition auch Produktionsanlagen erworben?

Dr. W. Eul: Nein, in Indien haben wir keine Anlagen erworben, sondern nur den Kundenstamm. Ravindra Heraeus wird für uns sämtliche Katalysatoren, die wir auf dem indischen Markt benötigen, im Lohnauftrag herstellen und auch die Edelmetallaufarbeitung aus verbrauchten Katalysatoren durchführen.

Worin bestehen die Vorteile, einen Partner zu haben, der sich um Ihre Edelmetallaufarbeitung kümmert?

Dr. W. Eul: Bei Edelmetallpulverkatalysatoren ist es wichtig, den Edelmetallkreislauf im jeweiligen Land oder der Region zu schließen und den Kunden Recyclingdienstleistungen über einen zuverlässigen und erfahrenen Partner anzubieten. In vielen Ländern oder Regionen der Welt ist es ein schwieriges Unterfangen, Edelmetalle oder Edelmetallkatalysatoren zu importieren und dann die verbrauchten Katalysatoren, die oft als Sondermüll angesehen werden, zu exportieren, um das Edelmetall zurückzugewinnen. Daher ist es wichtig, in großen Märkten wie Indien, China, Nordamerika, Europa etc. über einen geschlossenen Edelmetallkreislauf zu verfügen. Das bedeutet auch, dass es darauf ankommt, die Katalysatoren in demselben Land produzieren zu lassen, in dem man das Edelmetall aufarbeitet.

Wie wichtig ist der asiatische Markt für Ihr Geschäft?

Dr. W. Eul: Die weltweite Wachstumsrate für Edelmetallpulverkatalysatoren beträgt rund 2-3 %. In China und Indien erleben wir eine doppelt so hohe Wachstumsrate, dank der dort boomenden Feinchemie- und Pharmamärkte - den Hauptabnehmern für diese Katalysatoren. Führende Pharmafirmen verlagern ihre Produktion nach Asien, und sie erwarten, dass ihnen ihre Lieferanten dorthin folgen. Auch wir haben erst kürzlich in Shanghai eine neue Anlage für Edelmetallpulverkatalysatoren in Betrieb genommen. Hier arbeiten wir ebenfalls mit Heraeus zusammen, was es uns ermöglicht, in China über einen geschlossenen Kreislauf für Edelmetalle zu verfügen. Die neue Anlage erlaubt es uns, den chinesischen Markt direkt aus einheimischer Quelle zu beliefern. Mit den kürzlich getätigten Akquisitionen und Investitionen in Asien haben wir unsere Mission erfüllt, in allen entwickelten Regionen und Schwellenländern auf diesem Planeten modernste Edelmetallkatalysatortechnologie in Verbindung mit einem geschlossenen Edelmetallkreislauf anzubieten.

In vielen Industriezweigen, wie z.B. in den Bereichen Fein- und Spezialchemie ist man seit Jahren besorgt darüber, dass der Wettbewerb aus Asien stärker wird, und viele befürchten, dass ihr geistiges Eigentum gefährdet sein könnte. Sie nicht?

Dr. W. Eul: Beim Katalysatorgeschäft ist die Situation ein wenig anders. In der Tat stellen Katalysatoren das zentrale Know-how chemischer Prozesse dar, und Unternehmen sind bei der Wahl ihrer Partner sehr vorsichtig. Nur sehr wenige westliche oder japanische Kunden würden irgendwelches Know-how über Katalysatoren an Produzenten oder in Regionen weitergeben, wo sie Bedenken bezüglich der Sicherheit geistigen Eigentums haben.

Wie kann ein Unternehmen dafür sorgen, dass sein geistiges Eigentum in Asien sicher ist?

Dr. W. Eul: Für Evonik ist es wichtig, dass unsere Mitarbeiter loyal sind, und das erreicht man, indem man sie sorgfältig auswählt und gut behandelt. Zudem haben wir für Mechanismen gesorgt, die unser Know-how schützen. Allerdings stehen die einheimischen Unternehmen in Asien gerade erst am Anfang ihrer geschäftlichen Entwicklung und werden vielleicht versuchen, sich Know-how anzueignen und zu beschaffen, wo immer sie nur können. Es mag sein, dass sie später einmal mit uns gleichziehen, und zwar meistens mit standardisierten Produkten, aber bei Katalysatoren dauert das länger als bei der Herstellung herkömmlicher Chemikalien - und wir müssen unser Innovationstempo beibehalten, um auch weiterhin vorne zu bleiben.

Welche Erwartungen haben Sie für den Bereich homogener Katalysatoren, die ebenfalls Bestandteil Ihres Portfolios sind?

Dr. W. Eul: Der Markt befindet sich immer noch in einer Aufbauphase und benötigt sehr spezielle maßgeschneiderte Katalysatoren und beträchtliche Screening- und Testressourcen. Erfolgreiche Anwendungen werden am besten dadurch entwickelt, dass man Partnerschaften eingeht.

Können Sie Beispiele nennen?

Dr. W. Eul: Für CX-Kopplungsreaktionen und asymmetrische Hydrierungen haben wir uns mit Solvias als Partner zusammengetan. Wir haben Solvias im Jahr 2008 eine Exklusivlizenz für unsere Produktfamilien cataCXium und catASium gewährt. Ein heißes Thema ist die Olefinmetathese, die sich zu einem äußerst nützlichen Werkzeug entwickelt hat, das einzigartige Wege zur industriellen Produktion von Petrochemikalien, Polymeren, Spezialchemikalien und Pharmazeutika eröffnet. Von entscheidendem Vorteil ist hierbei eine eindeutige und gesicherte Position, was das geistige Eigentum angeht, sowie ein transparentes, kundenfreundliches und auch lizenzgebührenfreies Geschäftsmodell, so wie es Evonik für die catMETium-Produktfamilie anbietet. Auch braucht man in solchen neuen Wachstumsmärkten Entschlossenheit und eine starke Position, um seine eigenen geistigen Eigentumsrechte zum Vorteil der Kunden zu schützen. Vor Kurzem haben wir einen Patentstreit mit Elevance Renewables Sciences beigelegt und ihn stattdessen in eine Kooperation auf dem Gebiet der Erzeugung von Spezialchemikalien aus natürlichen fettchemischen Rohstoffen umgewandelt.

Die Nachfrage nach Olefinpolymerisationskatalysatoren steigt derzeit ebenfalls. Hat dies zu einer Nachfrage nach neuen Katalysetechnologien geführt?

Dr. W. Eul: Ja. Der Polyolefinmarkt wächst derzeit um rund 5 % pro Jahr. Dies hat zu einer gestiegenen Nachfrage nach Ziegler-Natta-Katalysatoren und -Katalysatorkomponenten geführt. Es handelt sich hierbei um eine sehr komplexe Technologie, und die Kunden stellen hohe Anforderungen an Innovation und technische Unterstützung. Auch gibt es neue Technologien auf der Basis von Metallocenen und Single-Site-Katalysatoren. In diesem Bereich der Polyolefinkatalysatoren arbeiten wir mit Kunden auf einer Exklusivbasis zusammen, um ihnen bei der Entwicklung verbesserter oder neuer Generationen von Katalysatoren behilflich zu sein.

Somit wächst dieses Gebiet derzeit genauso stark wie der Life Sciences-Sektor?

Dr. W. Eul: Ja. Derzeit entstehen viele neue Polypropylen- oder Polyolefinkapazitäten im Mittleren Osten, China und in Indien. Branchenexperten zufolge könnten wir irgendwann einmal an einem Punkt angelangt sein, wo wir erhebliche Kapazitätsüberhänge auf dem Markt zu verzeichnen haben, aber bislang ist die Wachstumsrate noch immer stark.

Sind Festbettkatalysatoren ein Bereich, in dem Sie Wachstumschancen sehen?

Dr. W. Eul: Ja, im Bereich Festbettkatalysatoren/Katalysatoren für kontinuierliche Verfahren gibt es ein gutes Wachstumspotenzial. Bei bestimmten Anwendungsgebieten nimmt Evonik eine führende Stellung ein. Wir sind derzeit dabei, unser Technologiespektrum zu erweitern, um für unsere Kunden einen Mehrwert zu generieren.

Wie gehen Sie dabei vor?

Dr. W. Eul: Man kann solche Technologien entweder selbst entwickeln oder den Markt im Auge behalten bzw. sich mit einem Kunden als Partner zusammenzutun oder aber ein Unternehmen, das bereits über den Marktzugang oder das Know-how für eine bestimmte Katalysatortechnologie verfügt, zu erwerben.
Wir konzentrieren uns auf neue Katalysatorentwicklungen in Bereichen wie etwa biobasierte Chemikalien, und zwar tun wir das entweder zusammen mit ausgewählten Kunden auf einer Exklusivbasis oder aber in Form einer Technologieplattform, auf der die Katalysatoren für den allgemeinen Markt angeboten werden. Neue Technologieplattformen zu entwickeln erfordert viel Zeit und Ressourcen. Daher sind wir immer auf der Suche nach Partnerschaften oder Akquisitionen für in Frage kommende Technologien oder einen Zugang zum Markt.

Sind in absehbarer Zeit weitere Akquisitionen in Sicht?

Dr. W. Eul: Wir halten ständig Ausschau nach potenziellen Akquisitionen: ob sie die richtige Größe haben und zu uns passen, sei es im Hinblick auf Technologie, Marktzugang oder die regionale Aufstellung. Gleichzeitig konzentrieren wir uns dabei auf organisches Wachstum, indem wir Katalysatoren entwickeln und herstellen, die zusammen mit dem allgemeinen Markt wachsen, und indem wir die Kunden durch die Konkurrenzfähigkeit und Qualität unserer Produkte und Dienstleistungen überzeugen.

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