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European Lead Factory: Europäische Plattform zur Wirkstoffentwicklung

196 Mio. € für europäische Initiative zum Aufbau einer wirkstoffrelevanten Substanzbibliothek

08.02.2013 -

Die European Lead Factory ist eine neuartige europäische Plattform, die von einem internationalen Konsortium aus 30 Partnern - führenden europäischen Pharmaunternehmen, KMUs und Universitäten - in Form einer bis dato einmaligen Öffentlich-Privaten-Partnerschaft mit dem Ziel gestartet wurde, die integrierte Wirkstoffforschung in Europa maßgeblich zu beschleunigen. Sie wird durch die „Innovative Medicines Initiative (IMI)" unterstützt. Ein wesentlicher Bestandteil dieser auf fünf Jahre angelegten European Lead Factory ist die Synthese innovativer, medizinalchemisch relevanter Verbindungen zur Erschließung des wirkstofftechnisch ungenutztem Chemical Space. Durch die vorhabensbedingte hohe Anzahl der chemischen Verbindungen, die im Projektzeitaum zu synthetisieren sind, ist ein beispielloser europaweit koordinierter Zusammenschluss erfahrener medizinal-und synthesechemischer Experten aus Praxis und Forschung in Form einer virtuell koordinierten europäischen Synthesefabrik vereint. Dabei werden in enger Abstimmung insgesamt sieben Pharmaunternehmen (Bayer Pharma, Astra Zeneca, H. Lundbeck, Janssen Pharmaceutica, Merck KGaA, Sanofi und UCB) und mehrere spezialisierte KMUs mit akademischen Partnern aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und Ungarn zusammenarbeiten. Neben der Synthese eines Teils der Substanzbibliothek und der Organisation dezidierter Aufrufe an die chemische Community Europas, pharmakologisch innovative chemische Strukturgerüste (Scaffolds) einzureichen (Crowd Sourcing), stellt Taros Chemicals mit „Taros Gate" auch die zur Prozesssteuerung, Datenspeicherung und IP (Intellectual Property)-Sicherung notwendige IT-Infrastruktur für diese Syntheseaktivitäten sicher.

Pharmazeutische Unternehmen verfügen über umfangreiche Substanzbibliotheken, die auf der Suche nach potentiellen Wirkstoffen gescreent werden können. Im Regelfall ist der Zugang zu solchen internen Bibliotheken streng limitiert und der Zugang für Dritte außerhalb des jeweiligen Unternehmens nicht üblich. Als Teil der European Lead Factory werden sieben europäische Pharmaunternehmen gemeinsam 300.000 chemische Verbindungen aus ihren individuellen Beständen dem Konsortium bereitstellen. Eine Substanzbibliothek von voraussichtlich 200.000 neuen Verbindungen wird in einer gemeinsamen Anstrengung von spezialisierten KMUs und akademischen Forschungspartnern entwickelt. Die zusammengeführte Bibliothek (Joint European Compound Collection) wird bis zu 500.000 Verbindungen enthalten, die sowohl allen Projektpartnern als auch öffentlichen Forschungsinstitutionen im Bereich der Wirkstoffentwicklung zugänglich gemacht werden. Die Gewinnung von Vorschlägen für innovative Strukturgerüste wird über öffentliche Bewerbungsrunden (Calls) sichergestellt.

Ein weiterer, gleichwertiger Bestandteil der European Lead Factory ist das European Screening Center. Dessen Ziel ist es, biologisch relevante Testverfahren (Assays) zu identifizieren und weiter zu entwickeln. Gleichzeitig wird es die Substanzbibliotheken auf Ansatzpunkte biologischer Aktivität zur Wirkstoffentwicklung hin screenen. Beide Screening Standorte in Schottland und den Niederlanden verfügen über hochmoderne High-Throughput-Screening- und Logistikvoraussetzungen, die die Handhabung der 500.000 Subtanzen und die Tests nach biologischer Aktivität anhand neuer Assays gewährleisten.

Das Gesamtprojektbudget beläuft sich auf rund 196 Mio. €. Davon werden 80 Mio. € vom „European Commission's Seventh Framework Programme for Research" (FP7) und 91 Mio. € als Sacheinlage der teilnehmenden Mitgliedsunternehmen der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) beigesteuert. Die verbleibenden 25 Mio. € stammen aus anderen Mitteln der nicht-EFPIA Konsortialteilnehmer.

Bei erfolgreicher Zielerreichung des Vorhabens innerhalb der fünf Jahre andauernden Laufzeit sind das European Screening Centre sowie die KMU und akademischen Teilnehmer bestrebt, eine über diese Zeit hinausgehende, nachhaltige Zusammenarbeit in die Wirkstoffforschung auf europäischer Ebene fortzuführen und wenn möglich auszubauen.

IMI Exekutivdirektor Michel Goldmann stellt fest: " IMI ist hocherfreut, den Start der European Lead Factory bekannt zu geben. Dieses einzigartige Vorhaben ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie eine Öffentlich-Private-Partnerschaft die Vorgehensweise, nach der die Pharmabranche heute neue Wirkstoffe erforscht, verändert. Erstmalig wird es europäischen Forschern möglich sein, beispiellosen Zugang zu den Substanzbibliotheken der Industrie zu erhalten und so die Translation ihrer Ergebnisse in künftige Arzneistoffe erleichtern. Dieses Vorhaben wird nicht nur die Erfolgswahrscheinlichkeit in der europäischen Wirkstoffforschung verbessern helfen, sondern auch die Forschungskapazitäten in Europa ausbauen."

Dimitrios Tzalis, CEO von Taros Chemicals und Leiter des europäischen Chemie-Konsortiums, bekräftigt: „ Das Zusammenbringen führender europäischer KMU-Partner und akademischer Vertreter innerhalb dieser einmaligen europäischen Plattform zur Wirkstoffforschung war eine spannende und herausfordernde Aufgabe zugleich. Diese beispiellose Plattform bündelt das Wissen und die Erfahrung aus den Bereichen der innovativen Chemie und Leitstrukturforschung mit dem breiten Entwicklungs-Knowhow der Pharmaindustrie zu einem gewaltigen Sprung nach vorne in der Arzneistoffentwicklung".

Bayer Healthcare ist der von EFPIA (European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations) für dieses Vorhaben nominierte Projektkoordinator. Die in den Niederlanden ansässige Non-Profit Organisation TI Pharma wird die übergeordnete wissenschaftliche Lenkung und die Leitung der Screening-Aktivitäten des Europäischen Konsortiums verantworten. Die Dortmunder Taros Chemicals stellt die Führung sämtlicher Chemieaktivitäten europaweit sicher.

Über die Innovative Medicines Initiative
Die Innovative Medicines Initiative (IMI) ist die weltgrößte Öffentliche-Private-Partnerschaft im Gesundheitssektor. IMI verbessert die Rahmenbedingungen für pharmazeutische Innovationen in Europa durch Zusammenführung und Unterstützung von Experten-Netzwerken aus Industrie und Academia in gemeinschaftlichen Forschungsprojekten. Die Europäische Union stellt dem IMI Forschungsvorhaben 1 Mrd. € Mittel bereit, die durch Sacheinlagen der EFPIA-Mitgliedsunternehmen in gleicher Höhe gespiegelt werden. Aktuell unterstützt IMI 40 Vorhaben, von denen eine große Zahl bereits heute beachtliche Ergebnisse vorzuweisen haben. Alle Vorhaben fokussieren hauptsächlich die wesentlichen Engpässe in der Wirkstoffforschung und beschleunigen auf diese Weise die Entwicklung sichererer und wirksamerer Arzneistoffe für Patienten.